Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 21.März 1978 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr.Dienst in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fahrensteiner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang A u.a. wegen des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c PornG über die vom Angeklagten Wolfgang A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 15.Feber 1977, GZ. 1 b Vr 235/76-61, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hanreich und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen (in den die Angeklagte Ingrid B betreffenden Aussprüchen und im Punkt A des gegen Wolfgang A ergangenen Schuldspruches) unberührt bleibt, im Punkt B des Schuldspruches, und zwar in bezug auf die Filme 'Fabulous Fuck' (B II 1) sowie 'the perverese peeping tom' (richtig: 'The Perverse Peeging Tom') und 'Pflaumensaft und Samenkolle' (beide B IV 4) gemäß dem § 290 Abs 1 StPO, demgemäß auch im Ausspruch über die von diesem Angeklagten verwirkte Strafe sowie über den Verfall der im Punkt B des Urteilsspruches angeführten Durckwerke aufgehoben und die Strafsache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 4.Juni 1948 geborene Kaufmann Wolfgang A und die am 23.September 1942 geborene Hilfsarbeiterin Ingrid B des Vergehens nach dem § 1 Abs 1 lit a und c des Bundesgesetzes vom 31.März 1950, BGBl. 97, über die Bekämpfung unzüchtiger Veröffentlichungen und den Schutz der Jugend gegen sittliche Gefährdung (PornG) in der geltenden Fassung schuldig erkannt, weil beide als Beteiligte (§ 12 StGB) in der Zeit vom Oktober 1975 bis 18.Februar 1976 in Krems und Wolfgang A allein überdies auch in der Zeit vom Oktobe1975 bis April 1976 in Wien und Krems in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Druckwerke - nämlich die im Urteilsspruch einzeln angeführten zahlreichen Bücher, Taschenbücher, Magazine, Filme, Filmprospekte und Spielkarten - zum Zwecke der Verbreitung vorrätig gehalten und anderen angeboten haben.
Rechtliche Beurteilung
Während dieses Urteil in Ansehung der Angeklagten Ingrid B als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, wendet sich Wolgang A gegen seinen Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 der genannten Gesetzesstelle rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 15.Februar 1977 gestellten Beweisantrages auf Vernehmung des Zeugen Leopold C darüber, daß er diesem zwei Filme gegen Einsatz geborgt und bei deren Zurückstellung den Einsatz zurückgegeben und auch keine 'Leihgebühr' verlangt habe, womit - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - das Fehlen gewinnsüchtiger Absicht zu erweisen gewesen wäre (Band II, S. 7).
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese beiden Filme überhaupt Gegenstand von Anklage und Schuldspruch sind (vgl. Bd. II/S. 10), denn der erwähnte Beweisantrag verfiel schon deshalb zu Recht der Abweisung, weil das Erstgericht die durch das beantragte Beweismittel nachzuweisenden Umstände ohnedies als erwiesen angenommen hat (vgl. Band II, S. 78 und 79); allerdings hat es sie schlüssig und im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung dahingehend gewürdigt, daß dieser Einzelfall - bei dem übrigens die Filmrückgabe in Gegenwart eines Kriminalbeamten erfolgte (Band I, S. 277 und 278, Band II, S. 78/79) - in keiner Weise geeignet sei, die auf eine Fülle von sachlichen Erwägungen gestützte (Band II, S. 77 bis 80) Tatsachenannahme, daß die Angeklagten beim Vorrätighalten und Anbieten des sichergestellten Materials in gewinnsüchtiger Absicht gehandelt haben, zu erschüttern. Ein den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO verwirklichender Verfahrensmangel kann daher in der Abweisung des eingangs erwähnten Beweisantrages nicht erblickt werden.
Soweit die Beschwerde aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO die 'Feststellung' des Erstgerichtes, 'die inkriminierten Druckwerke' seien in der Hauptverhandlung besichtigt worden (Band II, S. 73) als 'unerfindlich' und 'unvollständig begründet' rügt, zumal tatsächlich nur eine Besichtigung der Filme Ekstase de luxe 'Pflaumensaft und Samenkolle', 'The Perverse Peeging Tom' und Rodox 637
'Fabulous Fuck' stattgefunden habe, bestreitet sie in Wahrheit bloß die Vornahme eines prozessualen Vorganges, der jedoch im Hauptverhandlungsprotokoll vom 15.Februar 1977 (Band II, S. 10) beurkundet erscheint und über den dieses Protokoll - das in diesem Punkte im übrigen weder von Amts wegen noch auf Grund eines Antrages des Beschwerdeführers berichtigt wurde - sohin vollen Beweis liefert.
Mit seiner auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Rechtsrüge wendet sich der Beschwerdeführer - seine Ausführungen hiezu teilweise auch schon im Rahmen der Mängelrüge zur Darstellung bringend -
gegen die Beurteilung sämtlicher hier inkriminierter Druckund Filmwerke - ausgenommen nur die drei oben bereits erwähnten Filme - als 'unzüchtig' im Sinne des § 1 PornG.
Soweit der Beschwerdeführer hiebei die auf der Ebene des Tatsächlichen liegenden Feststellungen des Erstgerichtes, die in Krems und Wien sichergestellten und in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Durckwerke enthielten 'ausnahmslos textliche oder bildliche Darstellungen sexueller Betätigungen aller Art, d.h. Geschlechtsverkehr zwischen zwei und mehreren Personen teils des gleichen, teils verschiedenen Geschlechtes (Gruppensex) mit lesbischen und homosexuellen Betätigungen, Mund- und Analverkehr, in exzessiv aufdringlicher, übersteigerter und abstoßender Weise' und es enthielten darüber hinaus 'die Filme, aber auch die Magazine Perversitäten, wie sadomasochistische Folterszenen, Vergewaltigungsszenen, Umgang von Männern und Frauen mit Tieren bis hin zu Unzuchtshandlungen mit Kindern', zu bestreiten sucht und ihnen entgegenhält, daß sich in Wahrheit 'kein einziges Werk' mit der Darstellung sexueller Betätigungen mit Tieren befasse und alle Materialien (ausgenommen wieder die drei obgenannten Filme) 'lediglich Strip-Tease-Szenen darstellen', bringt er - abgesehen davon, daß dieses Vorbringen unrichtig ist, da schon ein flüchtiger Augenschein des sichergestellten Materials das Gegenteil ergibt - den angeführten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, da er nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes, sondern von urteilsfremden Tatsachenannahmen ausgeht. Wohl liegen aber hinsichtlich eines Teiles der vom Schuldspruch des Beschwerdeführers umfaßten Tathandlungen - nämlich des Vorrätighaltens und Anbietens aller unter Punkt B genannten Gegenstände - insoweit Feststellungsmängel im Sinne des vom Beschwerdeführer relevierten Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO vor, als das Erstgericht in seinem Urteil zunächst schon nicht weiter differenzierte, inwiefern in Ansehung der dort genannten Gegenstände im einzelnen der Nachweis als erbracht anzusehen ist , daß sie - wiewohl fast ausschließlich im Wiener Geschäft des Angeklagten A, hingegen nur zum geringsten Teil (Filme 'Pferdestall' und 'Animal special' aus Punkt B II 1
des Urteilsspruches, vgl. auch Band I, S. 19) in dessen Kremser Wohnung sichergestellt - nicht nur zum Zwecke der Verbreitung über das Wiener sondern auch über das Kremser Geschäft des Angeklagten A vorrätig gehalten und angeboten wurden, und es schließlich, soweit die Verbreitung insoweit doch allein im Wiener Geschäft erfolgen sollte, nicht weiters feststellte, welcher Art die dargestellten, dem Sexualbereich zugehärigen Handlungen jeweils bei den einzelnen unter diesem Punkt des Schuldspruches genannten Büchern, Magazinen, Filmen, Pilmprospekten und Spielkarten sind. Diese Notwendigkeit ergibt sich nämlich aus folgenden Erwägungen:
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner durch einen verstärkten Senat gefällten Entscheidung vom 6.Juni 1977, 13 Os 39/77 (ÖJZ-LSK 1977/255, RZ 1977/95) unter Bezugnahme darauf, daß bereits wiederholt oberstgerichtliche Entscheidungen zur Umschreibung des Begriffes der unzüchtigen Schrift, Darstellung und dergleichen auf ihre Eignung hinwiesen, auf den mit ihr (ungewollt) konfrontierten Durchschnittsmenschen schockierend und abstoßend zu wirken, ausgesprochen, eine strafrechtlich zu erfassende Stärung des menschlichen Zusammenlebens sei schlechthin - also losgeläst von den näheren Tatumständen - nur dort anzunehmen, wo es sich um auf sich selbst reduzierte und von Zusammenhängen mit anderen Lebensäußerungen geläste, anreißerisch verzerrte Darstellungen solcher Unzuchtsakte handelt, die schon ihrer Art nach verboten und strafbar sind.
Darunter fallen sexuelle Gewalttätigkeiten, insbesondere sadistischer oder masochistischer Natur, und Unzuchtsakte mit Unmündigen, aber auch Unzuchtsakte mit Personen des gleichen Geschlechtes oder mit Tieren, da auch solche Handlungen (wenngleich selbst nicht oder nur beschränkt strafbar) jedenfalls nicht propagiert werden dürfen (§ 220 StGB), weshalb pornographische Darstellungen dieser Art (sogenannte 'harte' Pornographie) im Sinne der heterosexuellen Orientierung der rechtlich geordneten Gesellschaft und ihres Schutzes generell als unzüchtig angesehen werden müssen.
In anderen als den genannten Fällen hingegen wird die Frage, ob ein Werk unzüchtig im Sinne des Pornographiegesetzes ist, nicht allein von seinem Inahlt her beantwortet werden können. Es ist nämlich davon auszugehen, daß die Schutzzwecke des Pornographiegesetzes primär auf eine ungestörte sexuelle Entwicklung der Jugend, ferner auf das Interesse des einzelnen gerichtet sind, nicht ungewollt mit Pornographie konfrontiert zu werden. Ob ein Werk unzüchtig im Sinne dieses Gesetzes ist, kann daher, abgesehen von seinem Inhalt, soweit es an einer auch nur mittelbaren gesetzlichen Aussage wie bei der sogenannten 'harten' Pornographie fehlt, nur im Zusammenhang mit dem im konkreten Fall durch das Werk anzusprechenden Personenkreis beurteilt werden.
Diese Relativierung des Begriffes der (strafbaren) Unzüchtigkeit auf den jeweiligen Leser- (bzw. Konsumenten-) kreis, die schon von Binding (I 216), in älteren Entscheidungen des Deutschen Reichsgerichtes und des Bundesgerichtshofes und vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung vom 3.März 1956, SSt. 27/13, vertreten wurde, kommt auch in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage 1971 zum Strafgesetzbuch S. 366 zum Ausdruck. Fehlen demnach die oben schon erwähnten Voraussetzungen, nämlich die Gefahr der Kenntnisnahme durch Jugendliche und jene ungewollter Konfrontation, so ist für die Fälle der sogenannten 'nicht harten' Pornographie das normative Merkmal der 'Unzüchtigkeit' nicht gegeben. Druckwerke (wozu auch Filme zu zählen sind) mit sexuellen Darstellungen der nicht zur sogenannten 'harten' Pornographie gehärigen Art, welche bei Konfrontation mit der Allgemeinheit ihrem Inhalt nach freilich im Sinne der bisherigen Auslegung des Begriffes 'unzüchtig' als unzüchtig zu qualifizieren wären, sind nach dem Gesagten sohin relativ, und zwar (nur) dann nicht strafwürdig unzüchtig im Sinne des § 1 PornG, wenn sie bloß einem bestimmt angesprochenen Interessentenkreis erwachsener Personen vorbehalten sind, von dem - wie eben dem Kundenkreis eines sogenannten 'Sex-Shop' - die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß er an derartigen Abbildungen und Beschreibungen sexueller Vorgänge nicht Anstoß nehmen werde (11 Os 160/77), und bei denen auf solche Weise durch die Art ihrer Präsentation auch die nur abstrakte Möglichkeit der Erregung eines öffentlichen Ärgernisses oder der Gefährdung Jugendlicher ausgeschlossen ist. Hingegen ist der für die sogenannte 'harte' Pornographie aus einer Gesamtschau des Rechtes abgeleitete absolute Unzüchtigkeitsbegriff allein durch seine inhaltliche Umschreibung hinreichend verläßlich bestimmbar und somit von sonstigen äußerlichen Umständen unabhängig.
Vorliegendenfalls wurden nach den Urteilsfeststellungen (Band II, S. 73 und 74) die unter Punkt A I und II des Urteilsspruches genannten unzüchtigen Magazine und Schmalfilme in jenem Geschäft des Angeklagten Wolfgang A vorgefunden und sichergestellt, welches dieser in Krems, Herzogstraße Nr. 12, unter der Bezeichnung 'Buch-, Kunst- und Musikalienhandel' betreibt und in welchem allein auch die Mitangeklagte Ingrid B teilweise als Verkäuferin angestellt war. Somit handelte es sich in diesem Fall um kein Geschäftslokal solcher Art, bei dem Gewähr dafür gegeben ist, daß sein Betreten Jugendlichen verwehrt wird, oder auch erwachsene Personen nicht ungewollt mit dort vorrätig gehaltenen und angebotenen unzüchtigen Darstellungen konfrontiert werden. Ausgehend hievon reichen die vom Schöffengericht getroffenen Feststellungen, es handle sich (auch) bei allen diesen Druckwerken und Filmen um textliche oder bildliche Darstellungen sexueller Betätigungen der verschiedensten Art in exzessiv aufdringlicher, übersteigerter und abstoßender Weise, durchaus hin, um alle diese Objekte als 'unzüchtig' im Sinne des § 1 PornG beurteilen zu können, ohne daß es in Ansehung der dort vorrätig gehaltenen und angebotenen Artikel einer näheren Differenzierung zwischen Darstellungen bedarf, die der sogenannten 'harten' Pornographie zuzuordnen sind und solchen, bei denen dies nicht zutrifft. Insoweit erweist sich somit die Beschwerde des ngeklagten Wolfgang A als unbegründet.
Anders liegen die Verhältnisse in Ansehung des Vorrätighaltens und Anbietens der unter Punkt B I - IV genannten Objekte, welches Verhalten dem Beschwerdeführer allein zur Last fällt. Hier ist zunächst davon auszugehen, daß es sich bei dem Geschäft des Beschwerdeführers in Wien 5., Margarethenstraße Nr. 154 a, auf welches sich der Tatort 'Wien' bezieht, nach den durch die Aktenlage gedeckten Feststellungen des Erstgerichtes, im Gegensatz zum schon erwähnten Kremser Geschäft, um eine 'Sex-Boutique' handelt (Band II, S. 78, s. auch Bd. I S. 91), weshalb vorerst ergänzende nähere Feststellungen darüber erforderlich sind, ob eine Konfrontation des angesprochenen Kundenkreises mit den zur Verbreitung vorrätig gehaltenen Artikeln nur nach dem Betreten des Verkaufsraumes der als 'Sex-Boutique' oder 'Sex-Shop' deutlich gekennzeichneten Geschäftslokalitäten stattfinden konnte und außerdem verläßlich Vorsorge dafür getroffen worden war, daß die (besonders schutzwürdige, weil der erforderlichen Kritikfähigkeit noch ermangelnde) Gruppe der jugendlichen Personen ferngehalten wurde (11 Os 160/75, 13 Os 175/76) und auch unbefangene Erwachsene nicht ungewollt mit solchen Erzeugnissen unversehens konfrontiert werden konnten.
Bei Zutreffen dieser Voraussetzungen wäre ferner zu klären, ob sich die generelle Bezeichnung 'Wien und Krems' als Tatort (Band II, S. 17) bloß darauf gründet, daß nach dem Akteninhalt zwei der zahlreichen unter Punkt B II 1
aufgezählten Filme, nämlich jene mit dem Titel 'Pferdestall' und 'Animal special' in der Kremser Wohnung des Beschwerdeführers (Gättweigerstraße Nr. 23) vorgefunden und sichergestellt wurden und das Erstgericht daraus ableitete, daß (nur) diese Filme ebenfalls im Kremser Geschäft verkauft werden sollten oder ob allenfalls - worauf die (allerdings ganz allgemein gehaltene) Feststellung des Erstgerichtes hindeuten könnte, das Kremser Warenlager sei vom Angeklagten A, der 'die Ware von Wien nach Krems brachte', ergänzt worden (Band II, S. 74) - auch (zumindest) ein Teil der im Wiener Geschäft des Beschwerdeführers sichergestellten Waren (d. s. alle übrigen unter Punkt B aufgezählten Artikel) zum Verkauf im Kremser Geschäft bestimmt war und bejahendenfalls, um welche Erzeugnisse es sich heibei im einzelnen handelte.
In Ansehung jener Objekte, von denen demnach nur festgestellt werden kann, daß sie zum Zwecke der Verbreitung im Wiener Geschäftslokal ('Sex-Boutique') des Beschwerdeführers vorrätig gehalten und Kunden angeboten wurden, wird in weiterer Folge im Sinne der oben dargelegten Rechtsauffassung im einzelnen - wenigstens schlagwortartig - festzustellen sein, welcher Art die darin enthaltenen sexuellen Darstellungen sind. Denn nur Druckwerke, welche der sogenannten 'harten' Pornographie zuzurechnende Darstellungen im eingangs erwähnten Sinn enthalten, werden 'absolut', d.h.
allein schon auf Grund ihres Inhaltes und somit ungeachtet ihres Verkaufes oder ihrer Vermietung in einem nur von einer bestimmten Personengruppe frequentierten 'Sex-Boutique' als 'unzüchtig' im Sinne des § 1 Abs 1 lit a und c PornG beurteilt werden können, (wobei auch jene Umstände, welche die Merkmale einer 'harten' Pornographie ausmachen, vom Vorsatz des Angeklagten umfaßt sein müssen), nicht aber auch Objekte, bei denen die spezifischen Voraussetzungen der sogenannten 'harten' Pornographie nicht zutreffen.
Das angefochtene Urteil ist daher im Punkt B des Schuldspruchs, wie vorstehend ausgeführt wurde, auf Grund einer rechtsirrigen Auslegung des Begriffes 'unzüchtig' im Sinne des § 1 PornG durch das Erstgericht mit Feststellungsmängeln im Sinne des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO behaftet, welche insoweit eine abschließende Beurteilung der Strafsache nicht zulassen, weshalb die Erneuerung des erstinstanzlichen Verfahrens unvermeidlich ist.
Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wolfgang A zum Teil Folge zu geben, das Ersturteil sohin in dem im Spruch genannten Umfang aufzuheben und die Strafsache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen; dabei hatte die Aufhebung in Ansehung des Vorrätighaltens und Anbietens der im Spruch dieser Entscheidung genannten drei Filme als amtswegige Maßnahme nach dem § 290 Abs 1 StPO zu erfolgen, da der Beschwerdeführer diese Fakten ausdrücklich von seiner Anfechtung mit Rechtsrüge ausgenommen hat, jedoch auch diesbezüglich (nicht allerdings bei einem weiteren Film 'Serie Rodex Film, Fabulous Fuck', der unter A II aufscheint und in Krems vorrätig gehalten wurde) die oben dargelegten Feststellungsmängel vorliegen.
Im übrigen aber war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E01031European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00096.77.0321.000Dokumentnummer
JJT_19780321_OGH0002_0110OS00096_7700000_000