TE OGH 1978/10/24 11Os67/78

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Veröffentlicht am 24.10.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Oktober 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Borutik und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Dienst, Dr.Kießwetter, Dr.Schneider und Dr.Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Seidl als Schriftführer in der Strafsache gegen Alfred A und andere wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und 2 Z 2 und 4 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Alfred A und Peter B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21. November 1977, GZ 4 a Vr 7871/76-256, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen sowie die Berufung des Angeklagten Kurt C nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter, der Ausführungen der Verteidiger, Rechtsanwälte Dr.Knaipp, Dr.Siegl und Dr.Sattler und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred A wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das ansonsten aufrecht bleibt, in Ansehung des Angeklagten Alfred A im Ausspruch über die rechtliche Unterstellung der zu Punkt B/I und B/IV des Schuldspruches bezeichneten Tathandlungen auch unter die Bestimmung des § 84 Abs 1 StGB sowie in dem den Angeklagten Alfred A betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO wie folgt in der Sache selbst erkannt:

Für die im aufrecht bleibenden Schuldspruch bezeichneten Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1 84 Abs 2 Z 2 und 4 StGB und des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach dem § 269 Abs 1 StGB wird Alfred A gemäß dem § 84 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 (sieben) Monaten verurteilt.

Der Ausspruch über die Vorhaftanrechnung (§ 38 StGB) wird aus dem erstinstanzlichen Urteil übernommen. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred A ebenso wie jene des Angeklagten Peter B verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Alfred A auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Berufungen der Angeklagten Peter B und Kurt C wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden neben anderen der am 9.Oktober 1949 geborene Putzereiunternehmer Alfred A des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1, Abs 2 Z 2 und 4 StGB und des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach dem § 269 Abs 1 StGB, sowie der am 7.Juni 1957 geborene, zuletzt beschäftigungslose Peter B und der am 23.September 1957 geborene, zuletzt ebenfalls beschäftigungslose Kurt C jeweils des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1

und 2 StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 und Abs 2 Z 2 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1, 2 und 3 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Dieser Schuldspruch erfolgte unter anderem deshalb, weil in Wien

.......

B) andere am Körper verletzten   I. Alfred A am 12.Mai 1975 den

Polizeiwachmann  Hans D wegen und während der Vollziehung  seiner

Aufgaben, indem er ihm einen Fenster-

flügel auf die Hand schlug, wodurch der Genannte  eine Quetschung

im Bereich der linken Mittelhand  erlitt;

.......

III. Peter B, Johannes E, Heinrich F und Kurt C sowie die bereits abgesondert verurteilten Jugendlichen Heinz E und Helmut I in verabredeter Verbindung von mindestens drei Personen am 9.September 1976

a) die Ingrid J durch einen Schlag mit einem harten Gegenstand gegen den Kopf, woraus eine Rißquetschwunde am Hinterkopf erfolgte, b) den Franz K durch Schläge mit einer Fahrradkette und einem Schlagstock sowie durch Fußtritte, woraus Blutunterlaufungen erfolgten;

IV. Alfred A, Peter B, Johannes E, Heinrich F und Kurt C sowie der abgesondert verfolgte Manfred L und die bereits abgesondert verurteilten Jugendlichen Heinrich (Heinz) E und Helmut I in verabredeter Verbindung von mindestens drei Personen am 10.September 1976

a) die Regina M durch einen Schlag mit einer Holzlatte gegen den Kopf, woraus eine Platzwunde an der linken Stirnseite sowie Blutunterlaufungen an beiden Augen erfolgten, b) den Dr.Herbert N durch einen Schlag mit einem harten Gegenstand gegen den rechten Daumen, woraus eine blutende Wunde und Schürfstellen erfolgten;

C) Alfred A am 12.Mai 1975 einen Beamten, nämlich den Polizeiwachmann Hans D, mit Gewalt an der Vorführung zum Verwaltungsstrafvollzug zum Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund, sohin an einer Amtshandlung, hinderte, indem er ihm das Seitenfenster der Wohnungstür entriß und den Fensterflügel auf die Hand schlug.

Gegen die Punkte B/I, B/IV und C und somit gegen den gesamten ihn betreffenden Schuldspruch richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred A, während der Angeklagte Peter B mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde nur die Punkte B/III und B/IV des Schuldspruches bekämpft, im übrigen aber seinen Schuldspruch unangefochten läßt.

Der Angeklagte Alfred A macht in seiner Nichtigkeitsbeschwerde die Nichtigkeitsgründe der Ziffern 5

und 10, inhaltlich seines Vorbringens aber auch jene der Ziffer 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO geltend.

Rechtliche Beurteilung

Was zunächst die vom Beschwerdeführer in bezug auf den Schuldspruch wegen schwerer Körperverletzung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt, begangen am Polizeiwachmann Hans D (Punkte B/I und C des Urteilssatzes), gerügten Begründungsmängel anbelangt, so ist zwar richtig, daß sich der Vorfall vom 12.Mai 1975 nach der Aktenlage nicht in Wien X, Neilreichgasse 98, sondern in bzw. vor der Wohnung des Alfred A in Wien IX, Glasergasse 5 ereignet hat (Seiten 13 ff/I.Band), doch ist daraus für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen, zumal die Tat ungeachtet dieses dem Erstgericht unterlaufenen Versehens unverwechselbar spezifiziert erscheint und insoweit daher weder ein entscheidungswesentliche Umstände betreffender Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO noch ein Verfahrensmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 3 (260 Abs 1 Z 1) StPO vorliegt. Auf die vom Beschwerdeführer daraus zu seinem Vorteil abgeleiteten rechtlichen Konsequenzen wird bei der Behandlung der bezüglichen Rechtsrüge einzugehen sein. Im Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Widerspruch hat das Erstgericht keineswegs festgestellt, daß Alfred A bereit gewesen sei, auch die zweite Geldstrafe in Höhe von 1.000 Schilling zu bezahlen, sondern es hat nur die dahinlautende Verantwortung des Angeklagten wiedergegeben (Seite 201/IV.Band). Aus dem Umstand, daß Alfred A, ohne die Geldstrafen bezahlt zu haben, dem Polizeibeamten den geöffneten Fensterflügel entrissen, diesen dem Beamten zweimal auf die Hand geschlagen und sodann geschlossen hat, worauf er durch ein anderes Fenster unbemerkt aus der Wohnung geflüchtet ist, konnte das Erstgericht vielmehr durchaus denkrichtig folgern, daß Alfred A tatsächlich nicht bereit gewesen war, die (gesamten) Geldstrafen zu bezahlen, sondern sich dem Strafvollzug entziehen wollte. Auch konnte das Erstgericht bei dieser Sachlage mit zureichendem Grund annehmen, daß der Angeklagte beim Zuschlagen des Fensters mit einer Verletzung des Polizeibeamten gerechnet und eine solche in Kauf genommen hat, zumal Alfred A vor dem Untersuchungsrichter angegeben hatte, der Beamte habe die Hand im Fenster gehabt, es könne sein, daß er beim Zudrücken des Seitenfensters leicht verletzt wurde, er habe wohl gespürt, daß der Beamte die Hand im Fenster hatte, habe aber das Fenster schließen und flüchten wollen. Im Zuge dieser Vernehmung hat Alfred A weiters angegeben, das Fenster zugeschlagen zu haben, weil er sich so geärgert habe, und sich in diesem Sinne schuldig bekennen zu müssen (Seiten 235 und 235 a/II.Band), womit sich die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe auch vor dem Untersuchungsrichter jedwede Schuld geleugnet, als unzutreffend erweist.

Mit dem Umstand, daß die Angaben des Zeugen Hans D in der Hauptverhandlung in einigen Punkten von seinen im Vorverfahren gemachten Angaben abwichen, hat sich das Erstgericht in den Entscheidungsgründen ohnehin auseinandergesetzt, hat sich jedoch - unter Verwertung des von den Beteiligten in der Hauptverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruckes und der von Alfred A vor dem Untersuchungsrichter gemachten Angaben - nicht veranlaßt gesehen, den belastenden Angaben des Zeugen und insbesondere seiner Bekundung, daß Alfred A das Fenster zweimal gegen seine dazwischen befindliche Hand geschlagen hat, den Glauben zu versagen (Seiten 200 ff/IV.Band). Dazu ist zu bemerken, daß der Vorfall im Zeitpunkt der Hauptverhandlung mehr als zweieinhalb Jahre zurücklag und der Zeuge D gleich zu Beginn seiner Vernehmung erklärt hat, sich an diesen Vorfall nicht mehr erinnern zu können (Seite 56/IV.Band). In materiellrechtlicher Hinsicht bezweifelt der Beschwerdeführer, damit den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO geltend machend, daß es sich bei der Gegenstand des Punktes B/I des Schuldspruches bildenden Verletzung des Polizeibeamten Hans D überhaupt um eine Körperverletzung im Sinne des § 83 StGB handelt. Auch insoweit kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Am Körper verletzt, wer in die körperliche Integrität eines anderen nicht ganz unerheblich eingreift und Erscheinungen bewirkt, die allgemein als Verletzungen oder Wunden bezeichnet werden (ÖJZ-LSK 1976/

278; Foregger-Serini, StGB2, 156).

Bei der vom Erstgericht festgestellten und durch den Befund des Polizeiamtsarztes (S.15/I.Band) hinlänglich objektivierten leichten Quetschung im Bereich der linken Mittelhand handelt es sich jedenfalls um eine solche Verletzung im landläufigen Sinn. Die Qualifikation als schwere Körperverletzung nach § 84 Abs 2 Z 4 StGB ergibt sich daraus, daß die Tat an einem Beamten während und wegen der Vollziehung seiner Aufgaben begangen worden ist. Hingegen erweist sich die Unterstellung unter die Bestimmung des § 84 Abs 1 StGB als verfehlt und der bezügliche Ausspruch somit als rechtsirrig im Sinne des § 281 Abs 1 Z 10 StPO, weil die Tat weder eine länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit zur Folge hatte noch die Verletzung an sich schwer war.

In diesem Punkte war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred A Folge zu geben, das angefochtene Urteil im Ausspruch über die rechtliche Unterstellung der von den Punkten B/I und - wie noch darzulegen sein wird - B/IV des Schuldspruches erfaßten Tathandlungen auch unter die Bestimmung des § 84 Abs 1 StGB und demgemäß auch in dem den Angeklagten Alfred A betreffenden Strafausspruch aufzuheben und im Umfange dieser Aufhebung wie aus dem Spruche ersichtlich zu erkennen.

In bezug auf den Schuldspruch wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt (Punkt C des Urteilssatzes) vermißt der Angeklagte Feststellungen, wonach er wußte, daß er zum Verwaltungsstrafvollzug vorgeführt werden sollte.

Hiezu ergibt sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils, daß Alfred A das auf eine Geldstrafe von 500 S, im Nichteinbringungsfall drei Tage Arrest, lautende Straferkenntnis vom 26.September 1974 zur Kenntnis genommen hatte, vom Polizeibeamten Hans D auch auf den weiters ausstehenden Betrag von 1.000 S aufmerksam gemacht worden war und Gewalt anwendete, um aus der Wohnung flüchten und sich dem Strafvollzug entziehen zu können (Seiten 199-200/IV.Band). Straffreiheit nach dem § 269 Abs 4 StGB kommt dem Angeklagten nicht zustatten, weil der Zeuge D als Polizeibeamter zu der von ihm vorgenommenen Amtshandlung ihrer Art nach unbeschadet der Frage, in welchem Bezirk und Kommissariatsbereich die Amtshandlung durchgeführt wurde, berechtigt gewesen ist (siehe hiezu Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 1098).

Den Punkt B/IV des Schuldspruches anlangend erblickt der Angeklagte Alfred A einen Widerspruch im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO darin, daß das Erstgericht einerseits angenommen habe, er und die anderen Angeklagten hätten beschlossen, in die 'Arena' zu fahren, um eine Schlägerei zu inszenieren, anderseits aber festgestellt habe, daß er selbst erst etwas später mit Dr.O und Dr.P nachgekommen sei. Die betreffenden Annahmen schließen einander jedoch keineswegs aus, zumal auch die anderen Angeklagten vom Parteilokal in der Prinz Eugen-Straße getrennt in Gruppen zur 'Arena' fuhren (S.212/IV.Band). Die vom Erstgericht unter Hinweis auf S.114/IV.Band getroffene Feststellung, wonach Alfred A bereits vor Beginn der Rauferei in Begleitung des Dr.P und des Dr.O auf dem Arena-Gelände gesehen worden war, gründet sich auf die Aussage des Franz K und ist mit der Urteilsannahme, daß Alfred A etwas später als die anderen Angeklagten dort angekommen war, durchaus zu vereinbaren. Von entscheidungswesentlicher Bedeutung erscheint zudem nur, ob Alfred A so rechtzeitig am Tatort anwesend war, um erforderlichenfalls in die nach Annahme des Erstgerichtes von den Angeklagten vereinbart gewesene Schlägerei eingreifen zu können (vgl. ÖJZ-LSK 1977/192; Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 431).

Mit der Verantwortung des Angeklagten A, in der 'Arena' sei an diesem Aband lediglich eine Plakataktion beabsichtigt gewesen, in welchem Sinne sich auch die Mitangeklagten verantworteten, Dr.O, Dr.P und er hätten sich nur zur 'Arena' begeben, um nachzusehen, ob auch plakatiert wurde, und er habe erst, als Manfred L eine Eisenstange auf den Kopf bekam, einen Prügel erfaßt, in die um L versammelte Gruppe geworfen und dadurch L das Leben gerettet (S.43/IV.Band), setzt sich das Erstgericht in den Gründen des angefochtenen Urteils eingehend auseinander, hat dieser Darstellung jedoch mit schlüssiger Begründung den Glauben versagt und in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, daß es bereits am Vortag in der 'Arena' zu einer Schlägerei gekommen war, wovon Alfred A wußte. Mit dem Vorbringen, Dr.O, Dr.P und er hätten an diesem Abend nur die eine Absicht verfolgt, sich den Betrieb in der 'Arena' anzusehen, weil geplant gewesen sei, ein neues Plakat gegen den Rauschgifthandel zu entwerfen und in Druck gehen zu lassen, wofür gleichsam Vorstudien gemacht werden sollten (S.335/IV.Band), weicht der Beschwerdeführer von seiner Verantwortung in der Hauptverhandlung ab, laut welcher schon an dem betreffenden Abend Plakate mit dem Thema 'Todesstrafe für Rauschgifthändler' angebracht werden sollten und er und seine Begleiter nachsehen wollten, ob auch plakatiert wurde (Seiten 43-44/IV.Band).

Aus dem Umstand, daß sämtliche Beteiligte zwar von Anfang an ihr Auftreten im Arena-Gelände mit Plakatieren begründet hatten, bezüglich der Einzelheiten jedoch divergierende Angaben machten und am Tatort trotz eingehender Suche weder Plakate noch Kleisterkübel vorgefunden worden sind, konnte das Erstgericht auch durchaus denkrichtig den Schluß ziehen, daß es sich bei der in Rede stehenden Plakataktion nur um einen von den Angeklagten als Vorwand gebrauchten Neben- oder Deckungszweck handelte (Seiten 216- 217/IV.Band).

Der Einwand des Beschwerdeführers, er hätte, wäre eine Schlägerei verabredet gewesen, keinen Straßenanzug mit Krawatte getragen, stellt überhaupt nur einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung dar. Tatsache und Art der Verletzung des Manfred L ergeben sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils (S.215/IV.Band). Von wem der Genannte bis zum Eintreffen der Polizei versorgt worden ist, ob er sich beim Eintreffen der Polizei entfernen wollte und ob er Polizeibeamte, Krankenschwestern und örzte beschimpfte, ist für die strafrechtliche Beurteilung des Verhaltens des Angeklagten A belanglos.

Für rechtsirrig erachtet der Beschwerdeführer den Schuldspruch deshalb, weil er nur weitere Angriffe auf Manfred L habe verhindern wollen und sohin lediglich von seinem Recht zur Nothilfe (§ 3 StGB) Gebrauch gemacht habe, mit welchem Vorbringen vom Angeklagten der Sache nach nicht der angerufene Nichtigkeitsgrund der Z 10, sondern jener der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StGB geltend gemacht wird. Die Rechtsrüge ist jedoch nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil der Beschwerdeführer darin nicht den vom Erstgericht festgestellten und als erwiesen angenommenen Sachverhalt mit dem darauf zur Anwendung gebrachten Strafgesetz vergleicht, sondern von seiner - vom Erstgericht mit mängelfreier Begründung abgelehnten - Verantwortung und somit von urteilsfremden Annahmen ausgeht.

Den Urteilsfeststellungen zufolge hat nämlich Alfred A Regina M (Punkt B/IV/a des Schuldspruches) keineswegs deshalb niedergeschlagen, um Manfred L zu Hilfe zu kommen, sondern ist entsprechend der von den Angeklagten getroffenen Verabredung selbst als Angreifer gegen Regina M vorgegangen, während sich Manfred L in einiger Entfernung bei einer anderen Gruppe schlug (S.214/IV.Band). Wenn der Beschwerdeführer meint, es könne schon wegen des zahlenmäßigen Verhältnisses nicht angenommen werden, daß sich sechs Leute mit mindestens 200 Personen anlegen wollten, ihm sei dies umsoweniger zuzumuten, als seine Frau wenige Tage vor der Niederkunft gestanden sei, und es entspreche seinem Naheverhältnis zu Manfred L, daß er diesem beistehen wollte, so handelt es sich bei diesem Vorbringen seiner Zielrichtung nach ebenfalls nur um einen im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Angriff auf die erstrichterliche Beweiswürdigung, mit welchem weder ein Feststellungsnoch ein Begründungsmangel aufgezeigt wird.

Was die Zurechnung der Verletzung des Dr.Herbert N (Punkt B/IV/b des Schuldspruches) anbelangt, so war es hiezu nicht erforderlich, daß Alfred A an den Genannten selbst Hand angelegt oder sonst an der Tatausführung unmittelbar aktiv mitgewirkt hat. Denn auch wer auf Grund verabredeter Verbindung von mindestens drei Personen nur durch seine bloße Anwesenheit am Tatort seinen Willen zum allfälligen Eingreifen in den Ereignisablauf zum Ausdruck bringt, haftet gemäß dem § 84 Abs 2 Z 2 StGB für den ganzen aus der Tätigkeit aller Verabredeten hervorgegangenen Erfolg, mag er auch selbst keine unmittelbar zu Verletzungen führenden Aktivitäten gesetzt haben (ÖJZ-LSK 1977/192).

Hingegen läßt sich die vom Erstgericht vorgenommene Subsumtion der dem Angeklagten Alfred A laut Punkten B/I und B/IV des Schuldspruches zur Last fallenden Handlungen unter die Bestimmung des § 84 Abs 1 StGB auch aus dem vom Schuldspruch zu B/IV erfaßten Sachverhalt nicht ableiten, weil auch die Verletzungen der Regina M und des Dr. Herbert N weder eine Gesundheitsschädigung oder eine Berufsunfähigkeit von 24 Tagen übersteigende Dauer zur Folge hatten, noch als an sich schwer zu beurteilen sind (vgl. auch den amtsärztlichen Befund auf S.79 des unter ON 8 einbezogenen Aktes 24 e Vr 7597/76.

Von diesem Anfechtungspunkt abgesehen, war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred A jedoch zu verwerfen. Der Angeklagte Peter B stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO, macht jedoch der Sache nach jene der Z 5 und 9 lit a der angeführten Gesetzesstelle geltend.

Den Schuldspruch zu Punkt B/III des Urteilssatzes betreffend den Vorfall vom 9.September 1976 hält der Beschwerdeführer deshalb für offenbar unzureichend begründet, weil es sich beim Ausspruch des Erstgerichtes, 'die Feststellung des Tatverlaufes gründet sich auf die glaubwürdigen Angaben der vernommenen Zeugen' (S.212 IV.Band), um eine allgemeine Floskel handle, die eine überprüfung durch das Höchstgericht nicht zulasse, da man daraus nicht entnehmen könne, welchen Angaben das Gericht folgte und was es für besonders glaubwürdig oder vielleicht für weniger glaubwürdig erachtete. Diesem Einwand käme jedoch nur dann Berechtigung zu, wenn sich das Erstgericht in den Entscheidungsgründen auf diesen Ausspruch beschränkt hätte. Aus dem angefochtenen Urteil geht aber ohnehin hervor, welcher Tatverlauf als erwiesen angenommen wurde und daß es sich bei den erwähnten Zeugen um die im betreffenden Abschnitt der Entscheidungsgründe namentlich genannten Zeugen Dirk Q, Ingrid J und Franz K handelt (Seiten 211-212 in Verbindung mit S.196/IV.Band). Ebenso ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, daß der Schöffensenat die Angaben dieser Zeugen über den Tatverlauf grundsätzlich für glaubwürdig erachtet hat.

Für unzureichend begründet erachtet der Angeklagte Peter B auch den Schuldspruch zu Punkt B/IV des Urteilssatzes betreffend den Vorfall vom 10.September 1976, weil die für die vom Erstgericht als erwiesen angesehene Verabredung gegebene Begründung, Peter B habe sich mit den übrigen Angeklagten vorher im NDPLokal getroffen (S.212/IV.Band), nicht nachzuvollziehen sei.

Auch in diesem Punkte kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden.

Daß sich die Angeklagten am 10.September 1976 im NDP-Lokal getroffen hatten, bestätigte Peter B selbst (S.81 des unter ON 8 einbezogenen Aktes 24 e Vr 7597/76 und S.20/IV.Band). Die vom Erstgericht aus der Tatsache dieser Zusammenkunft, dem organisierten Eintreffen und Aufteilen der Angeklagten in kleine Gruppen auf dem Arena-Gelände, die Mitnahme von Waffen und den Umstand, daß es bereits am Tag zuvor in der 'Arena' zu einer Schlägerei gekommmen war (Seiten 212 und 215/IV.Band), abgeleitete Annahme, daß bei dieser Gelegenheit die spätere Schlägerei verabredet wurde, steht mit den Denkgesetzen und mit der Lebenserfahrung in Einklang.

Schließlich vermißt der Angeklagte Peter B Feststellungen darüber, daß er mit den Verletzungen der Ingrid J und des Franz K (Punkt B/III/a und b des Schuldspruches) bzw. mit den Verletzungen der Regina M und des Dr. Herbert N (Punkt B/IV/a und b des Schuldspruches) direkt in Verbindung zu bringen oder auch nur zur Unterstützung der anderen Angeklagten am Tatort gewesen wäre. Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Wie schon bei der Behandlung der Rechtsrüge des Angeklagten Alfred A dargelegt wurde, haftet jeder, der auf Grund verabredeter Verbindung von mindestens drei Personen auch nur durch seine bloße Anwesenheit am Tatort seinen Willen zum allfälligen Eingreifen in den Ereignisablauf zum Ausdruck bringt, gemäß § 84 Abs 2 Z 2 StGB - vom vorliegend nicht in Betracht kommenden Fall eines excessus mandati abgesehen - für den ganzen aus der Tätigkeit aller Verabredeten hervorgegangenen Erfolg, mag er auch selbst keine unmittelbar zu Verletzungen führenden Aktivitäten gesetzt haben (ÖJZ-LSK 1977/192).

Die vom Beschwerdeführer vermißte Feststellung, daß er nur zur Unterstützung der anderen am Tatort gewesen sei, hat das Erstgericht nicht getroffen, weil inhaltlich der Entscheidungsgründe der Angeklagte Peter B, nachdem er sich in beiden Fällen mit Johannes E, Heinrich F und Kurt C und am 10.September 1976 überdies mit Alfred A (Faktum B/IV) zur Begehung der Taten verabredet hatte, selbst zu den Angreifern gezählt hat (Seiten 211-212/IV.Band).

Sofern der Beschwerdeführer jedoch die Tatsache der verabredeten Verbindung in Abrede stellt, ist die Rechtsrüge nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil solcherart nicht der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt, sondern die - vom Schöffensenat abgelehnte -

anderslautende Version der Angeklagten mit dem darauf anzuwendenden Strafgesetz verglichen wird.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B war daher zur Gänze zu verwerfen.

Infolge Aufhebung des Urteiles in einem Teil des den Angeklagten Alfred A betreffenden Schuldspruches (und demgemäß auch im darauf Bezug habenden Strafausspruch) war hinsichtlich dieses Angeklagten die Strafe neu zu bemessen.

Dabei wurde als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Straftaten, die einschlägige Vorstrafe, der rasche Rückfall und die Verletzung zweier Personen bei der Tat vom 10.September 1976 gewertet, als mildernd nichts.

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe erscheint eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von sieben Monaten dem Unrechtsgehalt der Taten und der Schwere der Schuld des Täters angemessen. Eine bedingte Strafnachsicht kam schon mit Rücksicht auf den raschen Rückfall nicht in Frage.

Mit seiner durch die Strafneubemessung gegenstandslos gewordenen Berufung war Alfred A auf diese Entscheidung zu verweisen. über die Angeklagten Peter B und Kurt C verhängte das Erstgericht jeweils nach dem § 129 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB sowie hinsichtlich Kurt C auch unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf die Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. Dezember 1976, 1 a E Vr 8673/76, und vom 22.Dezember 1976, 10 E Vr 8777/76, Freiheitsstrafen im Ausmaß von 22 Monaten (B) und zwei Jahren (C).

Es nahm dabei als erschwerend jeweils die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen der gleichen und verschiedener Art, die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die bei C den Voraussetzungen des § 39 StGB entsprechen, die Verletzung mehrerer Personen bei jeweils einer Tat, die Begehung strafbarer Handlungen während des anhängigen Strafverfahrens, bei C überdies den raschen Rückfall an und zog als mildernd jeweils das Teilgeständnis und das Alter unter 21 Jahren zur Tatzeit in Betracht.

Mit ihren Berufungen bekämpfen die beiden Angeklagten lediglich das Strafausmaß.

Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig erfaßt. Auch die Berufungswerber vermögen keine neuen Gesichtspunkte anzuführen, die zu ihren Gunsten ins Gewicht fielen. Angesichts des Vorlebens dieser Angeklagten und der auch im vorliegenden Verfahren deutlich zu Tage getretenen Neigung zur Eigentums- und Gewalttätigkeitskriminalität können die vom Erstgericht verhängten Strafen keineswegs als überhöht bezeichnet werden.

Den Berufungen mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01498

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0110OS00067.78.1024.000

Dokumentnummer

JJT_19781024_OGH0002_0110OS00067_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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