Norm
EO §355Kopf
SZ 49/85
Spruch
Das in § 21 Abs. 1 UWG erwähnte Gebot kann nur im Rahmen einer gegen den Titelschuldner geführten Exekution nach § 355 EO erlassen werden. Es setzt daher einen Exekutionsantrag gegen den Titelschuldner nach § 355 EO voraus
OGH 29. Juni 1976, 3 Ob 71/76 (OLG Linz 2 R 30/76; LG Salzburg 11 Cg 598/75)
Text
In der beim Landesgericht S zu 11 Cg 598/75 anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb (in den weiteren Ausführungen abgekürzt als "Schutzverband" bezeichnet) gegen die beklagten Parteien 1. U und 2. Dr. Georg G als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der L Gesellschaft m. b. H. wurde am 3. Dezember 1975 zur Sicherung des Anspruches der klagenden (und gefährdeten) Partei auf Unterlassung wettbewerbsfremder Ankündigungen und Geschäftsgebarung eine einstweilige Verfügung erlassen und hierbei teils den beiden Beklagten, teils nur dem Erstbeklagten bestimmte wettbewerbsfeindliche Ankündigungen und Handlungen verboten.
Auf Grund dieser einstweiligen Verfügung beantragte die betreibende Partei beim Titelgericht, "gemäß §§ 21 UWG, 355 ff. EO an die Herausgeber bzw Verleger des, "K", die K Zeitungs-Verlag und Druckerei Gesellschaft m. b. H. und Co. KG, und der "K-Zeitung", die Zeitungsverlags D Gesellschaft m. b. H. und Co. KG, das Gebot zu richten, das fernere Erscheinen der Ankündigungen der U bzw. des Dr. Georg G als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Leder- und Pelzwarenhandels-Gesellschaft m. b. H., einer ausverkaufsähnlichen Veranstaltung (einer Verkaufsveranstaltung, die auf die Absicht schließen läßt, Waren in größerer Menge beschleunigt im Kleinverkauf abzusetzen, neben der Ankündigung eines beschränkten Restzeitraumes einer solchen Veranstaltung) in den nach Zustellung des Gebotes erscheinenden Nummern, Ausgaben oder Auflagen ihres Druckwerkes "K-Zeitung" bzw. "K" einzustellen. Zu diesem, formell gegen die beiden Beklagten des Titelverfahrens als Verpflichtete gerichteten Antrag wurde vorgebracht, der Erstverpflichtete habe in der Zeit vom 9. November bis 30. November 1975 in den beiden genannten Zeitungen und ab 3. Dezember 1975 in der Zeitung "K" (durch Einschaltungen) bestimmte Werbetätigkeiten entfaltet.
Das Erstgericht bewilligte mit Beschluß vom 31. Dezember 1975, ON 26, diesen Antrag "in Ansehung" der U hingegen wurde der Antrag, "soweit er sich gegen die zweitbeklagte Partei richtet", abgewiesen.
Das Rekursgericht änderte diesen in seinem abweisenden Teil unangefochten gebliebenen Beschluß dahin ab, daß der von der betreibenden Partei nach § 21 Abs. 1 UWG gestellte Antrag auch in Ansehung der U abgewiesen wurde.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Wenn eine geschäftliche Kundgebung oder eine Mitteilung, in Ansehung deren ein Exekutionstitel auf Unterlassung im Sinne der §§ 2, 7 oder 9 UWG vorliegt, in einem nicht der Verfügung des Verpflichteten unterliegenden Druckwerk erscheint, kann auf Antrag des betreibenden Gläubigers von dem zur Bewilligung der Exekution zuständigen Gericht an den Inhaber des mit dem Verlage oder der Verbreitung des Druckwerkes befaßten Unternehmens (Herausgeber oder Eigentümer der Zeitung) das Gebot (§ 355 EO) erlassen werden, das fernere Erscheinen der Kundgebung oder Mitteilung in den nach Zustellung des Gebotes erscheinenden Nummern, Ausgaben oder Auflagen des Druckwerkes oder, wenn das Druckwerk nur diese Kundgebung oder Mitteilung enthält, seine fernere Verbreitung einzustellen (§ 21 Abs. 1 UWG). Diese Bestimmung gibt nicht darüber unmittelbar Auskunft, ob die Erlassung eines Gebotes an den Herausgeber bzw. Verleger ohne gleichzeitige bzw. vorausgehende Bewilligung der Exekution gemäß § 355 EO gegen die im Exekutionstitel als verpflichtet angeführte Person zulässig ist. Es könnte mit dem Gebot nach § 21 Abs. 1 UWG - namentlich wenn ihr Wortlaut isoliert betrachtet wird - eine Zwangsmaßnahme sui generis gegen den Herausgeber bzw. Verleger eines Druckwerkes normiert worden sein, die unabhängig von den laut Exekutionstitel verpflichteten Personen unmittelbar gegen einen im Exekutionstitel nicht genannten - und im Verfahren, welches zum Exekutionstitel führte, überhaupt nicht beigezogenen - "Dritten" vollstreckt werden kann. Versucht man jedoch, die angeführte Bestimmung in das sonstige System der Rechtsordnung einzugliedern, so ist sie eher als exekutionsrechtliche Maßnahme besonderer Art zu qualifizieren, die aber, so weit möglich, dem System der Exekutionsordnung einzugliedern ist. Aus der Zuständigkeitsbestimmung des § 21 Abs. 1 UWG und der Zitierung des § 355 EO kann daher geschlossen werden, daß der Gesetzgeber die im § 21 Abs. 1 UWG angeführte Maßnahme nur im Rahmen einer Exekutionsführung nach § 355 EO gegen den aus dem Titel Verpflichteten für statthaft erklären wollte.
Der OGH, der sich mit der erörterten Frage, soweit ersichtlich, bisher noch nicht befaßte, kommt daher zum Ergebnis, daß die Verpflichtung der Herausgeber bzw. Verleger von Druckwerken im Sinn des § 21 Abs. 1 UWG eine abgeleitete Verpflichtung darstellt, daß diesen Personen daher in einem gegen die laut Exekutionstitel verpflichteten Personen einzuleitenden Verfahren die Stellung eines "Dritten" (Beteiligten) besonderer Art zukommt (in diesem Sinn auch Kadecka, Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 108), sowie daß das Gebot gemäß § 21 Abs. 1 UWG als ein zusätzlich zur Exekutionsführung gemäß § 355 EO im Rahmen dieses Verfahrens eröffnetes Mittel von der Art eines Drittverbotes anzusehen ist (vgl. Kadecka, 107).
Aus diesen Erwägungen ist der Auffassung von Schuster - Bonott (Haftung für Dritte im Wettbewerbsrecht, ÖBl. 1970, 38) beizupflichten, daß die Erlassung eines Gebotes gemäß § 21 Abs. 1 UWG die gleichzeitige oder vorausgegangene Exekutionsbewilligung gemäß § 355 EO gegen den aus dem Exekutionstitel Verpflichteten voraussetzt.
Im vorliegenden Fall wurde zwar ein Zuwiderhandeln der U gegen den Exekutionstitel behauptet, nicht aber auch gegen diese die Exekution nach § 355 EO zur Erwirkung der im Exekutionstitel näher bezeichneten Unterlassung begehrt; es wurde bloß die Erlassung eines an die Herausgeber bzw. Verleger der Zeitungen "K-Zeitung" und "K" gerichteten Gebotes im Sinne des § 21 Abs. 1 UWG beantragt. Es fehlt daher nach den obigen Ausführungen die grundlegende Voraussetzung für die Erlassung eines solchen Gebotes. Der diesbezügliche Antrag war daher schon aus diesem Grund abzuweisen. Es kann demnach umerörtert bleiben, ob der im § 21 Abs. 1 UWG geregelte Antrag nur dann gestellt werden kann, wenn das rechtliche Verhältnis zwischen dem Titelschuldner (Besteller der Mitteilung) und dem Druckwerkunternehmer im Titel klargestellt wurde (Feststellung, daß das Druckwerk nicht der Verfügungsmacht des Verpflichteten unterliegt; siehe Schuster - Bonnott, 38), und wie das nach § 21 Abs. 1 UWG erlassene Gebot zu vollziehen ist.
Anmerkung
Z49085Schlagworte
Gebot nach § 21 Abs. 1 VWG setzt einen Exekutionsantrag gegen den, Titelschuldner nach § 355 EO vorausEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00071.76.0629.000Dokumentnummer
JJT_19760629_OGH0002_0030OB00071_7600000_000