Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes dr.Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Dienst, Dr.Piska, Dr.Kießwetter und Dr.Schneider als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs.1 StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes St.Pölten als Schöffengericht vom 15.März 1978, GZ 19 Vr 240/77-23, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
über die Berufung wird in einem mit abgesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7.9.1938 geborene Hilfsarbeiter Karl A des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207
Abs.1 StGB schuldig erkannt, weil er am 3.9.1976
in Weinzierl die am 3.3.1970 geborene Helene B durch Betasten des Geschlechtsteils zur Unzucht mißbrauchte.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs.1 Z 4
StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht gerechtfertigt. Unter Berufung auf den angeführten Nichtigkeitsgrund rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines bei der Hauptverhandlung am 22.12.1977 gestellten Antrags auf Einholung eines Gutachtens aus dem Gebiet der Kinderpsychologie zum Beweis dafür, daß die Aussage des Kindes auf Grund der Entwicklungsstufe und, weil es vorher auf derartige Situationen hingewiesen worden sei, nicht glaubwürdig, sondern als Phantasieerzählung zu betrachten sei (S.66 d.A.). Die Hauptverhandlung vom 22. 12. 1977 wurde vertagt; die nächste wurde erst am 15. 3. 1978, also nach Ablauf der Monatsfrist des § 276 a StPO, durchgeführt, In ihr wurde der Antrag nicht neuerlich gestellt, weshalb es schon an den formellen Voraussetzungen zur wirksamen Geltendmachung der Verfahrensrüge fehlt, weil im Falle der Neudurchführung der Hauptverhandlung aus einem der in § 276 a StPO genannten Gründen in der neuen Hauptverhandlung alle Beweisanträge wiederholt werden müssen, um rechtswirksam zu sein. Aus der Unterlassung der Aufnahme eines in einer früheren und mehr als ein Monat zurückliegenden Hauptverhandlung beantragten Beweises kann daher der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs.1 Z 4 StPO nicht abgeleitet werden (Gebert-Pallin-Pfeiffer, § 281 Z 4 StPO E 6). Die Verlesung des wesentlichen Akteninhalts in der neu durchgeführten Hauptverhandlung (S.75 d.A.) vermochte den Mangel der Wiederholung der Antragstellung nicht zu sanieren (Gebert-Pallin-Pfeiffer § 281 Abs.1 Z 4, E 6 a und 6 b).
Der Angeklagte wurde daher durch die vom Schöffengericht eingehaltenen von ihm gerügten Verfahrensvorgänge in seinen Rechten nicht verletzt und demnach ist auch das Urteil nicht mit einer Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs.1 Z 4 StPO behaftet, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem § 285 d Abs.1 Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen war. Im übrigen wäre bei wirksamer Antragstellung der abweisenden Begründung des Erstgerichts zuzustimmen gewesen.
über die Berufung wird in einem Gerichtstag entschieden werden.
Anmerkung
E01550European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00140.78.0908.000Dokumentnummer
JJT_19780908_OGH0002_0110OS00140_7800000_000