TE OGH 1978/6/14 10Os81/78

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Veröffentlicht am 14.06.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.Juni 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Neutzler und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini, Dr.Friedrich, Dr.Schneider und Dr.Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Klumair als Schriftführer in der Strafsache gegen Fridolin A wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls nach § 127 Abs.1, 128 Abs.1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130, 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 29.März 1977, GZ 27 Vr 3321/75-47, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr.Tanzer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die vom Erstgericht über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 1 Jahr herabgesetzt; gemäß § 43 Abs.1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.August 1938 geborene Betonierer Fridolin A im zweiten Rechtsgang (erneut) schuldig erkannt, das ihm im unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches im Urteil des ersten Rechtsganges angeführte, mit drei vollendeten und zwei versuchten Angriffen angelastete Verbrechen des Diebstahls nach den § 127 Abs.1, 128 Abs.1 Z 4, 129 Z 1 und 2 sowie 15 StGB auch gewerbsmäßig im Sinn des § 130 StGB begangen zu haben. Er wurde hiefür sowie für die in den weiteren unberührt gebliebenen Schuldsprüchen des Ersturteils beschriebenen Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den § 15, 269 StGB und nach dem § 36

Abs.1 lit.a WaffenG unter Bedachtnahme auf § 28 StGB nach dem höheren Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte im Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde; gegen das Strafausmaß und die Versagung einer bedingten Strafnachsicht richtet sich seine Berufung. Gegen den Ausspruch des Erstgerichtes, er habe den versuchten und vollendeten Diebstahl gewerbsmäßig begangen, und damit gegen die Beurteilung dieser Tat auch als gewerbsmäßiger Diebstahl nach dem § 130 StGB, wendet sich der Beschwerdeführer unter Berufung auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs.1 Z 5, 9 lit.c und 10 StPO. Hiezu führt er, den Nichtigkeitsgrund der Z 5 heranziehend, aus, das Erstgericht habe nicht begründet, warum es zur Feststellung gekommen sei, es liege auf der Hand, daß er die Diebstähle bis zur Besserung seiner finanziellen Lage begangen hätte, was bei der Höhe seiner Schulden noch längere Zeit gedauert hätte. Weiters habe sich das Schöffengericht nicht mit der Verantwortung auseinandergesetzt, er sei bei seinen jeweiligen Diebszügen nicht von der Absicht erfüllt gewesen, sich hiedurch ein fortlaufendes Einkommen zu erschließen, sondern habe jeweils nur im Einzelfall die sich bietende günstige Gelgenheit benützt und den Tatentschluß gefaßt.

Da seine Aussage die einzige Erkenntnisquelle zur Feststellung seiner Absicht bei Begehung der Diebstähle sei, hätte es aber einer gründlichen Auseinandersetzung mit seiner Verantwortung bedurft.

Rechtliche Beurteilung

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß das Schöffengericht seine die Zurechnung der Gewerbsmäßigkeit des Diebstahles stützenden Feststellungen mit dem Hinweis auf die relativ rasche Aufeinanderfolge der (fünf) Taten in weniger als zwei Monaten und auf die vom Beschwerdeführer selbst bestätigte (S.91 f, 283) drückende Schuldenlast stützte. Es hat somit erkennbar der Behauptung, der Angeklagte habe sich jeweils nur von Fall zu Fall durch günstige Gelegenheit verlockt zu den Taten entschlossen, keinen Glauben geschenkt. Ohne daß der Vorwurf einer völlig unzureichenden, unvollständigen und auch widersprüchlichen Begründung gerechtfertigt wäre, ist das Erstgericht, wie es knapp, aber ausreichend dargelegt hat, auf Grund freier richterlicher Beweiswürdigung, die auch den Grundsätzen logischen Denkens und forensischer Erfahrung entspricht, zur überzeugung gelangt, daß der Beschwerdeführer sich durch die wiederholte Begehung von Einbrüchen, um Bargeld zur Verbesserung seiner ungünstigen finanziellen Lage zu erbeuten, eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollte. Einen Begründungsmangel im Sinne des angerufenen Nichtigkeitsgrundes vermag der Beschwerdeführer sohin nicht aufzuzeigen. Mit seiner Rechtsrüge nach der Z 9 lit.c und 10

des § 281 Abs.1 StPO - der Sache nur Z 10 - behauptet der Beschwerdeführer, auch wenn man von den Feststellungen des Schöffengerichtes ausgehe, müsse man die Gewerbsmäßigkeit der Diebstähle verneinen. Denn nur derjenige handle gewerbsmäßig, der seine Straftaten immer wieder mit der Absicht begehe, sich eine ständige oder doch für längere Zeit fließende Einnahmsquelle zu erschließen. Wolle man aber der vom Erstgericht vertretenen Meinung folgen, so würde jede Tatwiederholung als gewerbsmäßig zu beurteilen sein, was sicher nicht in der Absicht des Gesetzgebers liegen könne, der mit den Bestimmungen über die Gewerbsmäßigkeit jene über den Gewohnheitsdiebstahl habe ersetzen wollen, mit denen die besonders gefährlichen Täter getroffen werden sollten, die zur Beschaffung dauernden Einkommens kriminell würden.

Auch diesem Vorbringen kommt Berechtigung nicht zu. Dem Beschwerdeführer ist zwar darin beizupflichten, daß nicht schon die (auch öftere) Tatwiederholung an sich die Annahme der Gewerbsmäßigkeit rechtfertigt, sondern daß dieser qualifizierende Umstand immer nur dann gegeben ist, wenn der Täter von vornherein beabsichtigt, die Tat mehrfach zu wiederholen, um sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), wenn er also nicht jedesmal gesondert ohne Verbindung mit einem derartigen, auf Wiederholung abgestellten Vorhaben den Tatentschluß faßt, sondern gleichsam eine Serie von Straftaten beginnt, durch die er sich ein länger dauerndes Einkommen sichern will. Gerade diese Form des Tatentschlusses trifft aber auf den Beschwerdeführer nach den Urteilsfeststellungen zu; denn danach hat er sich zur Begehung von Diebstählen entschlossen, um durch deren Wiederholung seine finanzielle Lage zu verbessern, weshalb es ihm bei seinen Einbrüchen auch nur auf die Erbeutung von Bargeld ankam, um auf diese Weise seine Schuldenlast abzutragen (S.291,292). Geht man von diesen im Akteninhalt gedeckten Feststellungen aus, so bietet der Beschwerdeführer das Bild des gewerbsmäßigen Diebes im Sinne der vorstehenden Definition. Dem Schöffengericht ist daher auch kein Subsumtionsirrtum unterlaufen. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Fridolin A war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten wegen des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten Diebstahls nach den § 127 Abs.1, 128 Abs.1 Z 4, 129 Z 1

und 2 und 15 StGB sowie der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den § 15, 269 Abs.1 StGB und nach dem § 36 Abs.1 lit.a WaffenG nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten.

Bei der Strafbmessung wertete es als erschwerend die Wiederholung der diebischen Angriffe und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, als mildernd hingegen das Geständnis des Angeklagten, dessen bisherigen ordentlichen Wandel, den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, die teilweise geringfügige Schadensgutmachung und die finanzielle Notlage des Beschwerdeführers, soweit sie sich ausf seiner Ehescheidung ergeben hatte.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Der Berufung kommt in beiden Richtungen Berechtigung zu. Bei den Erschwerungsgründen hat die Wiederholung der diebischen Angriffe zu entfallen; dieser Umstand geht in der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit des Diebstahls auf. Mildernd ist hingegen weiters der Umstand, daß sich der Angeklagte seit Begehung der Straftaten durch längere Zeit (rund 32 Monate) wohl verhalten hat. Bei richtiger Würdigung der gegebenen Strafzumessungsgründe ist eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres durchaus schuldangemessen; sie entspricht auch der Täterpersönlichkeit.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sprechen aber auch weder spezial- noch generalpräventive Gründe gegen die Gewährung der bedingten Strafnachsicht. Der Angeklagte ist im Alter von 37 Jahren in einer besonderen Situation - beengte finanzielle Verhältnisse nach einer Ehescheidung -

erstmals straffällig geworden, hat Einsicht in das Strafbare seines Verhaltens gezeigt und hat nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft - in der er erstmals das übel des Freiheitsentzuges durch längere Zeit (etwas mehr als fünf Monate) empfunden hat - eine Arbeit aufgenommen, der er auch jetzt noch nachgeht.

Bei dieser Sachlage ist die Annahme berechtigt, daß sich der Angeklagte auch in Hinkunnft wohl verhalten werde.

Gründe der Spezialprävention stehen somit einer bedingten Strafnachsicht nicht entgegen, zumal die Straftaten des Angeklagten schon länger zurückliegen. Auch generalpräventive Gründe stehen der bedingten Strafnachsicht nicht entgegen.

Es war daher gemäß dem § 43 Abs.1 StGB auch die bedingte Strafnachsicht zu gewähren und hiefür eine Probezeit von drei Jahren zu bestimmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01377

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00081.78.0614.000

Dokumentnummer

JJT_19780614_OGH0002_0100OS00081_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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