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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AlVG 1977 §10 Abs1 idF 1996/201;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der M in L, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 22. Juni 2004, Zl. LGSOÖ/Abt.4/12841502/2004- 10, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 3. Mai 2004, mit dem der Verlust des Anspruches der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 26. April bis zum 6. Juni 2004 ausgesprochen worden war, keine Folge gegeben. Begründend stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:
"Das Arbeitsmarktservice Linz hat Ihnen am 4.11.2003 den Auftrag erteilt, bis 11.12.2003 10 Eigenbewerbungen und in der Folge 14-tägig 4 Eigenbewerbungen, nachvollziehbar unter Angabe des Firmennamens, der Kontaktperson, sowie Zeitpunkt und Ort der Bewerbung, vorzulegen.
In der Zeit vom 1.12.2003 bis 29.2.2004 haben Sie die Maßnahme ... besucht. Sie haben die Module ... sowie zwei Einstiegsmodule besucht. Bei der Maßnahme wurden auch Bewerbungsstrategien mit Ihnen besprochen. Durch Ihre lange krankheitsbedingte Abwesenheit war Ihnen der Besuch der vermittlungsunterstützenden Module ... nicht möglich, sodass Ihnen wichtige Vermittlungshilfen fehlen.
In der Niederschrift vom 26.4.2004 gaben Sie an, Sie können keine Bewerbungen vorlegen, da Sie keine passenden Stellen in den Zeitungen gefunden haben. Sie haben jedoch mehrmals tel. versucht, bei der Fa. ... eine Beschäftigung im Versand zu bekommen. Sie haben sich auch tel. bei der Fa. ... Gebäudereinigung beworben.
Laut Bescheid vom 3.5.2004 erhalten Sie vom 26.4.2004 bis 6.6.2004 keine Notstandshilfe."
Die belangte Behörde setzte fort wie folgt:
"Gegen diesen Bescheid haben Sie berufen und eingewendet:
'Ich habe keinen Internetanschluss und entnehme die Bewerbungen aus verschiedenen Zeitungen. Bis Dato konnte ich jedes Monat sechs und acht Bewerbungen vorweisen. In der betreffenden Woche waren jedoch keine Stellenangebote vorhanden.' "
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, die Beschwerdeführerin sei dem Auftrag des Arbeitsmarktservice, innerhalb von 14 Tagen vier Eigenbewerbungen durchzuführen und diese am 26. April 2004 vorzulegen, nicht nachgekommen. Die Beschwerdeführerin sei gelernte Einzelhandelskauffrau, habe 16 Jahre gemeinsam mit ihrem Ehemann als Marktlieferantin und zuletzt im Zustelldienst gearbeitet. Sie stehe seit 19. März 2004 im Bezug von Notstandshilfe, weshalb kein Berufsschutz mehr gegeben sei. Die Beschwerdeführerin habe keine Betreuungspflichten und habe eine Hilfsarbeit jeglicher Art gesucht, wobei ein eigener PKW vorhanden sei.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, es sei nicht glaubwürdig, dass in den Zeitungen keine Stelle für eine Hilfsarbeit im Großraum L. angeboten worden sei. Unabhängig davon stünde der Beschwerdeführerin auch die Internetabfrage in der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung. Die Beschwerdeführerin sei verpflichtet, den Aufträgen des Arbeitsmarktservice nachzukommen. Dem Auftrag, innerhalb von 14 Tagen vier Eigenbewerbungen durchzuführen und am 26. April 2004 vorzulegen, sei sie nicht nachzukommen. Die vorgebrachten Gründe beeinträchtigten die Zumutbarkeit dieses Auftrages nicht. Die Beschwerdeführerin habe die für den Leistungsbezug notwendige Voraussetzung der Arbeitswilligkeit nicht gezeigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Eine Voraussetzung des Anspruches auf Arbeitslosengeld ist gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 71/2003, dass der Arbeitslose arbeitswillig ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2001 ist unter anderem arbeitswillig, wer bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder von einer sonst sich bietenden Arbeitsmöglichkeit Gebrauch zu machen und auch sonst alle gebotenen Anstrengungen von sich aus unternimmt, eine Beschäftigung zu erlangen, soweit ihm dies nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbar ist.
Nach § 10 Abs. 1 vierter Teilstrich AlVG in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996 verliert der Arbeitslose, wenn er auf Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle nicht bereit oder in der Lage ist, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe die Bestimmungen des Arbeitslosengeldes sinngemäß anzuwenden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 10 AlVG den Arbeitslosen auffordern, ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung glaubhaft zu machen. Wird eine solche Aufforderung dahingehend konkretisiert, dass der Arbeitslose monatlich eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachweisen soll, kann dies aber nichts daran ändern, dass der Arbeitslose dennoch nur glaubhaft machen muss, er habe ausreichende Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung gemacht. Es ist Aufgabe der Behörde zu beurteilen, ob die glaubhaft gemachten Anstrengungen unter den konkreten Verhältnissen vor dem Hintergrund des - ebenfalls darzustellenden -
Umfeldes auf dem konkret in Frage kommenden Teil des Arbeitsmarktes nach den persönlichen Verhältnissen (Stand, Alter, Ausbildung) des Arbeitslosen "ausreichend" waren oder nicht. Kommt sie zum Ergebnis, die glaubhaft gemachten Anstrengungen sind nicht ausreichend, hat sie ihre diesbezüglichen Erwägungen in der Begründung des Bescheides darzulegen. Die Bescheidbegründung hat eine Würdigung der glaubhaft gemachten Anstrengungen zu enthalten. Hiebei ist das Gesamtverhalten des Arbeitslosen von der Aufforderung bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zu beurteilen. Bedeutsam sind nicht nur Art und Ausmaß, sondern auch die Ernsthaftigkeit der glaubhaft gemachten Anstrengungen (vgl. die Erkenntnisse vom 8. September 1998, Zl. 96/08/0241, und vom 26. Jänner 2000, Zl. 95/08/0030).
Im Beschwerdefall wurde die Aufforderung des Arbeitsmarktservice dahin konkretisiert, dass die Beschwerdeführerin 14-tägig eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachweisen sollte. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage erweist sich die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung, schon ein Zuwiderhandeln gegen eine in dieser Weise vorgeschriebene Zahl von Bewerbungen sei als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG anzusehen, als rechtswidrig.
Erwägungen zur Frage der "ausreichenden Anstrengungen" enthält der angefochtene Bescheid, ausgehend von der Rechtsauffassung, das Zuwiderhandeln gegen die Aufforderung, eine bestimmte Zahl von Bewerbungen nachzuweisen, sei für den Verlust des Anspruches aus Notstandshilfe ausreichend, nicht. Solche können auch nicht durch in der Gegenschrift nachgetragene Behauptungen ersetzt werden. Somit belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 20. April 2005
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004080169.X00Im RIS seit
30.05.2005