Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Norbert A und andere wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3 (dritter Fall) StGB und anderer strafbarer Handlungen mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Norbert A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 3.Juli 1978, GZ. 6 d Vr 3831/78-29, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Norbert A betreffenden Schuldund Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird dieser Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der Kraftfahrer Norbert A des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z 2, Abs. 3 (dritter Fall) StGB und des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z 2 (dritter und vierter Fall) SuchtgiftG schuldig erkannt. Nach den für diesen Schuldspruch wesentlichen Feststellungen hat Norbert A im Februar 1978 in Wien von dem Mitangeklagten Thomas B (zumindest) einen Schuß Morphium (genauer: Morphin in der Menge einer Einzeldosis) unberechtigt an sich gebracht, wobei ihm bekannt war, daß das Suchtgift aus einem (von B in der Apotheke in Siegendorf begangenen) Einbruchsdiebstahl stammte.
Rechtliche Beurteilung
Der Angeklagte Norbert A bekämpft den ihn betreffenden Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 1, 5, 9 lit. a und 9 lit. b des § 281 Abs. 1
StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung nicht abgesprochen werden kann.
Ungeachtet der generalisierenden Fassung von Punkt IV des Schuldspruchs (: '/-...... es haben/- Norbert A, Thomas B und Rudolf C in der Zeit zwischen Anfang 1977 und Feber 1978 in Wien und anderen Orten wiederholt unberechtigt Suchtgifte erworben und in Besitz gehabt') lassen die den Spruch konkretisierenden Entscheidungsgründe allerdings hinreichend klar erkennen, daß dem Beschwerdeführer insoweit (als nach § 9 Abs. 1 Z 2, dritter und vierter Fall, SuchtgiftG tatbestandsmäßiges Verhalten) bloß der unberechtigte Erwerb (von dem Mitangeklagten B) und Besitz des (laut Punkt II/1 des Schuldspruchs durch eben diese Tat und durch den nachfolgenden Verbrauch verhehlten) Morphins für (nicht nachweislich mehr als) einen 'Schuß' zur Last gelegt wird. Die von der Beschwerde bemängelte Undeutlichkeit des bezüglichen Ausspruchs liegt daher nicht vor. Da der Beschwerdeführer den damit festgestellten (unberechtigten) Erwerb und Besitz der vorerwähnten Suchtgiftmenge inhaltlich seines Rechtsmittelvorbringens nicht mehr bestreitet, geht auch sein Einwand, es sei das eben dahin lautende Verfahrensergebnis vom Erstgericht übergangen worden, ins Leere. Der Vorwurf einer unvollständigen Begründung des Schuldspruches wegen des Verbrechens der Hehlerei (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) erweist sich jedoch als berechtigt. Denn das Erstgericht hat die Feststellung, daß dem Angeklagten Norbert A die Herkunft des von B erhaltenen Morphins aus einem Diebstahl durch (einen Apotheken-)Einbruch bekannt war, allein unter Hinweis auf die Aussage des Mitangeklagten C als erwiesen angesehen, wonach ihm 'B in seiner Wohnung davon erzählt hat und auch A in der Wohnung (damals gerade) anwesend war' (S 204 d. A). Nun hat C zwar angegeben, den B im Februar 1978 öfters in dessen Wohnung, in der auch noch A anwesend gewesen sei, besucht zu haben, darüber hinaus aber - vom Erstgericht in den Urteilsgründen mit Stillschweigen übergangen - beigefügt, daß A nicht dabei gewesen sei, als B ihm vom Suchtgiftdiebstahl erzählte, und präzisiert: 'A war zwar in der Wohnung gewesen, hatte aber nur Mittagspause und ist dann wieder arbeiten gefahren.' (S 176, 177 d. A). Die bekämpfte Urteilsannahme kann demnach auf die vollständige Aussage des Mitangeklagten C, wonach (sinngemäß erkennbar) A im Zeitpunkt der Schilderung des Apothekeneinbruches die Wohnung des B bereits wieder verlassen hatte (arg: war... gewesen), füglich nicht gestützt werden. Damit fehlt aber auch der vom Gericht angestellten überlegung, daß es der Erfahrung des täglichen Lebens widerspreche, 'wenn A ausgerechnet während dieser Schilderung weggehört und sich nicht erkundigt hätte, woher das Suchtgift stammt', die Grundlage. Daß B seinerseits ein Wissen des Beschwerdeführers von der diebischen Herkunft des übernommenen Morphins nicht geradezu ausschloß (S 179, 180 d. A), vermag für sich allein als bloß hypothetische Vermutung keine tragfähige Feststellungsgrundlage abzugeben.
Die dem Schuldspruch wegen Hehlerei zugrundeliegende Sachverhaltsannahme erweist sich sohin als mit einem Begründungsmangel im Sinne des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO behaftet.
über die vom Beschwerdeführer mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO in Anspruch genommene mangelnde Strafwürdigkeit der Tat im Sinne des § 42
StGB kann aber mangels Gewißheit über die endgültige rechtliche Beurteilung eben dieser Tat derzeit noch nicht abgesprochen werden, weshalb auch der diesen Angeklagten betreffende Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z 2 Suchtgiftgesetz aufzuheben war.
Ohne daß es eines Eingehens auf das übrige (insbesondere auf das unter ziffernmäßiger Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO gegen den Schuldspruch wegen Hehlerei gerichtete, jedoch als von einem urteilsfremden Sachverhalt ausgehend nicht gesetzmäßige) Beschwerdevorbringen bedurft hätte, war sohin in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil - das im übrigen unberührt bleibt - mit Zustimmung der Generalprokuratur gemäß dem § 285 e StPO in nichtöffentlicher Beratung in dem den Angeklagten Norbert A betreffenden Schuld- und Strafausspruch aufzuheben und, da die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist und die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht eintreten konnte, die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zurückzuverweisen.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte A auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E01548European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00147.78.1109.000Dokumentnummer
JJT_19781109_OGH0002_0130OS00147_7800000_000