Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9.März 1978
unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr.Keller in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini, Dr.Kral, Dr.Schneider und Dr.Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.David-Labor als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs.1, 129
Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 2.Dezember 1977, GZ 23 Vr 1133/77-26, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr.Lischka und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Tschulik, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Michael A wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs.1 StGB (Urteilsfaktum B) sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs.2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Michael A wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 14. Juni 1977 in Linz ein Damenminifahrrad unbekannten Wertes eines bisher unbekannt gebliebenen Geschädigten mit dem Vorsatz weggenommen, sich unrechtmäßig zu bereichern, und - in Verbindung mit den ihm zu Punkt A) des Schuldspruches angelasteten Tathandlungen - hiedurch das Verbrechen des Diebstahls (auch) durch Einbruch nach § 127 Abs.1, 129 Z 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des erstgerichtlichen Urteils weiterhin zur Last fallende Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs.1, 129 Z 1 StGB (Urteilsfaktum A) und das Vergehen des Betruges nach § 146 StGB (Urteilsfaktum C) wird Michael A unter Anwendung des § 28 StGB nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 1 (einem) Jahr verurteilt. Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wird aus dem Ersturteil übernommen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.Februar 1948 geborene zuletzt beschäftigungslose Michael A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs.1, 129 Z 1 StGB (Schuldspruchfaktum A), des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs.1 StGB (Punkt B) und des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB (Punkt C) schuldig erkannt.
Nach den zum Schuldspruchfaktum B) getroffenen Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte am 14.Juni 1977 in Linz ein auf dem Hessenplatz abgestelltes Damenfahrrad unbekannten Wertes ohne Einwilligung des unbekannt gebliebenen Berechtigten in Gebrauch; bei seiner Verhaftung am 15.Juni 1977 war er mit diesem Fahrzeug unterwegs. Nach überzeugung des Erstgerichtes war dem Angeklagten nicht nachzuweisen, daß er das - mit keinem Motor ausgestattet gewesene - Fahrzeug mit Diebstahls (Bereicherungs-)vorsatz an sich genommen hat. Auf Grund dieser Annahmen verurteilte es den Angeklagten in diesem Faktum nicht wegen des ihm laut Anklage angelasteten Diebstahls, sondern (nur) wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs.1 StGB.
Diesen Punkt B) des Schuldspruchs bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer zugunsten des Angeklagten erhobenen, auf den Nichtigkeitsgrund des § 281
Abs.1 Z 9 lit.a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der geltend gemacht wird, daß der unbefugte Gebrauch eines Fahrrades von der Bestimmung des § 136 StGB nicht erfaßt sei, das Erstgericht sohin die Rechtsfrage, ob die dem Angeklagten zur Last fallende Tat eine zur Zuständigkeit der Gerichte gehörige strafbare Handlung begründe, unrichtig gelöst habe.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsrüge ist begründet.
Nach § 136 Abs.1 StGB ist nur zu bestrafen, wer ein Fahrzeug, das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch nimmt. Im Gegensatz zu der bis zum Inkrafttreten des StGB geltenden Rechtslage (Ermächtigungsdelikt nach § 467 b Abs.3 StG 1945) stellt der unbefugte Gebrauch eines Fahrrades nunmehr überhaupt keine gerichtlich strafbare Handlung dar. Die rechtliche Unterstellung des bezüglichen, den Urteilsfeststellungen zufolge lediglich auf vorübergehende Benützung des Fahrrades abzielenden Verhaltens des Angeklagten unter den Tatbestand des § 136 Abs.1 StGB erweist sich sohin als rechtlich verfehlt.
Demnach war der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und von der Anklage wegen (diebischer) Aneignung des Damenminifahrrades ein Freispruch zu fällen.
Bei der sohin in Ansehung des aufrecht gebliebenen Schuldspruches wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs.1, 129 Z 1 StGB (Wegnahme von diversen Kleidungsstücken im Gesamtwert von rund 2.000 S in zwei Angriffen) und des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB (Schaden 450 S) erachtete der Oberste Gerichtshof als erschwerend:
das Zusammentreffen der beiden eben beschriebenen Delikte und die auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Vorstrafen in Verbindung mit dem raschen Rückfall nach der letzten Haftentlassung (am 15. April 1977), hingegen als mildernd: das Geständnis und die (teilweise) objektive Schadensgutmachung (durch polizeiliche Sicherstellung des Diebsgutes).
Von diesen Strafzumessungsgründen ausgehend und bei Würdigung des Schuld- und Unrechtsgehaltes der vom aufrecht gebliebenen Schuldspruch erfaßten Taten erscheint die (neubemessene) Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr angemessen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche angeführte Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01052European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0120OS00028.78.0309.000Dokumentnummer
JJT_19780309_OGH0002_0120OS00028_7800000_000