Norm
ABGB §922Kopf
SZ 51/107
Spruch
Der Wiederverkäufer haftet dem Wiederkäufer im Zweifel nicht für die Kosten des Wiederkaufes, selbst wenn das Wiederkaufsrecht wegen einer Vertragsverletzung ausgeübt wurde
OGH 29. Juni 1978, 7 Ob 605/78 (OLG Linz, 4 R 139/77; LG Linz 9 Cg 1391/74)
Text
Der Kläger erwarb von der Beklagten mit Kaufvertrag vom 7. August 1970 um 50 000 DM eine Eigentumswohnung in B. In der Folge machte die Beklagte von dem ihr im Punkt XVII des Kaufvertrages unter bestimmten Bedingungen eingeräumten Wiederkaufsrecht Gebrauch. Mit Urteil des Erstgerichtes vom 17. April 1974, GZ 1 g 45/74-19, wurde der nunmehrige Kläger schuldig erkannt, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten der Beklagten an den ihm gehörigen 405/10 900 Anteilen der Liegenschaft EZ 285, KG W, (damit untrennbar verbunden das Wohnungseigentum an der Wohnung IV/19) einzuwilligen. Diese Eigentumseinverleibung ist bereits erfolgt.
Mit seiner Klage begehrte der Kläger von der Beklagten den Schillinggegenwert des von ihm entrichteten Kaufpreises von 50 000 DM am Zahlungstag samt 12 Prozent Zinsen seit 1. Juni 1974. Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wendete als Gegenforderung Schadenersatzansprüche in der Höhe von 89 352.76 S ein. Der Kläger habe durch sein vertragswidriges Verhalten die Ausübung des Wiederkaufsrechtes durch sie veranlaßt und habe ihr den vorgenannten Schaden zu ersetzen. Mit Teilurteil des Berufungsgerichtes vom 29. Juni 1976 wurde dem Kläger bereits der Schillinggegenwert des Klagsteilbetrages von 37 404.82 DM rechtskräftig zuerkannt. Nicht mehr bestritten ist, daß die Klagsforderung auch mit dem Restbetrag von 12 595.18 DM zu Recht besteht. Im zweiten Rechtsgang macht die Beklagte nur noch folgende Gegenforderungen geltend:
a) Gründerwerbssteuer für den Wiedererwerb der Eigentumswohnung des
Klägers ........................ 29 088,-- S b) für den
Wiederverkauf der Eigentumswohnung ausgelegte Vermittlungsgebühr
........................... 28 400,-- S c) Rückstände aus der
Betriebskosten-, Heizkosten- und Instandhaltungskostenabrechnung,
Grundsteuernachverrechnung .............................. 3 457.66
S ----------- zusammen
................................................ 60 945.66 S
Der Kläger habe durch sein vertragswidriges Verhalten die Geltendmachung des Wiederkaufsrechtes verschuldet und habe daher der Beklagten den vorerwähnten Betrag aus dem Titel des Schadenersatzes zu ersetzen. Der Klager anerkannte nur die Gegenforderung von 3457.66 S, bestritt jedoch die übrigen von der Beklagten noch erhobenen Gegenforderungen. Durch den Wiederverkauf seiner Eigentumswohnung habe die Beklagte einen Erlös erzielt, in dem ihre Auslagen für die vorgeschriebene Gründerwerbssteuer und die Vermittlungsprovision des Realitätenvermittlers ihre Deckung fänden. Im übrigen habe sich die Beklagte ihren Schaden selbst zugefügt.
Im zweiten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die restliche Klagsforderung mit einem Schillinggegenwert von 12 107.79 DM (gemeint offenbar richtig: 12 595.18 DM), die Gegenforderung hingegen mit 3457.66 S (488.39 DM) als zu Recht, im übrigen hingegen als nicht zu Recht bestehend. Es verurteilte daher die Beklagte, dem Kläger den Gegenwert von 12 107.79 DM samt Anhang in österreichischer Schillingwährung zum Umrechnungskurs am Zahlungstag zu zahlen, und wies das Mehrbegehren von 488.39 DM ab. Nach seinen Feststellungen machte die Beklagte das ihr eingeräumte Wiederkaufsrecht geltend, weil der Kläger fällig gewordene Verwaltungskosten nicht bezahlt hatte. Nach Ausübung des Wiederkaufsrechtes schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in L der Beklagten mit Bescheid vom 10. Juli 1974 eine Gründerwerbssteuer in der Höhe von 29 088 S vor. In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung behauptete die Beklagte, sie sei von der Entrichtung der Gründerwerbssteuer befreit. Die Finanzlandesdirektion S setzte über Berufung der Beklagten die ihr vorgeschriebene Gründerwerbssteuer auf 28 400 S herab, gab jedoch im übrigen ihrer Berufung nicht Folge. In der Zeit vom 1. Juni 1974 bis 31. Dezember 1974 nahm der Kläger Bankkredit in der Höhe von mindestens 50 000 DM in Anspruch, den er mit 12% zu verzinsen hatte. Das Erstgericht war der Ansicht, daß der Kläger der Beklagten den ihr durch sein vertragswidriges Verhalten verursachten Schaden zwar zu ersetzen hätte, es sei jedoch nicht erwiesen, daß die Beklagte beim Wiederverkauf der Eigentumswohnung des Klägers überhaupt eine Vermittlungsprovision zu entrichten hatte. Außerdem könne nicht ausgeschlossen werden, daß die Beklagte beim neuerlichen Verkauf der Wohnung Vorteile erlangt, die den ihr durch die Ausübung des Wiederkaufsrechtes entstandenen Schaden übersteigen würden. Die Beklagte habe daher den Beweis des von ihr behaupteten Schadens nicht erbracht.
Das Berufungsgericht erkannte die restliche Klagsforderung mit dem Betrag von 12 595.18 DM (Schillinggegenwert von 89 352.76 S) als zu Recht, die Gegenforderung der Beklagten hingegen mit 3457.60 S (488.39 DM) als zu Recht, mit 57 488 S (8103.52 DM) als nicht zu Recht bestehend. Es sprach daher die Beklagte schuldig, dem Kläger 12 106.79 DM samt 12% Zinsen aus 49 511.61 DM vom 1. Juni 1974 bis 31. Dezember 1974 und 4% Zinsen aus diesem Betrag seit l. Jänner 1975 in österreichischer Schillingwährung zum Umrechnungskurs der Wiener Börse am Zahlungstag zu zahlen, und wies das Mehrbegehren von
488.39 DM samt 12% Zinsen seit 1. Juni 1974 und das Zinsenmehrbegehren ab. Das Berufungsgericht traf nach Ergänzung des Beweisverfahrens folgende ergänzende Feststellungen: Für den Erwerb der Eigentumswohnung des Klägers wurde Steuerbefreiung nach § 4 Abs. 1 Z. 3 GrEStG erteilt. Mit Schreiben vom 14. September 1972 machte die Beklagte von dem ihr eingeräumten Wiederkaufsrecht Gebrauch, weil ein Zahlungsrückstand des Klägers von 2400 S an Steuer, Betriebs- und Verwaltungskosten für die Jahre 1971 und 1972 bestand. Die mit der Geltendmachung des Wiederkaufsrechtes verbundene Rückübertragung des auf die Eigentumswohnung des Klägers entfallenden Miteigentumsanteiles an der EZ 285, KG W, zeigte die Beklagte dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in L am 14. Mai 1974 an. Nach Ansicht des Berufungsgerichtes sei die Gegenforderung der Beklagten von 28 400 S (für Maklergebühr) schon deshalb nicht berechtigt, weil diese nicht bewiesen habe, daß sie beim Wiederverkauf der Eigentumswohnung des Klägers einen Realitätenvermittler überhaupt eingeschaltet hätte. Die Anwendung des § 273 Abs. 1 ZPO setze aber voraus, daß der Grund der Forderung feststehe. Bei der der Beklagten aus Anlaß der Ausübung des Wiederkaufsrechtes vorgeschriebenen Gründerwerbssteuer handle es sich hingegen um einen nicht adäquaten Schaden. Der Kläger habe nämlich nicht annehmen müssen, daß die Beklagte schon die Nichterfüllung seiner Verbindlichkeiten mit einem Betrag von nur 2400 S zum Anlaß für die Ausübung des vereinbarten Wiederkaufsrechtes nehmen werde. Hiezu komme noch, daß die Vorschreibung der Gründerwerbssteuer nur deshalb erfolgt sei, weil die Beklagte die Frist des § 20 Abs. 5 GrEStG für die Geltendmachung der von ihr in Anspruch genommenen Gründerwerbssteuerfreiheit versäumt habe. Dem Kläger seien allerdings anstatt 12 107.79 DM richtig nur 12 106.79 DM zuzuerkennen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Ob die Bestimmung des § 273 ZPO angewendet werden darf, ist, wie die Revisionswerberin selbst hervorhebt, eine Verfahrensfrage (Fasching III, 284 ff.; 8 Ob 158/72). Bereits das Erstgericht machte von dieser Bestimmung keinen Gebrauch. Die Revisionswerberin rügt somit einen Mangel des Verfahrens erster Instanz, dessen Vorliegen bereits vom Berufungsgericht deshalb verneint wurde, weil die Revisionswerberin nicht bewiesen hat, die Tätigkeit eines Realitätenvermittlers beim Wiederverkauf der Eigentumswohnung des Klägers überhaupt in Anspruch genommen zu haben. Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen bereits vom Berufungsgericht verneint wurde, können aber nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (JBl. 1969/399, 1972/312, 569 u. a. m.). Die Mängelrüge ist somit verfehlt.
In ihrer Rechtsrüge bekämpft die Revisionswerberin die Auffassung
des Berufungsgerichtes, bei der ihr anläßlich der Ausübung des
Wiederkaufsrechtes vorgeschriebenen Gründerwerbssteuer handle es
sich nicht um einen vom Kläger verursachten adäquaten Schaden. Das
Berufungsgericht habe die Prüfung der verwaltungsrechtlichen
Vorfrage unterlassen, ob der Antrag der Revisionswerberin auf
Gewährung der Gründerwerbssteuerfreiheit, wenn er rechtzeitig
gestellt worden wäre, Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Nach § 20
Abs. 1 Z. 2 GrEStG könne nämlich Gründerwerbssteuerfreiheit nur dann
in Anspruch genommen werden, wenn ein Erwerbsvorgang auf Grund eines
rechtlichen Anspruches rückgängig gemacht werde, weil vertragliche
Bestimmungen nicht erfüllt worden seien. Darunter falle aber nur der
Rücktritt vom Vertrag wegen Verzuges oder die Vertragsauflösung
wegen verschuldeter Unmöglichkeit der Leistung, nicht jedoch die
Geltendmachung eines Wiederkaufsrechtes wegen einer
Vertragsverletzung. Der Revisionswerberin wäre daher schon aus
rechtlichen Gründen die Gründerwerbssteuerfreiheit nach § 20 Abs. 1
Z. 2 GrEStG nicht erteilt worden.
Den Ausführungen der Revisionswerberin kann im Ergebnis nicht gefolgt werden. Zunächst ist zu prüfen, ob die Revisionswerberin die Refundierung der ihr im Hinblick auf die Ausübung des Wiederkaufsrechtes vorgeschriebenen Gründerwerbssteuer vom Kläger aus dem Titel des Schadenersatzes begehren kann. Hiebei ist davon auszugehen, daß ein Schadenersatzanspruch des Geschädigten ein schuldhaft rechtswidriges, für den eingetretenen Schaden kausales Verhalten des Schädigers zur Voraussetzung hat. Der Revisionswerberin sind jedoch die von ihr behaupteten Auslagen durch die Vorschreibung der Gründerwerbssteuer nicht durch den Zahlungsverzug des Klägers mit der Entrichtung der geschuldeten Betriebs-, Heizungs- und Instandhaltungskosten für die Jahre 1971 und 1972, sondern durch die Ausübung des ihr vertraglich eingeräumten Wiederkaufsrechtes entstanden. Es hing nämlich allein vom Willen der Revisionswerberin ab, ob sie von dem Wiederkaufsrecht Gebrauch machen wollte oder nicht. Sie hätte daher auch vorher bedenken müssen, ob die Geltendmachung des Wiederkaufsrechtes ihr überhaupt einen Vorteil bringen werde. Schon aus diesen Erwägungen kann daher die Revisionswerberin vom Kläger den Ersatz der ihr durch die Ausübung des Wiederkaufsrechtes verursachten Auslagen aus dem Titel des Schadenersatzes nicht begehren.
Die Revisionswerberin läßt überdies außer acht, daß auch der durch ihre einseitige Erklärung zustande gekommene Wiederkauf ein bereits beim ursprünglichen Vertragsabschluß (für den Fall des Vorliegens bestimmter Voraussetzungen) vereinbarter (Wieder-)Kauf ist, auf den die allgemeinen Gewährleistungsbestimmungen und die Regelung über die Gefahrtragung beim Kauf anzuwenden wären (Mayer - Maly in Klang[2] IV/2, 724 und 729). Die Sonderregelung des § 1069 ABGB beschränkt jedoch die Haftung des ursprünglichen Käufers (hier: Klägers) auf den Fall der verschuldeten Wertminderung oder der verschuldeten Vereitelung der Rückgabe der Kaufsache (Mayer - Maly in Klang[2] IV/2, 729, 731 f.). Eine darüber hinausgehende Haftung des Wiederverkäufers für die dem Wiederkäufer durch die Geltendmachung seines Wiederkaufsrechtes verursachten Auslagen ist daher auch im Hinblick auf diese Haftungsbeschränkung zu verneinen. Der von der Revisionswerberin als Gegenforderung geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der ihr vorgeschriebenen Gründerwerbssteuer besteht daher schon dem Gründe nach nicht zu Recht.
Anmerkung
Z51107Schlagworte
Wiederkäufer, Wiederkaufsrecht, Wiederverkäufer, HaftungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0070OB00605.78.0629.000Dokumentnummer
JJT_19780629_OGH0002_0070OB00605_7800000_000