TE OGH 1978/7/19 10Os102/78

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Veröffentlicht am 19.07.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Juli 1978 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Keller, Dr. Bernardini, Dr. Müller und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Erich A wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 24.Jänner 1978, GZ 28 Vr 929/77- 16, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Krall und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben, die Strafe auf 2 (zwei) Jahre herabgesetzt und gemäß § 43 Abs 2 StGB

unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erich A des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147

Abs 3 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er in der Zeit von Oktober 1973 bis Ende Jänner 1977 in St. Johann i.T. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, als Lohnverrechner und Lohnbuchhalter der Firma Fritz B deren Büroleiter durch das Anlegen fingierter Lohnkonten und durch die Vorlage von überbringerschecks, die er auf die Namen erfundender Dienstnehmer ausstellte, somit durch Täuschung über Tatsachen, zum Unterschreiben der Lohnschecks und damit zur Veranlassung der Lohnauszahlung und der Zahlung von Steuern und Sozialabgaben für die fingierten Dienstnehmer, sohin zu Handlungen verleitete, welche die genannte Firma an ihrem Vermögen schädigten, wobei der Schaden 3,857.099,84 S betrug.

Rechtliche Beurteilung

Der auf den § 281 Abs 1 Z. 5 und Z. 9 lit b StPO

gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch, mit der er den Strafaufhebungsgrund tätiger Reue im Sinn des § 167 Abs 2 Z. 2 StGB für sich in Anspruch nimmt, kommt keine Berechtigung zu.

Insoweit nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß der Angeklagte zwar mit der Firma B eine schriftliche Vereinbarung über die Schadensgutmachung traf, bevor die Behörde von seinen Verfehlungen Kenntnis erlangte, daß jedoch diese Vereinbarung nicht den Ersatz des gesamten aus der Tat entstandenen, ziffernmäßig bestimmten Schadens innerhalb eines bestimmten, durch Anfangs- und Endzeitpunkt feststehenden Zeitraums umfaßte; einerseits war bei ihrem Abschluß die genaue Schadenshöhe noch gar nicht bekannt und anderseits war zwar beabsichtigt, auch eine Frist zur Schadensgutmachung zu fixieren, doch kam dem Angeklagten ein Vorschlag des Geschädigten darüber erst nach der Anzeigeerstattung zu. Demgemäß hielt das Schöffengericht die Voraussetzungen einer Strafaufhebung wegen tätiger Reue nicht für gegeben.

Zur Urteilsnichtigkeit nach Z. 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO habe, so vermeint der Beschwerdeführer, das Unterbleiben näherer Feststellungen über den Inhalt seiner Vereinbarung mit der Firma B geführt. Ausgehend von der Ansicht, daß es dem Sinn des Instituts der tätigen Reue widerspräche, wenn eine nach den Möglichkeiten des Täters für den Geschädigten optimale Vereinbarung den Voraussetzungen einer Strafaufhebung nicht genügen würde, vertritt er die Auffassung, eine vertragliche Verpflichtung zur Schadensgutmachung binnen einer bestimmten Zeit liege schon bei einer Vereinbarung vor, das gesamte über das Existenzminimum hinausgehende künftige Einkommen abzuliefern, und zur Annahme eines auf die Gutmachung des ganzen aus der Tat entstandenen Schadens gerichteten Vertrages reiche es aus, wenn der Täter alles in seiner Macht Stehende zur Feststellung des tatsächlichen Schadens beigetragen habe, auch wenn dieser ziffernmäßig nicht habe erfaßt werden können;

im vorliegenden Fall habe er sich aber zudem sogar zur Gutmachung eines höheren als des letztlich verbliebenen Schadens verpflichtet, weil der Firma B in der Folge die auf die fingierten Löhne entfallenen Abgaben rückerstattet worden seien.

Konstatierungen über die in der Rechtsrüge relevierten Umstände waren jedoch entbehrlich.

Unbedingte Voraussetzung einer Strafaufhebung wegen tätiger Reue ist nach dem § 167 (Abs 2 bis Abs 4) StGB

die Gutmachung des ganzen aus der Tat entstandenen Schadens oder doch jedenfalls eine auf die Herbeiführung dieses Erfolgs binnen einer bestimmten Zeit abzielende vertragliche Verpflichtung des Täters. Nur auf den Effekt einer sofortigen oder jedenfalls bis zu einem eindeutig bestimmten Termin vorzunehmenden vollständigen Schadensgutmachung kommt es daher in diesem Zusammenhang an und nicht darauf, ob die getroffene Regelung nach der Situation des Täters die für den Geschädigten bestmögliche war.

Dementsprechend vermag weder eine Vereinbarung, das gesamte über das Existenzminimum hinausgehende künftige Einkommen laufend an den Geschädigten abzuführen, das Erfordernis einer Bestimmtheit der Leistungsfrist zu ersetzen, noch genügen anstatt einer vertraglichen Verpflichtung zur Gutmachung des gesamten aus der Tat entstandenen Schadens, deren Effizienz auch eine Willenseinigung der Vertragspartner in Ansehung der Schadensumme voraussetzt, bloße Bemühungen des Täters, mit der Vereinbarung die volle Höhe dieses Schadens zu erfassen. Die Bedeutung späterer Rückerstattungen der für die fingierten Arbeitnehmer geleisteten Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge ist, weil eine Bereicherung, gleich auf welcher Seite, nicht Zweck der tätigen Reue ist, zwar grundsätzlich nicht von der Hand zu weisen, hat aber hier mangels einer gültigen vertraglichen Verpflichtung nach § 167 Abs 2 Z. 2 StGB auf sich zu beruhen.

So gesehen haften dem angefochtenen Urteil auf unrichtiger Rechtsansicht beruhende Feststellungsmängel im Sinn des geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes nicht an. Der auf den § 281 Abs 1 Z. 5 StPO

gestützte Vorwurf einer unlogischen Begründung aber zielt nicht gegen Tatsachenfeststellungen, sondern neuerlich gegen die bereits erörterte rechtliche Beurteilung der in Rede stehenden Vereinbarung; in beiden Richtungen geht er demnach fehl.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war folglich zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 147 Abs 3 StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Dabei wertete es den die qualifikationsbegründende Wertgrenze um ein Vielfaches übersteigenden hohen Schaden, die Begehung des Betruges durch lange Zeit und den Mißbrauch der Vertrauensstellung als erschwerend, die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten, sein volles und reumütiges Geständnis sowie sein zum Großteil erfolgreiches Bemühen um Schadensgutmachung hingegen als mildernd.

Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Zieht man in Betracht, daß der bisher unbescholtene Angeklagte laut Aktenlage in geordneten Verhältnissen lebt, einer geregelten Beschäftigung nachgeht und vereinbarungsgemäß der Firma Fritz B unter Anspannung aller Kräfte weiterhin Leistungen zur Abdeckung des zu einem überwiegenden Teil bereits gutgemachten Schadens erbringt, dann sind unter weiterer Bedachtnahme auf den Umstand, daß er insgesamt ein Verhalten gesetzt hat, das dem Strafaufhebungsgrund der tätigen Reue sehr nahe kommt, nicht nur die Voraussetzungen für eine Ermäßigung der Strafhöhe auf zwei Jahre, sondern in Anbetracht der qualifiziert günstigen Zukunftsprognose ausnahmsweise auch jene für die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht nach dem § 43 Abs 2 StGB gegeben.

Anmerkung

E01412

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00102.78.0719.000

Dokumentnummer

JJT_19780719_OGH0002_0100OS00102_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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