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L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des MB in D, vertreten durch Mag. Johannes Luger und Dr. Christoph Ganahl, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Kirchgasse 6, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 21. Oktober 2003, Zl. II-4151-2003/0002, betreffend Auftrag zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes gemäß § 40 Abs. 3 Vlbg. BauG (mitbeteiligte Partei: Stadt D, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom 6. Mai 1993 wurde u.a. dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt I. gemäß § 36 Abs. 2 Vlbg. Straßengesetz für das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben eine Ausnahme vom vorgeschriebenen Straßenabstand zu den Gemeindestraßen M-Gasse und P-W-Gasse erteilt, in Spruchpunkt II. gemäß § 6 Abs. 9 Vlbg. BauG 1972 eine Ausnahme von den vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen gegenüber den Grundstücken Nrn. 11132/2 und 11132/3 im projektbedingten Ausmaß zugelassen sowie in Spruchpunkt III. gemäß § 31 Abs. 3 und § 32 Vlbg. BauG 1972 i.d.F. LGBl. Nr. 47/1983 die Baubewilligung für den Abbruch von Gebäudeteilen des bestehenden Wohnhauses und die Neuerrichtung derselben unter Berücksichtigung des Altbestandes für die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit insgesamt 3 Wohneinheiten auf dem Grundstück Nr. 1280 (M-Gasse 14) unter Auflagen erteilt.
Das unmittelbar angrenzende Grundstück (mit Gebäude) des Nachbarn A.R., der in diesem Bauverfahren Einwendungen erhoben hatte, liegt westlich des Baugrundstückes. Das verfahrensgegenständliche Gebäude ist aber nicht in der Lage gebaut, dass die einander gegenüberliegenden Gebäudefronten parallel gelegen wären. Die nordwestseitige Gebäudefront des verfahrensgegenständlichen Gebäudes liegt unmittelbar an der Grenze des Grundstückes dieses Nachbarn, der Eckpunkt der im Übrigen nach Südosten verlaufenden südwestseitigen Gebäudefront des verfahrensgegenständlichen Gebäudes ist gleichfalls unmittelbar an der Grenze zum Grundstück dieses Nachbarn gelegen.
In diesem Baubewilligungsverfahren erging letztlich der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 15. November 1993, mit dem die von den Nachbarn gegen den ihre Berufung abweisenden Berufungsbescheid erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen wurde. Zu dem Einwand der Nachbarn, die nordwestliche Hausmauer der Beschwerdeführer überrage in einer Bodenhöhe von 68 cm die Grenzlinie um 3 cm wurde in diesem Bescheid festgestellt, dass nicht der gegenwärtige Zustand eines für den Umbau bestimmten Hauses, sondern der geplante Zustand maßgeblich sei. In den Planunterlagen sei eine Überbauung fremden Grundes nicht vorgesehen. Für die Berufungsbehörde habe daher kein Anlass bestanden, die Zurückversetzung der Mauer bescheidmäßig aufzutragen. Hinzu komme, dass u.a. der Beschwerdeführer erklärt habe, die Mauer entsprechend zurückzuversetzen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom 10. September 1998 wurden u.a. dem Beschwerdeführer verschiedene Planänderungen (u.a. an der südwestseitigen Außenfassade) bewilligt (Spruchpunkt 1.) und die Benützungsbewilligung (Spruchpunkt 2.) erteilt. Die Benützungsbewilligung erfolgte u.a. unter der Auflage, dass die Außenfassaden bis zum 30. Dezember 1999 gemäß der Baubewilligung auszuführen seien.
Mit Schreiben des Nachbarn A.R. vom 13. Oktober 2000 wurde u. a. beanstandet, dass die Mauer auf der Südwestseite außen isoliert worden sei, obwohl dies im Baubescheid nicht vorgesehen gewesen sei und damit der Abstand zur Grundgrenze nicht eingehalten sei. Weiters sei das Hausdach auf der Südwestseite entgegen den Einreichplänen weiter nach unten gezogen.
Aus Anlass eines Lokalaugenscheines am 31. Oktober 2000 wurde u. a. festgestellt, dass die Dachkante an der Südwestseite insgesamt ca. um 50 cm weiter nach unten geführt worden sei.
Der bei diesem Augenschein anwesende Beschwerdeführer erklärte u.a., die Südwestfassade entsprechend den genehmigten Deckplänen vom 8. September 1998 auszuführen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom
4. Mai 2001 wurde gemäß § 41 Abs. 3 Vlbg. BauG die
Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes für die gesamte
Gebäudehälfte des Wohnhauses des Beschwerdeführers auf dem
angeführten Grundstück verfügt. Die ohne Genehmigung
durchgeführten "Planänderungen", insbesondere
"- die Errichtung eines Schopfes und die teilweise
Anbringung einer Außenisolierung an der Südwestseite;
- die Ausführung der westseitigen Dachkante in
Richtung 50 cm nach unten"
seien binnen zwei Monaten abzutragen bzw. abzuändern und die
Außenfassaden an der Nordwest- und Südwestseite so auszuführen
(Putzflächen), dass der ursprünglich mit Bescheid vom
10. September 1998 (Planänderungen) genehmigte Zustand
wiederhergestellt werde.
Die Berufungskommission der mitbeteiligten Stadt behob in der Folge auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers mit dem vom Bürgermeister der mitbeteiligten Stadt ausgefertigten Bescheid vom 23. Oktober 2001 den erstinstanzlichen Bescheid vom 4. Mai 2001. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur nach vorhergehender Androhung durch die Behörde ergehen dürfte. Eine solche Androhung sei bisher nicht erfolgt.
In der Folge drohte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadt mit Schreiben vom 25. Februar 2002 die Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes an, wenn die angeführten nicht bewilligten Gebäudeteile (u.a. nach Punkt 3. "die Ausführung der westseitigen Dachkante in Richtung 50 cm nach unten") nicht innerhalb einer Frist von einem Monat abgebrochen würden.
Mit Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom 21. März 2002 wurde dem Beschwerdeführer auch in Bezug auf die Entfernung des "stirnseitigen Vordaches" (an der nordwestseitigen Gebäudefront), soweit dieses über das Nachbargrundstück Nr. 11132/3, KG Dornbirn, hineinrage, unter der Androhung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgetragen.
Mit Schriftsatz vom 29. Mai 2002 (beim Amt der mitbeteiligten Stadt eingelangt am 31. Mai 2002) beantragte der Beschwerdeführer unter Vorlage von Plänen die Baubewilligung im Sinne der nunmehr vorgelegten Pläne zu ändern bzw. an diese anzupassen und von einem teilweisen Abbruch des stirnseitigen Vordaches abzusehen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom
10. Juli 2002 wurde in Spruchpunkt I. der Antrag vom 29. Mai 2002
auf Erteilung bzw. Abänderung der Baubewilligung für die ohne
Genehmigung durchgeführten Planänderungen abgewiesen und in
Spruchpunkt II. gemäß § 41 Abs. 3 Vlbg. BauG die Wiederherstellung
des rechtmäßigen Zustandes für die gesamte Gebäudehälfte des
Wohnhauses des Beschwerdeführers auf dem Grundstück Nr. 1280/1 (M-
Gasse 14b), verfügt. Die ohne Genehmigung durchgeführten
"Planänderungen", insbesondere
"- die Errichtung eines Schopfes;
- die teilweise Anbringung einer Außenisolierung an
der Südwestseite;
- die Ausführung der westseitigen Dachkante in
Richtung 50 cm nach unten;
- das stirnseitige Vordach, soweit dieses über das
Nachbargrundstück, GstNr. 11132/3 hineinragt"
seien binnen zwei Monaten abzutragen bzw. abzuändern und die
Außenfassaden an der Nordwest- und Südwestseite so auszuführen
(Putzflächen), dass der ursprünglich mit Bescheid vom
10. September 1998 (Planänderungen) genehmigte Zustand
wiederhergestellt werde.
Die Berufungskommission der Stadt Dornbirn (Beschluss der Berufungskommission vom 26. November 2002, ausgefertigt mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadt vom 2. Dezember 2002) gab in der Folge der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge und änderte den erstinstanzlichen Baubescheid dahingehend ab, dass in Spruchpunkt I. gemäß § 28 Vlbg. BauG für die Errichtung des Schopfes, für die Abänderungen der nordwestseitigen Dachkante sowie für die Anbringung einer Isolierfassade an der Außenmauer der südwestseitigen Außenwand die Baubewilligung erteilt wurde. In Spruchpunkt II. wurde gemäß § 40 Abs. 3 Vlbg. BauG 2001 dem Beschwerdeführer aufgetragen, beim verfahrensgegenständlichen Gebäude den rechtmäßigen Zustand binnen sechs Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides wiederherzustellen, sodass das Gebäude den Bewilligungsbescheid vom 6. Mai 1993 bzw. dem Bescheid vom 10. September 1998 sowie diesem Bescheid entspreche und zwar
"sind folgende Maßnahmen zu treffen:
-
das traufseitige Vordach an der Südwestecke ist so zu reduzieren, dass dieses ausschließlich auf eigenem Grund zu liegen kommt.
-
die Außenfassaden, ausgenommen die Isolierfassade lt. Pkt. I., sind gemäß den bewilligten Plänen fertig zu stellen."
Zu dem Auftrag betreffend das traufseitige Vordach an der Südwestecke ist zum Sachverhalt in diesem Bescheid ausgeführt, dass dieses Vordach an der Südwestecke so erstellt worden sei, dass dieses nicht ausschließlich auf eigenem Grund zu liegen komme. Das Vordach reiche an der Ecke ca. 85 cm in das Nachbargrundstück hinein und erstrecke sich auf einer Länge von ca. 1,20 m über das Nachbargrundstück und zwar gemäß dem Geometerplan von Dipl. Ing. Z. vom 23. April 2002, AN 85/92.
In diesem Bescheid wurde zu den bewilligten Änderungen an der nordwestseitigen Dachkante bzw. nach der Diktion in der Begründung des "stirnseitigen Vordaches" an der Nordwestfront ausgeführt, dass sich nach den vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen das stirnseitige Vordach an der Nordwestseite nicht über das Nachbargrundstück erstrecke und somit auch habe genehmigt werden können. Wenn der Nachbar dazu vorbringe, dieser Teil des Vordaches rage derzeit teilweise auf sein Grundstück, sei zu bemerken, dass nach den Vermessungsergebnissen der Verlauf der Grundgrenze in diesem Bereich jedenfalls mit den Eckpunkten des Gebäudes fixiert sei und nach Auffassung der Berufungskommission der behauptete Vorsprung eines Teiles des nordwestseitigen Vordaches in über 7,5 m Höhe über Grund nach den bisherigen Unterlagen sich nur in einem solchen Ausmaß bewege, der noch als innerhalb der Messtoleranz anzusehen sei.
Betreffend die Änderung des traufseitigen Vordaches an der Südwestecke wurde in diesem Bescheid ausgeführt, dass diese Maßnahmen wesentliche Abweichungen zum ursprünglich bewilligten Projekt darstellten und es dadurch tatsächlich zu einer Inanspruchnahme des Luftraumes der Nachbarliegenschaft in einem Ausmaß von 85 cm komme, ohne dass die Zustimmung des Grundeigentümers dazu vorliege. Der Beschwerdeführer vertrete dazu die Meinung, dass der Neubau dem Altbestand entspreche und die Genehmigung im Jahr 1993 auf Grundlage des Altbestandes erteilt worden sei. Aus dem Bauakt ergebe sich dazu, dass im damaligen Bauverfahren von nicht bewilligten Baumaßnahmen am Altbau (Errichtung eines Balkons sowie einer teilweise in das Nachbargrundstück ragenden Hauswand) die Rede gewesen sei; durch den beabsichtigten Umbau sollten diese Mängel saniert werden. Das damalige Projekt habe eine Überbauung des Nachbargrundstückes nicht vorgesehen.
Wenn der Beschwerdeführer meine, dass der Nachbar im Jahr 1996 einer darüber hinausgehenden Überbauung seines Grundstückes zugestimmt haben solle, sei dies nicht nachgewiesen und stehe überdies im Widerspruch zu den Verfahrensergebnissen, wonach die Nachbarn der Baubehörde mehrmals mitgeteilt hätten, dass sie mit den Maßnahmen keineswegs einverstanden seien. Dass für die abweichend vom Bewilligungsbescheid durchgeführten Änderungen am Dach der Luftraum des Nachbargrundstückes in Anspruch genommen werde, ergebe sich eindeutig aus den vorgelegten Planunterlagen und sei auch an Ort und Stelle festgestellt worden. Es könne nicht davon gesprochen werden, dass die Änderung im oben angeführten Ausmaße noch im Bereich der Messtoleranzen liege.
Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, das traufseitige Vordach an der Südwestecke des Gebäudes sei baurechtlich bereits mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 6. Mai 1993 genehmigt worden, wurde auf den rechtskräftigen Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 15. November 1993 verwiesen. Mit diesem Bescheid sei die Vorstellung der Nachbarn (u.a. A.R.) gegen den vom Bürgermeister ausgefertigten Beschluss der Berufungskommission der mitbeteiligten Stadt betreffend die Erteilung der Baubewilligung u.a. an den Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen worden. Dies sei u.a. damit begründet worden, dass in den Planunterlagen eine Überbauung fremden Grundes nicht vorgesehen sei. Angemerkt werde, dass sich für die belangte Behörde aus den vorgelegten Bauakten auch bei neuerlicher Durchsicht der Plan- und Beschreibungsunterlagen keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass das "traufseitige Vordach an der Südwestecke des Gebäudes" in seiner jetzigen Ausbildung genehmigt worden wäre.
Zur Rüge des Beschwerdeführers, dass im Bauverfahren ein "traufseitiges Vordach an der Südwestecke des Objektes" bisher nicht Verfahrensgegenstand gewesen und ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren unterblieben sei, wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei zuzustimmen, dass der in Rede stehende Bauteil in den vorhergehenden Verfahrensgängen immer als "Ausführung der westseitigen Dachkante in Richtung 50 cm nach unten" bezeichnet worden sei. In der Entscheidung der Baubehörde zweiter Instanz sei dieser Bauteil nun als "traufseitiges Vordach an der Südwestecke" bezeichnet worden. In der Bescheidbegründung des Berufungsbescheides sei dazu ausgeführt worden, dass das Vordach im Bereich der Westecke ca. 85 cm in das Nachbargrundstück hineinreiche und sich über eine Länge von 1,20 m über das Nachbargrundstück erstrecke. Aus den Bauakten erster und zweiter Instanz, insbesondere aus den vom Beschwerdeführer im Zuge des Ansuchens um nachträgliche Bewilligung der konsenslos durchgeführten Planabweichungen vorgelegten Plan- und Beschreibungsunterlagen, ergebe sich eindeutig, dass es sich in beiden Fällen um ein und denselben Bauteil handle. Eine Verwechslung mit einem anderen Bauteil sei unmöglich. Nach Ansicht der belangten Behörde habe die Berufungsbehörde lediglich eine andere Bezeichnung zur Beschreibung jenes Bauteiles verwendet, der den Gegenstand der Verfügung der Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes bildete. Auch erscheine der Spruch konkret genug, dass allenfalls eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer Ersatzvornahme ergehen könne, ohne dass ein weiteres Ermittlungsverfahren durchgeführt werden müsse.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 56 Abs. 2 Vlbg. Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001 (BauG), sind Baubewilligungs- und Bauanzeigeverfahren in Angelegenheiten dieses Gesetzes, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits eingeleitet wurden, nach den bisher geltenden Vorschriften zu beenden. Sonstige vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits eingeleitete Verfahren in Angelegenheiten dieses Gesetzes sind nach den bisher geltenden Vorschriften zu beenden, wenn sie im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes in erster Instanz bereits abgeschlossen sind.
Gemäß § 57 Abs. 1 BauG ist dieses Gesetz am 1. Jänner 2002 in Kraft getreten.
Das verfahrensgegenständliche im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängige baupolizeiliche Verfahren auf Herstellung des rechtmäßigen Zustandes war in diesem Zeitpunkt auf Grund der Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides vom 4. Mai 2001 durch den Berufungsbescheid vom 23. Oktober 2001 nicht abgeschlossen. Nach dieser Übergangsbestimmung war somit für das vorliegende baupolizeiliche Verfahren das Vlbg. BauG 2001 anzuwenden.
Gemäß § 40 Abs. 1 BauG hat die Behörde, wenn eine Überprüfung nach § 38 Abs. 1 lit. a oder b einen Grund zur Beanstandung ergibt, - unabhängig von einem Vorgehen nach § 39 (Baueinstellung und Gefahrenabwehr) - den Bauherrn aufzufordern, innerhalb eines Monats
a) einen Bauantrag zu stellen, wenn das beanstandete Bauvorhaben oder der beanstandete Teil des Bauvorhabens bewilligungspflichtig ist; oder
b) eine Bauanzeige einzubringen, wenn das beanstandete Bauvorhaben oder der beanstandete Teil des Bauvorhabens anzeigepflichtig ist.
Kommt der Bauherr der Aufforderung nach Abs. 1 nicht nach oder wurde die Baubewilligung versagt bzw. erfolgte auf Grund der Bauanzeige die Untersagung, so hat die Behörde gemäß § 40 Abs. 3 erster Satz BauG die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes binnen einer angemessenen festzusetzenden Frist zu verfügen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die belangte Behörde zu Unrecht das "traufseitige Vordach an der Südwestecke des Gebäudes" als rechtswidrig ansehe. Diese Vordachsituierung sei mit Bescheid vom 6. Mai 1993 rechtskräftig genehmigt worden. Seitens der Baubehörde und seitens des Nachbarn seien hinsichtlich des errichteten Vordaches nie Beanstandungen an den Beschwerdeführer herangetragen worden, sodass auf Grund des vorliegenden Bewilligungsbescheides davon auszugehen sei, dass das traufseitige Vordach unter Berücksichtigung des seinerzeitigen Altbestandes in der jetzt in der Natur ersichtlichen und hergestellten Form genehmigt worden sei. Bereits aus den Plan- und Beschreibungsunterlagen vom 9. Juni 1992, die dem Bewilligungsbescheid vom 6. Mai 1993 zu Grunde gelegen seien, gehe zweifelsfrei hervor, dass die Bewilligung für den Abbruch von Gebäudeteilen des bestehenden Wohnhauses und die Neuerrichtung derselben unter Berücksichtigung des Altbestandes genehmigt worden seien. Das nunmehr in Rede stehende Vordach habe im Vergleich zum Altbestand keine Änderung erfahren, sodass feststehe, dass der Bewilligungsbescheid vom 6. Mai 1993 das Vordach in seiner jetzigen Ausgestaltung umfasse.
Diesem Beschwerdevorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Für die Frage, ob das verfahrensgegenständliche Vordach bereits von der Baubewilligung im Jahre 1993 erfasst war, ist allerdings allein der Spruch dieses Bescheides in Verbindung mit den genehmigten Einreichplänen maßgeblich und nicht der allenfalls tatsächlich gegebene andere Bestand, der mit der erteilten Bewilligung nicht übereinstimmt. Aus diesen Plänen (insbesondere aus der Ansicht Nordwest im Zusammenhalt mit dem Plan betreffend die Abstandsflächen, aus dem hervorgeht, dass der Dachvorsprung der südwestlichen Ecke nicht abgeschrägt ist) ergibt sich, dass an der Südwestecke des Gebäudes, die - wie die gesamte nordwestliche Gebäudefront - an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück gelegen ist, das Dach ca. 60 cm in einem Winkel von ca. 35 Grad über die südwestseitige Gebäudefront ragt (der senkrechte Abstand von der südwestseitigen Gebäudefront bzw. von der Südwestecke des Gebäudes bis zum äußersten Ende des überragenden Dachteiles beträgt 0,5 m). Die Baubewilligung aus dem Jahre 1993 erfasste somit insoweit bereits ein Überragen des Nachbargrundstückes durch die südwestseitige Dachfläche.
Mit dem Bauansuchen im Jahr 2002 sollte u.a. die vom Nachbarn gerügte Verlängerung der südwestseitigen Dachfläche am unteren Rand um 50 cm saniert werden. Entsprechend diesem Anliegen ist den diesbezüglichen Plänen (insbesondere der Ansicht Nordwest) eine derartige Verlängerung der südwestseitigen Dachfläche am unteren Rand zu entnehmen. Der senkrechte Abstand von der südwestseitigen Gebäudefront bis zum äußersten Ende des Daches beträgt nunmehr - im Unterschied zur Bewilligung vom 6. Mai 1993 - ca. 80 bis 85 cm. Daraus ergibt sich, dass im Hinblick auf die südwestseitige Dachfläche des verfahrensgegenständlichen Gebäudes die erfolgte Verlängerung der bereits nach der Baubewilligung vom 6. Mai 1993 überragenden Dachkante um 50 cm nach unten nicht bewilligt ist.
Wenn die Berufungsbehörde in Spruchpunkt II. betreffend die Verfügung der Herstellung des rechtmäßigen Zustandes anordnete, dass das traufseitige Vordach an der Südwestecke so zu reduzieren sei, dass dieses ausschließlich auf eigenem Grund (des Beschwerdeführers) zu liegen komme, erfasste sie rechtswidrigerweise auch jenen bereits das Grundstück des Nachbarn A.R. überragenden Teil des südwestseitigen Daches, wie er - wie dargelegt - im Baubewilligungsbescheid aus dem Jahre 1993 bewilligt wurde.
Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid der belangten Behörde, die diese Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides nicht aufgegriffen hat, als inhaltlich rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid ist aber auch deshalb rechtswidrig, weil er einen weiteren Mangel betreffend den durch die Berufungsbehörde ausgesprochenen baupolizeilichen Auftrag in Bezug auf das traufseitige Vordach gleichfalls nicht aufgegriffen hat. Im baupolizeilichen Verfahren wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der mitbeteiligten Stadt vom 25. Februar 2002 die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes u.a. in Bezug auf die Ausführung der westseitigen Dachkante in Richtung 50 cm nach unten angedroht. Wie sich dies aus den in der Folge eingereichten Bauansuchen des Beschwerdeführers vom Mai 2002 zur Sanierung der festgestellten Abweichungen ergibt, betrifft die vom Beschwerdeführer vorgenommene Verlängerung der Dachkante die südwestseitige Dachfläche. Wenn die Behörde auch nicht ganz präzise von westseitiger Dachkante spricht (obwohl das verfahrensgegenständliche Gebäude eine Nordwest- und eine Südwestfront hat), muss es als für den Beschwerdeführer eindeutig angesehen werden, dass mit dieser Verlängerung der Dachkante die südwestseitige Dachfläche gemeint war.
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 10. Juli 2002, mit dem in Spruchpunkt I. die den vorgenommenen Abweichungen entsprechenden Änderungen des Bauvorhabens nicht bewilligt wurden, wurde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt II. u.a. aufgetragen, die "Ausführung der westseitigen Dachkante in Richtung 50 cm nach unten" abzutragen bzw. abzuändern. Sache des vorliegenden baupolizeilichen Auftrages in Bezug auf das südwestseitige Dach war somit die Ausführung der Dachkante in Richtung 50 cm nach unten. Indem die Berufungsbehörde aber den Auftrag in dem Bereich, in dem die südwestseitige Dachfläche des verfahrensgegenständlichen Gebäudes das Nachbargrundstück tatsächlich überragt, nicht auf jene 50 cm beschränkt hat, in Bezug auf die eine Verlängerung des Daches an der Südwestseite erfolgt ist, ist sie auch über die Sache, die Gegenstand der erstinstanzlichen baupolizeilichen Entscheidung war, hinausgegangen.
Da die belangte Behörde auch diese Rechtswidrigkeit nicht aufgegriffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid aus einem weiteren Grund mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren in Bezug auf den Schriftsatzaufwand war im Hinblick auf den in der angeführten Verordnung vorgesehenen Pauschbetrag, der Umsatzsteuer mitumfasst, abzuweisen.
Wien, am 26. April 2005
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003060197.X00Im RIS seit
30.05.2005