Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4.April 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Waldstätten als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13.Dezember 1977, GZ. 8 c Vr 4869/77-36, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Datzik und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird Folge gegeben, und die vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 1
(ein) Jahr herabgesetzt sowie gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.September 1919 geborene Walter A, der als Gärtner bei der Magistratsabteilung 42 der Stadt Wien beschäftigt ist, des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1
StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser - eine Strafdrohung von sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe enthaltenden Gesetzesstelle zu 15 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht die Wiederholung der strafbaren Handlungen (zweimalige Begehung der Tat an Monika B und einmalige Begehung an Eva Maria B) als erschwerend, während es als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten annahm.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß vom 14. März 1978, GZ. 9 Os 38/78-3, zurückgewiesen.
Gegenstand des Gerichtstages bildete daher nur noch die Entscheidung über die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe unter Anwendung des § 41
StGB und bedingte Strafnachsicht nach § 43 (Abs 2) StGB anstrebt. Die vom Angeklagten reklamierten weiteren Milderungsgründe liegen nicht vor. Davon, daß er die Tat mehr aus Unbesonnenheit und auf Grund einer besonders verlockenden Gelegenheit, die in dem Entgegenkommen der beiden Mädchen bestanden haben soll, beging als mit vorgefaßter Absicht, kann keine Rede sein, zumal sich nicht einmal der Angeklagte selbst, der die Tathandlungen überhaupt in Rede stellte, jemals in dieser Richtung verantwortet hat. Im übrigen zeigt sein deliktisches Verhalten zum Faktum 2.) eine gewisse Hartnäckigkeit, weil er es sogar noch fortsetzte, nachdem er von dem Straßenbahnlenker C zur Rede gestellt worden war.
So gesehen, liegen die Voraussetzungen der ao. Strafmilderung des § 41 StGB (mangels beträchtlich überwiegender Milderungsgründe) nicht vor.
Die vom Erstgericht festgesetzte Strafe erscheint dem Obersten Gerichtshof dennoch etwas überhöht, weshalb sie innerhalb des Strafrahmens des § 207 Abs 1 StGB auf das aus dem Spruch ersichtliche schuld- und tatangemessene Ausmaß herabzusetzen war. Im Hinblick darauf, daß der fast 59-jährige Angeklagte bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und nach der Sachlage die verhältnismäßig knapp hintereinander gesetzten Deliktsakte noch als einmalige Verfehlungen eines bislang Unbescholtenen angesehen werden können, die zu seinem sonstigen Verhalten im auffallenden Widerspruch stehen, ist anzunehmen, daß vorliegend die bloße Androhung der Strafe ausreichen werde, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, weshalb die verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs 1 StGB bedingt nachzusehen war. Allgemeine Erwägungen generalpräventiver Natur rechtfertigen nicht, dem Angeklagten diese Strafnachsicht zu versagen, und dies umso weniger, als die vom Erstgericht im angefochtenen Urteil angedeutete Befürchtung, die Gewährung der in Rede stehenden Rechtswohltat könnte anderen Personen einen Anreiz zur Verübung gleichartiger Delikte bieten, durch nichts begründet ersche; gerade strafbare Handlungen gegen die Sittlichkeit zeigen in Ansehung ihrer Begehungshäufigkeit nach dem Ergebnis wissenschaftlicher statistischer Untersuchungen seit Jahren eine fallende Tendenz. In Stattgebung der begründeten Berufung war daher spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01021European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0090OS00038.78.0404.000Dokumentnummer
JJT_19780404_OGH0002_0090OS00038_7800000_000