TE OGH 1978/5/11 6Ob612/78

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Veröffentlicht am 11.05.1978
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Norm

Devisengesetz §3
Devisengesetz §22
EO §379 Abs2 Z2
EO §387 Abs1
JN §1
JN §99

Kopf

SZ 51/62

Spruch

Die Bestimmung des § 379 Abs. 2 Z. 2 EO ermöglicht auch die Sicherung von Ansprüchen zwischen im Ausland lebenden Ausländern (Anm.: Vgl. zu § 379 Abs. 2 Z. 2 EO auch die unter Nr. 17 veröffentlichte E 8 Ob 508/78.

Die inländische Gerichtsbarkeit für das Sicherungsverfahren ist gegeben, wenn infolge einer im Inland anhängigen Klage eine inländische Zuständigkeit (§ 387 Abs. 1 EO) vorliegt

Das Verbot an den Devisenausländer, seine Forderung gegen einen Deviseninländer einzuziehen, und das Gebot an den Deviseninländer, an den Devisenausländer vorerst nicht zu leisten, stellt keine Verfügung im Sinne des § 3 DevG dar

OGH 11. Mai 1978, 6 Ob 612/78 (OLG Linz 2 R 45/78; LG Salzburg 5 Cg 115/78)

Text

Die Klägerin und gefährdete Partei (künftig kurz Klägerin genannt) begehrt mit der vorliegenden Klage von der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei (künftig kurz Beklagte genannt) die Bezahlung von 379 142.29 DM samt Nebengebühren oder dessen Gegenwert in österreichischen Schilling für auftragsgemäß durchgeführte Warenlieferungen an die Beklagte. Bei beiden Streitteilen handelt es sich um Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit dem Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Die Klägerin grundete die Zuständigkeit des Landesgerichtes Salzburg auf den Gerichtsstand nach § 99 JN, da die Beklagte mit einem Geschäftsanteil in der Höhe ihrer Stammeinlage von 200 000 S an der K Austria Gesellschaft m. b. H. mit dem Sitz in G als Gesellschafterin beteiligt sei.

Gleichzeitig beantragte die Klägerin unter Hinweis darauf, daß die Gefahr bestehe, daß das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsse, die Erlassung einereinstweiligen Verfügung durch Drittverbot. Mit diesem sollte der Beklagten verboten werden, über ihre Forderung in der Höhe der Klagssumme zu verfügen, die ihr auf Grund von Lieferungen und Leistungen gegen die Firma K Austria Gesellschaft m. b. H. zustehe. Ferner wurde beantragt, der Beklagten aufzutragen, sich jeder Verfügung über ihren Geschäftsanteil an jener Firma zu enthalten. An den Drittschuldner wurde das Gebot begehrt, das Geschuldete nicht zu leisten und eine Verfügung über den Geschäftsanteil nicht zuzulassen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab, ohne eine Stellungnahme der Beklagten einzuholen. Es vertrat die Rechtsansicht, durch § 379 Abs. 2 Z. 2 EO solle nicht die Exekution auf Grund inländischer Exekutionstitel geschützt werden, sondern die Exekution zugunsten inländischer Gläubiger. Da beide Streitteile in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz hätten und die Forderung auch dort entstanden sei, liege das Interesse der Klägerin nicht darin, die Exekution in Österreich durchführen zu können, sondern zu verhindern, daß der in Österreich befindliche Drittschuldner erfülle. Damit wäre aber der ausländische Gläubiger besser gestellt als der inländische. Falls Zeitungsmeldungen zuträfen, wonach über das Vermögen der Beklagten das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet worden sei, solle mit der einstweiligen Verfügung offensichtlich erreicht werden, daß die Forderung der Beklagten nicht zur Befriedigung aller Gläubiger herangezogen werde. Ein ausländischer Gläubiger könne sich dann nicht auf die Bestimmung des § 379 Abs. 2 Z. 2 EO berufen, wenn es sich um eine im Ausland gegen einen dort befindlichen Schuldner entstandene Forderung handle. Hinsichtlich der Gesellschaftsanteile habe die Klägerin aber gar nicht behauptet, daß die Absicht bestehe, diese zu veräußern oder der Exekution zu entziehen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es die begehrte einstweilige Verfügung gegen eine Sicherheitsleistung von 250 000 S insoweit bewilligte, als ein Drittverbot hinsichtlich der der Klägerin gegen die K Austria Gesellschaft m. b. H. zustehenden Forderungen im Betrage von 379 142.29 DM auf Grund von Lieferungen oder Leistungen erlassen wurde. Das Mehrbegehren auf Erlassung eines Drittverbotes hinsichtlich der Verfügung über den Geschäftsanteil der Beklagten an jener Firma wies es ab. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, daß nach neuerer Rechtsprechung einstweilige Verfügungen auch bewilligt werden könnten, wenn es sich bei den Streitteilen um Ausländer handle und das Urteil im Ausland vollstreckt werden müsse. § 379 Abs. 2 Z. 2 EO sei nicht auf den Schutz inländischer Gläubiger abgestellt. Der Anspruch der Klägerin sei durch die vorgelegten Fakturen und die eidesstättige Erklärung ihres Geschäftsführers bescheinigt. Schon aus dem Wesen einer Kaufpreisforderung ergebe sich, daß eine Zahlungsverschiebung in das Ausland zu erwarten sei. Hingegen sei bei der Beteiligung an einer inländischen Kapitalgesellschaft mit einer derartigen Entwicklung nicht von vornherein zu rechnen. Diesbezüglich hätte die Klägerin daher dartun müssen, daß eine Verbringung dieses Vermögenswertes in das Ausland zu befürchten wäre, was nicht geschehen sei. Wegen des empfindlichen Eingriffs sei die einstweilige Verfügung nur gegen eine Sicherheit zu erlassen gewesen, deren Höhe mit 250 000 S angemessen sei. Einer devisenbehördlichen Genehmigung habe es nicht bedurft, weil der Drittschuldner noch zu keiner Leistung verhalten werden solle.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Beklagte meint zunächst, für die gegenständliche Rechtssache fehle es an der inländischen Gerichtsbarkeit, weil die Rechtsbeziehungen zwischen den Streitteilen kein inländisches Tatbestandsmerkmal enthielten. Die Inanspruchnahme der Gerichtsbarkeit in einer ausschließlich deutsche Anknüpfungspunkte aufweisenden Rechtssache trotz der Möglichkeit der Vollstreckung einer in Deutschland ergehenden Entscheidung in Österreich, würde dem Vollstreckungsübereinkommen zwischen Österreich und der Bundesrepublik Deutschland widersprechen.

Dem kann nicht beigepflichtet werden.

Im Rahmen dieses Rechtsmittels ist nur zu prüfen, ob das angerufene Gericht zur Entscheidung über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zuständig war. Gemäß § 387 Abs. 1 EO ist für die Bewilligung einer einstweiligen Verfügung das Gericht zuständig, vor welchem der Prozeß in der Hauptsache zur Zeit des ersten Antrages anhängig ist. § 387 EO macht die Zuständigkeit für die Bewilligung der einstweiligen Verfügung nur von diesem äußeren Umstand abhängig. Entscheidend ist nur, daß eine Klage anhängig ist und die Klage vom Gericht nicht a limine zurückgewiesen wurde (Heller - Berger - Stix, Komm. zur EO III, S. 2815 f.; SZ 42/166 u. a.). Eine solche a limine-Zurückweisung der Klage ist nicht erfolgt. Damit ist aber die inländische Gerichtsbarkeit für das Verfahren über die beantragte einstweilige Verfügung jedenfalls gegeben, da eine inländische Zuständigkeit vorliegt. Daß ein in der Bundesrepublik Deutschland allenfalls erfließendes Urteil in Österreich vollstreckbar wäre, ändert daran nichts.

Die Beklagte meint ferner, wenn beide Streitteile in der Bundesrepublik Deutschland ihren Sitz hätten, sich das sonstige Vermögen der Beklagten dort befinde und die Vollstreckung dort möglich sei, fehle es an der im § 379 Abs. 2 Z. 2 EO geforderten objektiven Gefährdung. Auch dem kann nicht beigepflichtet werden. Nach neuerer Rechtsprechung (2 Ob 117/56; 7 Ob 438/56; 5 Ob 206/58; 1 Ob 7/61) ermöglicht der Umstand, daß das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte, auch die Sicherung von Ansprüchen zwischen im Ausland lebenden Ausländern durch einstweilige Verfügung gemäß § 379 Abs. 2 Z. 2 EO, da diese Gesetzesstelle in dieser Hinsicht keine Einschränkung anordnet und auch in diesem Fall die einstweilige Verfügung zur Anspruchssicherung notwendig sein kann. Alle weiteren Ausführungen über die Folgen eines in der Bundesrepublik Deutschland über das Vermögen der Beklagten eröffneten gerichtlichen Vergleichsverfahrens bedürfen schon deshalb keiner näheren Erörterung, weil diesbezüglich im bisherigen Verfahren nichts konkretes hervorgekommen ist und auch im Revisionsrekurs keinerlei konkrete Behauptungen in dieser Richtung aufgestellt wurden.

Die Beklagte meint schließlich, zur Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung wäre eine devisenbehördliche Genehmigung erforderlich gewesen. Auch dies ist nicht richtig. Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 23/220; SZ 24/338; EvBl 1970, 80, S, 127; EvBl 1973, 185, S. 402), ist nicht einmal zur Bewilligung einer Exekution zur Sicherstellung eine devisenbehördliche Genehmigung erforderlich. Dies muß um so mehr für einstweilige Verfügungen gelten, mit welchen dem inländischen Drittschuldner nicht etwa eine Leistung an den Devisenausländer aufgetragen, sondern im Gegenteil verboten wird, eine solche Leistung zu erbringen. Wenn die Beklagte auf die Ausführungen von Schwarzer - Csoklich (Das österreichische Währungs- und Devisenrecht[2], Anm. 12 zu § 22 DevG, S. 430 f.) verweist, so meinen die Autoren allerdings, auch eine einstweilige Verfügung dürfe, wenn mit ihr die einer Verfügung im Sinn des § 3 DevG gleichkommende Beschränkung von Rechten verbunden sei, nicht ohne Bewilligung der österreichischen Nationalbank vom Gericht bewilligt werden. Sie berufen sich dabei auf die Entscheidung EvBl. 1952, 306, S. 470, welche jedoch eine Exekutionsführung auf Grund einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z. 8 EO zum Inhalt hatte. Auch in dieser Entscheidung wurde aber ausgesprochen, daß die Erlassung und Durchführung einer einstweiligen Verfügung im allgemeinen keiner Bewilligung nach § 22 Abs. 2 DevG bedürfe, da diese nur zur Sicherung des Rechtes einer Partei diene und regelmäßig keinen selbständigen, auf Geldleistungen gerichteten Titel darstelle. Eine Ausnahme bildeten nur die einstweiligen Verfügungen besonderer Art gemäß § 382 Z. 8 EO. Das Verbot an den Devisenausländer, seine Forderung gegen einen Deviseninländer einzuziehen und das Gebot an den Deviseninländer, an den Devisenausländer vorerst nicht zu leisten, stellt jedoch keine Verfügung im Sinne des § 3 DevG dar. Daran ändert auch Punkt 2 c der Kundmachung der Oesterreichischen Nationalbank DE 9/71 nichts.

Aber auch gegen die Höhe der bestimmten Sicherheit bestehen keine Bedenken. Der Betrag reicht vorerst jedenfalls aus, um Zinsenverluste auszugleichen; überdies besteht später immer noch die Möglichkeit einer Erhöhung der Kaution, wenn sie sich als unzureichend herausstellen sollte (SZ 28/244 u. v. a.).

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z51062

Schlagworte

Anspruchssicherung im Ausland lebender Ausländer, Devisenforderungen, Inländische Gerichtsbarkeit für Sicherungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0060OB00612.78.0511.000

Dokumentnummer

JJT_19780511_OGH0002_0060OB00612_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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