Norm
ABGB §43Kopf
SZ 50/152
Spruch
Eine Wahlgemeinschaft (Wahlpartei) ist zumindest insoweit parteifähig, als die von ihr oder gegen sie geltend gemachten Ansprüche aus ihrer Tätigkeit im Rahmen ihres Hauptzwecks abgeleitet werden Mißbrauch der Bezeichnung "Volkspartei" durch eine "Volkspartei Wahlgemeinschaft M"
Auch eine juristische Person kann den Namensschutz nach § 43 ABGB geltend machen
Unbefugt ist jeder Gebrauch des Namens oder eines wesentlichen Namensbestandteiles, der weder auf eigenem Recht beruht, noch vom berechtigten Namensträger gestattet wurde
Dem Namensträger muß ein Interesse am Nichtgebrauch seines Namens durch wen immer dann zugebilligt werden, wenn - auch ohne unmittelbare Verwechslungsgefahr - der Anschein ideeller oder wirtschaftlicher Beziehungen zwischen ihm und der benannten Person erweckt wird
OGH 22. November 1977, 4 Ob 377/77 (OLG Wien 3 R 66/77; KG St Pölten 5 Cg 325/75)
Text
Die klagende "Österreichische Volkspartei, Landesparteileitung Niederösterreich" behauptet, der Erstbeklagte Kurt W habe die Zweitbeklagte "Volkspartei- Wahlgemeinschaft M, Liste Kurt W" für die Gemeinderatswahl am 16. November 1975 in der Stadtgemeinde M gegrundet und dabei den wesentlichen Bestandteil des Namens der klagenden Partei ("Volkspartei") widerrechtlich verwendet. Er habe damit das Namensrecht der klagenden Partei verletzt, so daß die Beklagten schuldig seien, jede Verwendung des Namens "Volkspartei" oder "VP", die Zweitbeklagte auch des Namens "Volkspartei - Wahlgemeinschaft M, Liste Kurt W", insbesondere bei der Gemeinderatswahl der Stadt M am 16. November 1975, zu unterlassen. Dieser Unterlassungsanspruch stütze sich auch auf §§ 1 und 9 UWG, da auch ein Wettbewerb der Klägerin und der Zweitbeklagten auf geschäftlichem Gebiet möglich sei.
Die Beklagten beantragten die Klage zurückzuweisen, jedenfalls aber das Klagebegehren abzuweisen. Sie machen geltend, der Klägerin fehle die Parteifähigkeit, da zwar die "Österreichische Volkspartei" Rechtspersönlichkeit besitze, nicht aber die als Klägerin auftretende "Österreichische Volkspartei, Landesparteileitung Niederösterreich". Der Landesparteileitung Niederösterreich komme als Organ im territorialen Bereich auch keine Befugnis zur Vertretung der "Österreichischen Volkspartei" zu. Auch die Zweitbeklagte sei nicht parteifähig, da es sich bei ihr nur um eine Wählergruppe handle, die durch Überreichung des Wahlvorschlages bei der Gemeindewahlbehörde M am 24. Oktober 1975 entstanden sei und sich nach Ablauf der Wahlanfechtungsfrist mit 30. November 1975 wieder aufgelöst habe. Weiters wurde geltend gemacht, daß die Mehrzahl der Angehörigen der Zweitbeklagten, insbesondere auch der Erstbeklagte, Mitglieder der Österreichischen Volkspartei und daher zur Verwendung dieses Namens berechtigt seien. Der Erstbeklagte sei passiv nicht legitimiert, weil er nicht alleiniger Gründer der Wahlgemeinschaft gewesen sei. Die Wahlgemeinschaft sei von der zuständigen Wahlbehörde mit Zustimmung auch der Vertreter der klagenden Partei zur Wahl zugelassen worden, so daß sie das Recht erhalten habe, den gewählten Namen während des Wahlverfahrens zu verwenden. In der Klagebeantwortung machte der Erstbeklagte geltend, daß es sich im Verhältnis zwischen ihm und der Klägerin um eine Streitigkeit zwischen Parteiorganen handle, die nach den einschlägigen Bestimmungen der Statuten vor den zuständigen Parteigerichten, also Schiedsgerichten, zu behandeln seien.
Das Erstgericht gab der Klage statt, wobei es den im Urteilsbegehren enthaltenen, auf die Gemeinderatswahl der Stadt M vom 16. November 1975 bezugnehmenden Beisatz im Unterlassungsbegehren nicht aufnahm, weil er bei Schluß der mündlichen Verhandlung bereits gegenstandslos geworden war. Das Erstgericht traf folgende Sachverhaltsfeststellungen:
Die Zweitbeklagte habe ihren Wahlvorschlag für die Gemeinderatswahl der Stadtgemeinde M vom 16. November 1975 am 24. Oktober 1975 an die Gemeinderatswahlbehörde in M vorgelegt. In diesem Wahlvorschlag sei als unterscheidende Parteibezeichnung der Name "Volkspartei-Wahlgemeinschaft M, Liste Kurt W" angeführt. In der Wahlliste scheine an erster Stelle der Erstbeklagte auf. Bei der Gemeinderatswahl am 16. November 1975 hätten in M außer der Zweitbeklagten die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ), die Österreichische Volkspartei (ÖVP) und die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) kandidiert. In der Sitzung der Gemeindewahlbehörde vom 30. Oktober 1975 sei festgestellt worden, daß alle eingelangten Wahlvorschläge, somit auch jener der Zweitbeklagten, den Bestimmungen der niederösterreichischen Gemeindewahlordnung entsprechen. Im Dezember 1976 habe die Zweitbeklagte unter der Bezeichnung "Fraktion der VP-Wahlgemeinschaft, Liste Kurt W im Gemeinderat der Stadt M" ein Flugblatt veröffentlicht.
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, daß die Prozeßvoraussetzungen gegeben seien und der Klagsanspruch auf Unterlassung gegen beide Beklagten zu Recht bestehe. Nach dem Klagevorbringen trete eindeutig erkennbar die Österreichische Volkspartei als Gesamtpartei als Anspruchsberechtigte auf. Dieser komme auf Grund der Bestimmungen des Parteiengesetzes, BGBl. 404/1975 Rechtspersönlichkeit zu. Die Landesparteileitung Niederösterreich sei auf Grund des § 10 des Bundesparteiorganisationsstatutes der ÖVP errichtetes Organ im territorialen Bereich. Da die klagsgegenständlichen Handlungen diesen Wirkungsbereich betreffen, sei eine allfällige Beschränkung der Vertretungsbefugnis dieses Organes durch die Statuten rechtlich ohne Bedeutung.
Die Parteifähigkeit der Zweitbeklagten ergebe sich daraus, daß einer Wahlpartei uneingeschränkt Rechtspersönlichkeit zukomme, was auch für die Zweitbeklagte als Wählergruppe gemäß §§ 29 f. der niederösterreichischen Gemeindewahlordnung 1974 gelte. Nunmehr sei die Zweitbeklagte im Gemeinderat der Stadt M als selbständige Fraktion vertreten und habe tatsächlich die Stellung einer politischen Partei inne.
Sie erfülle im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung ihrem Wesen nach den Begriff "Verein ".
Die Österreichische Volkspartei sei berechtigt, den Anspruch auf Unterlassung von Eingriffen in ihre Privatrechtssphäre im eigenen Namen geltend zu machen, und daher zur Klage aktiv legitimiert. Die Klagsführung gegen den Erstbeklagten sei gerechtfertigt,weil dieser an der Zweitbeklagten maßgeblich beteiligt sei. Dies komme schon darin zum Ausdruck, daß sein Name in der Parteienbezeichnung der Zweitbeklagten enthalten sei und er deren Parteiliste an erster Stelle mitunterfertigt habe. Daraus sei auf seinen wesentlichen Einfluß für die streitgegenständliche Namensgebung der Zweitbeklagten zu schließen.
Die Passivlegitimation der Zweitbeklagten ergebe sich aus ihrer Namensgebung.
Die Einrede des Erstbeklagten, für die Entscheidung des Rechtsstreites sei nach den Satzungen der Österreichischen Volkspartei oder der Niederösterreichischen Volkspartei ein Parteigericht zuständig, betreffe nur die sachliche Zuständigkeit, nicht jedoch die Zulässigkeit des Rechtsweges. Der Einrede komme keine Berechtigung zu, weil vor Vereinsschiedsgerichte nur jene Streitigkeiten gehörten, die nicht die Schädigung eines Privatrechtes, sondern nur die Schädigung eines das Vereinsleben oder die Führung des Vereines betreffenden Interesses zum Gegenstand hätten. Nur wenn das einzelne Mitglied eine Schiedsklausel in den Statuten ausdrücklich unterschrieben habe oder eine den Vorschriften des § 577 ZPO entsprechende schriftliche Vereinbarung vorliege, sei die Zuständigkeit des Vereinsschiedsgerichtes möglich. Diesem Rechtsstreit liege aber die Behauptung von Verletzungen anderer als bloß vereinsinterner Interessen zugrunde. Die Unterfertigung einer Schiedsklausel oder das Vorliegen einer schriftlichen Schiedsvereinbarung sei nicht behauptet worden.
Die Verwendung des für die Bezeichnung der Klägerin wesentlichen Namensbestandteiles "Volkspartei" verstoße gegen § 43 ABGB, da sie nicht auf einem eigenen Recht der Beklagten oder einer Gestattung durch die Klägerin beruhe. Die Mitglieder einer juristischen Person bedürften zum Gebrauch des Namens dieser Person deren Zustimmung.
Eine solche könne aber nur von einem nach den Satzungen hiezu befugten Organ erteilt werden. Eine Funktionärstellung des Erstbeklagten innerhalb der Klägerin würde ihn daher vom Erfordernis der Einholung einer solchen Zustimmung zum Gebrauch des Namens der Klägerin nicht entbinden. Eine selbständige Tätigkeit der Beklagten im Wettbewerb zur Klägerin dürften sie nicht unter deren Namen entfalten.
Auch aus dem Abstimmungsverhalten der Vertreter der Klägerin in der Sitzung der Gemeindewahlbehörde vom 30. Oktober 1975 und der Kundmachung des Wahlvorschlages durch den Vorsitzenden der Wahlbehörde sei für die Beklagten nichts zu gewinnen. Nach § 31 der niederösterreichischen Gemeindewahlordnung 1974 in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung habe die Gemeindewahlbehörde lediglich zu prüfen gehabt, ob der Wahlvorschlag eine unterscheidende Parteibezeichnung enthielt. Erst der durch das Landesverfassungsgesetz vom 29. April 1976 eingefügte § 31 Abs. 1 GWO neuer Fassung schreibe vor, daß eine Parteibezeichnung in einem Wahlvorschlag zu streichen sei, wenn es sich um die Bezeichnung einer im Niederösterreichischen Landtag vertretenen Partei handle und der Wahlvorschlag nicht vom Zustellungsbevollmächtigten dieser Partei eingebracht wurde. Eine Prüfung, ob die Parteibezeichnung einen Eingriff in die fremde Privatrechtssphäre darstelle, sei der Gemeindewahlbehörde als Verwaltungsbehörde versagt. Eine solche Entscheidung wäre auch für das Gericht nicht bindend. Die Zweitbeklagte könne durch diesen Verwaltungsakt der Klägerin gegenüber auch kein Recht zur Führung ihres Namens erworben haben.
Der Anspruch der Klägerin sei auch nach § 9 UWG begrundet, weil in der Tätigkeit der Klägerin als politische Partei eine "geschäftliche" Tätigkeit im Sinne dieser Gesetzesstelle zu erblicken sei. Durch die Benützung des Wortes "Volkspartei" seitens der Beklagten bestehe objektive Verwechslungsgefahr. Darüber hinaus liege ein Verstoß gegen § 1 UWG vor, weil die Voransetzung des Wortes "Volkspartei" in der Bezeichnung der Zweitbeklagten deren Absicht erkennen lasse, den hohen Bekanntheitsgrad der Klägerin auszunützen und dadurch politische Vorteile für sich selbst zu erlangen.
Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Die in der Berufung von den Beklagten behaupteten Verfahrensmängel erachtete das Berufungsgericht als nicht gegeben oder nicht wesentlich. Im übrigen ging das Berufungsgericht davon aus, daß die Klägerin eine mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete juristische Person sei, deren Name nach den allgemeinen Bestimmungen über den Schutz des Namens geschützt sei. Bei dem wegen Verletzung des Namensschutzes erhobenen Anspruch handle es sich um einen Anspruch nach bürgerlichem Recht. Dafür sei eine Zuständigkeit der in den Statuten vorgesehenen Schiedsgerichte nicht gegeben, so daß die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zu bejahen sei. Die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit begrundet überdies nur die heilbare Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des ordentlichen Gerichtes und müsse daher spätestens bei der ersten Tagsatzung erhoben werden; sie sei im vorliegenden Fall verspätet erhoben worden. Zur Rechtsrüge vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß es sich beim Vorbringen in der Berufung, zur Überreichung eines Wahlvorschlages bei Gemeinderatswahlen bedürfe es nicht der Zustimmung der Landesparteileitung, um eine unzulässige Neuerung handle. Das gleiche gelte hinsichtlich der "besonderen Probleme im Zusammenhang mit der Wirtschaftsbund- und Stadtgruppensituation und der Funktion des Erstbeklagten", die überdies nicht näher ausgeführt würden. Auch das Vorbringen der Berufung, die Klägerin habe im Sinn der Parteisatzungen nicht "rechts- und parteiüblich" gehandelt, verstoße gegen das Neuerungsverbot; entsprechende Tatsachen seien in erster Instanz nicht behauptet worden. Schließlich sei auch das Vorbringen der Rechtsrüge, es sei rechtlich undenkbar, daß im Rahmen einer derartigen Entscheidung über Probleme entschieden werde, die ausschließlich Parteiprobleme einer politischen Partei betreffen und die auf die Gemeindeordnung der Gemeindewahlbehörde einer Gemeinderatsfraktion und auf Probleme einer politischen Partei Bezug nehmen, als Neuerung unzulässig, da im erstgerichtlichen Verfahren nicht ausgeführt worden sei, daß eine Gemeindeordnung der Gemeindewahlbehörde einer Gemeinderatsfraktion bestehe oder die Entscheidung ausschließlich Probleme einer politischen Partei betreffe. Da somit der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht einmal hinsichtlich einer einzigen materiellrechtlichen Frage ausgeführt worden sei, sei die Rechtsrüge nicht dem Gesetz entsprechend erhoben, so daß auf sie nicht einzugehen gewesen sei. Das Urteil des Erstgerichtes sei daher zu bestätigen gewesen. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, 50 000 S übersteigt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Beklagten machen im wesentlichen geltend, sie hätten das Recht und die Pflicht, den Namen "Volkspartei" im Rahmen einer politischen Tätigkeit zu verwenden, da sie und solange sie Mitglieder dieser Partei seien; darauf hätten die Beklagten bereits im Verfahren erster Instanz hingewiesen. Der Erstbeklagte sei nach wie vor als Organ der Klägerin beauftragt, in deren Namen zu handeln und den Namen "ÖVP" zu verwenden. Die Zweitbeklagte habe das Recht zur Führung ihres Namens durch die Kundmachung des Wahlvorschlages erworben; eine Verletzung von Rechten Dritter durch die Führung dieses Namens hätte nach den Verwaltungsgesetzen" geltend gemacht werden müssen. Zur Führung des Namens der Wahlgemeinschaft sei keine Ermächtigung der Landesparteileitung einzuholen gewesen. Die Bestimmungen des UWG seien auf den vorliegenden Fall überhaupt nicht anwendbar. Schließlich hätten die Untergerichte die Prozeßvoraussetzungen nicht ausreichend geprüft und unrichtig beurteilt.
Diesen Ausführungen gegenüber ist darauf zu verweisen, daß die Einrede, für die Entscheidung über den erhobenen Anspruch sei ein Schiedsgericht zuständig, nicht die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, sondern die Einrede der heilbaren sachlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes darstellt (Arb. 9322, 9228 u. a.). Diese Einrede ist daher bei der ersten Tagsatzung anzumelden; eine erst nach Streiteinlassung erhobene Einrede ist verspätet und nicht mehr zu berücksichtigen (RZ 1973, 15; RZ 1967, 37; JBl. 1968, 432 u. a.). Da im vorliegenden Fall diese Einrede erst in der Klagebeantwortung erhoben wurde, ist somit auf alle diesbezüglichen Ausführungen der Revision nicht einzugehen.
Hinsichtlich der Parteifähigkeit ist davon auszugehen, daß ihr Mangel - also der Mangel der Fähigkeit, im Prozeß selbständig Träger von Rechten und Pflichten im eigenen Namen zu sein - das Fehlen einer wesentlichen Prozeßvoraussetzung bedeutet, das Nichtigkeit des Verfahrens zur Folge hat (Fasching, II, 115; EvBl. 1976/81 u. a.). Die Auffassungen darüber, ob die übereinstimmende Bejahung einer Prozeßvoraussetzung durch die Untergerichte, die sich - wie im vorliegenden Fall - nur aus den Gründen der Entscheidungen ergibt, den OGH bindet, gehen auseinander (siehe dazu EvBl. 1976/81 mit weiteren Nachweisen). Eine nähere Erörterung dieser Frage ist aber entbehrlich, weil die Untergerichte entgegen der Auffassung der Revision mit Recht die Parteifähigkeit sowohl der klagenden als auch der zweitbeklagten Partei bejaht haben.
Hinsichtlich der klagenden Partei hat schon das Erstgericht zutreffend darauf verwiesen, daß ein Anspruch der Gesamtpartei und nicht ein solcher der Landesparteileitung Niederösterreich geltend gemacht wird und der Gesamtpartei jedenfalls gemäß § 1 Abs. 4 des Parteiengesetzes (BGBl. 404/1975) Rechtspersönlichkeit zukommt, da unbestritten ist, daß ihre Satzungen hinterlegt wurden. Das Erstgericht stellte weiter fest, daß die Landesparteileitung Niederösterreich "ein auf Grund des § 10 des Bundesparteiorganisationsstatutes der ÖVP errichtetes Organ im territorialen Bereich" und in diesem Rahmen zur Vertretung der Gesamtpartei befugt ist. Das wurde in der Berufung nicht bekämpft, so daß es für das weitere Verfahren zugrund zu legen und auf die Ausführungen der Revision dagegen nicht einzugehen ist. Es war lediglich die Bezeichnung der klagenden Partei in "Österreichische Volkspartei, vertreten durch die Landesparteileitung Niederösterreich" richtigzustellen.
Hinsichtlich der zweitbeklagten Partei ist davon auszugehen, daß es sich bei ihr nicht um eine Rechtspersönlichkeit im Sinne des Parteiengesetzes handelt, weil von ihr - jedenfalls nach den bisherigen Verfahrensergebnissen - eine Satzung nicht hinterlegt wurde und eine politische Partei im Sinne dieses Gesetzes erst mit der Hinterlegung der Satzung Rechtspersönlichkeit erlangt (Ermacora in JBl. 1976, 85). Die Zweitbeklagte war aber - jedenfalls zunächst - eine Wahlpartei, auf die sich das Parteiengesetz nicht bezog, der aber gemäß § 26 ABGB als einer "erlaubten Gesellschaft" grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie einer natürlichen Person zukommen. Wenn auch die Auffassungen über das Ausmaß der Rechtsfähigkeit einer Wahlpartei nicht einheitlich sind, so muß sie doch insoweit bejaht werden, als Ansprüche von ihr oder gegen sie erhoben werden, die aus ihrer Tätigkeit im Rahmen ihres Hauptzweckes abgeleitet werden (siehe dazu Koja in JBl. 1958, 488 ff. mitweiteren Nachweisen; vgl. auch Ostheim in JBl. 1964, 533 ff. zur Rechtsfähigkeit der politischen Parteien vor Geltungsbeginn des Parteiengesetzes). Das trifft für den erhobenen Anspruch zu, weil er aus der behaupteten widerrechtlichen Verwendung des wesentlichen Teiles des Namens der klagenden Partei durch die Zweitbeklagte bei ihrer Tätigkeit im Rahmen der Wahl in den Gemeinderat der Stadt M abgeleitet wird. Es ist daher nicht mehr erforderlich zu prüfen, ob die zweitbeklagte Partei dadurch, daß sie nach der unbekämpften Feststellung des Erstgerichtes nun auch als selbständige Fraktion im Gemeinderat vertreten ist und "zumindest in tatsächlicher Hinsicht" die Stellung einer politischen Partei hat, als eine politische Partei (vgl. zu diesem Begriff: Ermacora in JBl. 1976, 86) zu behandeln ist, die mangels Erfüllung der Voraussetzungen des Gesetzes für den Erwerb einer Rechtspersönlichkeit im Sinne dieses Gesetzes zwar nicht die darin vorgesehenen Rechte (insbesondere die finanziellen Ansprüche) erwerben, wohl aber allgemein Rechtspersönlichkeit erlangen kann.
In der Sache ist zunächst festzuhalten, daß die klagende Partei als juristische Person das Recht hat, den Namensschutz gemäß § 43 ABGB geltend zu machen (Ermacora in JBl. 1976, 86; ÖBl. 1965, 128; ÖBl. 1963, 32; SZ 15/18 u. a.). Nach dieser Bestimmung ist der Träger eines Namens auch berechtigt, die Unterlassung des unbefugten Gebrauches des Namens durch einen anderen zu verlangen. Unbefugt ist jeder Gebrauch des Namens oder des wesentlichen Namensbestandteiles, der weder auf eigenem Recht beruht noch vom berechtigten Namensträger gestattet wurde. Dem Namensträger muß immer ein Interesse am Nichtgebrauch seines Namens durch wen immer dann zugebilligt werden, wenn - auch ohne direkte Verwechslungsgefahr - der Anschein ideeller oder wirtschaftlichen Beziehungen zwischen ihm und der benannten Person erweckt wird. Entscheidend ist dabei immer, welcher Eindruck durch den Namensgebrauch bei einem nicht ganz umbedeutenden Teil des angesprochenen Publikums entstehen kann (Koziol - Welser[4] I, 53 f.; ÖBl. 1965, 128; ÖBl. 1963, 32).
Im vorliegenden Fall wurde der wesentliche Bestandteil des Namens der Klägerin, nämlich "Volkspartei", von der Zweitbeklagten auf Grund der maßgeblichen Initiative und Mitwirkung des Erstbeklagen ohne Genehmigung durch die Klägerin verwendet. Die Beklagten können sich somit nicht darauf berufen, daß sie zur Verwendung dieses Namens befugt gewesen seien. Die Zulassung des Wahlvorschlages durch die zuständige Wahlbehörde ist für die Berechtigung des erhobenen Unterlassungsanspruches nicht wesentlich, weil es nicht darauf ankommt, ob der Wahlvorschlag den Bestimmungen der Wahlordnung gerecht wurde, sondern ob durch die Verwendung des Namens der Wahlgemeinschaft ein subjektives Privatrecht der Klägerin verletzt wurde. Dafür ist aber die Entscheidung der Wahlbehörde ebensowenig präjudiziell wie etwa die Eintragung eines Firmennamens in das Handelsregister dem Anspruch eines Dritten, der durch die Verwendung dieses Namens in einem privaten Recht verletzt wurde, entgegensteht.
Die Einwände der Beklagten, zur Überreichung eines Wahlvorschlages für Gemeinderatswahlen sei keine Genehmigung der Landesparteileitung einzuholen gewesen, zumindest die überwiegende Mehrzahl der Angehörigen der Wahlgemeinschaft seien auch Mitglieder der klagenden Partei und der Erstbeklagte sei sogar deren Funktionär, so daß sie auch unter Verwendung des Namens der klagenden Partei auftreten dürften und sogar müßten, gehen daran vorbei, daß die Beklagten nicht für die Klägerin, sondern neben ihr und außerhalb des ihnen allenfalls von der Klägerin übertragenen Aufgabenbereiches auftraten. Zutreffend hat schon das Erstgericht darauf verwiesen, daß auch ein Angestellter eines Unternehmens nicht dessen Namen verwenden darf, wenn er "privat" - zum Unterschied von einer Betätigung im selben Bereich - tätig wird. Die Beklagten leiten die Behauptung, daß sie zur Verwendung des Namens der klagenden Partei berechtigt gewesen seien, lediglich aus ihrer Eigenschaft als Mitglied oder Funktionär der Klägerin ab, ohne eine Berechtigung oder Ermächtigung durch ein zuständiges Organ zu einer Verwendung des Namens der Klägerin bei einer nicht für die Klägerin entfalteten Tätigkeit darzutun. Daß für eine solche die - nicht vorhandene - Zustimmung des zuständigen Organes der Klägerin erforderlich gewesen wäre, ergibt auch das Vorbringen der Beklagten, die Landesparteileitung habe "diesen Namen auch nicht untersagt".
Durch die Verwendung des wesentlichen Bestandteiles des Namens der Klägerin durch die Beklagten konnte jedenfalls bei einem nicht unbeträchtlichen Teil des angesprochenen Publikums der Eindruck entstehen, es bestunden auch im Rahmen der Tätigkeit, bei der diese Verwendung erfolgte, zwischen ihnen und der Klägerin Gemeinsamkeiten und besondere Beziehungen auf der Grundlage eines einvernehmlichen Vorgehens, der nicht den Tatsachen entsprach, so daß ein Interesse der Klägerin am Nichtgebrauch ihres Namens durch die Beklagten zu bejahen ist.
Da somit der von der klagenden Partei wegen unbefugten Gebrauches ihres wesentlichen Namensbestandteiles erhobene Unterlassungsanspruch schon aus diesem Grund von den Untergerichten mit Recht bejaht wurde, kommt es darauf, ob er auch nach § 9 UWG berechtigt wäre, nicht mehr an.
Das Unterlassungsbegehren wurde auch mit Recht allgemein gehalten, weil dies - wie gerade das Vorgehen des Erstbeklagten beweist, der eine einstweilige Verfügung, wonach ihm die Verwendung des Namens "Österreichische Volkspartei" verboten wurde, durch die Verwendung der Bezeichnung "Volkspartei Wahlgemeinschaft" umgehen wollte - erforderlich ist, um eine Wirkungslosigkeit des Verbotes nicht allzuleicht zu machen (SZ 33/46; ÖBl. 1970, 28 u. a.).
Da somit dem Klagebegehren vom Erstgericht zu Recht stattgegeben wurde, kommt es darauf nicht mehr an, ob die Rechtsrüge in der Berufung in beachtlicher Weise geltend gemacht wurde, was Voraussetzung dafür ist, daß die rechtliche Beurteilung in der Revision überhaupt mit Erfolg bekämpft werden kann (EvBl. 1951/268 u. a.; zuletzt 5 Ob 610/77). Es ist daher auch eine Stellungnahme zu den Ausführungen der Revision, das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Rechtsrüge in der Berufung nicht dem Gesetz gemäß erhoben wurde, entbehrlich.
Anmerkung
Z50152Schlagworte
Namensschutz nach § 43 ABGB, Wahlgemeinschaft (Wahlpartei), ParteifähigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1977:0040OB00377.77.1122.000Dokumentnummer
JJT_19771122_OGH0002_0040OB00377_7700000_000