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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §212a;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2005/17/0016 2005/17/0017 2005/17/0021 2005/17/0022 2005/17/0023Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerden 1. der S GmbH in V, 2. des GS in S, 3. der Schlachthof A GmbH in W, 4. der Vgesellschaft mbH in L, 5. der D GmbH in E und 6. der JG KG in P, alle vertreten durch Dr. Josef Hofer und Mag. Dr. Thomas Humer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Ringstraße 4, gegen die Bescheide des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft je vom 19. Dezember 2004, 1. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0900-I/7/2004,
2. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1020-I/7/2004, 3. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1024-I/7/2004, 4. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0903-I/7/2004,
5. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1021-I/7/2004, und 6. Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1022-I/7/2004, alle betreffend Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) hinsichtlich von 1. Agrarmarketingbeiträgen Jänner 2002 bis Jänner 2004, 2. Agrarmarketingbeiträgen
Oktober 2002 bis Oktober 2003, 3. Agrarmarketingbeiträgen
Oktober 2002 bis Dezember 2003, 4. Agrarmarketingbeiträgen
Oktober 2002 bis Oktober 2003, 5. Agrarmarketingbeiträgen 2002 bis Oktober 2003 und 6. Agrarmarketingbeiträgen Jänner bis Dezember 2003, sowie in allen Fällen betreffend Abweisung eines in diesem Zusammenhang gestellten Begehrens auf Akteneinsicht,
Spruch
I. den Beschluss gefasst:
Soweit sich die Beschwerden gegen die Nichtstattgebung der Anträge betreffend Beischaffung sämtlicher Akten hinsichtlich der Zusammenarbeit mit ADEG und Spar und Ermöglichung der Akteneinsicht in diese richten (Spruchpunkt 3. der angefochtenen Bescheide bzw. Spruchpunkt 2. des Bescheides vom 19. Dezember 2004, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1022-I/7/2004) werden sie zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden hinsichtlich der Abweisung von Anträgen auf Aussetzung der Einhebung von Agrarmarketingbeiträgen gemäß § 212a BAO (Spruchpunkt 2. des erstbis fünftangefochtenen Bescheides und Spruchpunkt 1. des Bescheides vom 19. Dezember 2004, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1022- I/7/2004) wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) hat den beschwerdeführenden Parteien jeweils Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Allen beschwerdeführenden Parteien wurden Agrarmarketingbeiträge für die oben genannten Zeiträume mit Bescheiden des Vorstandes für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria vorgeschrieben; alle beschwerdeführenden Parteien haben dagegen Berufung erhoben und gemäß § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung beantragt.
Mit Bescheiden jeweils vom 4. August 2004 wies der Vorstand für den Geschäftsbereich I der Agrarmarkt Austria die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Aussetzung der vorgeschriebenen Beiträge gemäß § 212a BAO ab.
Die beschwerdeführenden Parteien erhoben jeweils dagegen Berufung, in der sie insbesondere auf das hg. Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2000/17/0084, verwiesen und die Auffassung vertraten, dass zu prüfen sei, ob eine Notifikation der Maßnahmen als Beihilfe erfolgt sei bzw. bei nicht erfolgter Notifikation, wie die aus den Agrarmarketingbeiträgen eingenommenen Mitteln verwendet wurden. In ihren im Berufungsverfahren erstatteten Stellungnahmen jeweils vom 27. Oktober 2004 stellten die beschwerdeführenden Parteien darüber hinaus einen Antrag, näher genannte Akten beizuschaffen und ihr die Einsicht in dieselben zu ermöglichen.
Auf Grund der Berufungen der beschwerdeführenden Parteien ergingen die nunmehr (teilweise bekämpften) erst- bis fünftangefochtenen Bescheide, mit welchen den Berufungen hinsichtlich der Bemessungszeiträume bis September 2002 stattgegeben und insoweit die Aussetzung der Einhebung bewilligt wurde (Spruchpunkte 1.), die Berufung gegen die Abweisung der Aussetzung gemäß § 289 BAO in Verbindung mit § 212a BAO hinsichtlich der Bemessungszeiträume ab Oktober 2002 aber abgewiesen und die Aussetzung gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO nicht bewilligt wurde (Spruchpunkte 2.). Schließlich wurde im Spruchpunkt 3. der jeweils angefochtenen Bescheide dem Antrag der beschwerdeführenden Parteien auf Beischaffung der näher genannten Akten sowie auf Ermöglichung der Akteneinsicht in diese nicht stattgegeben. In dem sechstangefochtenen Bescheid vom 19. Dezember 2004, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/1022-I/7/2004 (hg. Verfahren Zl. 2005/17/0023), wurde (nur) die Berufung abgewiesen und die Aussetzung gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO betreffend die Bemessungszeiträume Jänner bis Dezember 2003 nicht bewilligt (Spruchpunkt 1.), sowie dem bereits erwähnten Antrag auf Beischaffung von Akten und Einsicht in diese nicht stattgegeben (Spruchpunkt 2.).
Begründend führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden jeweils nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens, in dessen Zuge insbesondere auch auf die Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 30. Juni 2004, C (2004) 2037fin, eingegangen wird, und Darstellung des § 212a BAO für die Bemessungszeiträume ab Oktober 2002 aus, dass keine gemeinschaftsrechtswidrige Mittelverwendung der Agrarmarketingbeiträge zu erkennen sei. Die Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004 bestätige explizit die gemeinschaftsrechtskonforme Mittelverwendung durch die Agrarmarkt Austria Marketing GmbH ab dem 26. September 2002. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof es vom 28. April 2003, Zlen. 2002/17/0211, 0215, 0253, 0254, sei betreffend die Abweisung von Anträge auf Aussetzung der Einhebung bescheidmäßig vorgeschriebener Agrarmarketingbeiträge für die Schlachtung von Rindern u.a. in der Begründung unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. März 2003, Zl. 2000/17/0084, ausgeführt worden, dass vor einer Abklärung der dort näher umschriebenen Tatsachenfragen betreffend die Verwendung der Agrarmarketingbeiträge bzw. des Vorliegens einer allfälligen Notifikation als Beihilfe nicht von einer wenig Erfolg versprechenden Berufung der Beschwerdeführer gesprochen werden könne. Im Hinblick auf die festgestellte Vereinbarkeit mit dem gemeinsamen Markt (gemeint: durch die Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004) als auch darauf, dass die Maßnahme im Lichte der ständigen Judikatur des EuGH nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren sei, seien die Erfolgsaussichten der Berufungen der beschwerdeführenden Parteien in Ansehung der von der Abweisung des Aussetzungsantrages betroffenen Zeiträume als wenig Erfolg versprechend anzusehen. Für diese Zeiträume sei daher die Aussetzung der Einhebung nicht zu bewilligen und die Berufungen gegen die Versagung der Aussetzung daher abzuweisen gewesen.
In Ansehung des Antrages auf Aktenbeischaffung führte die belangte Behörde aus, es sei eine Darstellung der Geldmittel aller Kooperationen mit dem Lebensmitteleinzelhandel erfolgt. Da dies den Zeitraum bis 2002 betreffe, für den auch die Aussetzung der Einhebung gewährt werde, "sei dieses Vorbringen im Berufungsverfahren in der Sache weiter abzuklären".
Gegen die Abweisung der Anträge auf Aussetzung der Einhebung von Agrarmarketingbeiträgen sowie die Abweisung des in diesem Zusammenhang gestellten Begehrens auf Akteneinsicht (Spruchpunkte
2. bzw. 3. der erst- bis fünftangefochtenen Bescheide bzw. 1. und 2. des zur hg. Zl. 2005/17/0023 angefochtenen Bescheides) richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden (soweit sie die Abweisung der Anträge auf Akteneinsicht betreffen, über die Prozessvoraussetzungen) erwogen:
I. Zu Spruchpunkt I. (Beischaffung von Akten und Einsicht in diese):
Bei der hier von der belangten Behörde getroffenen Verfügung (Abweisung des im Berufungsverfahrens gestellten Beweisantrages auf Beischaffung der in Rede stehenden Akten sowie auf Gewährung von Einsicht in dieselben) handelt es sich bloß um eine prozessleitende Verfügung, weil im Hinblick auf die Formulierung in der Begründung erkennbar kein Bescheidwille zu Grunde gelegt werden kann, eine selbständig bekämpfbare Entscheidung zu erlassen. Da dieser prozessleitenden Verfügung die selbständige Bekämpfbarkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof fehlt, waren die dagegen erhobenen Beschwerden in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. a VwGG gebildeten Senat (nach Verbindung der Beschwerdesachen zur gemeinsamen Entscheidung) als unzulässig zurückzuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/17/0238, mwN).
II. Zur Beschwerde gegen die Abweisung der Anträge auf Aussetzung der Einhebung von Agrarmarketingbeiträgen gemäß § 212a BAO:
In Ansehung dieses Spruchpunktes gleichen die vorliegenden Beschwerdefälle in allen entscheidungserheblichen Umständen (fehlende Feststellungen zum Beihilfencharakter der Agrarmarketingbeiträge, Frage der Bindungswirkung der Entscheidung der Kommission vom 30. Juni 2004 in Ansehung der Frage, ob Beihilfe vorliegt, Wirkung dieser Kommissionsentscheidung auf das Durchführungsverbot in Ansehung der vor ihrer Erlassung bzw. vor der auf ihre Erlassung gerichteten Antragstellung gelegenen Bemessungszeiträume) jenem, welcher dem hg. Erkenntnis vom 21. März 2005, Zl. 2004/17/0237, zu Grunde lag. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Aus den dort dargelegten Erwägungen erweist sich die Abweisung der genannten Anträge gemäß § 212a BAO als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb die angefochtenen Bescheide durch den gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat (nach Verbindung der Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung) aus dem Grunde des § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben waren.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes
nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 25. April 2005
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005170015.X00Im RIS seit
17.06.2005