TE OGH 1978/6/29 12Os106/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.06.1978
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Haindl als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18.Jänner 1978, GZ. 5 e Vr 2950/77-40, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29.September 1932 geborene Bürodiener Walter A des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er in Wien unmündige Personen, und zwar Ende des Jahres 1976 den am 22.April 1964 geborenen Gerhard B und im Juni 1977 den am 29.Feber 1964 geborenen Roland C, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht hat, indem er ihren Geschlechtsteil in die Hand nahm und seinen Geschlechtsteil von ihnen in die Hand nehmen ließ. Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In Ausführung der Mängelrüge wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht zunächst in Ansehung des Schuldspruchs wegen Mißbrauchs zur Unzucht an dem am 29.Feber 1964 geborenen, zur Tatzeit somit unmündigen Roland C eine unvollständige Begründung vor, weil das Urteil die Aussage des Genannten, er habe dem Angeklagten auf dessen Befragen nach seinem Alter erklärt, 14 Jahre als zu sein, mit Stillschweigen übergehe.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde ist einzuräumen, daß der Zeuge C in der Hauptverhandlung in diesem Sinne ausgesagt hat (vgl. S 282 d. A) und daß in den Urteilsgründen auf diesen Teil seiner Aussage nicht ausdrücklich eingegangen wird. Das Schöffengericht hat jedoch seine Feststellung, der Angeklagte habe die Unzuchtshandlungen in beiden ihm angelasteten Fällen, somit auch in Ansehung des Roland C, bewußt mit Personen unter 14 Jahren begangen (S 303 d. A), ersichtlich ausschließlich darauf gegründet, daß dem Angeklagten das Alter des Roland C (ebenso wie jenes des Gerhard B) zufolge des kindlichen Aussehens der Knaben, von welchem es sich noch in der Hauptverhandlung, also geraume Zeit nach den Tatzeiten, selbst überzeugt hat (S 283, 285 d. A), bewußt geworden ist (S 301 d. A), wobei ihm dieses solcherart erlangte Bewußtsein im Falle B noch durch dessen Erklärung, erst 14 Jahre alt zu werden, bestätigt wurde (S 303 d. A). Damit bringt aber das angefochtene Urteil mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, daß in bezug auf C - im Einklang mit dessen diesbezüglicher Bekundung (S 282 d. A) - eine derartige Bestätigung nicht vorlag, sondern sich diesfalls das Bewußtsein des Angeklagten von der Unmündigkeit des Knaben nach überzeugung des Schöffengerichts nur auf dessen kindliches Aussehen gründete. Mithin hat das Erstgericht die in Rede stehende Passage in der Aussage des Zeugen C ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen, weshalb die behauptete Unvollständigkeit der Urteilsgründe nicht vorliegt.

In Ansehung der Urteilsannahme, der Angeklagte habe das wahre Alter des Zeugen Gerhard B gekannt, macht der Beschwerdeführer eine unzureichende Begründung geltend, weil seiner Auffassung nach hiefür nur Scheingründe angegeben wurden.

Auch insoweit ist die Rüge nicht im Recht.

Das Schöffengericht hat die als mangelhaft begründet gerügte Urteilsannahme auf den noch im Zeitpunkt der Hauptverhandlung bestehenden kindlichen Eindruck des B und auf dessen Aussage, dem Angeklagten nicht gesagt zu haben, daß er schon 14 Jahre alt ist, sondern die Frage nach seinem Alter immer dahin beantwortet zu haben, erst 14 Jahre alt zu werden, gestützt (S 301 f, 303 d. A). Dabei hat es auch berücksichtigt, daß sich B an den genauen Wortlaut des Gesprächs mit dem Angeklagten über sein Alter nicht erinnern konnte (S 301 d. A). Auf Grund dieser Verfahrensergebnisse (in Verbindung mit der pädophilen Veranlagung des Angeklagten, auf welche das Erstgericht ebenfalls verweist) konnte aber denkrichtig und im Einklang mit der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluß gezogen werden, daß dem Angeklagten zur Tatzeit das wahre Alter des B bewußt war.

Mit der auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten Rechtsrüge strebt der Beschwerdeführer die Beurteilung der Tathandlungen an Roland C nicht als Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB, sondern als versuchte gleichgeschlechtliche Unzucht mit Jugendlichen nach § 15, 209 StGB an, weil sein Vorsatz darauf gerichtet gewesen sei, gleichgeschlechtliche Unzucht mit einem Jugendlichen zu treiben, wobei aber der Unzuchtspartner in Wahrheit unmündig war, ohne daß dies vom Tätervorsatz erfaßt gewesen wäre. Damit wird aber die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt. Denn der Beschwerdeführer geht dabei nicht von der Feststellung des Erstgerichts über das Bewußtsein des Angeklagten von der Unmündigkeit des Roland C aus, sondern von einem urteilsfremden Sachverhalt, nämlich der vom Schöffengericht als widerlegt angesehenen diesbezüglichen Verantwortung des Angeklagten. Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde zum Teil als offenbar unbegründet gemäß § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, zum Teil als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß § 285 d Abs. 1 Z 1

StPO in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

über die Berufung des Angeklagten und jene der Staatsanwaltschaft wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E01348

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0120OS00106.78.0629.000

Dokumentnummer

JJT_19780629_OGH0002_0120OS00106_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten