Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst, Dr. Piska, Dr. Kießwetter und Dr. Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 6. Juli 1978, GZ. 11 a Vr 83/76-62, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird in einem mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 20.4.1977 wurde der am 4.5.1940 geborene verheiratete Deichgräber Franz A 1.) des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs. 1 StGB,
2.) des Vergehens der Entziehung einer Minderjährigen aus der Macht des Erziehungsberechtigten nach dem § 195 Abs. 1
und 2 StGB, 3.) des Vergehens des schweren Betrugs nach den § 146, 147 Abs. 2 StGB, 4.) des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB und 5.) des Vergehens des schweren Diebstahls nach den § 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z 4 StGB schuldig erkannt. Die Verurteilung wegen Diebstahls war erfolgt, weil er vom Dezember 1975 bis September 1976 in Straßhof fremde bewegliche Sachen im Wert von mindestens S 20.000 dem Franz B mit dem Vorsatz weggenommen hatte, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. In diesem - letztgenannten - Punkt sowie im Strafausspruch wurde die Entscheidung vom Obersten Gerichtshof mit dem Urteil vom 2.9.1977, GZ. 11 Os 88/77-4, aufgehoben und die Strafsache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, weil dieses zu der Verantwortung des Angeklagten, die Schätzung der Liegenschaft, von der die im Spruch genannten Sachen vom Angeklagten entfernt worden waren, habe schon lange vor der Räumung durch ihn stattgefunden und er habe noch nach der Schätzung im Zwangsversteigerungsverfahren Sachen in das Haus eingebracht und werterhöhende Investitionen getätigt, weshalb die von ihm mitgenommenen - ihm zur Last gelegten - Gegenstände von der Schätzung gar nicht erfaßt worden seien, nicht Stellung genommen hatte. Im übrigen ist dieses Urteil in Rechtskraft erwachsen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Franz A neuerlich schuldig erkannt, vom Dezember 1975 bis September 1976 in Straßhof mehrere Bretter, eine Badewanne, eine Klomuschel, verschiedene Armaturen und Installationen, eine Aluminiumbalkontüre und einen Aluminiumfensterstock im Wert von mindestens S 20.000,-- dem Franz B mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 9 lit. b des § 28l Abs. 1 gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den wegen der dem Angeklagten in diesem und im Vorurteil angelasteten Delikte ergangenen Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht gerechtfertigt. Unter Berufung auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund macht der Beschwerdeführer geltend, er sei durch die Abweisung seines Antrages auf Vernehmung der Zeugin Hermine A zum Beweis dafür, daß es sich bei den gegenständlichen Sachen nicht um Zubehör, sondern um Eigentum des Angeklagten handelte und sie nicht fest mit der Liegenschaft verbunden waren (S. 300 d. A), in seinen Verteidigungsrechten verletzt worden. Das Erstgericht faßte in der Hauptverhandlung vom 6.7.1978 den Beschluß 'auf Abweisung des gestellten Beweisantrages samt wesentlicher Begründung'. Der Inhalt der Begründung ist dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen, aber auch im Urteil wird die Abweisung des Beweisantrages nicht begründet.
Durch diesen Vorgang hat das Erstgericht gegen die Bestimmung des § 238 Abs. 2 StPO verstoßen. Trotzdem liegt kein Verfahrensfehler im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 4 StPO vor, weil den erstgerichtlichen Urteilsausführungen immerhin zu entnehmen ist, weshalb das Gericht die Aufnahme des beantragten Beweismittels nicht für erforderlich erachtete. Es führt nämlich aus, das Argument (des Angeklagten), er habe deshalb nicht in Bereicherungsabsicht gehandelt, weil er erst nach der Schätzung die im Spruch angeführten Sachen in das Haus gebracht habe, gehe ins Leere, weil nach den Feststellungen die im Spruch genannten Sachen zur Zeit der Schätzung im Haus waren und weil sie im Zeitpunkt des Zuschlags als Zubehör ins Eigentum des Erstehers Franz B übergingen und der Angeklagte die Sachen entfernte, obwohl er vom Gerichtsvollzieher auf die Unzulässigkeit eines solchen Vorgangs aufmerksam gemacht worden war. Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Nach den - aktenmäßig gedeckten - Feststellungen machte der Privatbeteiligte anläßlich des am 3.9.1976 vorgenommenen ersten Versuchs der Räumung des Hauses den Gerichtsvollzieher C darauf aufmerksam, daß der Angeklagte bereits verschiedenes Zubehör, nämlich die im Spruch genannten Sachen, für den Abtransport bereit gestellt habe, worauf dieser den Angeklagten darauf hinwies, daß er sich strafbar mache, wenn er Zubehör, welches durch den bereits rechtskräftigen Zuschlag fixiert sei, entferne. Ferner stellte es fest, daß der Angeklagte bei der zwischen dem 3.9. und 10.9.1976 erfolgten Entfernung des gegenständlichen Zubehörs wußte, daß dieses bereits Eigentum des Franz B war (S. 308 d. A). Schon aus diesen Gründen war die Abweisung des Beweisantrags gerechtfertigt; darüber hinaus wäre er aber auch deshalb abzuweisen gewesen, weil das in ihm enthaltene Beweisthema nicht Tat- sondern Rechtsfragen enthielt. Die Frage nämlich, ob bestimmte Gegenstände Zubehör einer Liegenschaft sind, ist eine nicht von einem Zeugen zu lösende Rechtsfrage.
Aber auch die Berufung des Beschwerdeführers auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO geht fehl. Formelle Voraussetzung einer allenfalls erfolgreichen Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes ist, daß der Beschwerdeführer von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ausgeht. Von diesem weicht der Beschwerdeführer vorliegend aber ab, wenn er ausführt, er habe angenommen, es handle sich um von ihm gekaufte, bezahlte und eingebrachte Sachen, welche er, da diese wieder abmontiert werden konnten, behalten könne, weshalb es ihm nicht zu Bewußtsein gekommen sei, daß er hiedurch einen Diebstahl verwirklichen könne. Mit diesem Vorbringen negiert er die bereits zitierte Feststellung des Erstgerichts, er habe gewußt, daß dieses Zubehör bereits Eigentum von Franz B geworden sei und führt daher den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig aus. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teilweise als nicht gesetzmäßig ausgeführt gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 1 (285 a) StPO, teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen. über die Berufung wird in einem Gerichtstag entschieden werden.
Anmerkung
E01541European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00142.78.0908.000Dokumentnummer
JJT_19780908_OGH0002_0110OS00142_7800000_000