TE OGH 1978/10/11 10Os133/78

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Veröffentlicht am 11.10.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hammer als Schriftführer in der Strafsache gegen Kurt A wegen der Finanzvergehen nach den §§ 37 Abs 1 lit a, 46 Abs 1 lit a FinStrG. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16.November 1977, GZ 6 c Vr 5844/77-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kreinhöfner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben sowie unter Bedachtnahme gemäß § 21 Abs 3 und 4 FinStrG. (n.F.) auf die vom Finanzamt für den II. und XX. Bezirk in Wien am 13.November 1973, Straflisten-Nr. 364/73, und vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien am 6.Mai 1975, Straflisten-Nr. 72/75, verhängten Strafen die Geldstrafe auf 150.000 (einhundertfünfzigtausend) Schilling, für den Fall der Uneinbringlichkeit 3 (drei) Monate Ersatzfreiheitsstrafe, und die Wertersatz-Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 (einen) Monat herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.August 1926 geborene, früher als Transportunternehmer tätig gewesene Kurt A der Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs 1 lit a FinStrG. und der Monopolhehlerei nach dem § 46 Abs 1 lit a FinStrG. schuldig erkannt, weil er am 21.September 1970 in Süßenbrunn (in Tateinheit) 1. vorsätzlich Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, und zwar (in 216 Kartons zu je 10.000 Stück verpackte) 2,160.000 Stück ausländische Zigaretten, und 2. vorsätzlich Monopolgegenstände, hinsichtlich welcher in Monopolrechte eingegriffen worden war, nämlich die zu 1. angeführten Zigaretten, verheimlicht hat.

Rechtliche Beurteilung

Der auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z. 9 lit b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diese Schuldsprüche kommt keine Berechtigung zu. Zu Unrecht reklamiert der Beschwerdeführer zunächst aus dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund für sich entschuldigenden Notstand (§ 10 FinStrG. alte und neue Fassung inhaltlich gleich). Hiefür wäre nämlich unter anderem erforderlich, daß der Angeklagte die mit Strafe bedrohten Taten beging, um einen unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil von sich oder einem anderen abzuwenden. Davon kann hier nicht gesprochen werden. Der Angeklagte hat (in der Hauptverhandlung) lediglich sinngemäß vorgebracht, er habe befürchtet, die überbringer des auf einem LKW. verladenen Schmuggelguts - dessen Ent- und Umladung auf seinem Lagerplatz A den Urteilsfeststellungen zufolge nach anfänglicher Weigerung zustimmte und sich auch daran beteiligte, wofür er (mit 5.000 S) 'honoriert' wurde - könnten ihn wegen seiner Beteiligung an früheren Schmuggelfahrten 'verraten' (s. Bd. III, S. 283, Bd. I, S. 235 und Bd. II, S. 55); er hat damit aber lediglich eine gewisse subjektive Besorgnis, nicht aber einen ihm tatsächlich und unmittelbar drohenden bedeutenden Nachteil behauptet.

Außerdem kann sich auf Notstand nicht berufen, wer strafbare Handlungen verübt, um die Entdeckung anderer Straftaten zu verhindern (Leukauf-Steininger S. 100;

LSK. 1977/53).

So gesehen bestand für das Erstgericht weder in tatsächlicher Hinsicht noch aus rechtlichen Gründen ein Anlaß, im Urteil zur Frage Stellung zu nehmen, ob dem Beschwerdeführer vorliegend allenfalls Notstand zugute komme.

Mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10

des § 281 Abs 1 StPO vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, daß beim Verheimlichen von Zigaretten - als Nachtat zu deren illegalen Einfuhr - lediglich die Strafbestimmung des § 46 (Abs 1 lit a) FinStrG. zum Zuge komme; § 37 (Abs 1) FinStrG. beziehe sich bei Monopolgegenständen lediglich auf Erzeugnisse aus Branntwein (bzw. Branntwein selbst), sodaß Idealkonkurrenz zwischen Abgabenhehlerei und Monopolhehlerei nur in Betracht komme, wenn der Monopolgegenstand Branntwein das Objekt der Straftat bildet.

Diese Rechtsansicht ist verfehlt:

Gegenstand einer Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1

lit a FinStrG. (insoweit alte gleich neuer Fassung) sind u.a. Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel oder eine Verkürzung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, sowie Erzeugnisse aus Branntwein, hinsichtlich dessen dies der Fall war. Als Gegenstand einer Monopolhehlerei gemäß dem § 46 Abs 1 lit a FinStrG. (insoweit neue Fassung gleich der alten im Zusammenhang mit dem früheren Abs 2) kommen Monopolgegenstände, hinsichtlich welcher Monopoleinnahmen verkürzt wurden oder in Monopolrechte eingegriffen wurde, sowie Erzeugnisse aus Branntwein, der Gegenstand einer solchen Verkürzung oder eines Monopoleingriffs war, in Betracht. § 17 Abs 4 FinStrG.

(im § 46 Abs 1 FinStrG. a.F. und n.F. bezogen) nennt schließlich als Monopolgegenstände: Branntwein, Salz und Gegenstände des Tabakmonopols (Tabak und Tabakwaren).

Daraus ergibt sich eindeutig, daß der Sachbegriff des § 37 Abs 1 lit a FinStrG. mangels einer bezüglichen Einschränkung sämtliche dieser Monopolgegenstände, mithin auch Zigaretten, umfaßt, daß außerdem aber die (auch im § 46 Abs 1 FinStrG. genannten) Erzeugnisse aus Branntwein zollunredlicher bzw. monopolwidriger Provenienz den Gegenstand der Finanzvergehen der Abgabenhehlerei und Monopolhehlerei - bei Branntweinerzeugnissen ähnlich einer Ersatzhehlerei - bilden können. Bei den übrigen im § 17 Abs 4 FinStrG. genannten Monopolgegenständen (Salz, Tabak und Tabakwaren) konnte, deren Beschaffenheit Rechnung tragend, eine solche Ausdehnung auf unter ihrer Verwendung hergestellte Erzeugnisse unterbleiben.

Die dem Urteil zugrundeliegende echte Idealkonkurrenz der Abgaben- und Monopolhehlerei nach den §§ 37 Abs 1

lit a und 46 Abs 1 lit a FinStrG. - in Ansehung von 2,160.000 Stück im Inland verheimlichter, ausländischer Zigaretten - wurde darnach ohne Rechtsirrtum angenommen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte Kurt A nach den §§ 37 Abs 2, 46 Abs 2 lit b FinStrG. sowie unter Bedachtnahme auf § 21 Abs 1 und 2 FinStrG. zu einer Geldstrafe von 200.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit fünf Monate Ersatzfreiheitsstrafe, und gemäß § 19 Abs 4 FinStrG. zu einem Wertersatz von 34.105,20 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zweieinhalb Monate Ersatzfreiheitsstrafe. Bei der Strafzumessung wertete das Schöffengericht als erschwerend die Verwirklichung zweier Tatbestände und das Vorliegen finanzbehördlicher Strafen; hingegen als mildernd die geständige Verantwortung des Angeklagten sowie sein zunächst eingehaltenes Bestreben, sich aus der Sache herauszuhalten. Bei der Bestimmung des Wertersatzes hat das Erstgericht folgenden Aufteilungsschlüssel zugrundegelegt: Geschäftsherr (Martin B):

70 Anteile, Organisator des Schmuggels (Fritz C):

40 Anteile, Lenker des Schmuggeltransports (Johann D):

20 Anteile, inländischer Großabnehmer (Anastase E):

55 Anteile, Lagerplatzbesitzer (Angeklagter): 5 Anteile. Der allgemeine Berufungsantrag des Kurt A auf Minderung des ausgesprochenen Strafmaßes ist seinem Wortlaut nach dahin aufzufassen, daß die Herabsetzung aller im angefochtenen Urteil verhängten Strafen begehrt wird.

Die Erledigung der Berufung hat ebensowohl vom Günstigkeitsvergleich auszugehen, der im Art. VII § 2 Abs 1

Ende FinStrGNov. ' 75. vorgeschrieben ist. Tatzeit war, wie gesagt, September 1970. Bis zum Jahr 1975 hat der Berufungswerber finanzbehördliche Bestrafungen erlitten. Das Urteil in dieser Sache ist im November 1977 erflossen. Das wirft die Frage der Rücksichtnahme auf die Zwischenstrafen auf.

Der zur Tatzeit in Geltung gestandene § 216 FinStrG. sah nur die Bedachtnahme auf Freiheitsstrafen vor. Demgegenüber normiert § 21 Abs 3 und Abs 4 FinStrG. n.F.

die Rücksicht auf jedwede Zwischenstrafe. Das gilt argumento 'unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Strafbemessung (§ 23)' im § 19 Abs 4 FinStrG. n.F. (zu diesen Grundsätzen gehört jedenfalls § 21 Abs 3 und 4 FinStrG. n.F.) und im Hinblick auf § 23 Abs 4 Ende FinStrG. n.F. auch für die Strafe des Wertersatzes (Wertersatz-Zusatzstrafe). Demnach ist bei der Berufungserledigung auf folgende Strafverhängungen Bedacht zu nehmen: 1. des Finanzamts für den II. und XX. Bezirk in Wien vom 13.November 1973, Straflisten-Nr. 364/73 (5.500 S wegen § 48 Abs 1 lit a FinStrG. a.F.), 2. des Finanzamts für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien vom 6.Mai 1975, Straflisten-Nr. 72/75 (1.100 S wegen § 39 Abs 1 lit c FinStrG. a.F.).

Zieht man dazu in Betracht, daß seit der urteilsgegenständlichen Tat mehr als acht Jahre verstrichen sind und daß der Berufungswerber an dem deliktischen Gesamtgeschehen nur in untergeordneter Weise beteiligt war, so erscheint die Berufung gegen die Höhe der Geldstrafe und gegen das Ausmaß der Wertersatz-Ersatzfreiheitsstrafe begründet. Diese Strafen waren wie eingangs zu ermäßigen. Dem (aus dem Berufungsantrag zu entnehmenden) Begehren auf Minderung des Wertersatzes konnte in Anbetracht von dessen Bestimmung mit bloß etwa zweieinhalb Prozent des zugrundegelegten gemeinen Werts nicht nähergetreten werden, wenngleich seit der FinStrGNov. ' 75 bei der Verhängung von Geldstrafen und Wertersatzstrafen einheitlich von den allgemeinen Grundsätzen der Strafbemessung (§§ 21, 23 Abs 1 bis 3 FinStrG.) auszugehen ist, Geldstrafen und Wertersatzstrafen also jetzt kommensurable Unrechtsfolgen sind.

Anmerkung

E01490

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00133.78.1011.000

Dokumentnummer

JJT_19781011_OGH0002_0100OS00133_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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