Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 8.September 1978
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Borutik, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Dienst, Dr.Piska, Dr.Kießwetter und Dr.Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton A wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 11. Mai 1978, GZ 27 Vr 627/78-18, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Dienst, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr.Neureiter und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Strasser, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 43 StGB für eine Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23.5.1951 geborene ledige beschäftigungslose kaufmännische Angestellte Anton A des Verbrechens des versuchten Raubs nach den §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 14.2.1978 in Innsbruck dadurch mit Gewalt gegen Herta B und Sylvia B diesen Bargeld in der Höhe von 1.600 S mit dem Vorsatz wegzunehmen versuchte, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, daß er im Zuge eines Handgemenges Herta B und Sylvia B zur Seite stieß, sich von Sylvia B losriß und sie würgte.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO (richtig Z 10) gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer behauptet, aus den Aussagen der Zeugin Herta B und Sylvia B ergebe sich, daß sein Vorsatz anläßlich der Gewaltanwendung ausschließlich darauf abgestellt gewesen sei, sich den Gewahrsam an der Beute zu erhalten. Die tätliche Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und der Zeugin Sylvia B könne deshalb nicht als Versuch des Verbrechens des Raubs angesehen werden, weil in diesem Stadium des Vorgangs sich der Täter ausschließlich losreißen und nicht gegen die Zeugen tätlich vorgehen wollte.
Mit diesem Vorbringen weicht jedoch der Beschwerdeführer von den bei Ausführung des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a (10) des § 281 Abs 1
StPO bindenden Feststellungen des Schöffengerichts ab, der Angeklagte habe sich gegen den Versuch der beiden Zeugen, ihn von der Kasse wegzuziehen, gewehrt und dabei auch mit der Hand die Zeugin Sylvia B am Hals erfaßt und diese abzudrängen versucht (S.135 d. A.), weshalb er insofern den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung bringt.
Denn daraus und aus der weiteren Feststellung des Erstgerichts, dem Angeklagten sei es anschließend gelungen, die Kasse aufzumachen und dieser 1.600 S zu entnehmen, ergibt sich eindeutig, daß nach Ansicht des Schöffengerichts die Gewaltanwendung des Angeklagten gegenüber den beiden im Geschäft befindlichen Zeugen vor und - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - nicht erst nach Erlangung des Geldbetrags erfolgte. Im übrigen hat aber entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers dieser den Tatbestand des Raubes und nicht den des räuberischen Diebstahls erfüllt, weil er Gewalt anwendete, um sich in den Besitz der fremden Sache zu setzen, nicht aber, um sich im Besitz der schon ohne Widerstand des Berechtigten weggenommenen Sache zu erhalten (Leukauf-Steininger, S.667/668). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten gemäß dem § 142 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten. Es wertete als mildernd das tadelsfreie Vorleben des Angeklagten, den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben ist, insbesondere aber das volle und reumütige Geständnis des Angeklagten, als erschwerend hingegen nichts. Unter den gegebenen Voraussetzungen hielt es zwar die Bestimmung des § 41 StGB, nicht aber jene des § 43 Abs 1 StGB für anwendbar, weil zwar anzunehmen sei, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe allein genügen werde, um den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, es jedoch in der Zeit der vermehrten Raubüberfälle des Vollzugs der Freiheitsstrafe bedürfe, um potentielle Täter abzuschrecken.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte die bedingte Strafnachsicht hinsichtlich der über ihn verhänften Freiheitsstrafe. Sein Begehren ist begründet.
Zwar ist dem Erstgericht zuzustimmen, daß im allgemeinen bei Raubüberfällen zumindest aus generalpräventiven Gründen der Vollzug der Freiheitsstrafe erforderlich sein wird. Vorliegend muß jedoch zugunsten des Angeklagten nicht nur dessen bisher tadelloses Vorleben und sein volles Geständnis als besonders schwerwiegend gewertet, sondern auch berücksichtigt werden, daß die ausgeübte Gewaltanwendung nicht erheblich war und keine Folgen zeitigte, sowie daß sich der Angeklagte vom 14.2.1978 bis 18.5.1978 in Untersuchungshaft befunden, somit also das Strafübel einer Freiheitsstrafe bereits verspürt hat. Unter diesen Aspekten scheint auch aus generalpräventiver Sicht die Androhung des Vollzugs der - weiteren - Freiheitsstrafe ausreichend; spezialpräventive Gründe sprechen aber, wie schon das Erstgericht zutreffend ausgeführt, vorliegend nicht dagegen.
Der Kostenausspruch beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01433European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00105.78.0908.000Dokumentnummer
JJT_19780908_OGH0002_0110OS00105_7800000_000