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24/01 Strafgesetzbuch;Norm
SMG 1997 §28 Abs2 Fall2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des A O in G, vertreten durch Dr. Josef Maier, Rechtsanwalt in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Linz vom 13. November 2002, Zl. Vk 70/02-7, betreffend eine Angelegenheit des Strafvollzuges (Ausgang gemäß § 99a StVG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verbüßt in der Justizanstalt G wegen Verurteilungen gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2, 148 zweiter Fall StGB und § 15 StGB sowie § 28 Abs. 2 zweiter, dritter und vierter Fall, Abs. 3 erster und zweiter Fall, Abs. 4 Z. 3 SMG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Jahren. Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 3. August 2008. Die zeitlichen Voraussetzungen gemäß § 46 Abs. 1 StGB sind am 3. August 2003, jene gemäß § 46 Abs. 2 StGB am 3. April 2005 erfüllt. Entscheidungen des Anstaltsleiters gemäß § 145 Abs. 2 StVG über eine Einleitung des Entlassungsvollzuges wegen einer voraussichtlich bedingten Entlassung wurden nicht getroffen.
Am 10. April 2002 beantragte der Beschwerdeführer einen Ausgang nach § 99a StVG in der Dauer von zwölf Stunden und begründete dies damit, er wolle seine in der Justizanstalt W inhaftierte Ehefrau R sowie seine vier Stiefkinder und eine leibliche Tochter besuchen.
Am 5. Juni 2002 entschied der Anstaltsleiter formlos, das Ausgangsansuchen abzulehnen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Entscheidung Administrativbeschwerde an die Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Linz (belangte Behörde).
Der Anstaltsleiter erstattete am 21. Oktober 2002 eine Stellungnahme dahingehend, dass auf Grund des hohen Strafrestes ein Missbrauch des Ausganges zu befürchten sei. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 121 Abs. 3a StVG die Gelegenheit zur Gegenäußerung eingeräumt, welche jedoch nicht genützt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. November 2002 gab die belangte Behörde der Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers keine Folge. Sie gab zunächst die den Verurteilungen zu Grunde liegenden Straftaten wieder und begründete ihre Entscheidung damit, dass angesichts der von den Schöffengerichten im Rahmen der Urteilsfeststellungen angestellten Erwägungen über den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten die Annahme einer voraussichtlich bedingten Entlassung zum frühestmöglichen Termin am 3. August 2003 (§ 46 Abs. 1 StGB) bzw. am 3. April 2005 (§ 46 Abs. 2 StGB) im Widerspruch zu den Grundsätzen generalpräventiver Erfordernisse im Sinne der näher angeführten Judikatur des Obersten Gerichtshofes stehe. Die für die Anwendung des § 99a Abs. 1 StVG erforderliche Prognose einer drei Jahre nicht übersteigenden Reststrafzeit habe angesichts des hohen sozialen Störwerts der abgeurteilten Taten, der Wirkungslosigkeit der verspürten Untersuchungshaft, des Rückfalles bei anhängigem Verfahren und des internationalen Zuschnittes der Suchtgiftkriminalität zu entfallen. Dem Begehren könne daher mangels zeitlicher Voraussetzungen nicht Folge gegeben werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 99a Abs. 1 und 3 des Strafvollzugsgesetzes (StVG) idF BGBl. Nr. 799/1993 lautet:
"§ 99a. (1) Einem im Sinne des § 99 Abs. 1 nicht besonders gefährlichen Strafgefangenen ist auf sein Ansuchen höchstens zweimal im Vierteljahr zu gestatten, die Anstalt in der Dauer von höchstens 12 Stunden am Tag zu verlassen, wenn die voraussichtlich noch zu verbüßende Strafzeit drei Jahre nicht übersteigt und der Strafgefangene den Ausgang zu einem der in § 93 Abs. 2 genannten Zwecke benötigt. Soweit es nach dem Zweck des Ausganges unter Bedachtnahme auf allfällige Reisebewegungen notwendig erscheint, darf die Dauer der Abwesenheit bis zu 48 Stunden betragen.
...
(3) Die Entscheidung über den Ausgang und über den Widerruf steht dem Anstaltsleiter zu.
..."
Die belangte Behörde hat die Ablehnung des Ansuchens um Gestattung eines Ausganges darauf gestützt, dass die Höhe der voraussichtlich noch zu verbüßenden Reststrafe mehr als drei Jahre betrage, und dies damit begründet, dass einer voraussichtlichen bedingten Entlassung zu den jeweils frühestmöglichen Terminen (schon) generalpräventive Erfordernisse entgegenstünden.
Da die Gestattung eines Ausganges nur in Frage kommt, wenn die voraussichtlich noch zu verbüßende Strafzeit drei Jahre nicht übersteigt, hat der Anstaltsleiter vor seiner Entscheidung über die Gestattung des Ausganges als Vorfrage zu beurteilen, ob zum Zeitpunkt der möglichen bedingten Entlassung die rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Entlassung vorliegen werden oder nicht. Die Vorhersage einer voraussichtlich bedingten Entlassung verlangt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Ausgang angenommen werden kann, dass der Strafgefangene in längstens drei Jahren bedingt entlassen werden wird. Da § 99a Abs. 1 StVG von der "voraussichtlich noch zu verbüßenden Strafzeit" spricht, muss der Zeitpunkt der bedingten Entlassung keinesfalls feststehen, es genügt jedoch nicht, dass eine bedingte Entlassung bloß möglich wäre. Vielmehr ist ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für eine solche Entlassung erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 2003, Zl. 2002/20/0392, mwH).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Prognose über eine allfällige bedingte Entlassung des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Art der begangenen Delikte zunächst schon aus generalpräventiven Überlegungen verneint und weiters ausgeführt, dass angesichts des hohen sozialen Störwerts der abgeurteilten Taten und insbesondere des internationalen Zuschnittes der Suchtgiftkriminalität die für die Anwendung des § 99a Abs. 1 StVG erforderliche Prognose "zu entfallen" (im Kontext offensichtlich gemeint: negativ auszufallen) habe. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind bei der Entscheidung über eine bedingte Entlassung zwar die Erfordernisse der Spezial- und der Generalprävention gleichermaßen zu berücksichtigen, es kann aber unter Umständen, nämlich dann, wenn besondere Gründe des konkreten Falles solche schwer wiegende Bedenken rechtfertigen, allein aus generalpräventiven Erwägungen die bedingte Entlassung abgelehnt werden. Rechtlich verfehlt wäre es allerdings, eine bestimmte Tätergruppe vom Anwendungsbereich des Institutes der bedingten Entlassung von vornherein auszunehmen (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 26. August 1992, GZ 13 Os 85, 86/92). Im Hinblick auf die gerichtlich strafbaren Handlungen, derentwegen sich der Beschwerdeführer in Strafhaft befindet, insbesondere des dargestellten, im internationalen Rahmen durchgeführten gewerbsmäßigen Handels mit Suchtgift, kann der belangten Behörde nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus diesem Grund (schon) aus generalpräventiven Überlegungen zu einer negativen Prognose hinsichtlich des voraussichtlichen Entlassungszeitpunktes gelangt ist. Dass der Beschwerdeführer bei anhängigem Verfahren rückfällig geworden sei, wird von der belangten Behörde als weiteres (spezialpräventives) Kriterium herangezogen; dies kann nach den im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Tatzeiträumen in Verbindung mit den Taten der Verurteilung entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 26. April 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005060027.X00Im RIS seit
30.05.2005