Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 14.März 1978
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Borutik in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Dienst, Dr.Kießwetter, Dr.Schneider und Dr.Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Fahrensteiner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hermine A wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs.1 und Abs.2 Z 1, 128 Abs.1 Z 4, 129 Z 1 StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 1. September 1977, GZ 19 Vr 925/77-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Dienst, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr.Litschauer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Karollus, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über die Angeklagte verhängte Freiheitsstrafe auf 6 (sechs) Monate herabgesetzt.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 2.August 1954 geborene
geschiedene beschäftigungslose Hermine A des Verbrechens des
schweren Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs.1 und Abs.2 Z
1, 128 Abs.1 Z 4, 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am
12. September 1976 im Höllental mit den abgesondert verfolgten Franz
B, Rudolf C und Josef D als Beteiligte (§ 12 StGB) fremde bewegliche
Sachen im Wert von über 5.000 Schilling, nämlich ein Kofferradio
Marke United im Wert von 1.000 S, einen vernickelten
Schöpflöffel im Wert von 20 S, zwei Fleischmesser im Wert von
zusammen 122 S, zwei Sägemesser im Wert von zusammen
125 S, eine Handhacke im Wert von 230 S, vier
Decken im Wert von zusammen 1.000 S, zwei
Bettzeuggarnituren im Wert von zusammen 570 S, einen
Schnürlsamthut im Wert von 100 S, zwei
Flanelleintücher im Wert von zusammen 300 S, zwei Suppenlöffel
im Wert von zusammen 40 S, eine Gabel im Wert von
16 S, einen Kunststoffeimer im Wert von 15 S,
Lebensmittel im Wert von zusammen 111 S und einen
Bargeldbetrag von 1.500 S, dem Franz E durch
Einbruch in ein Gebäude mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Gegen diesen Schuldspruch wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5
und 9 lit.a des § 281 Abs.1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Den Strafausspruch bekämpft die Angeklagte mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Die unter Berufung auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund von der Angeklagten behaupteten Begründungsmängel sind nicht gegeben. Aus den Gründen des angefochtenen Urteils geht hervor, daß das Erstgericht seiner Sachverhaltsfeststellung vor allem das von Rudolf C als Mitangeklagten in der Hauptverhandlung vom 16.Mai 1977 abgelegte volle Geständnis zugrunde legte (S.307 d.A.), demzufolge Hermine A bei dem Diebstahl dabei war (S.267 d.A.), nachdem dieser schon in der vorhergehenden Hauptverhandlung vom 16. März 1977 davon gesprochen hatte, daß Hermine A Decken aus dem Haus getragen habe (S.241 d.A.) und auch schon im Vorverfahren bekundet hatte, daß die Angeklagte A an den Fahrten des 12.9.1976 teilgenommen hatte (S.137, 141a d.A.). Die von der Beschwerdeführerin zitierten Angaben, die Sachen seien zu dritt (ohne Hermine A) gestohlen worden, Hermine A sei beim Diebstahl nicht dabei gewesen, wurden - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin - nicht vom Angeklagten Rudolf C, sondern vom Angeklagten Franz B gemacht (Seiten 241 und 245 d. A.).
Die Annahme des Erstgerichts, die anderen Angeklagten hätten versucht, Hermine A aus der Sache herauszuhalten (S.306 d.A.), diese sei bei der Diebstahlstat zugegen gewesen und habe zumindest Aufpasserdienste geleistet, entspricht den Denkgesetzen umso eher, als es darauf verweisen konnte, daß Hermine A selbst gar nicht in Abrede stellte, am Tatort und beim Aufbrechen des Türschlosses zugegen gewesen zu sein (Seiten 161 und 296 d.A.), die Aussage des Josef D in Bezug auf die Angeklagte A ausweichend gewesen sei (S.307 d. A.) und auch der zeitliche Ablauf des Geschehens für ihre Tatbeteiligung spreche (S.308 d.A.).
Wenn die Beschwerdeführerin behauptet, die Feststellung des Erstgerichts, sie und ihre Mittäter hätten keine Erklärung über die plötzliche Herkunft eines größeren Geldbetrages (nach ihrer Fahrt mit den Männern) geben können, stehe im Widerspruch zu ihrer eigenen Aussage, nach der sie das Geld von 'Franz', der es durch seine Scherenschleifertätigkeit erzielte, erhalten habe, ist ihr entgegenzuhalten, daß das Erstgericht von den Ergebnissen des Beweisverfahrens ausgehen konnte, wonach Franz B das 'Inkasso' bei Leopoldine F erst nach dem 12.9.1976 getätigt hat (S.131, 211, 213 d. A.).
Ebenso berechtigte der am 12.September 1976
um 22 Uhr unvorhergesehen und übereilt vorgenommene Standortwechsel das Erstgericht durchaus zu der Schlußfolgerung, daß sich nach der Rückkehr der Männer am späten Nachmittag noch etwas Besonderes ereignet haben mußte - nämlich der anschließend in Gesellschaft ihrer Begleiterin Hermine A verübte Einbruch im Hause des Franz E (S.309 d.A.).
Als unzutreffend erweist sich auch der Beschwerdeeinwand, die vom Erstgericht zur Sachverhaltsfeststellung herangezogenen Gendarmerieprotokolle seien nicht Gegenstand der Hauptverhandlung gewesen, weil die bezüglichen Anzeigen ON 2, 9 und 10 diesem Vorbringen zuwider in der Hauptverhandlung ohnehin verlesen worden sind (S.298 d.A.).
In ihrer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281
Abs.1 Z 9 lit.a StPO gestützten Rechtsrüge macht die Angeklagte an sich zutreffend geltend, daß bloße Anwesenheit am Tatort noch nicht den ihr zur Last gelegten Tatbestand der Mittäterschaft am Diebstahl erfüllen würde.
Nach den Urteilsfeststellungen hat sich Hermine A aber keineswegs nur zufällig am Tatort befunden, sondern war zumindest als Aufpasserin am Diebstahl beteiligt (Seiten 306 und 309 d.A.). Dies rechtfertigt auch vollauf die Annahme ihrer Mittäterschaft, da Diebsgenosse auch derjenige ist, der an der Entziehungshandlung zwar selbst nicht mitwirkt, aber im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit einem anderen Diebsgenossen am Tatort oder in dessen Nähe anwesend ist und dadurch die Begehung des Diebstahls ermöglicht oder erleichtert, es demnach also zur Vereinigung der Kräfte der Täter bei der Durchführung des Diebstahls kommen kann (EvBl.1967/412, 1971/84).
Da unter den gegebenen Umständen in der Annahme einer solchen Beteiligung der Hermine A an dem in Rede stehenden Diebstahl im Sinne einer Mittäterschaft (Diebsgenossenschaft) auch ein Rechtsirrtum nicht zu erkennen ist, war die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte gemäß dem § 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es als mildernd die Zustandebringung eines Teiles der Diebsbeute und den Umstand, daß die Angeklagte nur in untergeordneter Weise am Diebstahl beteiligt war, als erschwerend hingegen die einschlägige empfindliche Vorstrafe.
Mit ihrer Berufung begehrt die Angeklagte die Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß und die Anwendung des § 43 Abs.1 StGB.
Die Berufung ist, soweit sie sich gegen die Strafhöhe richtet, berechtigt. Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig erfaßt; dagegen konnte auch die Angeklagte in ihrer Berufung nichts Zielführendes vorbringen. Den sehr wesentlichen Milderungsgründen ist jedoch vom Erstgericht zu wenig Gewicht beigemessen worden, weshalb unter stärkerer Berücksichtigung derselben und des Umstands, daß der Wert des gestohlenen Diebsgutes nur unwesentlich über 5.000 S lag, die Strafe angemessen herabzusetzen war.
Hingegen kommt der Berufung, insofern in ihr auch die bedingte Strafnachsicht begehrt wird, keine Berechtigung zu, weil die Tatsache, daß die Angeklagte bereits dreimal verurteilt wurde und dennoch wieder rückfällig geworden ist, zeigt, daß die Androhung der Strafe allein nicht ausreichen wird, um sie abzuhalten, in Zukunft weitere strafbare Handlungen zu begehen. Mit Rücksicht auf diese Umstände konnte auch die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle der angedrohten Freiheitsstrafe nicht in Erwägung gezogen werden.
Anmerkung
E01055European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00017.78.0314.000Dokumentnummer
JJT_19780314_OGH0002_0110OS00017_7800000_000