Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der S KG in I, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 29. Oktober 2004, Zl. I-Rm-00080e/2004, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer baurechtlichen Angelegenheit (mitbeteiligte Partei: D Gesellschaft m.b.H. in I, vertreten durch DDr. Christian C. Schwaighofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen ohne Datum (eingelangt beim Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck am 19. Mai 2003) beantragte die Mitbeteiligte den Umbau (mit Änderung des Verwendungszweckes von Büros in Wohnungen) des auf dem Grundstück Nr. 1680/28, KG. H. bestehenden Gebäudes.
Die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der benachbarten Grundstücke Nr. 1680/8 und 1680/11, KG H., erhob im erstinstanzlichen Verfahren Einwendungen (insbesondere hinsichtlich der heranrückenden Bebauung eines Wohnhauses an den Betrieb auf dem Nachbargrundstück). In dem die Einwendungen der Beschwerdeführerin enthaltenden Schriftsatz vom 18. September 2002 scheint die Beschwerdeführerin, die "S KG", als die die Einwendungen erhebende Nachbarin am Deckblatt auf. Am Ende dieses Schriftsatzes ist (in ganz kleinem Druck) die "Fa. S Holz- und Glasbau GmbH" genannt.
Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 10. August 2004 wurde der Mitbeteiligten für die Änderung des Verwendungszweckes von Büros in Wohnungen auf dem Anwesen Sch-Gasse 8 und 10 die Baubewilligung erteilt (Spruchpunkt I). Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden in Spruchpunkt II.a. abgewiesen. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zugestellt.
In der dagegen erhobenen Berufung wird als Berufungswerberin die "S Holz- und Glasbau KG" (und nicht die Beschwerdeführerin: "S KG") angeführt. Am Ende dieses Schriftsatzes ist in Normaldruck in der Schrift der übrigen Ausführungen die "S Holz- und Glasbau GmbH" genannt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der "S Holz- und Glasbau KG" mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 25 Abs. 2 Tir. BauO 2001 Nachbarn die Eigentümer der Grundstücke seien, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzten, oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze lägen. Nachbarn seien weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukomme. Die durchgeführten Erhebungen hätten nach Einsicht in das offene Grundbuch ergeben, dass die Beschwerdeführerin Alleineigentümerin der Grundstücke Nr. 1680/8 und 1680/11, KG H., sei. Auch sei der erstinstanzliche Bescheid der Beschwerdeführerin zugestellt worden. Die Berufungswerberin, die "S Holz- und Glasbau KG", scheine hingegen nicht als Eigentümerin in Frage kommender benachbarter Grundstücke auf und diese habe daher im vorliegenden Bauverfahren keine Parteistellung. Auch die am Ende der Berufung vom 25. August 2004 angeführte "S Holz- und Glasbau GmbH" sei keine Grundeigentümerin des Grundstückes Nr. 1680/28, KG H., es könne daher mangels Eigentümereigenschaft auch die S Holz- und Glasbau GmbH keine Parteistellung im vorliegenden Bauverfahren erlangen. Einzig die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Grundstücke Nr. 1680/8 und 1680/11, KG H., hätte im vorliegenden Verfahren Parteistellung und damit das Recht gehabt, ein entsprechendes Rechtsmittel gegen den bekämpften Bescheid zu erheben. Die Berufung der "S Holz- und Glasbau KG" sei daher mangels Parteistellung zurückzuweisen gewesen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde der Beschwerdeführerin, der "S KG", wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzustellen, dass die Beschwerde zulässig ist, da die Beschwerdeführerin geltend macht, die Berufung, über die mit dem angefochtenen Bescheid entschieden worden sei, hätte ihr zugerechnet werden müssen, was nicht von vornherein als unzutreffend erkannt werden kann. Die Beschwerdeführerin kann durch den angefochtenen Bescheid, auch wenn er ihr nicht zugestellt wurde, in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 96/09/0119, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass es nach dem Firmenbuch die "S Gesellschaft m.b.H.", die "S Holz- und Glasbau Ges.m.b.H.", die "S KG" (also die Beschwerdeführerin) und die "S Privatstiftung", alle mit Sitz in I gebe. Im vorliegenden Verwaltungsverfahren seien sämtliche Verwaltungsakte der Beschwerdeführerin zugestellt worden. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin zum Bauvorhaben seien von der Behörde erster Instanz ihr zugerechnet worden, obwohl auf Seite 6 dieser Einwendungen die "S Holz- und Glasbau GmbH" angeführt gewesen sei. Auf Seite 2 dieser Einwendungen sei vom Vertreter der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2003 der Ausdruck "S Holz- und Glasbau GmbH" auf "S KG" richtig gestellt worden. Faktum sei, dass eine "S Holz- und Glasbau KG" nicht existiere. Auf Grund der verschiedenen Unternehmen, die den Namen "S" enthielten, sei insofern in der Kanzlei des Vertreters der Beschwerdeführerin ein Fehler unterlaufen, als die Firmenwortlaute "S Holz- und Glasbau GmbH" und " KG" (also jener der Beschwerdeführerin) durcheinander gebracht worden seien und so der neue Wortlaut "S Holz- und Glasbau KG" verwendet worden sei. In Anbetracht der Vorkorrespondenz stehe jedoch fest, dass die Berufung im Namen der Beschwerdeführerin erhoben worden sei.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung judiziere, sei eine unrichtige Schreibweise oder auch eine unvollständige Parteienbezeichnung dann berichtigungsfähig, wenn an der Identität der einschreitenden Partei keine Zweifel bestehen könnten. Erst wenn die Parteienbezeichnung dergestalt geändert werde, dass an Stelle einer tatsächlich existierenden Gesellschaft, die die Beschwerde eingebracht habe, eine andere GmbH treten solle, liege darin ein unzulässiges Auswechseln der Partei (Hinweis u.a. auf das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/05/0163).
§ 62 Abs. 4 AVG schließe die Berichtigung einer unrichtigen Parteienbezeichnung, die allein auf eine von der Verfahrenspartei rechtsmissbräuchliche Irreführung der Behörde zurückzuführen sei, nicht aus. In Anbetracht der herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre die von der "S Holz- und Glasbau KG" eingebrachte Berufung als von der Beschwerdeführerin ("S KG") eingebracht zu werten gewesen. Eine "S Holz- und Glasbau KG" existiere nämlich nicht, weshalb diese keinesfalls eine Berufung hätte einbringen können. Da im Vorfeld sämtliche Verwaltungsakte der Beschwerdeführerin zugestellt worden seien, diese auch dann noch als Partei angesehen worden sei, als am Ende der Einwendungen vom 18. September 2003 die "S Holz- und Glasbau GmbH" aufgeschienen sei, hätte im vorliegenden Fall die Berufung so interpretiert werden müssen, als wäre sie von der Beschwerdeführerin eingebracht worden und die belangte Behörde hätte daher in der Sache selbst zu entscheiden gehabt.
Im Ergebnis ist der Beschwerde aus folgenden Gründen Recht zu geben:
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1995, Zl. 94/09/0296, und vom 27. April 1993, Zl. 92/04/0284) ist die Behörde, wenn nicht eindeutig klar ist, wem eine Berufung zuzurechnen ist, verpflichtet, sich in einem derartigen Zweifelsfall mittels Ermittlungen gemäß § 37 AVG Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist.
Im Hinblick darauf, dass auf der verfahrensgegenständlichen Berufung als Berufungswerberin die nichtexistierende "S Glas- und Holzbau KG" angeführt wurde und am Ende dieses Schriftsatzes die "S Glas- und Holzbau GmbH", hätte die belangte Behörde bei dem für die Beschwerdeführerin eingeschrittenen Vertreter zur Klarstellung ermitteln müssen, für wen diese Berufung eingebracht werden sollte. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren der Schriftsatz mit den Einwendungen eine derartige Unklarheit enthielt und die erstinstanzliche Behörde wohl im Hinblick auf das ausdrückliche Auftreten des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin für sie in der Verhandlung die erhobenen Einwendungen der Beschwerdeführerin zugerechnet hat und der erstinstanzliche Bescheid auch an sie ergangen ist.
Derartige Ermittlungen hätten zweifellos dazu geführt, dass die verfahrensgegenständliche Berufung der Beschwerdeführerin zuzurechnen ist. Die sich daraus ergebende Notwendigkeit der Berichtigung der Parteienbezeichnung von "S Holz- und Glasbau KG" (die es nicht gibt) in "S KG" kann im Sinne der hg. Judikatur (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2003, Zl. 2003/05/0163) als zulässig qualifiziert werden, da eine unvollständige bzw. mangelhafte Parteienbezeichnung vorliegt, an der Identität der Beschwerdeführerin als Berufungswerberin nach entsprechenden Ermittlungen aber keine Zweifel bestehen könnten. Ein unzulässiges Auswechseln der Partei im Sinne der hg. Judikatur, wenn an Stelle einer tatsächlich existierenden und eingeschrittenen Gesellschaft eine andere Gesellschaft treten soll, liegt nicht vor. Der Umstand, dass am Ende der Berufung die existierende "S Holz- und Glasbau Ges.m.b.H." genannt wurde, steht dem nicht entgegen, weil im Hinblick auf die dadurch - wie dargelegt - hervorgerufene Unklarheit über den Berufungswerber entsprechende Ermittlungen der belangten Behörde hätten erfolgen müssen.
Indem die belangte Behörde die verfahrensgegenständliche Berufung zurückgewiesen hat, ohne weitere Ermittlungen zu der Frage vorzunehmen, wem die Berufung zuzurechnen ist, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1998, Zl. 96/09/0119). Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. April 2005
Schlagworte
Inhalt des Spruches Anführung des Bescheidadressaten Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren BerufungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004060215.X00Im RIS seit
30.05.2005