TE OGH 1978/9/12 3Ob115/77

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Veröffentlicht am 12.09.1978
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Norm

EO §65 Abs1
EO §74 Abs1
EO §156 Abs1
EO §158 Abs1
EO §159 Abs1
EO §160 Abs1
EO §349 Abs1
Rechtsanwaltstarif §13 Abs1
ZPO §41 Abs1
ZPO §514

Kopf

SZ 51/123

Spruch

Die einstweilige Verwaltung geht bei Bestellung des Erstehers der versteigerten Liegenschaft zum Verwalter mit es der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen von selbst in die Verwaltung kraft Eigentumsrechtes über und ist damit beendet; eines Übergabsaktes des Exekutionsgerichtes bedarf es nicht

OGH 12. September 1978, 3 Ob 115/77 (LG Salzburg 32 R 66/77; BG Salzburg 7 E 7/75)

Text

Die Liegenschaften EZ 266 und 267 KG S wurden am 8. Oktober 1976 versteigert. Mit dem Tage des Zuschlages ging die vor dem Versteigerungstermin eingeleitete Zwangsverwaltung E 15/75 gemäß § 161 EO in eine Verwaltung zugunsten der Ersteherin über. Mit Beschluß vom 29. Oktober 1976 wurde auf Antrag der Ersteherin diese zum Verwalter der versteigerten Liegenschaften bestellt, und es wurde angeordnet, daß diese Liegenschaften der Ersteherin vom Vollstrecker unverweilt zur Verwaltung und Einziehung der Erträgnisse übergeben werden. Weiters wurde verfügt, daß der Verwalter nach Beendigung der einstweiligen Verwaltung, wenn diese aber länger als ein Jahr dauere, alljährlich am 1. Oktober Rechnung zu legen habe. Schließlich wurde ausgesprochen, daß eine solche Rechnungslegung entfalle, wenn die Liegenschaften vor diesem Zeitpunkte der Ersteherin gemäß § 156 Abs. 2 EO übergeben werden. In dem vom Vollstreckungsorgan über die Übergabe der Liegenschaften an die Ersteherin als einstweilige Verwalterin aufgenommenen Protokoll vom 4. November 1976 wurde u. a. festgehalten, daß die Liegenschaften von der Gerichtskommission begangen werden und eine körperliche Übergabe an diesem Tage unterbleibe, weil die Ersteherin bereits an der Verwaltung mitgewirkt habe und daher im Besitz des ersteigerten Gutes samt Zubehör sei. Das Protokoll schließt mit der Feststellung, daß die Übergabe und Übernahme der Liegenschaften samt Zubehör hiemit vollzogen sei.

Mit Beschluß vom 7. Jänner 1977 ordnete das Erstgericht die zwangsweise Räumung sowie die Übergabe der Liegenschaften EZ 266 und 267 KG S an die Ersteherin an (Punkt 1). Ferner sprach das Erstgericht aus, daß die einstweilige Verwaltung mit der Übergabe an die Ersteherin ende und eine Rechnungslegung der Ersteherin als einstweilige Verwalterin entfalle (Punkt 2). In der Begründung führte das Erstgericht aus, daß die Ersteherin die Erfüllung der Versteigerungsbedingungen nachgewiesen habe und daher der beantragten Übergabe im Sinne des § 156 Abs. 2 EO nichts entgegenstehe. Die Ansicht, daß sich der § 156 Abs. 2 EO nur auf den Fall des Widerstandes des Verpflichteten gegen die Räumung beziehe, widerspreche der Bestimmung des § 159 Z. 3 EO. Da ein Widerstand des Verpflichteten nicht ganz ausgeschlossen werden könne, sei auch die zwangsweise Räumung anzuordnen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Masseverwalters im Konkurs des Verpflichteten Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es die Anträge der Ersteherin auf Übergabe der Liegenschaften an die Ersteherin gemäß § 156 Abs. 2 EO unter gleichzeitiger Erlassung der nach § 130 EO erforderlichen Aufträge und Beendigung der einstweiligen Verwaltung abwies. Das Rekursgericht führte aus, daß die Voraussetzungen für eine zwangsweise Räumung der Liegenschaften und für eine nochmalige Übergabe nicht gegeben seien, weil der Verpflichtete die Liegenschaften nicht mehr besitze, Widerstand des geflüchteten Verpflichteten nicht zu erwarten sei und die Ersteherin sich als einstweiliger Verwalter schon im Besitz der Liegenschaften befinde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Ersteherin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Anträge der Ersteherin auf Übergabe der Liegenschaften und Beendigung der einstweiligen Verwaltung wurden vom Rekursgericht mit Recht abgewiesen. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin liegt es nicht im Ermessen des Exekutionsgerichtes, ob es die Übergabe der Liegenschaft an den Ersteher im Sinne des § 156 Abs. 2 EO durch einen Vollstrecker vornehmen läßt oder nicht. Die zitierte Bestimmung verlangt, daß die Übergabe nach § 349 EO, also nach Art der Exekution zur körperlichen Übergabe einer Liegenschaft zu vollziehen ist. Die zwangsweise körperliche Übergabe einer Liegenschaft kann nur durch ein Vollstreckungsorgan vollzogen werden. Sie kommt dann nicht in Betracht, wenn der Verpflichtete die Liegenschaft rechtzeitig räumt oder der Ersteher als einstweiliger Verwalter sich schon im Besitz der Liegenschaft befindet und keine weiteren Vorkehrungen wegen Räumung der Liegenschaft durch den Verpflichteten erforderlich sind (JM zu § 156 EO P 2). Ein Wechsel des Rechtsgrundes des Besitzes durch eine Erklärung des Exekutionsgerichtes oder eines Vollstreckungsorganes im Sinne einer Besitzauflassung ist in den §§ 156, 349 EO vorgesehen. Die einstweilige Verwaltung geht im Falle der Bestellung des Erstehers zum Verwalter mit dem Zeitpunkt der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen - ohne Übergabeakt des Verpflichteten oder des Exekutionsgerichtes - von selbst in die Verwaltung kraft Eigentumsrechtes über und ist damit beendet. Die in der Entscheidung RZ 1956, 92 vertretene Ansicht, daß in einem solchen Falle die einstweilige Verwaltung bis zur Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erstehers fortdauere, kann nicht aufrechterhalten werden, denn der Ersteher erwirkt bereits mit der Zuschlagserteilung und nicht erst mit der bücherlichen Einverleibung Eigentum an der erstandenen Liegenschaft, wenn auch sein Eigentumsrecht zunächst nur ein beschränktes ist. Die vollen Eigentumsbefugnisse erwirbt der Ersteher, wie sich aus den Bestimmungen der §§ 156 Abs. 2 und 237 Abs. 1 EO ergibt, bereits mit der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen. Ab diesem Zeitpunkt kann es daher eine einstweilige Verwaltung nicht mehr geben.

Eine Beendigung der einstweiligen Verwaltung durch Richterspruch ist der Exekutionsordnung fremd. Die Beendigung der Verwaltung muß nicht ausgesprochen werden; sie tritt kraft Gesetzes ein. Die Erlassung der im § 130 Abs. 2 EO angeführten Aufträge an den Verwalter kommen im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da die Ersteherin bereits im Besitz der Liegenschaft ist, die gemäß § 110 EO zur Zahlung an die Ersteherin als einstweiligen Verwalter aufgeforderten Personen weiterhin an die Ersteherin (nunmehr als Eigentümerin) Zahlung zu leisten haben und eine Verpflichtung der Ersteherin zur Vorlage einer Schlußrechnung nicht besteht. Die bücherliche Löschung der Anmerkung der Zwangsverwaltung wird von Amts wegen - im Verfahren über die Zwangsverwaltung - zu veranlassen sein. Die Anträge der Ersteherin auf Übergabe der Liegenschaften nach § 156 Abs. 2 EO und "Beendigung" der einstweiligen Verwaltung waren daher abzuweisen.

Anmerkung

Z51123

Schlagworte

Einstweilige Verwaltung, Ersteher der versteigerten Liegenschaft war einstweiliger Verwalter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0030OB00115.77.0912.000

Dokumentnummer

JJT_19780912_OGH0002_0030OB00115_7700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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