Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9. November 1978
unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Wolfgang A und andere wegen Vergehens des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von dem Angeklagten Dr. Ernst B erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die von der Staatsanwaltschaft erhobene Berufung hinsichtlich des Angeklagten Wolfgang A, Sylvia A und Dr. Ernst B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 7. März 1978, GZ. 6 a Vr 5171/77-90, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Bilowitzki, Dr. Eichenseder und Dr. Scheed sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. Ernst B wird verworfen.
Seiner Berufung und der Berufung der Staatsanwaltschaft wird keine Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Dr. Ernst B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der praktische Arzt Dr. Ernst B der Vergehen des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB, der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie des Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z 2 SGG, und zwar jeweils als Beteiligter nach dem § 12 (3. Fall) StGB, schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt.
Zufolge der die beiden Mitangeklagten Wolfgang und Sylvia A betreffenden und von diesen unangefochten gelassenen Schuldsprüche, auf die sich die Beteiligung des Dr. B bezieht, und der wesentlichen Entscheidungsgründe haben in Wien I) Wolfgang A und Sylvia A mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte von Wiener Apotheken unter Benützung verfälschter (richtig: falscher) ärztlicher Suchtgiftrezepte, somit falscher Urkunden, und durch die Vorspiegelung, krankenversichert und zum Bezug von Suchtgift berechtigt zu sein, demnach durch Täuschung über Tatsachen, zur Ausfolgung von Suchtgift (Heptadon), somit zu Handlungen verleitet, die die Wiener Gebietskrankenkasse (für Arbeiter und Angestellte) bzw. den Magistrat der Stadt Wien am Vermögen schädigten, indem u.a. 1.) Wolfgang A allein in den Monaten Mai 1977 und Juni 1977 etwa 25 Fürsorgerezeptformulare der Wiener Gebietskrankenkasse (für Arbeiter und Angestellte) bzw. des Magistrats der Stadt Wien sowie 2.) Wolfgang A und Sylvia A (im bewußten und gewollten Zusammenwirken) als Mittäter in den Monaten Mai 1977 und Juni 1977 überdies noch etwa 5 solcher Fürsorgerezeptformulare, die Wolfgang A ausgefüllt und mit dem Abdruck der auf Dr. Ernst B lautenden Arztstampiglie sowie mit dessen (nachgemachter) Unterschrift versehen hatte, in verschiedenen Wiener Apotheken vorlegten und damit Suchtgift (Heptadon) bezogen (Punkt A I/1.) c) und A I/2. a) des Urteilssatzes); II) Wolfgang A im Mai 1977 echte Urkunden mit dem Vorsatz verfälscht (richtig: falsche Urkunden mit dem Vorsatz hergestellt), daß sie im Rechtsverkehr zum Beweise des Rechts auf Bezug von Suchtgift gebraucht werden, indem er etwa 20 (Blanko-)Privatrezepte des Dr. Ernst B als Suchtgiftrezepte ausfüllte und mit (dem Aufdruck von dessen) Arztstampiglie und mit dessen Unterschrift versah (Punkt A IV des Urteilssatzes) und überdies im Mai 1977 und Juni 1977 auf dieselbe Weise verfälschte Urkunden (richtig: auf dieselbe Weise hergestellte falsche Urkunden) im Rechtsverkehr zum Beweise des Rechts auf Bezug von Suchtgift gebrauchte, indem er etwa 30 (weitere) Blanko-Privatrezepte des vorgenannten Arztes gleichfalls als Suchtgiftrezepte ausfüllte, mit (dem Aufdruck von dessen) Stampiglie, die ihm Dr. B überlassen hatte, und mit dessen Unterschrift versah und unter Vorlage dieser falschen Urkunden in verschiedenen (Wiener) Apotheken Suchtgift (Heptadon) bezog (Punkt A V des Urteilssatzes) sowie III) Wolfgang A und Sylvia A unter anderem durch die vorerwähnten Tathandlungen wiederholt Suchtgift (Heptadon) unberechtigt erworben und besessen (Punkt A VIII 1. und 2. des Urteilssatzes).
Dem Angeklagten Dr. Ernst B liegt demgemäß nach dem Inhalt der ihn betreffenden Schuldsprüche zur Last, in Wien 1.) im Mai 1977 und Juni 1977 zur Ausführung der unter Punkt A I/1.) c) und A I/2.) a) des Urteilssatzes angeführten (den Mitangeklagten Wolfgang und Sylvia A unter anderem als Vergehen des schweren Betruges nach den § 146, 147 Abs. 1 Z 1 StGB zugerechneten) strafbaren Handlungen, ferner 2.) im Mai 1977 zur Ausführung der unter Punkt A IV und A V des Urteilssatzes angeführten (dem Mitangeklagten Wolfgang A als Vergehen der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 und Abs. 2 StGB zugerechneten) strafbaren Handlungen dadurch beigetragen zu haben, daß er dem Wolfgang A zu 1.) etwa 25 Blanko-Fürsorgerezeptformulare des Magistrats der Stadt Wien (Punkt A III des Urteilssatzes) und zu
2.) etwa 20 (leere) Privatrezeptformulare und seine Arztstampiglie zur Verfügung stellte und ihm überdies Ratschläge zum Erwerb von zur Herstellung von Privatrezepten geeignetem Papier erteilte (Punkt A VI des Urteilssatzes) sowie 3.) in Tateinheit mit dem vorerwähnten, unter Punkt A III und A VI des Urteilssatzes beschriebenen Tatverhalten auch zugleich zum unberechtigten Erwerb und Besitz von Suchtgift, nämlich von Heptadon, durch Wolfgang A und Sylvia A beigetragen zu haben (Punkt A X des Urteilssatzes). Die ihn betreffenden Schuldsprüche bekämpft der Angeklagte Dr. Ernst
B mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Den erstangeführten Nichtigkeitsgrund erblickt er in der Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Anträge durch das Erstgericht auf Einholung eines Gutachtens eines Schriftsachverständigen zum Beweise dafür, daß sämtliche verfahrensgegenständliche, mit seiner Arztstampiglie und seiner Unterschrift versehenen Suchtgiftrezepte nicht von seiner Hand stammen und auf Einvernahme des Zeugen Dr. C, durch den nachgewiesen werden sollte, daß sich der Beschwerdeführer wiederholt (telefonisch und schriftlich) an das Sicherheitsbüro (der Bundespolizeidirektion Wien) um Abhilfe gegen die Belästigungen des Ehepaares A, insbesondere der Sylvia A, gewendet hatte.
Rechtliche Beurteilung
Die Verfahrensrüge versagt:
Zutreffend verweist das Erstgericht in seiner im Urteil nachgetragenen Begründung zur Abweisung des erstangeführten Beweisantrages darauf, daß es (auch) bei sämtlichen, den Schuldsprüchen des Beschwerdeführers zugrundeliegenden, auf seinen Namen lautenden ärztlichen Rezepten keineswegs davon ausging, daß sie (d.h. die darauf befindlichen Eintragungen inclusive der Unterschrift) von seiner Hand stammten. Die Einholung des beantragten Schriftsachverständigengutachtens zu dem erwähnten, vom Erstgericht ohnedies bejahten Beweisthema war daher überflüssig, zumal bereits ein Untersuchungsbericht der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Erkennungsdienst, Kriminaltechnik und Fahndung, vorlag (Bd. I S. 389, 390 d. A), demzufolge auch die Rezepte mit der Aufschrift des Dr. Ernst B von Wolfgang A geschrieben wurden. Der Beschwerdeführer wurde aber auch durch die Abweisung des weiteren von ihm gestellten Beweisantrages in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt. Denn auch insoweit ist der im Urteil enthaltenen Begründung des Erstgerichtes beizupflichten, wonach durch die Feststellung der vom Beschwerdeführer behaupteten und durch den Zeugen Dr. C zu erweisenden Belästigungen, die das Erstgericht im übrigen keineswegs ausschließt, für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen wäre. Selbst wenn er nämlich nur durch das - wenn auch vehemente - Drängen der rauschgiftsüchtigen Eheleute Wolfgang und Sylvia A auf überlassung bzw. Verschaffen von Suchtgift dazu bewogen worden sein sollte, deren Ansinnen zu entsprechen, würde das, der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider, noch nicht das Vorliegen eines entschuldigenden Notstandes im Sinne des § 10 StGB indizieren. Ob demnach der Beschwerdeführer der Behörde von dem von ihm als Belästigung empfundenen Vorgehen des Ehepaars A Mitteilung machte und um Abhilfe ersuchte, ist somit letztlich für die rechtliche Beurteilung seines eigenen Tatverhaltens nicht relevant. Es erweist sich aber auch die Mängelrüge des Beschwerdeführers als nicht berechtigt, mit der er dem erstgerichtlichen Urteil eine Nichtigkeit im Sinne der Z 5
des § 281 Abs. 1 StPO bewirkende Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und eine offenbar unzureichende Begründung zum Vorwurf macht:
Wenn er zunächst behauptet, dem Ersturteil könne nicht entnommen werden, auf Grund welcher Erwägungen das Gericht zur überzeugung gelangt sei, er verdiene monatlich mindestens 25.000,-- S netto und es sei demnach in diesem Punkt 'undeutlich' (richtig wohl: unzureichend) begründet, genügt es ihm entgegenzuhalten, daß seine Einkommenshöhe weder für die Unterstellung der ihm angelasteten Taten unter ein bestimmtes Strafgesetz noch für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Belang und sohin in bezug auf den geltend gemachten, formellrechtlichen Nichtigkeitsgrund ohne Relevanz ist. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers hat das Erstgericht im Zusammenhang mit der Feststellung, er habe dem Ehepaar A die in der Folge vom Mitangeklagten Wolfgang A entsprechend ausgefüllten Blanko-Fürsorgerezeptformulare des Magistrats der Stadt Wien zum Zweck des Bezugs von Suchtgift überlassen, aber auch keineswegs wesentliche Verfahrensergebnisse unberücksichtigt gelassen, aus denen sich - nach der Auffassung des Angeklagten - ein Diebstahl dieser Rezeptformulare ergebe. Das Erstgericht gründet diese in Rede stehende Feststellung auf die für glaubwürdig erachtete Darstellung der Mitangeklagten Sylvia A vor der Polizei und hielt die insoweit leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers, der ein Abhandenkommen dieser bereits mit seinem Stampiglienaufdruck versehenen Fürsorge-Rezeptformulare durch Diebstahl glaubhaft zu machen versuchte, mit ausführlicher und mängelfreier Begründung für widerlegt.
Von einer in diesem Punkte offenbar unzureichenden Urteilsbegründung, wie sie der Beschwerdeführer behauptet, kann somit keine Rede sein. Sein darauf bezügliches Vorbringen, mit dem er unter Hinweis auf die vom Erstgericht getroffene Feststellung, daß Wolfgang A zwei anderen Wiener örzten (Dr. D und Dr. E) Rezeptformulare gestohlen hatte, andere, vom Erstgericht aber abgelehnte Schlußfolgerungen gezogen wissen und vor allem die Unglaubwürdigkeit der ihn belastenden Darstellung der Angeklagten Sylvia A dartun will, stellt sich vielmehr nach Inhalt und Zielsetzung ausschließlich als unzulässige und demnach unbeachtliche Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar. Gleiches gilt im wesentlichen aber auch hinsichtlich des vom Beschwerdeführer unternommenen Versuches, unter der Behauptung einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung durch Nichterörterung bestimmter Verfahrensergebnisse die Richtigkeit seiner ein überlassen von Fürsorge-Rezeptformularen in Abrede stellenden Verantwortung mit dem - durch die Verfahrensergebnisse nicht gestützten - Hinweis auf eine angeblich feindselige Gesinnung des Ehepaares A ihm gegenüber sowie durch das Vorbringen zu untermauern, daß aus verschiedenen Umständen, so etwa daß bei ihm mehrmals eingebrochen worden sei und daß Sylvia A wiederholt in seiner Ordination erschienen sei, sich dort zumeist längere Zeit und teilweise ohne Aufsicht aufgehalten habe, die Möglichkeit eines Diebstahls dieser Rezeptformulare durch die Vorgenannte nicht ausgeschlossen werden könnte.
Die Feststellung, der Beschwerdeführer habe dem Ehepaar A das Suchtgift nicht zum Zwecke einer medizinischen Behandlung (Entwöhnungskur) zukommen lassen, stützt das Erstgericht in übereinstimmung mit den Verfahrensergebnissen nicht nur auf die Aussage des Mitangeklagten Wolfgang A, der eine derartige Mitteilung des Beschwerdeführers ihm gegenüber ausdrücklich in Abrede stellte, sondern überdies auf das Gutachten des beigezogenen gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr. Werner F, der die Behandlung eines Süchtigen durch (unkontrollierbares) überlassen von Suchtgift als mit den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft unvereinbar bezeichnete.
Auch insoweit liegt demnach entgegen dem Beschwerdevorbringen eine ausreichende und mängelfreie Begründung des angefochtenen Urteils vor. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer vom Ehepaar A zum überlassen von Suchtgift bedrängt wurde und er sich deshalb an die Behörde mit dem Ersuchen um Abhilfe gewendet hatte, betrifft - wie bereits zur Verfahrensrüge dargelegt wurde - keine für seinen Schuldspruch entscheidende Tatsache; dessen nähere Erörterung in den Urteilsgründen konnte daher ohne Urteilsnichtigkeit im Sinne der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO zu bewirken, unterbleiben. Dies gilt aber auch für die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe sich nicht in der Lage gefühlt, dem Drängen des Ehepaars A zu widerstehen, und seine Arztstampiglie und die Privatrezeptformulare nur deshalb ausgefolgt, um endlich Ruhe zu haben und weiteren Belästigungen zu entgehen. Im übrigen konnte das Erstgericht die Urteilsannahme, Sylvia A habe die zwischen ihr und dem Beschwerdeführer bestehenden (sexuellen) Beziehungen nicht zu einer Erpressung ausgenützt, schon mit dem Hinweis auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers mängelfrei treffen, der Derartiges bisher nie behauptete. Schließlich konnte das Erstgericht aber auch, ohne sich dem Vorwurf einer Unvollständigkeit im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1
StPO auszusetzen, in Anbetracht der auch durch die Verfahrensergebnisse gedeckten Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe die dem Ehepaar A zum Zweck des Bezugs von Suchtgift überlassenen Blanko-Rezeptformulare nur deshalb nicht selbst ausgefüllt und unterfertigt, um sich später bei Aufdecken dieser falschen Rezepte unter Hinweis auf deren von fremder Hand geschriebenen Inhalt die Verantwortung eines Diebstahls der Rezeptformulare offen halten zu können, von einer näheren Erörterung des vom Beschwerdeführer behaupteten, ersichtlich seiner Deckung dienenden Verhaltens Abstand nehmen, er habe in der Folge wiederholt Apotheken angerufen, dort vor gefälschten Rezepten gewarnt, davon auch der Apothekerkammer Mitteilung gemacht und um Veröffentlichung in der Apothekerzeitung ersucht; war doch der Beschwerdeführer geständig, dem Ehepaar A zum Zweck der Beschaffung von Suchtgift (noch nicht ausgefüllte) Privat-Rezeptformulare überlassen zu haben; lediglich die Aushändigung von Fürsorge-Rezeptformularen des Magistrats der Stadt Wien zu dem vorerwähnten Zweck hatte er in Abrede gestellt.
Mit seiner den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO relevierenden Rechtsrüge meint der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe in rechtlicher Beziehung der übergabe von ca. 20 Privatrezeptformularen und seiner Arztstampiglie an Wolfgang A sowie die Erteilung von Ratschlägen zum Erwerb von (Rezept)Papier rechtsirrig als Beteiligung an der von dem Genannten begangenen Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs. 1 und 2
StGB durch sonstigen Tatbeitrag im Sinne des § 12 (dritte Alternative) StGB beurteilt, weil jeder Apotheker vor Ausfolgung des Suchtgifts zur Prüfung der - nach Meinung des Beschwerdeführers erkennbar - von fremder Hand geschriebenen Rezepte - verpflichtet sei, und im übrigen in diesen Fällen infolge Fehlens der Bezeichnung 'Rp' von keinem Rezept und demnach nicht von einer Urkunde gesprochen werden könne. Aus diesem Grunde sei auch sein Schuldspruch zu Punkt A X des Urteilssatzes wegen Vergehens nach dem § 9 Abs. 1 Z 2 SGG als Beteiligter gemäß dem § 12 (dritter Fall) StGB rechtlich verfehlt, mit dem ihm angelastet werde, durch die übergabe von Rezeptformularen und Aushändigung seiner Arztstampiglie zum unberechtigten Erwerb und Besitz von Suchtgift durch Wolfgang und Sylvia A beigetragen zu haben.
Auch diese Rechtsrüge schlägt nicht durch:
Aus welchem Grunde zunächst das Fehlen der Bezeichnung 'Rp' auf den von Wolfgang A angefertigten, den Anschein der Echtheit erweckenden und von Apotheken akzeptierten Suchtgiftrezepten der Annahme entgegenstehen soll, es handle sich hiebei um (wenn auch falsche) Urkunden im Sinne des § 74 Z 7 StGB, ist nicht einzusehen und es wurde vom Beschwerdeführer diesbezüglich auch auf jegliche Argumentation verzichtet. Soweit er mit seinen Ausführungen aber darauf abzielt, es habe sich bei den Rezepten, und zwar u.a. auch wegen des Fehlens der Bezeichnung 'Rp', um von vornherein zur Verwirklichung des verpönten Erfolges untaugliche Mittel gehandelt (§ 15 Abs. 3 StGB), übersieht er, daß es sowohl hinsichtlich des von Wolfgang A gesetzten Tatbestandes nach § 223 Abs. 1 und 2 StGB als auch in bezug auf das von den Eheleuten A verwirklichte Vergehen nach § 9 Abs. 1 Z 2 SGG - wozu der Beschwerdeführer durch sein Tatverhalten (übergabe von /Blanko/Rezeptformularen und seiner Arztstampiglie; Erteilung von Ratschlägen zum Erwerb von zur Herstellung von Privatrezepten geeignetem Papier), mit dem Ziel beitrug, Wolfgang und Sylvia A den Bezug von Suchtgift zu ermöglichen - jeweils zur Tatvollendung kam. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Dr. Ernst B war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über Wolfgang A gemäß § 28, 147 Abs. 1 StGB und über Sylvia A gemäß § 28, 164 Abs. 3 StGB Freiheitsstrafen in der Dauer von je 8 Monaten, wogegen es den Angeklagten Dr. Ernst B gemäß § 28, 37, 147 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 600 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 90 Tagen (Ersatz-)Freiheitsstrafe verurteilte.
Dabei wertete es bei Wolfgang und Sylvia A das Geständnis, bei Dr. B das Teilgeständnis als mildernd, als erschwerend hingegen bei sämtlichen Angeklagten das Zusammentreffen mehrerer Straftaten, bei Wolfgang und Sylvia A die einschlägigen Vorstrafen und bei Dr. B den Umstand, daß er die Straftat(en) als Arzt gesetzt habe. Der Angeklagte Dr. B strebt mit seiner Berufung eine Herabsetzung der Anzahl der verhängten Tagessätze und die Reduzierung des einzelnen Tagessatzes an, die Staatsanwaltschaft hingegen begehrt hinsichtlich der Angeklagten Wolfgang und Sylvia A eine Erhöhung der verhängten Freiheitsstrafen, bezüglich des Angeklagten Dr. B die Verhängung einer Freiheitsstrafe.
Keine der Berufungen ist berechtigt:
Entgegen der Meinung der Anklagebehörde bedarf es beim Angeklagten Dr. B trotz des groben Mißbrauches der ärztlichen Verantwortlichkeit angesichts seines (kaum belasteten) Vorlebens, seines Alters und seiner persönlichen Verhältnisse der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen. Andererseits kam angesichts des doch sehr beträchtlichen Schuld- und Unrechtsgehaltes seiner Verfehlungen eine Verringerung der Anzahl der verhängten Tagessätze, im Hinblick auf seine aktenkundigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine Reduzierung des einzelnen Tagessatzes nicht in Betracht.
Hinsichtlich der Angeklagten Wolfgang und Sylvia A ist der Staatsanwaltschaft zwar darin beizupflichten, daß die Wiederholung der Straftaten und der jeweils sehr rasche Rückfall zusätzlich als erschwerend ins Gewicht fallen; die vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafen sind aber dennoch tatschuldangemessen und nicht erhöhungsbedürftig.
Es mußte demnach sämtlichen Berufungen ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01593European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00137.78.1109.000Dokumentnummer
JJT_19781109_OGH0002_0130OS00137_7800000_000