Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 29.März l978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Neutzler, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Waldstätten als Schriftführers in der Strafsache gegen Ernst Leopold A und Rudolf B wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die von beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 25.August 1977, GZ. 4 a Vr 2210/77-45, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, sowie der Ausführungen des Verteidigers Dr. Oehlzand, des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Nurscher und der Privatbeteiligten Antonia Prinz zu Recht erkannt:
Spruch
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Das Schöffengericht sprach den am 19.März 1947 geborenen Anstreicher und Maler Ernst Leopold A und den am 8.Februar 1938 geborenen Korbflechter Rudolf B wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4 und 129 Z. 1 StGB., A überdies wegen der Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB. und der mittelbaren unrichtigen Beurkundung nach § 228 Abs 1 und 2 StGB. schuldig. Es verurteilte beide Angeklagten nach § 129 StGB., A unter Bedachtnahme auf § 28 StGB., zu Freiheitsstrafen und zwar A in der Dauer von drei Jahren, B in der Dauer von zweieinhalb Jahren.
Erschwerend waren beim Erstangeklagten die Vorstrafen (richtigerweise nur die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden), die Wiederholung der Straftaten, das Zusammentreffen dreier Delikte und 'bzgl. Punkt B 2 das tatbildliche Handeln nach § 228 Abs 1 StGB.' Dieser letztere Erschwerungsgrund ist offenbar irrtümlich formuliert, weil das Urteilsfaktum B 2 als solches ausschließlich den Tatbestand des § 228 Abs 1 StGB. verkörpert. Gemeint dürfte sein, daß bei dem den Tatbestand des § 228 Abs 2 StGB.
erfüllenden Faktum B 1 des Urteilssatzes das diesem vorausgegangene, nach Abs 1 des § 228 StGB. tatbestandsmäßige Handeln als erschwerend zu werten ist (Leukauf-Steininger S. 1006). Beim Zweitangeklagten waren die Vorstrafen (richtigerweise abermals nur die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden) erschwerend. Als mildernd nahm das Erstgericht bei A dessen Geständnis zum Punkt B des Schuldspruchs, bei B nichts an.
Gegen das Urteil haben beide Angeklagten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ergriffen. Die Nichtigkeitsbeschwerden sind vom Obersten Gerichtshof bereits am 23.November 1977 in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen worden.
Aus diesem Beschluß geht auch der urteilsgegenständliche Sachverhalt hervor. Mit ihren Berufungen streben Ernst Leopold A und Rudolf B Strafermäßigungen an. Der Angeklagte B hat außerdem in der Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde ein Vorbringen erstattet, das als Berufung gegen den Ausspruch des Urteils über die privatrechtlichen Ansprüche aufzufassen ist.
Rechtliche Beurteilung
Keine Berufung ist berechtigt.
Der Angeklagte A vermag keine zusätzlichen Milderungsgründe geltend zu machen. In Anbetracht sowohl des Zusammentreffens dreier strafbaren Handlungen als auch der schwer kriminell verwahrlosten Persönlichkeit (dreizehn, zum Teil empfindliche Vorstrafen vornehmlich einschlägiger Natur), schließlich auch mit Rücksicht auf das beträchtliche Überwiegen der erschwerenden Umstände besteht bei A kein Anlaß für eine Strafherabsetzung.
Der Angeklagte B führt als weitere Milderungsgründe eine Notlage und die Sorgepflicht für ein Kind ins Treffen. Die Notlage ist im Hinblick auf das bis in die letzte Zeit kriminell geprägte Vorleben des Berufungswerbers nicht als unverschuldet anzunehmen und daher nicht mildernd. Die Sorgepflicht als solche ist als strafkürzender Umstand (im Gegensatz zum alten Recht) nicht mehr vorgesehen. Mangels Vorbringens stichhältiger weiterer Milderungsgründe und bei Bedachtnahme auf die zahlreichen, teils sehr empfindlichen, aber bisher wirkungslos gebliebenen Vorstrafen überwiegend einschlägigen Charakters kommt vor allem aus spezialpräventiven Erwägungen auch beim Angeklagten B eine Strafminderung nicht in Betracht. Der Urteilssatz enthält den Ausspruch, daß gemäß § 369 Abs 1 StPO. der Privatbeteiligten Antonia C als Schadloshaltung ein Betrag von 8.100 S zuerkannt wird.
Im Rahmen der Ausführung seiner Nichtigkeitsbeschwerde hat der Angeklagte B vorgebracht, daß der Zuspruch an die Privatbeteiligte erging, ohne daß er hiezu vernommen worden sei. Diesem als Berufung gemäß § 283 Abs 6 StPO.
anzusehenden Vorbringen kann aber Berechtigung nicht zuerkannt werden. Urkundlich des Hauptverhandlungsprotokolls (S. 219) hat nämlich der Vorsitzende des Schöffengerichts anläßlich der Vernehmung der Privatbeteiligten Antonia C (Anschluß S. 53) als Zeugin beide Angeklagten zu der von C vorgenommenen Bewertung der ihr gestohlenen Sachen befragt. Damit ist - im Zusammenhang der damaligen Erörterung in der Hauptverhandlung - dem Erfordernis des § 365 Abs 2 Satz 2 StPO. erkennbar Genüge getan worden. Der sachlich gegen das Adhäsionserkenntnis vorliegenden Berufung des Zweitangeklagten kann daher ein Erfolg nicht beschieden sein. Nur der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß der Zuspruch an die Privatbeteiligte den Vollstreckbarkeitserfordernissen des § 7 Abs 1 EO. nicht entspricht.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01044European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00173.77.0329.000Dokumentnummer
JJT_19780329_OGH0002_0100OS00173_7700000_000