TE OGH 1976/7/8 9Os103/75

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Veröffentlicht am 08.07.1976
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Juli 1976 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Harlfinger, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, Dr. Harbich, Dr. Dienst und Dr. Keller als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Erhart als Schriftführerin in der Strafsache gegen Viktor A wegen des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 28. April 1975, GZ 2 c Vr 9806/72-29, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kern und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28.3.1924 geborene Brandmeister der Wiener Berufsfeuerwehr Viktor A des Vergehens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich der Feststellungen des Erstgerichtes kam es am 11.12.1971 auf der Umfahrung durch die Kuchelauer Hafenstraße nächst der Unterführung der Franz-Josefs-Bahn zu einem - erheblichen Sachschaden nach sich ziehenden -

Zusammenstoß zwischen dem vom (damals) einundfünfzigjährigen Angestellten Josef B (sen) in Richtung Klosterneuburg gelenkten, bei der Ersten Allgemeinen Unfall- und Schadensversicherungsgesellschaft haftpflichtversicherten PKW Fiat 128 und dem vom (damals) siebenundvierzigjährigen Angeklagten in Richtung Wien gelenkten, bei der Wiener Städtischen Wechselseitigen Versicherungsanstalt haftpflichtversicherten PKW Moskwitsch-Torero 408, weil - wie später im Zivilprozeß zu 31 Cg 20/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien angenommen wurde - der Angeklagte die gebotene Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h mißachtet (§ 20 Abs 1 StVO) und den Rechtsvorrang seines Unfallsgegners verletzt (§ 19 Abs 1 StVO) hatte. Nachdem es zwischen den Fahrzeuglenkern an Ort und Stelle zu keiner Einigung über die Verschuldensfrage gekommen war, ließ Josef B die Funkstreife herbeirufen; das auf Grund dieses polizeilichen Einschreitens beim Strafbezirksgericht Wien zu AZ 8 U 10/72 gegen den Angeklagten eingeleitete Strafverfahren wegen der Übertretung nach dem § 431 StG wurde am 5.1.1972 gemäß dem § 90 StPO eingestellt.

Bevor die Funkstreifenbeamten die Unfallstelle verließen, händigten sie den zwei Unfallbeteiligten noch je ein §AMTC-Unfallformular ('Protokoll') mit den wichtigsten 'Daten' für die Versicherungsmeldungen aus. Der Angeklagte füllte nun am Unfallsort eigenhändig sein 'Protokoll' (im Original in Beilagenmappe A zu ON 19 d.A erliegend) auf der Vorderseite in den Rubriken 'eigene Daten', 'Daten des Unfallsgegners' und 'Unfall' - letztere aber nur bis zum Wort 'geschnitten' - samt Skizze sowie auf der Rückseite in den Rubriken 'Unfall-Schäden' und 'Unfall-Zeugen' aus und unterfertigte es über dem Vermerk 'eigene Unterschrift' mit seinem Vor- und Zunamen. Hiebei diente ihm jeweils ein dunkler, geriffelter Teil der als Beilage A zu ON 19 im Akt erliegenden 'Mikrozensusmappe' als Unterlage. Mit diesem 'Protokoll' begab er sich zu dem mittlerweile unter Assistenz seines zufällig hinzugekommenen Sohnes Josef B jun die Unfallstelle vermessenden Josef B sen, um es von letzterem gegenfertigen zu lassen. Josef B sen hatte zu diesem Zeitpunkt sein eigenes 'Protokoll' (in Fotokopie als Beilage B zu ON 22

d. A erliegend) erst in den Rubriken 'eigene Daten', 'Unfall' und 'Unfallsschäden am eigenen Fahrzeug' auszufüllen begonnen und dann seine Brille verlegt, sodaß er nicht ordentlich schreiben konnte. Der Angeklagte machte sich daraufhin erbätig, an Stelle B die Rubriken 'Daten des Unfallsgegners' auf dessen 'Protokoll' zu vervollständigen und dieses über dem Vermerk 'Unterschrift des Unfallsgegners' zu unterschreiben, was er dann auch tat. Zugleich verlangte der Angeklagte, daß B sen umgekehrt sein - des Angeklagten - 'Protokoll' unterzeichnen solle. Dies tat B erst nach einigem Zägern und nachdem der Angeklagte den Inhalt vorgelesen und sich auch der besonders mißtrauische Josef B jun vergewissert hatte, daß darin nichts 'Verfängliches' enthalten war. Bei seiner Unterschriftsleistung verwendete B sen ebenfalls den geriffelten Teil der schon erwähnten Mikrozensusmappe als Unterlage. Sein solcherart durch B sen unterfertigtes 'Protokoll' verfälschte der Angeklagte A hienach, indem er eigenmächtig (ohne Wissen und Willen seines Unfallsgegners) zunächst auf der Vorderseite die Rubrik 'Unfall' durch den Nachsatz '.., und auf meiner Gegenfahrbahn

x beschädigt habe. x den PKW 526.351' ergänzte. Das Zeichen 'x' markierte hiebei eine Einfügung, sodaß der ganze Satz in der Rubrik 'Unfall' zur Position 'Sachverhalt' nunmehr lautete: 'beim Einbiegen in die Unterführung geschnitten, (ergänzt:) und auf meiner Gegenfahrbahn den PKW 526.351 beschädigt habe'. Außerdem setzte er auf der Rückseite in die Rubrik 'Allfällige Anmerkungen' den Satz 'Ich, B Josef, bestätige, daß ich den Unfall alleine verschuldet habe und erkläre, daß ich im vollen Besitz meiner geistigen und physischen Kräfte bin'. Diese Verfälschungen nahm er - entsprechend der Überzeugung des Schöffensenats - vor, um bei der gegnerischen Versicherung, bzw den zu erwartenden Schadenersatzstreitigkeiten ein gewichtiges Beweismittel zu besitzen und so sicher zu einem Schadenersatz zu gelangen.

In der Folge ließ der Angeklagte seinen PKW in der Karosseriereparaturwerkstätte D & E in Wien 11.

instandsetzen. Die Kosten hiefür betrugen S 9.458,--, jene für den verwendeten Leihwagen S 1.728,--. Am 13.12.1971

(im Urteil irrtümlich 13.11.1971) wurde die Versicherung B von der Reparaturwerkstätte aufgefordert, den unfallsgegenständlichen PKW des Angeklagten zu besichtigen und erlangte damit erstmals vom Schadensereignis Kenntnis. Die hierauf seitens der Versicherung von ihrem Versicherungsnehmer B angeforderte Schadensmeldung langte am 23.12.1971 ein.

Inzwischen war der technische Sachverständige der 'Ersten Allgemeinen' nach Besichtigung des PKWs des Angeklagten zum Ergebnis gelangt, daß ein Totalschaden vorliege, also die Reparaturkosten den Zeitwert übersteigen. Der Angeklagte betraute daraufhin den Rechtsanwalt Dr. Friedrich F mit der Durchsetzung seiner behaupteten Ansprüche und händigte ihm zu diesem Zweck auch das gefälschte §AMTC-'Protokoll' mit dem fingierten Verschuldensanerkenntnis des Unfallsgegners aus. Gutgläubig legte Dr. F dieses 'Protokoll' auch tatsächlich anläßlich seiner Vorsprache beim zuständigen Schadensreferenten der Ersten Allgemeinen Unfall- und Schadensversicherungsgesellschaft, Fritz G, um den 28.12.1971 vor und begehrte Schadenersatz in der schon erwähnten Gesamthöhe von S 11.286,-- (richtige Summe: S 11.186) für Reparaturund Leihwagenkosten. Da der Schadensreferent aber der Schadensmeldung des Josef B sen vom 23.12.1971 kein Verschulden desselben entnehmen konnte, lehnte er bis zur Klärung der Verschuldensfrage die Auszahlung des geforderten Betrages ab. Der Angeklagte strengte sodann am 24.4. 1972 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien zu 36 C 1463/72 (später 36 C 1505/73) einen Zivilprozeß gegen Josef B sen und dessen Haftpflichtversicherer wegen des oberwähnten Betrages an; dort kam das angebliche Alleinverschuldensanerkenntnis B (wegen der im Zuge des Verfahrens 31 Cg 20/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien eingetretenen Ereignisse) nicht mehr zur Sprache und es trat schließlich am 10.7.1973 'Ruhen des Verfahrens' ein. Denn Josef B sen hatte am 8.2.1972 durch seinen Versicherungsanwalt Dr. F.G. H beim Landesgericht für ZRS Wien zu AZ 31 Cg 20/72 seinerseits eine Klage gegen den Angeklagten und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung von S 43.255,-- eingebracht, worin er das Alleinverschulden des Erstbeklagten und nunmehrigen Angeklagten Viktor A behauptete. In der Klagebeantwortung vom 8.3.1972 bestritt der dortige Vertreter der beiden Beklagten, Rechtsanwalt Dr. Friedrich I, den Klagsanspruch zur Gänze und bezog sich ebenfalls auf die schriftliche Alleinverschuldenserklärung des Unfallsgegners (der Beklagten) am Unfallsort. Am 17.4.1972 übersendete er - gutgläubig - eine Fotokopie des §AMTC-'Protokolls' mit der angeblichen Alleinverschuldenserklärung B dem Gericht, welche sodann in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19.4.1972 verlesen wurde. In dieser Tagsatzung schränkte der Richter OLGR Franz K die Verhandlung auf die Frage ein, wie dieses Verschuldenszugeständnis durch den Kläger zustandegekommen war, da er sich aus ihrer Beantwortung wesentliche Ergebnisse für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Parteien und Zeugen versprach. Bei seiner gerichtlichen Vernehmung als Partei gab der Angeklagte schließlich zu, das Verschuldensanerkenntnis nachträglich ohne Wissen und Willen des Josef B sen eingefügt zu haben, worauf der Beklagtenvertreter die Einwendung des Zugeständnisses des Alleinverschuldens des Klägers zurückzog. Mit Urteil vom 25.11.1972 wurden die beklagten Parteien zur Bezahlung von S 29.996,-- samt Anhang (und von S 10.091,14 Prozeßkosten) verurteilt, das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Der gegen dieses Urteil von den Beklagten erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Wien am 2.3.1973 nur im Kostenpunkt Folge.

Zusammenfassend gelangte das Erstgericht sohin zum Ergebnis, daß der Angeklagte eine von ihm verfälschte Urkunde (§AMTC-'Protokoll' als Privaturkunde) einerseits der Ersten Allgemeinen Unfall- und Schadensversicherungsgesellschaft und dann dem Verhandlungsrichter OLGR Franz K durch seine jeweils gutgläubigen Rechtsvertreter Dr. Friedrich F und Dr. Friedrich I mit dem Vorsatz vorlegen ließ, den Schadensreferenten Fritz G und den genannten Richter über sein tatsächliches Verschulden, bzw die Unschuld des Unfallsgegners am Verkehrsunfall zu täuschen, um dadurch einerseits das angeführte Versicherungsunternehmen um den zu Unrecht begehrten Schadenersatzbetrag von S 11.286,-- samt Anhang zu schädigen und sich um diesen Betrag widerrechtlich selbst zu bereichern, anderseits Josef B sen um die gegen ihn (den Angeklagten) und seine Haftpflichtversicherung zu Recht eingeklagte Schadenersatzforderung von S 43.255,--

samt Anhang zu bringen, also ihm insoferne einen Vermögensschaden zuzufügen und sich bzw seine Haftpflichtversicherung im Ausmaß dieses Betrages unrechtmäßig zu bereichern.

Da sich weder Fritz G, noch der Zivilrichter OLGR Franz K durch die verfälschte Urkunde täuschen ließen, blieb der schädigende und zu einer Bereicherung führende Erfolg allerdings aus. Das Erstgericht fällte sohin den eingangs bezeichneten Schuldspruch wegen versuchten Betruges.

Dagegen richtet sich die auf die Z 4 - der Sache nach Z 5 - und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Mit seiner Mängelrüge wendet sich der Beschwerdeführer gegen Feststellungen über die Verfälschung seines 'Protokolls' und deren Eingeständnis im Verfahren 31 Cg 20/72 des Landesgerichtes für ZRS Wien, hinsichtlich deren er das Urteil als mit Aktenwidrigkeiten behaftet, sowie unvollständig und offenbar unzureichend begründet bezeichnet.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Angeklagte hiebei zunächst im Ausspruch des Erstgerichtes, OLGR Franz K, Dr. F.G. H und Dr. Friedrich I hätten als Zeugen übereinstimmend deponiert, es habe auf Grund der Angaben des Angeklagten als Partei im vorangeführten Zivilverfahren kein Zweifel darüber bestanden, daß er die Verfälschung vorgenommen und zugegeben habe (S 237), eine aktenwidrige Wiedergabe der zeugenschaftlichen Bekundungen der genannten Personen erblickt, ist dieser Mangel nicht gegeben, weil das Urteil im betreffenden Punkt eine aktengetreue Zusammenfassung des wesentlichen Sinngehalts der in Rede stehenden Zeugenaussagen enthält. So sagte Rechtsanwalt Dr. H als Zeuge in der Hauptverhandlung (S 216 d.A) sinngemäß aus, daß er die Erklärung des Angeklagten bei der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19.4.1972 zwar nicht mehr wörtlich in Erinnerung habe, es aber nach dem ganzen Gang der Verhandlung klar gewesen sei und überhaupt keinen Zweifel gegeben habe, daß der Angeklagte die Urkunde 'gefälscht' hatte. Der Zeuge OLGR K bekundete (S 217/218 d.A), der Angeklagte habe ihm bei seiner Parteienvernehmung auf Vorhalt geantwortet, das 'Schuldanerkenntnis' sei in seinem Formular nicht gestanden, er habe es nachträglich hineingeschrieben, wobei dies klar und deutlich so zu verstehen war, daß die Einfügung nach der Unterschriftsleistung B erfolgt sei. Rechtsanwalt Dr. I (S 219/220 d.A) berief sich vorerst darauf, daß ihm eine Äußerung seines damaligen Klienten A, womit dieser die Verfälschung zugegeben habe, nicht erinnerlich sei und er sich überhaupt an Details nicht mehr so genau zu erinnern vermöge, mußte aber dann doch eine Erinnerung daran mitteilen, daß 'etwas nachträglich von seiner (des Angeklagten) Hand geschrieben wurde' und schließlich überhaupt einräumen: 'Es war für uns klar, daß A zugegeben hat, daß er dieses Schuldanerkenntnis nach Unterschrift des B eingefügt hat'. Die bekämpfte Urteilsannahme ist durch diese Verfahrensergebnisse gleichzeitig - auch sonst - mängelfrei begründet.

Wenn der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Beweiskraft gerichtlicher Protokolle des weiteren ins Treffen führt, das Erstgericht habe sich nicht hinreichend mit dem Umstand auseinandergesetzt, daß dem vom seinerzeitigen Verhandlungsrichter OLGR K diktierten Tagsatzungsprotokoll kein Zugeständnis der nachträglichen Ergänzung und damit Verfälschung des §AMTC- 'Protokolls' seitens des nunmehrigen Angeklagten zu entnehmen sei, so übersieht er zunächst, daß ein im zivilgerichtlichen Verfahren vorschriftsmäßig aufgenommenes Protokoll zwar gemäß dem § 215 Abs 1 ZPO soweit nicht ein ausdrücklicher Widerspruch einer Partei vorliegt, vollen Beweis über den Verlauf und Inhalt der Verhandlung liefert, jedoch schon im Zivilprozeß selbst ein Gegenbeweis zulässig ist und die zitierte Bestimmung umso weniger an der Befugnis des zur objektiven Wahrheitsfindung verpflichteten Strafgerichtes zu ändern vermag, einen nicht protokollierten Teil einer Aussage vor einem Zivilrichter auf Grund der ihm hierüber vorliegenden (anderen) Beweisergebnisse (als wirklich vorgekommen) festzustellen. Die unterbliebene niederschriftliche Beurkundung von Angaben oder sonstigen Vorgängen bedeutet demnach keinen unwiderlegbaren Nachweis dafür, daß eine derartige Aussage nicht gemacht wurde oder das Ereignis nicht stattfand.

Das Erstgericht war daher vorliegend befugt (§ 258 Abs 2 StPO), trotz der Nichtprotokollierung eines Zugeständnisses der Verfälschung durch den (nunmehrigen) Angeklagten im erwähnten Zivilverfahren im Rahmen der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung dieses, aus der bezüglichen Verhandlungsschrift nicht ersichtliche Eingeständnis auf Grund anderer Beweisergebnisse als nachgewiesen anzusehen. Das hat es getan und sich dabei - entgegen den Beschwerdebehauptungen - auch ausdrücklich (S 237) mit der - insoferne als mangelhaft betrachteten - Protokollierung im Verfahren vor dem Zivilgericht auseinandergesetzt.

Ob aber - wie der Beschwerdeführer im Zuge seiner Mängelrüge ferner zur Sprache bringt - Josef B sen seinerseits ebenfalls erst nach der beiderseitigen Unterfertigung der §AMTC-'Protokolle' die auf seinem 'Protokoll' nunmehr befindliche Skizze oder einen Teil davon angefertigt hat, ist - ganz abgesehen von der Frage nach einer objektiven Unrichtigkeit dieser Skizze und einer mit der Anfertigung bzw Vervollständigung verbundenen Täuschungsabsicht des Josef B sen - völlig belanglos; eine allfällige derartige Ergänzung hat mit der allein den Gegenstand des vorliegenden Strafverfahrens bildenden, dem Angeklagten A (in gänzlich anderer Beziehung) angelasteten Verfälschung seines '§AMTC-Protokolls' mit Täuschungs-, Schädigungsund Bereicherungsvorsatz nichts zu tun und ist auch für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Zeugen Josef B sen nicht von solcher Bedeutung, daß sich das Schöffengericht damit hätte besonders auseinandersetzen müssen; es hat die Überzeugung vom festgestellten Sachverhalt aus einer Reihe von Verfahrensergebnissen in ihrem inneren Zusammenhalt und lebensnahen Schlußfolgerungen gewonnen.

Schon diese, namentlich aber alle weiteren Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO, welche - vom Bestreben getragen, die den erstgerichtlichen Feststellungen zu Grunde liegenden, den Denkgesetzen wie auch der allgemeinen Lebenserfahrung durchaus entsprechenden Erwägungen zu entkräften - letztere mit Gegenargumenten konfrontieren - so etwa darzutun suchen, daß der Zeuge B sen trotz einer Mehrzahl dagegen sprechender Momente - wie vom Angeklagten behauptet - plötzlich dennoch an Ort und Stelle ein schriftliches Verschuldensanerkenntnis abgegeben hat, der Sohn des Genannten, Josef B jun, darum zunächst einer Unterschriftsleistung seines Vaters ablehnend gegenübergestanden ist und verschiedenes (angeblich) gegen eine Schädigungs- und Bereicherungsabsicht des Angeklagten spreche - enthalten der Sache nach bloß eine Erärterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft sowie Umwertung von seitens des Erstgerichtes verwerteten Beweisergebnissen und damit eine unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes nach Art einer Schuldberufung, ohne daß ein Begründungsmangel formaler Art im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufgezeigt wird. Mit der Rechtsrüge der Z 9 lit a des § 281 Abs 1

StPO bestreitet der Angeklagte die Eignung seines vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Verhaltens, einen Schaden herbeizuführen, mit dem Argument, daß nach ständiger Rechtsprechung in Zivilrechtssachen seit mehr als einem Jahrzehnt 'Schuldanerkenntnisse' bei Verkehrsunfällen nur dann rechtlich relevant seien, wenn sich der die Verschuldenserklärung abgebende Unfallsbeteiligte bereit erkläre, die sich aus seiner Erklärung ergebenden rechtlichen Konsequenzen unabhängig von seiner Haftpflichtversicherung zu übernehmen. Die vorliegende Schuldanerkenntniserklärung, für welche dieses Erfordernis nicht zutreffe, sei daher 'rechtlich bedeutungslos' und vermöge keinerlei 'strafrechtliche Folgerungen' nach sich zu ziehen; dies unabhängig davon, ob sie nun vor der Unterschriftsleistung des Josef B sen oder erst nachher angebracht worden sei. Gleiches gelte für den weiteren, nach den erstgerichtlichen Feststellungen vom Angeklagten nachträglich in das §AMTC-'Protokoll' aufgenommenen Beisatz. Die Rüge ist unbegründet.

Zunächst wird der vom Angeklagten vorgenommenen Urkundenverfälschung die Eignung, durch die nachfolgende Verwendung der Urkunde andere Personen zu täuschen und zu schädigen sowie umgekehrt den Angeklagten bzw dessen Haftpflichtversicherer unrechtmäßig zu bereichern, vom Erstgericht gar nicht aus einer unmittelbaren privatrechtlichen Wirkung der Alleinverschuldensanerkenntniserklärung abgeleitet und es ist dies für die Annahme eines Betrugs auch gar nicht erforderlich. Vielmehr reicht es allein schon hin - und lediglich darauf stellte auch das Urteil zutreffend ab - daß eine derartige Urkunde in tatsächlicher Hinsicht ein gewichtiges Beweismittel darstellt, welches dafür spricht, daß die darin - für einen der im § 74 Z 7 StGB umschriebenen Zwecke (hier: 'zum Beweis einer Tatsache von rechtlicher Bedeutung') - festgehaltene Erklärung von der Person stammt, die sie nach Inhalt der Urkunde abgegeben hat, und darum - im Falle ihrer eigenmächtigen (wahrheitswidrigen) Abänderung - in besonderer Weise geeignet ist, der (den Tatsachen widersprechenden) vom Verfälscher als Unfallsbeteiligtem solcherart gegebenen anderen (für ihn günstigen) Darstellung eines bestimmten Unfallgeschehens verstärkte Glaubwürdigkeit zu verleihen und hiedurch die zur Entscheidung über die Auszahlung von Schadenersatzbeträgen oder über die Berechtigung gerichtlich geltend gemachter Schadenersatzforderungen berufenen Personen (Schadensreferenten von Versicherungsgesellschaften, Richter) mit Bezug auf entscheidungswesentliche Tatsachen zu täuschen, als Folge hievon eine Entscheidung zu bewirken, die sonst, nämlich bei richtiger Rechtsanwendung auf den wahren Sachverhalt, nicht ergangen wäre, auf diese Weise andere Personen an ihrem Vermögen schädigt und - korrespondierend - den Verfälscher selbst - allenfalls auch seinen eigenen Haftpflichtversicherer - unrechtmäßig bereichert. Die dem Angeklagten angelastete Verfälschung mit nachfolgender Verwendung der verfälschten Urkunde hatte daher - entsprechend der zutreffenden Rechtsansicht des Erstgerichts, die Eignung zur Erfüllung des objektiven Tatbestands der §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 StGB. Die Verwirklichung der inneren Tatseite wurde vom Schöffengericht ebenfalls festgestellt und dabei den für die Wertung des Vorgehens des Angeklagten als (versuchter schwerer) Betrug (nach dem Gesagten) ausschlaggebenden Kriterien Rechnung getragen (s insbesondere S 232, 238 d.A). Daß die Verfälschung - entsprechend der Einwendung des Beschwerdeführers - auf den Zivilrechtsstreit letztlich (wegen ihrer Aufdeckung) keine 'wie immer geartete' Auswirkungen hatte, war Anlaß dafür, dem Beschwerdeführer nur einen Deliktsversuch zuzurechnen. Im übrigen spielt dieser Umstand aber ebensowenig eine Rolle wie die - relevierte - Tatsache, daß Josef B als klagende Partei im Zivilprozeß mit seinen Ansprüchen nicht zur Gänze durchdrang und aus welchen Erwägungen das - über die zugesprochenen fast 30.000 S samt Anhang hinausgehende - Mehrbegehren abgewiesen worden ist (vgl S 47 ff d.A).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angkelagten nach § 147 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 37 StGB eine Geldstrafe in der Höhe von 240 (zweihundertvierzig) Tagessätzen zu je 183 (hundertdreiundachtzig) Schilling, im Falle der Uneinbringlichkeit 120 (hundertzwanzig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung nahm es als erschwerend an den zweimaligen Versuch, den relativ hohen Schaden, auf den der Vorsatz gerichtet war, sowie die mehrfache Qualifikation des Betruges, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, die Tatsache, daß es in beiden Fällen beim Versuch (eines Betruges) geblieben ist sowie den Umstand, daß (im Zeitpunkt der Urteilsfällung I. Instanz) die Taten schon mehr als drei Jahre zurücklagen und sich der Angeklagte seither wohlverhalten hat.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Geldstrafe 'auf die Hälfte' an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen

richtig festgestellt.

So ist dem Angeklagten - entgegen dessen Ansicht -

ein zweifacher Betrugsversuch zutreffend vorgeworfen worden, weil er durch Täuschung verschiedener Personen unterschiedliche Schadenserfolge herbeizuführen, nämlich auf betrügerische Weise einerseits den Haftpflichtversicherer des Unfallsgegners zur Liquidierung seiner eigenen Ersatzforderung zu veranlassen (Pkt 1) und andererseits die Durchsetzung der bezüglichen Forderung dieses Gegners (gegen ihn selbst und seinen Haftpflichtversicherer) zu vereiteln getrachtet hat (Pkt 2). Auch ist der Betrug gemäß der Z 1 des ersten Absatzes und entsprechend dem Absatz 2, also zweifach nach § 147 StGB qualifiziert. Sorgepflichten stellen keinen Milderungsgrund dar. Sie sind allerdings bei der Verhängung von Geldstrafen im Rahmen der Beurteilung der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers für die Festsetzung der Höhe des Tagessatzes zu beachten (§ 19 Abs 2 StPO) und wurden insoferne ohnedies berücksichtigt. Die Höhe des Tagessatzes ist hienach angemessen, die Anzahl der Tagessätze nach den für deren Bestimmung maßgebenden Momenten (§ 32 StGB) gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03141

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1976:0090OS00103.75.0708.000

Dokumentnummer

JJT_19760708_OGH0002_0090OS00103_7500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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