TE OGH 1978/8/3 12Os77/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.08.1978
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. August l978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Heinz A wegen des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs 1 StGB über die von der Staatsanwaltschaft und vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 6. Oktober l977, GZ 27 Vr 748/77-l7, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Gunther Gahleitner, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung des Angeklagten wird Folge gegeben und über den Angeklagten in Anwendung des § 37 Abs 1 StGB eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen verhängt.

Der Tagessatz wird mit S l00,-- bemessen.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von l80 Tagen festgesetzt.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am l4. März l937 geborene Büromaschinenmechanikermeister Heinz A des Vergehens der Nötigung zur Unzucht nach dem § 204 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 2. September l976 die in seinen PKW zugestiegene Verena B durch gefährliche Drohung, nämlich die öußerung, es werde ihr etwas passieren, wenn sie nicht tue, was er wolle, wobei er die Hand zum Schlage erhoben habe, zur Unzucht, und zwar zum Reiben seines Geschlechtsteiles bis zum Samenerguß, nötigte.

Das Schöffengericht verhängte hiefür nach dem § 204 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten. Gemäß dem § 43 Abs 1 StGB wurde die Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Das Erstgericht nahm als erschwerend die (auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden vier) Vorstrafen (wegen §§ 99 und 4ll StG), hingegen als mildernd das Tatsachengeständnis (im Sinne eines wesentlichen Beitrages zur Wahrheitsfindung) und das vorausgegangene (etwas sorglose) Verhalten der Verena B an. Dieses Urteil focht der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, die Staatsanwaltschaft mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde bereits mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 26. Juni l978, GZ l2 Os 77/78-6, in nichtöffentlicher Beratung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages waren demnach die beiderseitigen Berufungen. Während die Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf die Vorstrafen des Angeklagten und den Unrechtsgehalt der Tat eine Erhöhung der Freiheitsstrafe und die Ausscheidung des Ausspruches über die Gewährung der bedingten Strafnachsicht anstrebt, begehrt der Angeklagte die 'wesentliche' Herabsetzung der Freiheitsstrafe. Er vertritt dazu die Meinung, daß der Inhalt der drohenden öußerung und die damit verbundene Geste der Tat nur einen geringen Unrechtsgehalt verleihen.

Der Berufung des Angeklagten kommt Berechtigung zu. Die vom Schöffengericht zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründe gestatten nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes die Verurteilung zu einer sechs Monate nicht übersteigenden Freiheitsstrafe. Auch ohne einen darauf abzielenden Berufungsantrag hatte sohin der Oberste Gerichtshof von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 37 (Abs l) StGB vorliegen und gegebenenfalls eine Geldstrafe zu verhängen wäre (ÖJZ-LSK l976/20).

Mit Rücksicht auf den relativ geringen Unrechtsgehalt der nunmehr fast zwei Jahre zurückliegenden Tat erachtet der Oberste Gerichtshof trotz Vorliegens der schon angeführten Vorstrafen die im § 37 StGB verlangten spezialund generalpräventiven Voraussetzungen für gegeben.

Bei der nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Zeitpunkte des Urteils erster Instanz zu bemessenden Höhe des Tagessatzes (§ l9 Abs 2 StGB) war von einem 8.000 S betragenden Einkommen und Sorgepflichten für die Ehefrau und zwei Kinder des Berufungswerbers auszugehen (vgl. dazu S. 35, 52 und 79). Der Oberste Gerichtshof erachtete zur Erzielung einer größtmöglichen Effektivität der Unrechtsfolgen einen Tagessatz von l00 S für angemessen. Die Verhängung eines solchen Tagessatzes bedeutet - dem Zweck der Geldstrafe entsprechend - eine Abschöpfung der Einkommensspitze des Verurteilten auf einen dem Existenzminimum (§ 5 LohnpfändungsG) nahekommenden Betrag und eine fühlbare Herabsetzung des Lebensstandards für den gesamten Zeitraum, welcher der Anzahl der verhängten Tagessätze entspricht (vgl. dazu u.a. ÖJZ-LSK l975/ll6 und l80; l2 Os 205/77).

In diesem Sinne waren die erwähnten, vom Gesetz normierten spezial- und generalpräventiven Bedingungen zur Verhängung einer (unbedingten - vgl. dazu u.a. l3 Os l43/75 = ÖJZ-LSK l976/34) Geldstrafe an Stelle einer (kurzfristigen) Freiheitsstrafe als erfüllt zu betrachten.

Demgemäß war der Berufung des Angeklagten Folge zu geben; die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Der Ausspruch in Ansehung der Ersatzfreiheitsstrafe stützt sich auf § l9 Abs 3 StGB, jener über die Kosten auf § 390 a StPO

Anmerkung

E01400

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0120OS00077.78.0803.000

Dokumentnummer

JJT_19780803_OGH0002_0120OS00077_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten