TE OGH 1978/3/7 11Os205/77

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Veröffentlicht am 07.03.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.März 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Dienst, Dr.Kießwetter, Dr.Schneider und Dr.Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Fahrensteiner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alfred A wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs1, 106 Abs1 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 6.Oktober 1977, GZ 8 a Vr 4479/77-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr.Doczekal und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 7 (sieben) Monate herabgesetzt. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 11.Mai 1952 geborene Schriftsetzer Alfred A des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs1, 106 Abs1 Z 1 StGB, des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB schuldig erkannt. Daneben erging ein (unangefochten gebliebener) Teilfreispruch. Inhaltlich des Urteilsspruchs hat der Angeklagte in Wien A./

1.) im Frühjahr 1977 durch die Äußerung, er werde ihr und ihrer Familie etwas Furchtbares antun;

2.) am 21. Mai 1977 durch die Äußerung, daß er sie das nächste Mal umbringen werde, wenn sie nicht zu ihm zurückkehren sollte, und sie (dabei) am Halse würgte;

3.) am 22. Mai 1977 dadurch, daß er sie mit Farbe anschüttete und erklärte, das nächste Mal würde es Salzsäure sein, weiters 'er habe Leute beisammen, die ihren Vater umbringen' würden;

somit durch Drohungen mit dem Tod, teils auch mit Gewalt, Siegrid B zu einer Handlung, nämlich der Wiederaufnahme einer Lebensgemeinschaft mit ihm, zu nötigen versucht.

B./ am 21. Mai 1977 Siegrid B durch die zu A./ 2.) genannte Tätlichkeit, die eine Rätung und Kratzspuren am Halse zur Folge hatte, (auch) vorsätzlich am Körper verletzt;

C./ am 22. Mai 1977 dadurch, daß er die Strümpfe, das Kleid und eine Lederjacke der Siegrid B mit Farbe anschüttete, fremde Sachen in einem 5.000,-- S nicht übersteigenden Wert beschädigte. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5, 8, 9 lita und 10 des § 281 Abs1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer, daß seinem Antrag auf Beischaffung des Aktes Kr 1432/77 des Bezirkspolizeikommissariates III der Bundespolizeidirektion Wien und auf Einvernahme der Zeugen Anna C, Rudolf und Brigitte D und N. E nicht entsprochen wurde. Die Abweisung (vgl. S.267 in Verbindung mit S.286-289) dieses Beweisantrages bewirkte jedoch keine Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten des Angeklagten. Denn abgesehen von der Frage, ob der Beschwerdeführer diesen schon am 3. (5.) 8. 1977 (vgl. ON 22) schriftlich gestellten Antrag durch die in der Hauptverhandlung am 6.10.1977 abgegebene Erklärung, ihn 'aufrecht zu erhalten' (vgl. S.267), überhaupt gehärig wiederholt und damit die formellen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs1 Z 4

StPO geschaffen hat, konnte die Aufnahme der beantragten Beweise jedenfalls aus folgenden Gründen unterbleiben:

Die Beischaffung des oben angeführten Polizeiaktes und die Einvernahme der Zeugen Rudolf und Brigitte D, durch die nach dem Inhalt des allein maßgeblichen Beweisantrages bewiesen werden sollte, daß die (vom Beschwerdeführer bedrohte) Zeugin Siegrid B angeblich versuchte, mit dem Angeklagten Verbindung aufzunehmen, ihn belästigte, ihn ihrerseits bedrohte und sein Fahrzeug boshaft beschädigte (vgl. S.160), waren entbehrlich, weil diese Beweisthemen nicht die anklagegegenständlichen Vorfälle betreffen und weil das Erstgericht die Angaben der Siegrid B in freier Beweiswürdigung auch unter der Voraussetzung der Richtigkeit der bezüglichen - teilweise sogar ausdrücklich festgestellten (vgl. S.283) - Behauptungen des Beschwerdeführers für glaubwürdig fand (vgl. S.287,288). Von einer Einvernahme der Zeugin Anna C, die überdies auch bestätigen sollte, daß die von Siegrid B behaupteten Drohungen nicht den Tatsachen entsprechen (vgl. S.160), konnte das Erstgericht absehen, weil der Beschwerdeführer keinerlei Gründe dafür anführte, warum die - nach seinen eigenen Angaben vollkommen gelähmte - Zeugin in der Lage gewesen sein sollte, derartige Bekundungen zu machen.

Eine entsprechende Konkretisierung des Beweisantrages wäre umso notwendiger gewesen, als Anna C nach der Aktenlage überhaupt nur bei einer zwischen dem Angeklagten und Siegrid B am 1.4.1977 stattgefundenen Auseinandersetzung anwesend war, bezüglich der sie jedoch bereits anläßlich ihrer polizeilichen Befragung angab, sich an Einzelheiten nicht erinnern zu können (vgl. S.49). Das Erstgericht konnte daher mit Recht davon ausgehen, daß die Zeugin nichts für die Sache Erhebliches auszusagen wisse (vgl. S.288). Ähnliches gilt schließlich auch hinsichtlich des Zeugen E (im Urteil F), der zum Beweis dafür bantragt wurde, daß sich der Beschwerdeführer zur Zeit der ihm zu Punkt A./ 3./ des Urteilssatzes angelasteten Tat (am 22.5.1977) bei E (F) befunden habe (vgl. S.161). Hat sich doch der Angeklagte im Zuge des Verfahrens selbst nicht dahin verantwortet, zur Zeit der bezüglichen Tat bei diesem Zeugen gewesen zu sein. Vielmehr behauptete er - worauf das Erstgericht zutreffend hinwies (vgl. S.288) -, sich am 22.5.1977 ständig in der Gesellschaft der Irene G befunden zu haben, was von dieser jedoch nicht bestätigt wurde (vgl. S.40). Unter diesen Umständen wäre aber das Erstgericht zu einer entsprechenden Beweisaufnahme nur dann verpflichtet gewesen, wenn der Beschwerdeführer plausible Gründe dafür angegeben hätte, weshalb von der Durchführung des beantragten Beweises das behauptete (seiner eigenen Verantwortung widersprechende) Ergebnis erwartet werden konnte.

Die Verfahrensrüge hält daher nach keiner Richtung hin stand. In weiterer Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde wirft der Beschwerdeführer dem angefochtenen Urteil unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund des § 281

Abs1 Z 5 StPO vor, unvollständig und teilweise auch mit sich selbst im Widerspruch, offenbar unzureichend begründet und aktenwidrig zu sein.

Hiebei bemängelt er zunächst, daß sich das Erstgericht im Zusammenhang mit dem zu Punkt A./ 1./ des Urteilssatzes erfolgten Schuldspruch angeblich nicht mit dem Widerspruch zwischen den Angaben der Zeugin Siegrid B vor der Polizei (S.47) einerseits und in der Hauptverhandlung (S.256 ff) andererseits auseinandergesetzt, sondern - ohne die näheren Umstände zu klären - einfach angenommen habe, die bezügliche Drohung sei im Frühjahr 1977 gefallen. Hiedurch habe es überdies - wie der Beschwerdeführer auch aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs1 Z 8 StPO geltend macht - die Anklage überschritten; denn in dieser sei ein ganz bestimmter, mit dem Tatgeschehen, das dem Schuldspruch lt. Punkt A./ 1./ des Urteilssatzes zugrunde liege, nicht identer Vorfall, nämlich der von der Zeugin Siegrid B bei der Polizei geschilderte Vorfall vom 1.4.1977, inkriminiert worden.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß das Erstgericht sehr wohl die Widersprüche zwischen den verschiedenen Aussagen der Zeugin Siegrid B erörtert, diese jedoch in freier Beweiswürdigung auf deren erhebliche nervliche Belastung zurückgeführt und der Zeugin dennoch volle Glaubwürdigkeit zuerkannt hat (vgl. S.280).

Der Beschwerdeführer verkennt das Wesen der Begründungspflicht, wenn er meint, im Urteil müßten alle Details aus den Verfahrensergebnissen erörtert werden, die (isoliert betrachtet) unter Umständen zu seinen Gunsten ausgelegt werden könnten. Vielmehr genügt es nach dem Gesetz (§ 270 Abs2 Z 5 StPO), in 'gedrängter Darstellung' anzugeben, welche (entscheidenden) Tatsachen aus welchen (denkrichtigen) Gründen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen wurden. Diesen gesetzlichen Anforderungen wird aber das angefochtene Urteil gerecht.

Der zum Punkt A./ 1./ des Urteilssatzes erfolgte Schuldspruch bedeutet aber auch keine Anklageüberschreitung.

Gegenstand einer Anklage ist jeweils nur die Beteiligung des Angeklagten an einem bestimmten - in der Anklagebegründung erzählten - Ereignis, das aber das erkennende Gericht nach allen seinen (auch zeitlichen) Begleitumständen zu beurteilen und nach dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit (§§ 3, 232, 254 StPO) von Amts wegen zu untersuchen hat. Es kann daher bei seinen Feststellungen auch von den tatsächlichen Behauptungen der Anklage abweichen und zum Ausdruck bringen, daß sich das von der Anklagebehörde behauptete strafgesetzwidrige Geschehen - an dem allerdings im Kern festzuhalten ist - nicht so, sondern (allenfalls auch zeitlich) anders zutrug. als es in der Anklage dargestellt wurde (vgl. SSt.36/68, EvBl1975/249, ÖJZ-LSK 1977/118 u.a.). Im vorliegenden Fall lassen die Urteilsfeststellungen keinen Zweifel daran, daß der zum Punkt A./ 1./ des Urteilssatzes ergangene Schuldspruch zumindest einen Ausschnitt jener nämlichen Ereignisse betrifft, die auch im Punkt A./

1./ der Anklageschrift (ON 19) unter Anklage gestellt wurden. Dies ergibt sich nicht nur daraus, daß der Wortlaut der im Punkt A./ 1./ des Urteilssatzes angeführten Drohung in gleicher Weise auch in der Anklageschrift angeführt ist, sondern ist auch dem Umstand zu entnehmen, daß das Erstgericht ersichtlich von der im wesentlichen anzunehmenden Richtigkeit der Angaben der Zeugin Siegrid B vor der Polizei ausging und nur eine allfällige zeitliche Verschiebung (die überdies nicht ins Gewicht fällt, weil auch der 1.4.1977 ein Zeitpunkt 'im Frühjahr 1977' /Tatzeit laut Urteil/ ist) für möglich hielt (vgl. S.277, 280 und 290). An der Identität des erwähnten Schuldspruchs mit der bezüglichen Anklagetat besteht daher kein Zweifel.

In der Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde fortfahrend, behauptet der Beschwerdeführer, das angefochtene Urteil leide auch im Zusammenhang mit den übrigen Schuldspruchfakten (A./ 2./ und 3./ B./ und C./ des Urteilssatzes) an Nichtigkeiten im Sinne des § 281

Abs1

Z 5 StPO. Hiebei unternimmt er jedoch nach dem Inhalt und nach der Zielsetzung seiner bezüglichen Ausführungen - ohne Begründungsmängel formeller Natur aufzeigen zu können, wie sie zur Herstellung des bezeichneten Nichtigkeitsgrundes erforderlich wären - im wesentlichen nur den im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, die gemäß dem § 258 Abs2 StPO erfolgte und gemäß dem § 270 Abs2 Z 5 StPO auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse auch hinreichend begründete freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes zu bekämpfen, die im vorliegenden Fall ohnedies alle wesentlichen Beweistatsachen berücksichtigt und mit den Denkgesetzen sowie mit der allgemeinen Lebenserfahrung im Einklang steht.

Daß das Erstgericht im wesentlichen von der Richtigkeit der polizeilichen Angaben der Zeugin Siegrid B ausgegangen ist und die vom Beschwerdeführer im Zuge der weiteren Ausführungen seiner Mängelrüge neuerlich betonten Widersprüche dieser Angaben zu den späteren Aussagen ausreichend erörtert hat, wurde bereits erwähnt. Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den zu den Punkten A./ 2./ und B./ des Urteilssatzes ergangenen Schuldsprüchen die Auffassung vertritt, das dort erwähnte Würgen und die festgestellten Verletzungen der Siegrid B könnten - im Gegensatz zu den vom Erstgericht angestellten Erwägungen (vgl. insbes. S. 283, 284) - auch auf Abwehrhandlungen gegen Aggressionen der Zeugin Siegrid B zurückzuführen sein, versucht er (was gleichfalls nur einen unzulässigen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung darstellt), aus den Beweisergebnissen lediglich für ihn günstigere Schlüsse zu ziehen, als dies in denkmöglicher Weise - sohin mängelfrei - durch das Erstgericht geschehen ist. Daran kann auch sein - an den Schluß der Rechtsrüge gestellter, jedoch sachlich ausschließlich zur Mängelrüge gehörender - Hinweis auf die (polizeilichen) Angaben der Irene G (S.39) nichts ändern, zumal diese keineswegs Tatzeugin war.

Erneut die Widersprüche in den Angaben der Zeugin Siegrid B betonend, versucht der Beschwerdeführer schließlich auch seinen zu den Punkten A./

3./ und C./ des Urteilssatzes erfolgten Schuldspruch nur nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.

Insoweit er dabei auch die Beweiskraft der Angaben des Zeugen Bez.Insp. Walter H bezüglich der angenommenen Sachbeschädigung (Punkt C./ des Urteilssatzes) anzweifelt, übersieht er zudem, daß das erkennende Gericht die Beweismittel auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft nicht nur einzeln, sondern auch in ihrem inneren Zusammenhang (§ 258 Abs2 StPO) sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen hat.

Die Behauptung aber, es wäre eine genauere Auseinandersetzung mit den Aussagen des Hans und der Paula I erforderlich gewesen, weil diese Zeugen im Widerspruch zur Aussage der Siegrid B angegeben hätten, vom Angeklagten nicht (telefonisch) bedroht worden zu sein, geht deshalb ins Leere, weil Hans I ausdrücklich bestätigte, der Beschwerdeführer habe seiner Frau und seiner Tochter gegenüber erklärt, er könnte sie alle drei umbringen (vgl. - die verkehrt eingeheftete - S.262) und weil auch Paula I von entsprechenden Drohungen des Angeklagten berichtete (vgl. die - gleichfalls verkehrt eingeheftete - S.264).

Auch die Mängelrüge muß daher durchgehend versagen. Mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs1 Z 9 lita StPO bringt der Beschwerdeführer vor, die festgestellten Drohungen seien - insbesondere bei Berücksichtigung des Umstandes, daß die Bedrohte auch ihrerseits Aggressionshandlungen gegen ihn gesetzt habe - objektiv nicht geeignet gewesen, im Sinne des § 74 Z 5 StGB begründete Besorgnisse einzufläßen und das Tatbild der Nötigung herzustellen. Auch diese Rechtsrüge ist nicht zielführend. Darauf, ob Siegrid B durch die Drohungen des Angeklagten bis zur eigenen Handlungsunfähigkeit eingeschüchtert wurde oder ob sie ihrerseits Gegenmaßnahmen ergriffen hat, kommt es nämlich nicht an. Vielmehr muß die Eignung einer Drohung, begründete Besorgnisse einzufläßen, objektiv, d.h.

darnach beurteilt werden, ob der Bedrohte bei unbefangener Betrachtung der Situation die Verwirklichung des angedrohten Übels erwarten und somit den Eindruck gewinnen konnte, der Täter sei willens und in der Lage, diese Folgen (wenn auch nicht unbedingt genau nach den angekündigten Modalitäten) tatsächlich herbeizuführen. Nicht ausschlaggebend ist es hingegen, ob der Bedrohte selbst, sei es aus übergroßer Ängstlichkeit, sei es aus besonderem Mut oder Gleichmut, von der Beurteilung der Lage aus seiner Sicht nach einem Durchschnittsmaßstab abweichende Befürchtungen hegt oder nicht hegt (vgl. ÖJZ-LSK 1976/192, 1977/124 u. a.).

So gesehen kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß die vom Beschwerdeführer gebrauchten Drohungen unter den gegebenen Umständen objektiv geeignet waren, begründete Besorgnisse einzufläßen und dadurch die Zeugin B zu einer Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft mit ihm zu veranlassen. Die wiederholten und sich steigernden Äußerungen des Angeklagten, er werde der Zeugin und ihrer Familie etwas Furchtbares antun, er werde sie nächstes Mal umbringen, sie mit Salzsäure anschütten und auch ihren Vater umbringen, konnten - insbesondere bei Berücksichtigung des Umstandes, daß er Siegrid B in einem Fall gleichzeitig würgte und verletzte und anläßlich der 'Salzsäuredrohung' mit Farbe anschüttete - durchaus den Eindruck erwecken, er sei in der Lage und willens, die angedrohten Übel auch tatsächlich zu verwirklichen.

Das Erstgericht hat daher die inkriminierten Äußerungen des Angeklagten ohne Rechtsirrtum als (objektiv) gefährliche Drohungen im Sinne des § 74 Z 5 StGB und das ihm angelastete Tatverhalten zutreffend als Verbrechen der versuchten schweren Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs1, 106 Abs1 Z 1 StGB beurteilt.

Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs1 Z 10 StPO macht der Beschwerdeführer schließlich geltend, das Erstgericht habe zu dem in den Punkten A./ 2./ und B./ erfolgten Schuldspruch nicht die notwendigen (klaren) Feststellungen getroffen, sondern lediglich erklärt, daß sein Verhalten, 'nämlich das Stoßen an dem Hals bzw. die Berührung an dem Hals atypisch ist'. Da jedoch entgegen diesen Beschwerdebehauptungen im angefochtenen Urteil ohnedies in vollkommen ausreichender und unmißverständlicher Weise festgestellt wird, daß der Angeklagte am 21.5.1977 Siegrid B an deren Arbeitsstätte aufsuchte, sie nach vorausgegangenem Wortwechsel attackierte, am Hals erfaßte, würgte (wodurch sie eine Rätung und Kratzspuren erlitt) und darüber hinaus äußerte, er werde sie beim nächsten Mal umbringen, wenn sie nicht zu ihm zurückkehren sollte (vgl. S.277, 278), entbehrt dieser Nichtigkeitsgrund einer gesetzmäßigen Ausführung.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war mithin zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem § 106 Abs1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Wiederholung der Straftaten durch einen längeren Zeitraum, das Zusammentreffen eines Verbrechens und zweier Vergehen, mehrfache (insgesamt drei) einschlägige Vorstraftaten, sowie den überaus raschen Rückfall nach der erst am 10.Dezember 1976 zu 8 e Vr 769/76, Hv 177/76 des Landesgerichtes Eisenstadt erfolgten Verurteilung und innerhalb der Probezeit zu der ihm in diesem Verfahren gewährten bedingten Strafnachsicht unter Berücksichtigung, daß auch eine zu diesem Verfahren erlittene Untersuchungshaft den Angeklagten nicht davon abhielt, weitere gleichartige Straftaten zu setzen, und zog als mildernd eine gewisse charakterliche Labilität des Angeklagten in Betracht.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte lediglich eine Strafermäßigung an.

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Die vom Erstgericht festgestellten Milderungsgründe sind dahin zu ergänzen, daß es beim Verbrechen der schweren Nötigung (Punkt A./ des Urteilssatzes) beim Versuch geblieben ist sowie durch den Umstand, daß der Angeklagte - zumindest teilweise - durch das Verhalten der Bedrohten bzw. Verletzten provoziert wurde (s. insbes. Akt 5 b E Vr 8392/77 des LG f.Strafs.

Wien). Berücksichtigt man ferner, daß von einer Wiederholung der Straftaten durch einen längeren Zeitraum nicht die Rede sein kann, weil alle Delikte im Frühjahr 1977 begangen wurden, erweist sich das vom Erstgericht gefundene Strafmaß als überhöht. Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 Monaten wird dem Unrechtsgehalt der Taten und der Schwere der Schuld des Täters voll gerecht. Mithin war der Berufung Folge zu geben und wie im Spruche zu erkennen.

Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01057

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00205.77.0307.000

Dokumentnummer

JJT_19780307_OGH0002_0110OS00205_7700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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