TE OGH 1978/10/5 13Os113/78

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Veröffentlicht am 05.10.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Oktober 1978 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schrammel als Schriftführers in der Strafsache gegen Anton A und andere wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 129 Z 1, 130, zweiter Satz, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten A sowie über die Berufung des Angeklagten B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengerichtes vom 6.April 1978, GZ 4 Vr 675/77-153, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Aigner, Dr. Striegl und Dr. Oehlzand und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Anton A wird verworfen; seiner Berufung wird nicht Folge gegeben. Der Berufung des Angeklagten Walter B wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen den genannten Angeklagten auch die sie betreffenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden u.a. der am 20.Juni 1960 geborene, sohin zur Tatzeit noch jugendliche, zuletzt beschäftigungslos gewesene Walter B und der gleichfalls beschäftigungslos gewesene Oskar C des Verbrechens des (teils vollendeten, teils versuchten) gewerbsmäßigen schweren Bandendiebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4, 129

Z 1 und Z 2, 130, 1. Satz (2. Fall) und 2. Satz, und 15 StGB, Walter B überdies des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1

StGB und weiters der gleichfalls zuletzt beschäftigungslos gewesene Anton A des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 129 Z 1, 130, zweiter Satz, StGB und des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs 1 Z 2, Abs 2 und Abs 3, letzter Satz, StGB schuldig erkannt.

Inhaltlich des sie betreffenden Schuldspruches liegt den genannten Angeklagten folgendes zur Last:

Den Angeklagten Walter B und Oskar C, daß sie zusammen mit anderen in der Zeit vom 2. bis 15.August 1977 in verschiedenen Orten Österreichs jeweils in 16 Angriffen anderen Personen 'einbruchsweise' Sachen, und zwar Walter B (in 13 vollendeten Diebstahlsfakten) Sachen in einem Wert von über 27.000 S, Oskar C (in 14 vollendeten Diebstahlsfakten) Sachen in einem Wert von über 34.000 S gestohlen und den (schweren) Diebstahl durch Einbruch als Mitglieder einer Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes in der Absicht begangen haben, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen; dem Walter B überdies, daß er am 17.Jänner 1977 in Graz (mit einer anderen) einen PKW. ohne Einwilligung des Berechtigten in Gebrauch genommen hat. Dem Anton A hinwiederum wird inhaltlich des ihn betreffenden Schuldspruches angelastet, 1.) gemeinsam mit (den auch deshalb bereits rechtskräftig schuldig gesprochenen Mitangeklagten) Walter B, Renate D und Oskar C fremde bewegliche Sachen den nachgenannten Personen mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch die Sachzueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar a) am 2.August 1977 in Berndorf der Erna E durch Einbruch in eine A***-Tankstelle ein Fernsehgerät unbekannten Wertes, b) am 2. oder 3.August 1977 in Wien dem Kurt F durch Einbruch in eine BP-Tankstelle eine Lederbrieftasche im Wert von 500 S, eine Bankgeldbombe im Wert von 680 S, einen Plastikkoffer mit Werkzeug im Wert von 500 S, ein Taschenrechengerät im Wert von 450 S und 61 S Bargeld, wobei er diese Diebstähle durch Einbruch in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen;

2.) in der Zeit (von Anfang August) bis 24.August 1977 in Wien wiederholt vorsätzlich Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, die die (auch insoweit bereits rechtskräftig schuldig erkannten) Mitangeklagten Walter B, Renate D, Christof G, Wilhelm H und Oskar C durch Einbruchsdiebstahl erlangt hatten, und zwar eine Werkzeugkiste, einen Fernsehapparat, zwei Radiogeräte, verschiedene Lebensmittel, zwei Taschenrechengeräte, einen Schlägelhammer, einen Ölfilterschlüssel, einen Rückblickspiegel, einen Knebelschraubenzieher, einen Föhn, einen Rasierapparat und eine Ledertasche mit zwei Schlüsseln, durch Verbergen in seiner Wohnung verheimlicht zu haben, wobei die mit Strafe bedrohten Handlungen gegen fremdes Vermögen, aus der diese Sachen stammten, (aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung) mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht waren (§ 129 StGB) und ihm die diese Strafdrohung begründende Tatbegehung durch Einbruch bekannt war.

Lediglich der Angeklagte A bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde. Überdies wenden sich er und die Angeklagten B und C gegen die sie betreffenden Strafaussprüche mit Berufungen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat den Beschluß gefaßt, das den Angeklagten C betreffende Rechtsmittelverfahren auszuscheiden und bis zur Entscheidung über einen gemäß dem Art. 140 Abs 1 B-VG. an den Verfassungsgerichtshof zu stellenden Antrag zu unterbrechen. Der Angeklagte A stützt die gegen den ihn betreffenden Schuldspruch gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde auf den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO;

ferner bekämpft er mit dem im Rahmen seiner Berufung der Sache nach geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 10

der vorerwähnten Gesetzesstelle auch die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der ihm angelasteten Einbruchsdiebstähle.

Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung des von seinem Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrages, ihn zum Beweis seiner Zurechnungsunfähigkeit einer gerichtsärztlichen Untersuchung zuzuführen. Das Erstgericht begründete die Abstandnahme von dieser Beweisaufnahme in seinem angefochtenen Zwischenerkenntnis mit dem vom Angeklagten A in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck, der in keiner Weise auf das Vorliegen einer Geisteskrankheit oder Geistesschwäche hindeutete und vor allem mit dem (erst) in der Hauptverhandlung über ihn erstellten Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Dr. Richard I, das auch aus medizinischer Sicht keine Anhaltspunkte für eine Zurechnungsunfähigkeit des Beschwerdeführers erbrachte. Diesen Erwägungen des Erstgerichtes ist im Ergebnis beizupflichten. Der Beschwerdeführer stützte seinen vom Erstgericht abgewiesenen Beweisantrag auf einen in der Hauptverhandlung in Fotokopie vorgelegten Befund der Wiener Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte vom 18.Dezember 1973, in dem ausgeführt wird, daß es sich bei Anton A um ein geburtstraumatisch gehirngeschädigtes Kind mit leichtem bis mittlerem Schwachsinn handeln dürfte. Dazu nahm aber schon der psychiatrische Sachverständige Dr. I in der Hauptverhandlung ausführlich Stellung und gelangte dabei unter Bedachtnahme auf den vom Beschwerdeführer in der Verhandlung gewonnenen Gesamteindruck zum Ergebnis, daß bei ihm derzeit sicherlich nicht mehr ein mittelgradiger, möglicherweise aber (noch) ein leichter Schwachsinn vorliege, dem jedoch aus psychiatrischer Sicht kein Krankheitswert beizumessen sei (Bd. II, S. 339 d.A.). Angesichts dieser von einem erfahrenen Sachverständigen vorgenommenen - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers zu dem seinerzeitigen Befund vom 18.Dezember 1973

in keinem Widerspruch stehenden - unbedenklichen Begutachtung in Verbindung mit dem vom erkennenden Senat vom Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck konnte aber das Erstgericht den in Rede stehenden Beweisantrag ohne Verkürzung von Verteidigungsrechten abweisen, weil ihm schon auf Grund der vorliegenden Verfahrensergebnisse eine verläßliche Beurteilung der Frage der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zur Tatzeit (August 1977) möglich war.

In seiner - in der Berufung enthaltenen und sachlich aus dem Grunde des § 281 Abs 1 Z 10 StPO erhobenen -

Rechtsrüge, die sich gegen die Annahme der gewerbsmäßigen Begehung der ihm zur Last liegenden Diebstähle richtet, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, das Erstgericht habe diese Qualifikation deshalb zu Unrecht bejaht, weil die widerrechtlich angeeigneten Sachen nicht der unmittelbaren Befriedigung der Lebensbedürfnisse gedient hätten und überdies infolge ihrer Geringwertigkeit zur Erzielung einer fortlaufenden Einnahme nicht geeignet gewesen seien.

Auch dieser Rüge kommt Berechtigung nicht zu.

Nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen schlossen sich der Beschwerdeführer und die Mitangeklagten Walter B, Renate D, Christof G, Wilhelm H und Oskar C, die er auch zeitweise in seiner Wohnung beherbergte, zur Begehung von Einbruchsdiebstählen zusammen. Sie verübten in der Folge unter abwechselnder Beteiligung in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark eine Reihe von (u.a. im Sinne des § 129 StGB) qualifizierten Diebstählen, wobei es ihnen darauf ankam, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Angeklagte A wollte nach den weiteren - durch die Verfahrensergebnisse ebenfalls gedeckten (vgl. Bd. II, S. 331 d.A.) - Urteilsfeststellungen auch nach den beiden von ihm gemeinsam mit B, D und C in Tankstellen verübten Einbruchsdiebstählen noch an weiteren Diebstählen aktiv mitwirken, wurde aber zu den weiteren Diebsfahrten infolge Platzmangels in dem für diese Fahrten verwendeten Personenkraftwagen nicht mehr mitgenommen, sodaß er dann nur mehr als Hehler fungierte (Bd. II, S. 360 d.A.).

Entgegen der vom Rechtsmittelwerber vertretenen Auffassung erfordert eine gewerbsmäßige Tatbegehung nicht, daß der Täter die strafbare Handlung schon wiederholt begangen und sich dadurch eine laufende Einnahme bereits verschafft haben muß; es genügt vielmehr die aus der - wenn auch erst einmaligen - Tat erkennbare Absicht des Täters, sich durch Wiederholung der strafbaren Handlung eine für längere Zeit wirksame, der Sicherstellung zumindest eines Teiles des Unterhaltes oder eines zusätzlichen Aufwandes dienende Einkommensquelle zu erschließen (ÖJZ-LSK 1975/93), wobei es auf deren Bedeutung im Rahmen der sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters nicht ankommt (ÖJZ-LSK 1976/191), soweit nur das kriminelle Nebeneinkommen die Bagatellgrenze übersteigt (ÖJZ-LSK 1975/139).

Es ist schließlich auch unerheblich, ob sich die Diebsbeute ihrer Art nach zur unmittelbaren Befriedigung von Lebensbedürfnissen des Täters eignet, weil ja die Erzielung einer fortlaufenden Einnahme auch (in aller Regel erst) durch die Verwertung der gestohlenen Sachen im Wege einer entgeltlichen Veräußerung erreichbar ist (siehe: ÖJZ-LSK 1977/8).

Wenn daher vorliegend das Erstgericht bei Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers, der bei den beiden unter seiner Mitwirkung in Tankstellen verübten Einbruchsdiebstählen unter anderem ein Fernsehgerät, einen Taschenrechner und verschiedenes Werkzeug, sohin keineswegs bloß geringwertige Gegenstände, erbeutete, zu der Überzeugung gelangte, daß (auch) er sich durch die wiederkehrende Begehung solcher (durch Einbruch qualifizierter) Diebstähle eine fortlaufende Einnahme verschaffen wollte, so ist dem Schöffensenat in Annahme der Qualifikation des gewerbsmäßigen Diebstahls (durch Einbruch) im Sinne des § 130 letzter Satz StGB (auch) in Ansehung des Angeklagten A kein Rechtsirrtum unterlaufen. Die sohin unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten war demnach zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte nach dem 2. Strafsatz des § 130 StGB Freiheitsstrafen, und zwar unter Bedachtnahme auf § 28 Abs 1 StGB über den Angeklagten A eine solche von acht Monaten und überdies unter Anwendung des § 11 JGG. über den Angeklagten B eine solche von achtzehn Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht bei beiden genannten Angeklagten als erschwerend deren Vorstrafen, die Wiederholung der Taten durch einen längeren Zeitraum, das Zusammentreffen von mehreren Delikten, bei B überdies dessen führende Beteiligung sowie die Verführung einer unbescholtenen Mitangeklagten. Als mildernd sah es hingegen bei beiden Angeklagten das volle Geständnis und die Zustandebringung der Beute an.

Mit ihren Berufungen streben die genannten Angeklagten eine Herabsetzung des Ausmaßes der über sie verhängten Freiheitsstrafen an.

Lediglich der Berufung des Angeklagten B, nicht aber der des Angeklagten A kommt Berechtigung zu.

Vorweggenommen sei, daß bei keinem der beiden Angeklagten von einer Tatbegehung durch einen längeren Zeitraum die Rede sein kann, die Annahme eines solchen Erschwerungsumstandes durch das Erstgericht daher verfehlt war. Ungeachtet dessen erweist sich nur die Berufung des Angeklagten B als berechtigt. Zwar schließt die Tatsache, daß dieser Angeklagte zur Tatzeit noch Jugendlicher war, keineswegs seine Führungs- und Verführerrolle aus, zumal er bereits trotz seiner Jugend mehrfach einschlägig vorbestraft ist. Neben der Anwendung des § 11 JGG. aber kann nicht noch gesondert die Tatsache des jugendlichen Alters als mildernd reklamiert werden. Dennoch vermeint der Oberste Gerichtshof, daß trotz der unverkennbaren kriminellen Neigung dieses Angeklagten, die in der Vielzahl der diebischen Angriffe zum Ausdruck kommt, die Strafe doch etwas zu hoch ausgefallen ist, weshalb sie in Stattgebung der Berufung auf das für erfolgversprechende Resozialisierungsbemühungen ausreichende Ausmaß von fünfzehn Monaten herabzusetzen war. Der Angeklagte A begehrt seinerseits die Herabsetzung des Strafmaßes ausschließlich unter dem Gesichtspunkt einer seiner Meinung nach unberechtigten Annahme einer gewerbsmäßigen Begehung des ihm angelasteten Diebstahls, eine Auffassung, die bereits in Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten widerlegt wurde. Die Strafe wurde vom Erstgericht im Falle dieses Angeklagten ohnedies in faktischer Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung nach dem § 41 StGB mit bloß acht Monaten ausgemessen und dabei dem Umstand Rechnung getragen, daß der Wert der von ihm zu vertretenden Diebsbeute nur gering und er selbst nicht allzu gravierend vorbestraft ist.

Seiner Berufung war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02153

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00113.78.1005.000

Dokumentnummer

JJT_19781005_OGH0002_0130OS00113_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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