Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Pallin und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Piska, Dr.Müller, Dr.Friedrich und Dr.Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Rupert A und Elfriede B wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs.1 und Abs.2 Z 1, 129 Z 1 StGB mit Zustimmung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Rupert A und Elfriede B und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 11. Juli 1978, GZ 7 a Vr 4.081/78-26, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rupert A wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil - gemäß § 290 Abs.1 StPO auch hinsichtlich der Angeklagten Elfriede B - aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen (Elfriede B auch mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde) werden die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Rupert A und Elfriede B des 'Vergehens' (richtig: Verbrechens) des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs.1, Abs.2 Z 1, 129 Z 1 StGB verurteilt, weil sie am 18.Mai 1978 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte dadurch versucht hatten, dem Modehaus 'L***' (richtig: C) durch Einbruch fremde bewegliche Sachen wegzunehmen, daß sie eine Auslagenscheibe in der Passage des Modengeschäftes einschlugen und mehrere Kleidungsstücke herausnahmen. Diesen Schuldspruch bekämpfen beide Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobei Rupert A die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit.a und 10, Elfriede B allein den der Z 5 des § 281 Abs.1 StPO geltend machen.
Schon die die Z 10 des § 281 Abs.1 StPO relevierende Rechtsrüge des Angeklagten A, in der er dem Ersturteil Feststellungsmängel in bezug auf die subjektive Tatseite zum Vorwurf macht, ist begründet. Das Erstgericht stellte nämlich bloß fest, daß die beiden damals leicht (A) bzw. stark (B) alkoholisierten Angeklagten sich zu in einem Hauseingang befindlichen Schaukästen des Modengeschäftes C begaben, wo von ihnen die ca. 1 cm dicke Rückscheibe der hinteren Vitrine eingetreten bzw. eingeschlagen wurde.
In der Folge räumten sie aus dem Schaukasten verschiedene Kleidungsstücke heraus, nämlich drei Sportpullover, drei Hemden, eine Schnürlsamthose, eine Krawatte, zwei Paar Wollsocken und ein Etui mit Manschettenknöpfen und legten diese Gegenstände vorläufig auf den Boden. Darnach verließen die beiden wieder die Passage und gingen zu der stadteinwärts gelegenen (etwa 15 m entfernten: Seite 135 d.A.) Boutique (derselben Firma), wo sie stehen blieben und in die Auslage blickten, und zwar so lange, bis sie von der Besatzung eines Funkstreifenwagens, der von einem zufälligen Passanten aufgehalten worden war, festgenommen wurden. In diesem - entgegen der (ihre Täterschaft überhaupt bestreitenden) Verantwortung der Angeklagten - festgestellten äußeren Tatgeschehen sah das Erstgericht bereits den Tatbestand des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach den § 15, 127 Abs.1 und 2, Z 1, 129 Z 1 StGB in subjektiver und objektiver Hinsicht als erfüllt an, ohne daß es allerdings irgend welche Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen hätte, die bei richtiger Anwendung des Gesetzes, welches zur Erfüllung des Tatbestandes des Diebstahls nach dem § 127 StGB einen auf die Wegnahme von fremden beweglichen Sachen zu eigener oder eines Dritten unrechtmäßiger Bereicherung durch deren Zueignung gerichteten Vorsatz verlangt, dem Urteil zugrunde zu legen gewesen wären. Die bloße Konstatierung, sie hätten nach dem Einschlagen der Vitrine dieser Sachen entnommen und vorläufig auf den Boden gelegt, vermag für sich allein die fehlende Aussage über die - entscheidungswesentliche - Reichweite des Tätervorsatzes nicht zu ersetzen, zumal entgegen der Vorschrift des § 260 Abs.1 Z 1 StPO auch der Urteilstenor keinen die innere Tatseite der Angeklagten betreffenden Ausspruch enthält.
Rechtliche Beurteilung
Da das angefochtene Urteil mithin an einem Feststellungsmangel leidet, der eine erschöpfende materiellrechtliche Beurteilung des Falles ausschließt und daher eine Erneuerung des Verfahrens erfordert, war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A mit Zustimmung der Generalprokuratur das Urteil schon bei einer nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285 e StPO aufzuheben - und zwar gemäß § 290 Abs.1 erster Fall StPO auch hinsichtlich der Angeklagten Elfriede B -
ohne daß es erforderlich gewesen wäre, zu prüfen, ob auch noch ein weiterer geltend gemachter Nichtigkeitsgrund gegeben ist (Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2, § 285 e Nr.2).
Zwecks Beachtung im erneuerten Rechtsgang wird jedoch bemerkt, daß die durch das Verlassen der Passage ohne Mitnahme der herausgelegten Sachen indizierte Frage, ob die Angeklagten nicht allenfalls freiwillig vom (Diebstahls)Versuch zurücktraten (§ 16 StGB) durch die vom Erstgericht über die Gründe ihres Verhaltens angestellten Vermutungen (S.137) keine eindeutige Beantwortung findet. Hinsichtlich des anzuwendenden Strafsatzes wird auf die Entscheidung des verstärkten Senates 13 Os 64/75
hingewiesen.
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten und die Staatsanwaltschaft ebenso auf diese Entscheidung zu verweisen wie die Angeklagte B mit ihrer Nichtigkeitsbeschwerde.
Anmerkung
E01532European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00171.78.1109.000Dokumentnummer
JJT_19781109_OGH0002_0130OS00171_7800000_000