TE OGH 1978/4/7 13Os42/78

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Veröffentlicht am 07.04.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mölzer als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Verbrechens nach dem § 6 Abs.1 SuchtgiftG nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. Dezember 1977, GZ 6 d Vr 8808/76-86, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Mit gesonderter Verfügung wird ein Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung über die Berufung angeordnet werden.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderem der österreichische Staatsbürger Friedrich A des Verbrechens nach dem § 6 Abs.1 SuchtgiftG (durch Bestimmung nach dem § 12, zweiter Fall, StGB) schuldig erkannt, begangen in der Zeit vom 29. Mai 1976 bis zum 5. August 1976 in Wien, Teheran und Istanbul dadurch, daß er Erich B und Walter C bestimmte, vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen (aus dem Iran) auszuführen und (nach Österreich) einzuführen, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, nämlich 1.500 (genau: 1.516) kg Haschisch sowie 7 (genau: 7,35) kg Opium, und daß er auch sonst zur Ausführung dieser strafbaren Handlung beitrug (Punkt I. des Urteilssatzes).

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte, ein Wiener Transportunternehmer, durch seinen Fahrer Erich B einen Spezialbus per Tieflader nach Teheran verfrachten lassen; er selbst war mit seinem Personenkraftwagen nachgekommen. In Teheran ließ er anläßlich einer Reparatur im Anhänger (= 'Plattform') - im Tenor unrichtig: im Zugfahrzeug - ein Versteck einbauen und mit dem Suchtgift beladen; durch eine Erhöhung der vereinbarten Pauschalentlohnung bewog er B, dem er nur von etwa 400 kg Haschisch erzählte, zum Entschluß, das Rauschgift nach Wien zu schmuggeln. Als er nach seiner Heimkehr telefonisch verständigt wurde, daß an dem mittlerweile bis in die Türkei gelangten Tieflader ein Defekt aufgetreten war, ersuchte er nacheinander die Transportunternehmer Johann D und Walter C, die er von der Suchtgiftbeförderung informierte, das von B gelenkte Fahrzeug nach Österreich abzuschleppen. D, der im vorliegenden Verfahren deswegen bereits rechtskräftig verurteilt worden ist, brachte den havarierten Tieflader von Ankara nach Istanbul, lehnte aber dann nach einer Besprechung mit dem Angeklagten an Ort und Stelle seine weitere Mitwirkung wegen des zu großen Risikos ab, worauf von dort weg C das Abschleppen übernahm. In Bulgarien wurde das Rauschgift entdeckt; beide Lenker wurden festgenommen und in der Folge zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt.

Bei diesen Konstatierungen folgte das Schöffengericht jenen Darstellungen, die Erich B und Walter C in Bulgarien den dortigen Behörden und dem österreichischen Sektionsrat Dr. E des Bundesministeriums für Inneres gegeben hatten und denen es im Licht der übrigen Beweisergebnisse vollen Glauben schenkte.

Rechtliche Beurteilung

Der auf den § 281 Abs.1 Z 4 und Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen den Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.

Der erstbezeichnete Nichtigkeitsgrund haftet dem Urteil nach Ansicht des Beschwerdeführers deshalb an, weil das Schöffengericht seinen Antrag auf Einvernahme des Erich B und des Walter C als Zeugen durch einen österreichischen Untersuchungsrichter in Anwesenheit des Staatsanwalts und des Verteidigers in Bulgarien (S.187/II i.V.m. S.256/I) abwies und weil es auch dem weiteren Antrag, das Verfahren erst fortzusetzen, sobald die genannten Zeugen dem österreichischen Gericht zur Verfügung stünden (S.187/ II), nicht entsprach. In beide Richtungen hin geht die Verfahrensrüge fehl.

Gestützt auf die - im Urteil allerdings mißverständlich als 'Untersagung' des betreffenden Vorgangs bezeichnete - Auskunft des Bundesministeriums für Justiz (Z.27 Abs.5 RHEStr), wonach in Ansehung der für eine Durchführung der begehrten Zeugenvernehmung vorauszusetzenden Rechtshilfe durch Bulgarien (in Respektierung der Souveränität des ersuchten Staates - Z 29

Abs.1 RHEStr) eine Gegenseitigkeit nicht in bezug auf die Gestattung einer Einvernahme durch einen ausländischen Richter im Inland, sondern nur in bezug auf die Erledigung eines ausländischen Rechtshilfeersuchens durch ein inländisches Gericht in Betracht kommt (ON 35), nahm das Erstgericht bei seinem ablehnenden Zwischenerkenntnis (S.189/II) der Sache nach zutreffend an, daß eine positive Erledigung eines Rechtshilfeersuchens an die bulgarischen Behörden im Sinn des vom Angeklagten gestellten Beweisantrags nicht zu erwarten gewesen wäre. Bereits deswegen lag in der Abweisung dieses Antrags keinesfalls eine Verletzung von Verteidigungsrechten des Beschwerdeführers im Sinn des § 281 Abs.1 Z 4 StPO, sodaß sich eine Erörterung sonstiger prozessualer und meritorischer Aspekte erübrigt. Das Begehren aber, mit der Fortsetzung des Verfahrens zuzuwarten, wurde nicht vom Angeklagten A, sondern vom Mitangeklagten D gestellt; insoweit steht daher schon das Fehlen des formellen Erfordernisses eines vom Gericht abgewiesenen oder unerledigt gebliebenen Antrags des Beschwerdeführers einem Erfolg der Verfahrensrüge entgegen.

In gleicher Weise versagt auch die Mängelrüge.

Auf die Umstände, unter denen Erich B und Walter C in Bulgarien - als Beschuldigte in dem dort gegen sie durchgeführten Strafverfahren sowie im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gegenüber Sektionsrat Dr. E und als Zeugen bei ihrer Vernehmung im Rechtshilfeweg durch den bulgarischen Untersuchungsrichter - ihre den Angeklagten belastenden Angaben gemacht haben, wurde vom Schöffengericht ohnedies Bedacht genommen (S.210, 211/II). Soweit der Beschwerdeführer bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Genannten eine andere Würdigung dieser Verhältnisse anstrebt, bekämpft er, teilweise in Ausführung der Verfahrensrüge, unzulässigerweise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung. Mit rein hypothetisch in Betracht kommenden Motiven der Inhaftierten für eine Falschbelastung des Angeklagten mußte sich das Erstgericht dabei nicht auseinandersetzen; die Beschwerdebehauptung aber, der Zeuge F habe angegeben, daß er gehört habe, B und C seien von den bulgarischen Zollbehörden schlecht behandelt und sogar geschlagen worden, ist aktenwidrig (S.170/II).

Auch sonst sind dem Schöffengericht in diesem Zusammenhang formelle Begründungsmängel nicht unterlaufen. Darin, daß Erich B auf den Tag genau wußte, wann der Beschwerdeführer während seines Istanbul-Aufenthalts im August 1976 die Prinzen-Inseln besuchte (S.60, 207/I), konnte es, dessen bezüglichen Erklärungsversuchen zuwider, sehr wohl ein Indiz für die Richtigkeit der Darstellung von B und C erblicken, wonach sie damals mit ihm und mit D in Istanbul zusammentrafen und er dort den Weitertransport des Suchtgifts organisierte. Die Aussagen der Zeugen F (S.167/II) und Walter A (S.184/II) liefern keine erörterungsbedürftigen Argumente gegen die Richtigkeit dieser Angaben. Der zuletzt erwähnten Zeugenaussage ist zudem keine Bestätigung jener Verantwortung des Angeklagten zu entnehmen, wonach sich C noch in Wien bei einer Zusammenkunft bereit erklärt habe, den Tieflader in der Türkei abzuschleppen; folglich stand sie auch nicht im Widerspruch zu den bezüglichen Angaben des Walter C, der übrigens seine ursprüngliche Darstellung, der Beschwerdeführer habe ihn aus Instanbul angerufen (S.167/I), später dahin berichtigte, daß er nicht wisse, ob der betreffende, sicherlich von einem Automaten her getätigte Anruf aus Österreich oder aus dem Ausland gekommen sei (S.455/I, 145/II). Die Urteilsannahme, daß der Angeklagte mit B vorerst eine Entlohnung in der Höhe von 30.000 S für den Transport nach Teheran vereinbart hatte und diese Zusage im Hinblick auf den geplanten Suchtgiftschmuggel auf 100.000 S erhöhte, entspricht bezüglich der ersterwähnten Vereinbarung seiner eigenen Verantwortung (S.61, 247/I); wenn man bedenkt, daß - wieder nach seinen eigenen Angaben (S.247/I) - mit einer Transportdauer von etwa einem Monat gerechnet werden konnte, steht sie insoweit auch nicht im Widerspruch zur Darstellung des B, sie hätten eine Entlohnung von monatlich 30.000 S vereinbart und diese sei (noch innerhalb des ersten Monats) über den (durch die Verlängerung der Transportdauer wegen des Anhängerumbaus bedingten) Lohn für zwei Monate hinaus um 40.000 S auf 100.000 S erhöht worden (S.193, 197/I). Demnach kann davon, daß das Erstgericht bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Erich B aktenwidrig von einer ihm für die Rauschgiftbeförderung zugesicherten Erhöhung seines Entgelts von 30.000 S auf 100.000 S ausgegangen wäre, keine Rede sein.

Die weiteren überlegungen des Schöffengerichts, die dazu beitrugen, daß es die leugnende Verantwortung des Angeklagten als durch die belastenden Angaben des Erich B und des Walter C widerlegt ansah, stehen, den Beschwerdeeinwänden zuwider, im Einklang mit den Denkgesetzen und mit allgemeiner Lebenserfahrung.

Daraus, daß C vom Beschwerdeführer (und nicht von B) mit dem Abschleppen des Tiefladers betraut wurde, und zwar zu einer Zeit, als das Fahrzeug mit dem Rauschgift bereits von Teheran bis Istanbul gebracht worden war, konnte es folgerichtig ableiten, daß eine vorausgegangene Verabredung zwischen B und C zum Suchtgiftschmuggel nicht erfolgt war; nur diese Annahme aber ist dem Urteil zu entnehmen und keineswegs, wie der Angeklagte vermeint, eine Schlußfolgerung dahin, daß er deswegen, weil er es war, der C zur Fahrt nach Istanbul veranlaßt hat, jenen dort auch zum Weitertransport des Rauschgifts bewogen haben müsse. Eben deshalb hinwieder, weil C erst in Istanbul von dem geplanten (weiteren) Suchtgiftschmuggel erfuhr, war eine Erörterung jener Aussage des Zeugen G entbehrlich, wonach das vom Erstgenannten mit dem Beschwerdeführer bereits vorher vereinbarte Entgelt schon für das bloße Abschleppen des Tiefladers allein (selbst ohne Haschisch und Opium) angemessen gewesen wäre; desgleichen war aus der Bekundung dieses Zeugen, daß C bereits früher einmal an einem Schmuggel beteiligt gewesen sei, kein Anhaltspunkt dafür zu gewinnen, ob er im vorliegenden Fall den Rauschgifttransport nur mit B oder auch mit dem Angeklagten vereinbart hat. Schlüssig ist ferner das Argument des Erstgerichts, daß ein weiteres Versteck im Tank des Tiefladers offenbar nicht durch B, der mit dem Fahrzeug erstmals einen Transport durchführte, angefertigt worden sei, weil er es diesfalls nicht unbenützt gelassen hätte, und daß dadurch die Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach B die Anfertigung beider Verstecke veranlaßt haben müsse, widerlegt sowie die Annahme gerechtfertigt sei, er selbst habe jenen Innentank schon früher einbauen lassen; mit seinem Einwand, die Unkenntnis des B davon bestärke gerade die Annahme, daß jener allein in Istanbul das neue Versteck habe anfertigen lassen, um das Suchtgift zu schmuggeln, stellt der Angeklagte die Folgerichtigkeit der bekämpften, seine Verantwortung widerlegenden Erwägung nicht in Frage; soweit er damit gegen die im Urteil daraus abgeleiteten Konsequenzen in bezug auf seine Glaubwürdigkeit argumentiert, bekämpft er abermals nur unbeachtlich die schöffengerichtliche Beweiswürdigung. Die Feststellung, daß Erich F, der den nach Teheran verfrachteten Spezialbus von Frankfurt nach Wien gebracht hatte, durch den Angeklagten von der Weiterbeförderung 'ausgebootet', also gegen seine Intentionen ausgeschaltet wurde, ist durch die Aussage des genannten Zeugen (S.166, 167/II), mag dieser auch den Beschwerdeführer sonst im Zusammenhang mit Suchtgifttransporten nicht belasten, vollauf gedeckt; ebenso rechtfertigen die Aussage der Zeugin H (S.181- 183/II) und der Inhalt des die (zweite) Bestrafung des Angeklagten wegen des Vergehens nach dem § 114 ASVG betreffenden Strafaktes 6 d EVr 1531/76

des Landesgerichtes für Strafsachen Wien durchaus die Konstatierung, daß sein Transportunternehmen zur Tatzeit 'keineswegs florierte'; daß er geradezu zahlungsunfähig gewesen wäre, hat das Erstgericht ohnedies nicht angenommen. In seiner beengten wirtschaftlichen Lage ein mögliches Motiv - davon, daß es zwigend gewesen wäre, ist im Urteil gar nicht die Rede - und im 'Ausbooten' des F, möge nach seiner Verantwortung auch eine andere Erklärung dafür denkbar sein, ein Indiz für seine inkriminierte Beteiligung am Rauschgiftschmuggel zu erblicken, verstieß nicht gegen das Erfordernis einer denkfolgerichtigen und mit allgemeiner Lebenserfahrung im Einklang stehenden Beweisführung.

Aus all den erörterten Beweisergebnissen in ihrem Zusammenhang aber und nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, aus jedem einzelnen für sich allein betrachtet, gewann das Schöffengericht die überzeugung von seiner Täterschaft (§ 258 Abs.2 StPO). Die geltendgemachten Begründungsmängel im Sinn des § 281 Abs.1 Z 5 StPO haften demnach dem Urteil nicht an.

Sohin war die Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs.1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen

Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs.3 StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01048

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00042.78.0407.000

Dokumentnummer

JJT_19780407_OGH0002_0130OS00042_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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