TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/21 2002/20/0360

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Veröffentlicht am 21.04.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3 idF 1998/I/158;
AVG §69 idF 1998/I/158;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Berger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des H in W, geboren 1968, vertreten durch Mag. Manuela Prohaska, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Invalidenstraße 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 19. April 2002, Zl. 213.723/7-IV/10/01, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines Asylverfahrens (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den vom Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen von Bangladesh, gestellten Antrag auf Wiederaufnahme seines mit Berufungsbescheid vom 10. Mai 2001 abgeschlossenen Asylverfahrens zurück.

Der erwähnte Berufungsbescheid erging, nachdem das Bundesasylamt mit erstinstanzlichem Bescheid vom 2. August 1999 den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 4. Februar 1999 gemäß § 7 AsylG abgewiesen und gemäß § 8 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bangladesh festgestellt hatte.

Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem Bescheid vom 10. Mai 2001 - der dem Beschwerdeführer am 15. Mai 2001 zugestellt wurde - keine Folge. Dies begründete der unabhängige Bundesasylsenat damit, dass den Angaben des Beschwerdeführers (aus näher dargestellten Gründen) kein Glaube habe geschenkt werden können. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden seien in ihrer Gesamtheit bedenklich und nicht geeignet gewesen, die Glaubwürdigkeit seines Vorbringens herbei zu führen. Darüber hinaus sei selbst dann, wenn man das Vorbringen des Beschwerdeführers als wahr unterstelle, vom Beschwerdeführer kein asylrelevanter Sachverhalt dargetan worden. Ausgehend von der mangelnden Glaubwürdigkeit der behaupteten Verfolgungsgefahr bestehe auch kein Abschiebungshindernis.

Am 13. September 2001 stellte der Beschwerdeführer den - nun verfahrensgegenständlichen - Antrag auf Wiederaufnahme seines Asylverfahrens gemäß § 69 AVG und begründete diesen wie folgt:

"Ich habe von meinem Anwalt Dokumente erhalten, die es wahrscheinlich machen, dass die Behörde einen anders lautenden Bescheid erlassen hätte, wären ihr diese Dokumente in meinem Asylverfahren vorgelegen.

Folgende (übersetzte) Dokumente beweisen meine Verfolgung in Bangladesh (diese sind dem Antrag in Kopie beigelegt und werden der Behörde in Folge im Original vorgelegt):

1. ...

...

9.

Weiters ist es in Bangladesh im Vorfeld der Wahlen zu großen Unruhen gekommen ... (wird näher ausgeführt). ..."

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag auf Wiederaufnahme "gemäß § 69 AVG 1991 Abs. 1 Zi. 2, Abs. 2, Abs. 4 AVG zurückgewiesen".

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen wie folgt:

Der Antrag leide an nicht verbesserungsfähigen Fehlern. Es fehle jegliches Vorbringen, wann die vorgelegten Dokumente dem Beschwerdeführer zugekommen bzw. bekannt geworden seien. Es fehlten Behauptungen sowohl zur Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages als auch darüber, dass eine Vorlage dieser Urkunden ohne Verschulden im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht möglich gewesen sei. Weiters habe der Beschwerdeführer auch nicht dargestellt, "wieso gerade diese Urkunden die Behörde zu einer anderen Entscheidungsfindung bewegen" sollten. Der Beschwerdeführer hätte sämtliche Voraussetzungen für die Wiederaufnahme schon in seinem Antrag konkretisierend und schlüssig darlegen müssen. Deren Fehlen könne nicht als "Formgebrechen des Antrages" im Sinne des § 13 Abs 3 AVG angesehen werden, sondern stelle eine "Fehlerhaftigkeit in materieller Beziehung" dar. Eine Behebung solcher Mängel habe dem Beschwerdeführer nicht aufgetragen werden können. Da der Antrag somit "schon formell scheiterte", habe sich eine inhaltliche Befassung mit den angeblich neu hervorgekommenen Urkunden erübrigt. Der Wiederaufnahmeantrag sei somit "unter Abstandnahme von einer inhaltlichen Dokumentenprüfung" zurückzuweisen gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Grund der von ihr angenommenen Mängel ohne vorherige Erteilung eines Auftrages zu deren Behebung (§ 13 Abs. 3 AVG) zurückgewiesen und sich zur Rechtfertigung dieses Vorgehens auf Judikatur aus den Jahren 1933 bis 1996 berufen. Sie hat dabei übersehen, dass § 13 Abs. 3 AVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 geändert wurde und auch Mängel der von der belangten Behörde angenommenen Art - nämlich solche, die sich nicht im Sinne der früheren Fassung der Bestimmung als "Formgebrechen" werten ließen - seither verbesserbar sind (vgl. ausführlich Fuss, Welche Mängel eines schriftlichen Anbringens sind verbesserungsfähig? ZfV 2000, 225 ff; aus der hg. Judikatur etwa - Rechtzeitigkeitsangaben in einem Wiedereinsetzungsantrag betreffend - das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl. 2002/20/0273).

Da die belangte Behörde somit nicht von der geltenden Rechtslage ausgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in dem auf Grund der erwähnten Verordnung zugesprochenen Betrag die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Wien, am 21. April 2005

Schlagworte

Verbesserungsauftrag Bejahung Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002200360.X00

Im RIS seit

30.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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