Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Dienst und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Schneider, Dr. Steininger und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Goldmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A und andere wegen Vergehens nach den §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit b FinStrG und anderer strafbarer Handlungen mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Herbert A gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9. März 1978, GZ 27 Vr 391/76-66, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem den Angeklagten Herbert A betreffenden Schuldspruch zur Gänze und gemäß dem § 290 Abs 1 StPO in Ansehung der Angeklagten Baldur B und Heinrich C in seinem Schuldspruch zu Punkt A des Urteilssatzes, soweit diesen Angeklagten die 'bandenmäßige' Begehung der Tat zur Last gelegt wird, ferner in der rechtlichen Beurteilung dieser Tat auch als 'bandenmäßiger' Schmuggel nach dem § 38 Abs 1 lit b FinStrG und demgemäß auch im gesamten Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Herbert A auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 23.Februar 1935 geborene Kaufmann Herbert A, der am 2.Juni 1941 geborene Transportunternehmer Baldur B und der am 15.Mai 1944 geborene Kraftfahrer Heinrich C zu Punkt A des Urteilssatzes der Finanzvergehen des 'bandenmäßigen' Schmuggels nach den §§ 35 Abs 1, 38
Abs 1 lit b FinStrG und des fahrlässigen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach dem § 45 Abs 1 in Verbindung mit dem § 44 Abs 1 lit c FinStrG schuldig erkannt. Diesbezüglich liegt ihnen zur Last, am 30.Jänner 1976 im bewußten gemeinsamen Zusammenwirken (auch mit den abgesondert verfolgten Wilhelm D und Bruno E) beim Zollamt Tisis vier Millionen Zigaretten der Marke 'Marlboro', auf denen Eingangsabgaben von 5,055.337,-- S lasteten, vorsätzlich und 'bandenmäßig' unter Verletzung der aus § 48 ZollG resultierenden Stellungspflicht dem Zollverfahren entzogen und in Tateinheit fahrlässig dem aus § 2 Abs 1 TabMG 1968
resultierenden Einfuhrverbot zuwider nach Österreich eingeführt zu haben.
Dieses Urteil bekämpft allein der Angeklagte Herbert A im Schuldspruch mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde, mit der dieser Angeklagte einerseits die seiner Verantwortung widersprechende Feststellung des Erstgerichtes, ihm sei 'von Anbeginn an bekannt gewesen, daß Zigaretten geschmuggelt werden sollten' und andererseits die weitere Urteilsannahme, es seien von den Angeklagten über die den Gegenstand dieses Verfahrens bildende Tat hinaus noch andere Schmuggelfahrten beabsichtigt gewesen, als mangelhaft begründet rügt, ist berechtigt. Die erstbemängelte Feststellung hat das Schöffengericht bloß auf die Aussagen des Angeklagten Baldur B gestützt, wobei es auch erwog, daß 'ansonsten ein derart hoher Gewinn für einen Kapitaleinsatz in so kurzer Zeit nicht zu erzielen wäre und auch die Art der Durchführung eindeutig auf einen Schmuggel schließen ließ' (II/108-109 d.A.). Zutreffend weist der Beschwerdeführer dazu auf die damit in Widerspruch stehenden Angaben des Mitangeklagten B hin, der in der Hauptverhandlung ausdrücklich bekundete, es sei ursprünglich vom Schmuggeln nicht die Rede gewesen und es sei erst beim Beladen des (von ihm zur Verfügung gestellten) LKW-Zuges - in Abwesenheit des Beschwerdeführers - beschlossen worden, die Ware ohne Begleitpapiere nach Innsbruck zu bringen (II/93 vgl. auch I/54, d.A.). Hat aber das Gericht aus den umfänglichen - im übrigen nicht einheitlichen - Sachverhaltsdarstellungen des Baldur B im Vorverfahren die bekämpfte Annahme abgeleitet, dann hätte es sich, um eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung zu vermeiden, mit den vorerwähnten anderslautenden Angaben dieses Angeklagten wertend befassen müssen. Der bloße Hinweis auf die 'Aussagen des Angeklagten B' als Erkenntnisquelle gibt daher keine ausreichende Grundlage für die getroffene Feststellung zur subjektiven Seite der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat ab.
öhnliches gilt auch für die zweitbekämpfte Urteilsannahme, in der ein für die rechtliche Qualifikation bandenmäßiger Tatbegehung wesentliches Kriterium, nämlich die auf Begehung weiterer (gleichartiger, im einzelnen noch unbestimmter) Straftaten gerichtete Absicht, zum Ausdruck kommt. Diese hat das Erstgericht in erster Linie aus den 'langen Vorgesprächen zwischen den Angeklagten und den gesondert verfolgten E und D bis zur Durchführung des gegenständlichen Schmuggels' abgeleitet (II/113 d.A.) und dazu überdies bemerkt, daß eine solche Annahme auch durch die großzügige Handhabung der Abfertigungsmodalitäten beim Zollamt Tisis erhärtet werde, welchen Umstand sich die Angeklagten 'offensichtlich' zunutze machen wollten (II/113 f d.A.).
Auch hier ist dem Beschwerdeführer beizupflichten, wenn er sinngemäß geltend macht, daß es sich bei diesen Hinweisen des Erstgerichtes um eine bloße Scheinbegründung handelt. Denn der Umstand allein, daß eine Straftat sorgfältig vorbereitet wurde, läßt noch keinen Schluß auf eine Wiederholungsabsicht zu. Daß aber der Verwendung des Wortes 'offensichtlich' ein überprüfbares Substrat an Verfahrensergebnissen mangelt, bedarf keiner näheren Begründung.
Somit ergibt sich, daß das Ersturteil in beiden vom Beschwerdeführer aufgezeigten Richtungen mit Nichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO behaftet ist.
Hinsichtlich des letztbehandelten Begründungsmangels kommen aber die für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Erwägungen auch den Mitangeklagten Baldur B und Heinrich C zustatten, die das Urteil unangefochten ließen. In Ansehung dieser war daher gemäß dem § 290 Abs 1 StPO so vorzugehen, als wäre der in Frage kommende Nichtigkeitsgrund auch von ihnen geltend gemacht worden. Da sich somit zeigt, daß infolge Nichtigkeit des Urteiles in dem aus dem Spruche ersichtlichen Umfang die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO - mit Zustimmung der Generalprokuratur - bereits in nichtöffentlicher Sitzung wie im Spruche zu erkennen.
Mit seiner durch die Aufhebung des Urteils im Strafausspruch gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte Herbert A auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E01449European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00121.78.0912.000Dokumentnummer
JJT_19780912_OGH0002_0110OS00121_7800000_000