TE OGH 1977/6/7 4Ob350/77

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Veröffentlicht am 07.06.1977
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Norm

EO §1 Z16
EO §392 Abs2
ZPO §405
ZPO §594

Kopf

SZ 50/83

Spruch

Auch Ansprüche, über die ein Schiedsgericht zu entscheiden hat, können durch einstweilige Verfügung gesichert werden

OGH 7. Juni 1977, 4 Ob 350/77 (LGZ Wien 46 R 236/77; BG Hernals 6 C 193/77)

Text

Die gefährdete Partei beantragte vor Einbringung einer Klage zur Sicherung ihres behaupteten Anspruches auf Rückkauf des Fertigwarenlagers aller jener Erzeugnisse, auf die sich die V-Schutzmarken beziehen, den Antragsgegnern mit einstweiliger Verfügung die gerichtliche Hinterlegung der in ihrer Gewahrsame befindlichen, die erwähnte Schutzmarke aufweisenden Erzeugnisse aufzutragen; für den Fall, daß sich die gerichtliche Hinterlegung nicht eignen sollte, beantragte sie die Verwahrung dieser Erzeugnisse im Sinne des § 259 EO. Zur Begründung führte die gefährdete Partei im wesentlichen aus, sie habe mit dem Erstantragsgegner einen Lizenzvertrag geschlossen, wonach diesem als Lizenznehmer das Recht des Gebrauches der V-Schutzmarken, der Muster, des Know-how und der Herstellungsverfahren bestimmter kosmetischer Erzeugnisse eingeräumt worden sei. Der Erstantragsgegner sei geschäftsführender und persönlich haftender Gesellschafter der Zweitantragsgegnerin und habe die Lizenz im Rahmen des Betriebes der Zweitantragsgegnerin ausgeübt. Obwohl die gefährdete Partei den Lizenzvertrag mit Schreiben vom 23. Juni 1976 gekundigt habe, hätten die Antragsgegner entgegen den Vertragsbestimmungen den Verkauf der geschützten Produkte fortgesetzt und damit gegen den Vertrag und gegen § 1 UWG verstoßen.

Die Antragsgegner bestritten die Richtigkeit dieses Vorbringens einschließlich der Antragslegitimation der gefährdeten Partei und beantragten des Sicherungsantrages.

Das Erstgericht bewilligte die pfandweise Beschreibung der in der Gewahrsame der Antragsgegner befindlichen, die V-Schutzmarke aufweisenden Erzeugnisse und sprach aus, daß diese einstweilige Verfügung bis zur Erwirkung eines rechtskräftigen Schiedsspruches nach dem Vorbringen der gefährdeten Partei haben die Parteien für Streitigkeiten aus dem Lizenzvertrag die Zuständigkeit eines Schiedsgerichtes vereinbart - wirksam sei. Ferner wurde der gefährdeten Partei für die Erbringung des Nachweises der Erhebung der Klage eine Frist von sechs Monaten eingeräumt und der Vollzug der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung von 200 000 S abhängig gemacht.

Das Erstgericht nahm den Anspruch und die Gefährdung als bescheinigt an, ließ jedoch die Frage, ob nicht der zwischen den Parteien geschlossene Lizenzvertrag, wie die Antragsgegner behaupten, ein Scheinvertrag sei, wogegen der zwischen dem Erstantragsgegner und der Firma V geschlossene Vertrag nach wie vor aufrecht sei, und damit die Frage der Aktivlegitimation, offen. Die Anordnung der pfandweisen Beschreibung hielt es aus den Gründen des § 392 Abs. 2 EO für geboten, weil sie die gefährdete Partei am wenigsten beschwere.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß in der Hauptsache ersatzlos auf und änderte die Kostenentscheidung ab. Es erblickte in der von der gefährdeten Partei nicht begehrten Bewilligung der pfandweisen Beschreibung eine Verletzung des § 405 ZPO, weil eine planweise Beschreibung der Bezeichnung von Gegenständen diene, welche mit einem Pfandrecht behaftet seien. Da der behauptete Anspruch der gefährdeten Partei auf Rückkauf des Warenlagers pfandrechtlich nicht gesichert sei, diene die vom Erstgericht angeordnete Maßnahme in Wahrheit Zwecken der Beweissicherung, für die jedoch ein anderes Verfahren vorgesehen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Vorerst ist zu prüfen, ob mit Rücksicht auf die behauptete Vereinbarung der Schiedsgerichtsbarkeit für Streitigkeiten aus dem Lizenzvertrag die Sicherung eines aus diesem Vertrag abgeleiteten Anspruches durch einstweilige Verfügungen, welche von staatlichen Gerichten erlassen werden, überhaupt zulässig ist. Da die einstweilige Verfügung eine Sicherungsmaßnahme ist, welche die Exekution gegen die Gefahr der Vereitelung oder Erschwerung der Zwangsvollstreckung im voraus sichern soll, die von Schiedsgerichten gefällten Schiedsprüche jedoch gemäß § 594 Abs. 1 ZPO bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils haben und gemäß § 1 Z. 16 EO einen Exekutionstitel bilden und da ihre Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung somit in die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte fällt, ist die Erlassung einstweiliger Verfügungen zur Sicherung von Ansprüchen, über die ein Schiedsgericht zu entscheiden hat, (Fasching IV, (Fasching IV, 724; Heller - Berger - Stix. 2697).

In der Sache selbst ist davon auszugehen, daß das dem § 405 ZPO zugrunde liegende Antragsprinzip nicht nur im Zivilprozeß, sondern insbesondere auch im Exekutionsverfahren gilt. Bei Erlassung einstweiliger Verfügungen ist daher das Gericht an den Antrag der gefährdeten Partei gebunden. Es darf zwar die Sicherungsmaßnahme selbst bestimmen, doch muß diese immer innerhalb des Antrages (§ 389 Abs. 1 EO) bleiben. Nur innerhalb dieses Rahmens darf das Gericht das Sicherungsmittel frei wählen und ist an die beantragte Maßnahme nicht gebunden (Fasching III, 657; 7 Ob 290/74; ÖBl. 1973, 56; JBl. 1971, 371 u. v. a.).

Faßt man nun die vom Erstgericht angeordnete pfandweise Beschreibung bloß als eine listenmäßige Erfassung des Warenlagers auf, dann ist diese Maßnahme im Verhältnis zu den von der gefährdeten Partei beantragten Sicherungsmitteln ein aliud und nicht etwa nur ein in den Rahmen des Antrages fallendes minus, so daß ein Verstoß gegen § 405 ZPO vorliegt. Wollte jedoch das Erstgericht, wie die gefährdete Partei in ihren Rechtsmittelausführungen meint, mit der pfandweisen Beschreibung ein Pfandrecht zugunsten der gefährdeten Partei begrunden, dann wäre ein solches Sicherungsmittel schon deshalb unzulässig, weil die gefährdete Partei einen derartigen Anspruch weder behauptet noch bescheinigt hat. Das Erstgericht durfte daher, wie das Rekursgericht richtig erkannt auch unter Bedachtnahme auf § 392 Abs. 2 EO eine pfandweise Beschreibung nicht anordnen.

Anmerkung

Z50083

Schlagworte

Antragsprinzip § 405 ZPO gilt in EO, Einstweilige Verfügung zur Sicherung schiedsgerichtlicher Ansprüche, Schiedsgerichtliche Ansprüche und EV, Sicherungsmaßnahme nach EO, keine Bindung an die beantragte Art

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1977:0040OB00350.77.0607.000

Dokumentnummer

JJT_19770607_OGH0002_0040OB00350_7700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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