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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1175;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des D in S, vertreten durch Mag. Dr. Gabriele Krenn, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Glacisstraße 67, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom 15. Februar 2000, GZ. RV 272/1-8/99, betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1995 und 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Pensionist, erklärte in den Streitjahren Einkünfte aus selbstständiger Arbeit sowie Verluste aus seiner gewerblichen Tätigkeit als Vermittlungsagent.
Bei einer die Streitjahre betreffenden Betriebsprüfung erklärte der Beschwerdeführer gegenüber dem Prüfer, die Ausgaben in Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit als Vermittlungsagent stünden tatsächlich in Zusammenhang mit seiner Gesellschafterstellung bei der A Est. (Dubai). Es handle sich dabei um eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Da es mit Dubai kein Doppelbesteuerungsabkommen gebe und der Beschwerdeführer in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig sei, seien die Verluste bzw. Ausgaben im Zusammenhang mit seiner Gesellschafterstellung bei seiner steuerlichen Veranlagung in Österreich zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer legte eine Vereinbarung mit der A Est. vom 29. Jänner 1995 vor. Diese hatte folgenden Inhalt:
"I.
Die A Est. befasst sich mit der Vermittlung von Ölgeschäften, insbesondere mit der Vermittlung von Gasöl aus dem Irak. Auf Grund des derzeit eher schwachen Geschäftsverlaufes und damit verbundenen finanziellen Engpässen wird mit (dem Beschwerdeführer) diese Vereinbarung getroffen.
II.
(Der Beschwerdeführer) verpflichtet sich ab Unterfertigung dieser Vereinbarung, sämtliche Reisespesen und Anbahnungsspesen der A Est. zu übernehmen.
III.
Als Gegenleistung erhält (der Beschwerdeführer)
1) 40% des Gewinnes aus dem Vermittlungsgeschäft
2) zuzüglich Ersatz der übernommenen Reisespesen und
Anbahnungsspesen nach erfolgreicher Abwicklung des
Vermittlungsgeschäftes.
Der Gewinn aus dem Vermittlungsgeschäft als Basis für die Abrechnung wird ermittelt wie folgt:
Vermittlungsprovision
abzüglich Reisespesen und Anbahnungsspesen
= Gewinn
Die Auszahlung der Beträge hat jeweils binnen vier Wochen nach Eingang der Vermittlungsprovisionen bei der A Est. auf ein noch bekanntzugebendes Konto des (Beschwerdeführers) zu erfolgen.
IV.
(Dem Beschwerdeführer) wird zur Kontrolle der Abrechnungen jederzeitige Einsichtnahme in die Bücher und Aufzeichnungen der A Est. gewährt."
Der Prüfer verweigerte den geltend gemachten Verlusten die steuerliche Anerkennung mit der Begründung, dass die genannten Ausgaben ursächlich mit der A Est. zusammenhingen und bei dieser Gesellschaft abzusetzen gewesen seien. Bei den angegebenen Aufwendungen scheine als Rechnungsempfänger die A Est. mit Sitz in der Freihandelszone von Dubai auf.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ (nach Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend das Jahr 1995) entsprechende Sachbescheide für die Jahre 1995 und 1996.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte im Wesentlichen aus, im Jänner 1995 sei Herr Roland E als Vertreter der A Est. an den Beschwerdeführer herangetreten und habe ihm vorgeschlagen, sich am Unternehmen der A Est. zu beteiligen, weil infolge von Unruhen im Irak für diese finanzielle Engpässe entstanden seien. In der Vereinbarung vom 29. Jänner 1995 seien die Modalitäten festgelegt worden. Es seien vom Beschwerdeführer die Ausgaben der Gesellschaft (Reisekosten, Anbahnungskosten, Büromieten usw.) persönlich getragen worden, welche als Sonderbetriebsausgaben des Beschwerdeführers aus seiner Beteiligung am Unternehmen der A Est. zu behandeln seien.
Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag, in welchem der Beschwerdeführer ergänzend ausführte, er habe sich unter Punkt 2 der genannten Vereinbarung verpflichtet, sämtliche Reise- und Anbahnungsspesen der A Est. zu übernehmen und zwar sowohl finanziell als auch infolge von Verlustzuweisungen (Vorwegverluste). Zufolge von Unruhen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Irak seien 1995 und 1996 keine Geschäfte zu Stande gekommen, sodass die "A Est. u. Mitges." in diesen Jahren keinerlei Umsätze getätigt habe. Die Betriebsausgaben der "A Est.
u. Mitges." seien 1995 und 1996 bei weitem höher gewesen als die vom Beschwerdeführer übernommenen. Die Verlustzuweisungen an den Beschwerdeführer seien mit der Höhe der von ihm übernommenen Reisespesen und Anbahnungsspesen (Einlagen) beschränkt. Die Vereinbarung sei keineswegs in der Weise auszulegen, dass der Beschwerdeführer an den Verlusten der Gesellschaft nicht teilnehme und nur 40 % Gewinnzuweisung erhalte.
Der Beschwerdeführer übermittelte in Beantwortung eines Vorhaltes, in dem er um die Vorlage der Gewinnermittlungen (samt Gewinnverteilung) der A Est. für die Jahre 1995 und 1996 - und zwar nach österreichischem Einkommensteuerrecht - ersucht wurde, "vom Financial Consultant Krishnamurthi bestätigte Extrakte aus den Unterlagen 1995 und 1996" mit dem Bemerken, dass weitere Unterlagen nicht beigebracht werden könnten. Diese Unterlagen enthalten folgende Darstellung:
"Auszug aus der GuV - Ölgeschäft 1995:
Umsatz
USD 0,00
ATS 0,00
Diverse Ausgaben
- USD 41.666,67
- ATS 500.000,00
Reisespesen / Anbahnungsspesen
- USD 58.333,33
- ATS 700.000,00
Verlust 1995
- USD 100.000,00
- ATS 1,200.000,00
Davon entfallen auf den Gesellschafter (Beschwerdeführer)
- USD 52.500,00
(- ATS 630.000,00)
Auszug aus der Bilanz 1995:
I. Verrechnungskonto (Beschwerdeführer):
Privateinlagen 1995
USD 52.500,00
ATS 630.000,00
- Verlustanteil 1995
- USD 52.500,00
- ATS 630.000,00
Stand per 31.12.1995
USD 0,00
ATS 0,00
Auszug aus der GuV - Ölgeschäft 1996:
Umsatz
USD 0,00
ATS 0,00
Diverse Ausgaben
- USD 50.000,00
- ATS 600.000,00
Reisespesen / Anbahnungsspesen
- USD 33.333,34
- ATS 400.000,00
Verlust 1995
- USD 83.333,34
- ATS 1,000.000,00
Davon entfallen auf den Gesellschafter (Beschwerdeführer)
- USD 23.850,00
(- ATS 286.200,00)
Auszug aus der Bilanz 1996:
I. Verrechnungskonto (Beschwerdeführer):
Privateinlagen 1996
USD 23.850,00
ATS 286.200,00
- Verlustanteil 1996
- USD 23.850,00
- ATS 286.200,00
Stand per 31.12.1996
USD 0,00
ATS 0,00
II. Darlehen (Beschwerdeführer)
USD 10.670,25
ATS 128.043,00"
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und begründend ausgeführt, der Beschwerdeführer, der behaupte, auf Grund der Vereinbarung sei eine einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht vergleichbare Gesellschaft entstanden, gehe offenbar ("Sonderbetriebsausgaben") vom Vorliegen einer Mitunternehmerschaft der an dieser Vereinbarung Beteiligten aus. Tatsächlich liege keine Mitunternehmerschaft vor, weil in der Vereinbarung vom 29. Jänner 1995 von einem Gesellschaftsvertrag, einer Gesellschaftsgründung oder einer Beteiligung des Beschwerdeführers als Gesellschafter nicht die Rede sei. Es werde dort dem Beschwerdeführer auch kein (nennenswerter) Einfluss auf das betriebliche Geschehen bzw. auf die betrieblichen Entscheidungen eingeräumt. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer offensichtlich auch nicht am Gewinn beteiligt worden sei. Gemäß Punkt III. der Vereinbarung solle der Beschwerdeführer nämlich bloß 40 % der Differenz zwischen der Provision aus dem Vermittlungsgeschäft und den Reise- bzw. Anbahnungsspesen plus den Ersatz der übernommenen Reise- und Anbahnungsspesen erhalten, dh (im Ergebnis) nur an einzelnen betrieblichen Vorgängen der A Est. beteiligt werden. Eine vom Beschwerdeführer vorgelegte "Special Licence vom 10. Oktober 1995 (Government of Dubai)" betreffend die A Est. erwähne als "Activity" dieser Gesellschaft unter anderem auch "Trading in Agricultural Equipments, Industrial & Precious Stones and Medical Equipment & Apparatus". Dieser Umstand, aber auch die vom Beschwerdeführer vorgelegten, ausdrücklich als Extrakte bezeichneten Unterlagen betreffend die Jahre 1995 und 1996 ("Auszug aus der GuV - Ölgeschäft") sprächen dafür, dass das Ölgeschäft nur einen Teil der tatsächlichen Aktivitäten der A Est. umfasse.
In der Vereinbarung vom 29. Jänner 1995 sei auch keine Verlustbeteiligung des Beschwerdeführers vorgesehen. Eine solche sei erstmals im Zuge der Betriebsprüfung behauptet worden. Allfällige spätere (rückwirkende) diesbezügliche Vereinbarungen seien aber steuerlich nicht zu berücksichtigen.
Dass der Begriff "Gewinn" (Punkt III. der Vereinbarung) nicht auch Verluste umfasse, zeige sich auch an den vom Beschwerdeführer vorgelegten "Auszügen aus der GuV - Ölgeschäft" für die Jahre 1995 und 1996, welche offensichtlich keinerlei Orientierung der (behaupteten) Verlustzuweisungen an den in der Vereinbarung genannten 40 % erkennen ließen. Aus der Vereinbarung vom 29. Jänner 1995 gehe auch keinerlei Beteiligung des Beschwerdeführers am Betriebsvermögen (an den stillen Reserven einschließlich Firmenwert) der A Est. hervor. Die vom Beschwerdeführer behauptete "A Est. u. Mitges." sei auch nie nach außen hin in Erscheinung getreten. Weiters hätten sich die Beteiligten in der Folge überhaupt nicht an die Vereinbarung vom 29. Jänner 1995 gehalten. Entgegen seiner Verpflichtung gemäß Punkt III., ab Unterfertigung sämtliche (dh der Höhe nach unbeschränkt) Reise- und Anbahnungsspesen der A Est. zu übernehmen, habe der Beschwerdeführer dies nur in eingeschränktem Ausmaß, und zwar in Höhe von S 630.000,-- bzw. S 286.200,-- getan, während laut vorgelegten GuV-"Extrakten" insgesamt S 700.000,-- bzw. S 400.000,-- Spesen bei der A Est. entstanden seien.
Selbst die Anerkennung der behaupteten Mitunternehmerschaft durch die Abgabenbehörde würde aber nicht zu dem vom Beschwerdeführer gewünschten Ergebnis führen, weil die von ihm übernommenen Spesen als (nicht gewinnwirksame) Einlagen des Beschwerdeführers zu beurteilen seien. Eine (Vorweg)Verlustbeteiligung des Beschwerdeführers sei aber in der Vereinbarung nicht vorgesehen.
Es liege auch keine Beteiligung des Beschwerdeführers nach Art eines stillen Gesellschafters vor, weil er bloß am Ertrag einzelner Geschäfte beteiligt sei. Verlustanteile an solchen Beteiligungen seien außerdem nicht steuerwirksam.
Die vom Beschwerdeführer geleisteten Zahlungen seien vielmehr als Ausflüsse (partiarischer) Darlehen - insbesondere im Hinblick auf die fehlende Verlustbeteiligung des Beschwerdeführers, den mangelnden Einfluss des Beschwerdeführers auf die Geschäftsführung, die nicht nennenswerten Mitwirkungs- und Kontrollrechte und den fehlenden gemeinsamen Gesellschaftszweck anzusehen. Auch die bloße Beteiligung des Beschwerdeführers am Gewinn nur bestimmter Geschäfte spreche wohl für die Richtigkeit dieser Annahme. Die also "in Wahrheit im Wege einer Darlehensgewährung erfolgte Hingabe der berufungsgegenständlichen Beträge in Höhe von S 630.000,-- (1995) und S 286.200,-- (1996) durch den Beschwerdeführer an die A ESt. ist daher richtigerweise einkommensteuerneutral zu behandeln".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind gemäß § 23 Z 2 EStG 1988 Gewinnanteile der Gesellschafter von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind.
Voraussetzung für die Annahme einer Mitunternehmerschaft ist, dass für die beteiligten Personen mit ihrer Position Unternehmerwagnis verbunden ist, was sich in der Unternehmerinitiative und dem Unternehmerrisiko ausdrückt. Unternehmerinitiative entfaltet, wer auf das betriebliche Geschehen Einfluss nehmen kann. Das Unternehmerrisiko besteht in der Teilnahme am Wagnis des Unternehmens und kommt u.a. in der Beteiligung am Gewinn und Verlust und an den stillen Reserven einschließlich des Firmenwertes zum Ausdruck (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995, Zl. 94/15/0103, mwN).
Zu den Mitunternehmerschaften zählt eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht dann, wenn sie nach außen in Erscheinung tritt und die Gesellschafter Unternehmerrisiko tragen und Unternehmerinitiative entfalten. Sie zählt aber auch dann zu den Mitunternehmerschaften, wenn sie eine bloße Innengesellschaft ist, der nach außen hin nicht in Erscheinung tretende Gesellschafter aber am Betriebserfolg und am Betriebsvermögen einschließlich der stillen Reserven und des Firmenwertes beteiligt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1994, 93/14/0150, mwN).
Die belangte Behörde verneinte im Beschwerdefall das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Kriterien gemeinschaftlicher Gesellschaftszweck, Auftreten einer Gesellschaft nach außen, Beteiligung am Anlagevermögen, an den stillen Reserven, am Firmenwert und am Unternehmerwagnis nicht erfüllt worden seien.
Nach dem Beschwerdevorbringen seien die von der belangten Behörde herangezogenen Kriterien lediglich Indizien, welchen von der Lehre unterschiedliches Gewicht beigemessen werde. Im Beschwerdefall sei jedenfalls vom Vorliegen einer Mitunternehmerschaft auszugehen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis vom 24. November 2004, 2000/13/0107, ausgeführt hat, ist entscheidendes Kriterium für das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft die gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftlich vergleichbare Teilnahme Mehrerer am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens, wozu die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft, die Haftung für Gesellschaftsschulden und zumindest für den Fall der Auflösung der Gesellschaft auch die Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert gehört.
Im Beschwerdefall ergibt sich weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch aus den von ihm im Abgabenverfahren vorgelegten Unterlagen eine Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert im Falle der Auflösung der von ihm behaupteten Gesellschaft. Auch hinsichtlich der Unternehmerinitiative hat der Beschwerdeführer jegliches Vorbringen unterlassen. Bei dieser Sachlage kann es nicht als rechtswidrig erachtet werden, wenn die belangte Behörde das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft verneint hat. Der Beschwerdeführer wurde dadurch nicht in seinen in der Beschwerde geltend gemachten Rechten verletzt.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. April 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2000150058.X00Im RIS seit
13.06.2005Zuletzt aktualisiert am
18.07.2012