TE OGH 1978/8/22 9Os109/78

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Veröffentlicht am 22.08.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. August l978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A und einen anderen wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach § l5, l27 Abs. 1 und Abs. 2 Z l, l29 Z l StGB über die vom Angeklagten Walter A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 30. März l978, GZ. l a Vr l42/78-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung des Angeklagten Adolf B nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Subarsky und Dr. Ackerl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung des Angeklagten Adolf B wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 3 (drei) Monate herabgesetzt. Der Berufung des Angeklagten Walter A wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am l9. November l960 geborene Kraftfahrzeugmechanikerlehrling Walter A und der am l6. Oktober l959 geborene Handelsarbeiter Adolf B des Verbrechens des versuchten Diebstahls (durch Einbruch) nach den § l5, l27 Abs. 1 und Abs. 2 Z l, l29 Z l StGB schuldig erkannt, weil sie am 25. Jänner l978 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) versucht haben, Bargeld durch Einbruch in ein Gebäude einem Verfügungsberechtigten der Sonderanstalt für schwer erziehbare Kinder der Stadt Wien mit dem Vorsatz wegzunehmen sich durch deren Zueignung unrechtmässig zu bereichern, indem sie zwei Fensterscheiben einschlugen.

Die Annahme eines bewußten, gewollten und von Diebstahlsvorsatz getragenen Zusammenwirkens der beiden Angeklagten stützte das Erstgericht auf die geständige Verantwortung des Walter A bei der Polizei und vor dem Untersuchungsrichter. Dem in der Hauptverhandlung erfolgten Widerruf dieses Geständnisses und der einen Diebstahlsvorsatz bestreitenden Verantwortung des Angeklagten B versagte der Jugendschöffensenat den Glauben.

Seinen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Walter A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Im Rahmen der Mängelrüge wendet sich der Beschwerdeführer - der Sache nach eine Unvollständigkeit und offenbar unzureichende Begründung des Urteils geltend machend - gegen die Annahmen, die Angeklagten hätten über seinen Vorschlag einen Einbruchsdiebstahl durchzuführen versucht und der Direktor des Heims sei ca. 20 bis 40 Sekunden nach dem (durch das Einschlagen verursachten) Klirren der Scheibe bei der Tür gewesen, habe die Waschraumbeleuchtung eingeschaltet und eben dies sei für die Angeklagten der Anlaß gewesen, davonzulaufen. Er vermag jedoch dem Erstgericht in diesem Zusammenhang unterlaufene Denkfehler oder sonstigen Begründungsmangel im Sinne des § 28l Abs. 1 Z 5 StPO nicht aufzuzeigen.

Beim Vorbringen, der Beschwerdeführer sei anläßlich der Einvernahmen im Vorverfahren unter psychologischem Druck gestanden und es sei lebensfremd, ihm nicht zu glauben, daß er damals etwas erzählt habe, was zwar nicht der Wahrheit entsprach, ihm aber Ruhe und dem betreffenden Beamten 'Einvernehmungserfolg' bescherte, handelt es sich eindeutig nur um einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung (vgl. S. l6, 25, 36 und l32-l34 d. A).

Der Umstand, wieviel Zeit zwischen dem Klirren der vom Angeklagten Walter A eingetretenen Fensterscheibe und dem Einschalten der Waschraumbeleuchtung sowie bis zu dem Zeitpunkt verstrich, zu welchem der Heimleiter Rudolf C und der Zeuge Alois D aus dem Haus traten und Walter A davonlaufen sahen, ist nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung.

Daß es sich bei den von den Zeugen gemachten Zeitangaben nur um auf (beiläufigen) Schätzungen beruhende Annäherungswerte handelt, liegt ohnehin auf der Hand und geht auch aus den Aussagen hervor (s. insbes. S. ll8 d. A).

Außerdem spielt es aber für die Beurteilung der vom Angeklagten Walter A ersichtlich zunächst schon hier (der Sache nach) zur Dartuung der Entscheidungswesentlichkeit des behaupteten Begründungsmangels ins Auge gefaßten und dann zum Nichtigkeitsgrund des § 28l Abs. 1 Z 9 lit. b StPO ausdrücklich aufgeworfenen Frage eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch (§ l6 StGB) an sich keine Rolle, ob der Beschwerdeführer sofort nach dem Klirren der Scheibe oder erst nach dem (späteren) Angehen der Waschraumbeleuchtung geflüchtet ist.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 16 Abs. 1 StGB wird der Täter wegen Versuches oder Beteiligung daran nicht bestraft, wenn er freiwillig die Ausführung aufgibt oder, falls mehrere daran beteiligt sind, verhindert oder wenn er freiwillig den Erfolg abwendet.

Von einer für die Strafbefreiung geforderten Freiwilligkeit des Rücktritts kann nur dann gesprochen werden, wenn der Täter von der Vollendung abgestanden ist, obwohl er dieselbe noch für möglich gehalten hat (RZ l975/57).

Freiwilligkeit ist jedoch nicht erst dann ausgeschlossen, wenn die Fortführung der Tat schlechthin unmöglich geworden ist, sondern auch schon dann, wenn der Täter sich zur Erreichung seines Zieles bloß außerstande glaubt (EvBl. l975/l69 u.a.; Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, l50). Befürchtet der Täter, zufolge der gegebenen Umstände entdeckt zu werden, und ist diese Befürchtung sein Beweggrund, die Tatvollendung aufzugeben, so fehlt dem Rücktritt das Merkmal der Freiwilligkeit (RZ l975/57). Für Feststellungen in Richtung eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch bot nicht einmal die von der Rechtsrüge hervorgehobene eigene Verantwortung des Beschwerdeführers eine Grundlage, weil es auch nach den - mit den sonstigen Verfahrensergebnissen insoweit in Einklang stehenden - Angaben A an einer Freiwilligkeit des Rücktritts mangelt.

Schon vor der Polizei hatte Walter A angegeben, daß sofort nach dem Eintreten der Scheibe Leute gekommen und daraufhin sein Komplize sowie er selbst davongelaufen seien (S. 25 d. A); auch in der Hauptverhandlung hat der Angeklagte seine Flucht damit begründet, er habe sich gedacht, man habe bestimmt etwas gehört, dann werde die Polizei verständigt und er komme wieder ins Gefängnis (S. 92- 93 d. A).

Aus diesen Angaben geht klar und unmißverständlich herovr, daß Walter A keineswegs aus innerer Umkehr oder doch aus eigenem Antrieb, also auf Grund innerer Erwägungen (SSt 2l/l03, 34/85), sondern deshalb von der Vollendung der Tat Abstand genommen hat, weil er sich wegen der gegebenen äußeren Umstände - mit Grund - bereits für entdeckt hielt (vgl. Foregger-Serini, StGB2, 46). Da sich somit auch die Rechtsrüge als nicht zielführend erweist, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter A zu verwerfen. Das Erstgericht verhängte über die beiden Angeklagten Freiheitsstrafen nach § l29 StGB, und zwar über Walter A unter Anwendung des § ll JGG in der Dauer von 6

(sechs) Monaten und über Adolf B unter Anwendung des § 4l StGB in der Dauer von 5 (fünf) Monaten, wobei diesem gemäß § 43 Abs. 1 StGB die Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Bei der Strafzumessung wertete es bei Walter A als erschwerend die beiden einschlägigen Vorstrafen und den Umstand, daß der Angeklagte, obwohl er erst kurz vorher bedingt entlassen und unter Bewährungshilfe gestellt worden war, neuerlich eine strafbare Handlung begangen hat, als mildernd hingegen die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist, die ungünstigen häuslichen Verhältnisse und die Labilität des Angeklagten.

Bei Adolf B wurde kein Umstand als erschwerend angenommen, als mildernd aber sein Alter unter 2l Jahren, ferner, daß es beim Versuch der übeltat geblieben ist und die Idee zur Begehung vom Angeklagten A stammte.

Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagten eine Herabsetzung der Strafe an; Walter A begehrt überdies die Gewährung bedingter Strafnachsicht.

Das Erstgericht hat zwar die Strafzumessungsgründe hinsichtlich beider Angeklagter im wesentlichen zutreffend festgestellt, bei der Ausmessung der über B verhängten Strafe aber nicht gehörig berücksichtigt, daß es sich bei der vorliegenden Tat um seinen ersten Angriff gegen fremdes Vermögen handelt und die Initiative dazu eindeutig von A ausging.

Vor allem im Hinblick auf diese Tatsachen erachtet der Oberste Gerichtshof bei Beachtung der im § 32 StGB für die Strafbemessung aufgestellten allgemeinen Grundsätze eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Monaten als der Schuld des Angeklagten B und dem (von dieser erfaßten) Unrechtsgehalt der Tat angemessen, weshalb die vom Erstgericht ausgesprochene Strafe auf dieses Ausmaß herabzusetzen war.

Hingegen ist die Berufung des Angeklagten A nicht gerechtfertigt. Dieser Angeklagte wurde bereits zweimal wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Taten (u.a. auch wegen Raubes) verurteilt und war an der vorliegenden Tat in führender Rolle beteiligt.

Nach Lage des Falles ist die vom Erstgericht hinsichtlich des Angeklagten A festgesetzte Strafe nicht überhöht.

Die vom Angeklagten angestrebte bedingte Strafnachsicht konnte schon deshalb nicht in Betracht gezogen werden, weil der Angeklagte bereits zweimal Strafen bedingt nachgesehen erhalten hat und sich dieser Wohltat jeweils durch einen verhältnismäßig raschen Rückfall unwürdig erwiesen hat.

Der (in beiden Richtungen) unbegründeten Berufung A war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01409

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0090OS00109.78.0822.000

Dokumentnummer

JJT_19780822_OGH0002_0090OS00109_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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