TE OGH 1978/11/14 9Os164/78

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Veröffentlicht am 14.11.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14.November 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Obauer, in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Racek und der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Faseth, Dr.Steininger und Dr.Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Sailer als Schriftführer in der Strafsache gegen Helmut A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs.1, 129 Z 1 und 15 StGB sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 1.August 1978, GZ 24 Vr 2146/78-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr.Willheim und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.April 1941 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Helmut A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls (durch Einbruch) nach § 127 Abs.1, 129 Z 1 und 15 StGB, des Vergehens (der Begehung) einer mit Strafe bedrohten Handlung (im Zustand voller Berauschung) nach § 287 (§ 107 Abs.1) StGB und des Vergehens nach § 36 Abs.1 lit.b WaffenG schuldig erkannt, weil er 1) am 24.Juni 1978 in Siggerwiesen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich eine Jause und eine Tasse Kaffe, einem Angehörigen der Firma B nach Einschlagen mehrerer Fensterscheiben und Einsteigen durch ein Fenster, sohin durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

2) am 27.Mai 1977 in Gallzein fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich Geld und verwertbare Gegenstände, dem Franz C, indem er in dessen Wochenendhaus einzusteigen versuchte, mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

3) am 27.Mai 1977 in Gallzein sich fahrlässig durch den Genuß von Alkohol in einen die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rausch versetzt und in diesem eine Handlung begangen hat, die ihm außer diesem Zustand als Vergehen der gefährlichen Drohung im Sinne des § 107 Abs.1 StGB zuzurechnen wäre, indem er dem Hansjörg D ein geöffnetes Springmesser knapp gegen den Körper hielt und sich äußerte, er werde ihn abstechen, wenn er weiter so blöd rede, in ihm hätten sich schon manche getäuscht;

4) im Mai 1977 in Buch bei Jenbach und anderen Orten Österreichs eine verbotene Waffe, nämlich ein Springmesser, besessen hat. Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch der Sache nach (nur) in den Punkten 1, 3 und 4 mit einer formell auf § 281 Abs.1 Z 5 und 9 lit.a, b und c StPO gestützten (irrig auch als Berufung wegen Nichtigkeit bezeichneten) Nichtigkeitsbeschwerde. Die gleichzeitig erhobene Schuldberufung wurde im Gerichtstag zurückgezogen. Die Verurteilung wegen Diebstahls zu Punkt 1 des Schuldspruches erachtet der Beschwerdeführer deshalb für rechtsirrig, weil er die Tat lediglich aus Not und zur Stillung persönlicher Bedürfnisse begangen habe;

es handle sich daher nur um eine Entwendung im Sinne des § 141 StGB, zu deren Verfolgung es an einer Ermächtigung des Verletzten (§ 141 Abs.3 StGB) fehle, sodaß er freizusprechen gewesen wäre. Dabei übersieht er jedoch, daß die in Rede stehende Tat - wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat -

schon darum nicht als Entwendung beurteilt werden kann, weil es sich um einen nach § 129 StGB qualifizierten Diebstahl handelt und § 141 StGB in einem solchen Fall nicht anwendbar ist.

Den Schuldspruch zu Punkt 3 hält er deshalb für nichtig, weil er infolge seiner Trunkenheit außerstande gewesen sei, einen der gefährlichen Drohung als Absichtsdelikt entsprechenden Vorsatz zu fassen.

Auch damit ist er nicht im Recht. Er übersieht zunächst, daß er gar nicht 'nach § 107 Abs.1 StGB', sondern wegen Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung nach § 287 Abs.1 StGB schuldig erkannt wurde, wobei ihm die betreffende Handlung lediglich außer diesem Zustand als gefährliche Drohung nach § 107 Abs.1 StGB zuzurechnen gewesen wäre.

Im übrigen hat der Schuldvorworf des § 287 StGB nur die Herbeiführung der Berauschung zum Gegenstand. Den für das Grunddelikt, das alle objektiven Merkmale der betreffenden strafbaren Handlung aufweisen und darüber hinaus als Betätigung eines auf die Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolgs gerichteten Willens erscheinen muß (RZ 1976/120 = ÖJZ-LSK 1976/290), erforderlichen Willensakt, den Bedrohten Hansjörg D in Furcht und Unruhe zu versetzen, hat das Erstgericht jedoch ohnehin als erwiesen angenommen (S.72 und 73-74 d. A.). Ein solcher konnte entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers auch in einem an sich den Schuldausschließungsgrund des § 11 StGB im Zeitpunkt der Drohung verwirklichenden Ausnahmszustand gesetzt werden.

Daß beim Bedrohten tatsächlich Furcht und Unruhe bewirkt werden, bildet kein Tatbestandserfordernis; die Drohung muß nur objektiv geeignet sein, eine solche Wirkung zu erzeugen (vgl. Leukauf-Steininger, 389 und 539; Foregger-Serini, MKK2, 199 f). Diese objektive Eignung konnte das Erstgericht aber der vom Angeklagten gebrauchten Drohung mit dem 'Abstechen' unter gleichzeitigem Anhalten eines offenen Springmessers an den Körper des Bedrohten ohne Rechtsirrtum beimessen (S.72 und 74 d.A.).

Zu Punkt 4 des Schuldspruchs behauptet die Beschwerde schließlich sowohl eine verfehlte rechtliche Beurteilung als auch eine unzureichende Begründung. Sie führt hiezu aus, dem Angeklagten sei nicht bekannt gewesen, daß es sich bei dem in Rede stehenden Messer überhaupt um ein Springmesser gehandelt habe, er habe dieses Messer schon jahrelang in seinem Besitz gehabt und der Ausdruck 'Springmesser' sei ihm nicht geläufig gewesen; wenngleich nach § 36 WaffenG Fahrlässigkeit genüge, ergebe sich doch nirgends, auch aus dem Urteil nicht, daß er die verbotene Waffe fahrlässig besessen habe, in welcher Beziehung es dem Urteil auch an einer entsprechenden Begründung mangle.

Weder die Rechtsrüge noch die Mängelrüge hält einer überprüfung stand.

So hat der Angeklagte sowohl im Vorverfahren (S.30 der unter ON 6 einbezogenen Akten Z 237/77 des Bezirksgerichtes Schwaz) als auch in der Hauptverhandlung (S.59 d.A.) selbst stets von einem 'Springmesser' gesprochen, bei welchem Ausdruck es sich um eine allgemein gebräuchliche, der Funktion einer solchen Waffe entsprechende Bezeichnung handelt. Im übrigen ist bei erwachsenen schuldfähigen Tätern die Verbotskenntnis in der Regel zu vermuten (ÖJZ-LSK 1976/261). Dies umsomehr im vorliegenden Fall, als es sich bei einem Springmesser bekanntermaßen um eine spezifisch für eine Verwendung im Kampf geeignete Waffe handelt und das geltende Waffengesetz seit 1.Juli 1967 in Kraft steht.

Zudem ergibt sich aus den Gründen des angefochtenen Urteils ohnehin, daß dem Angeklagten bloß Fahrlässigkeit zur Last gelegt wird (S.74 d. A.). Auch konnte das Erstgericht mit zureichendem Grund und rechtlich zutreffend den vom Angeklagten behaupteten Rechtsirrtum als unbeachtlich (§ 9 Abs.2 StGB) werten, weil der Angeklagte sich über die besondere Funktionsweise des Messers im klaren war (S.59 d. A.) und als Erwerber einer solchen Waffe zumindest verpflichtet gewesen wäre, sich über die Zulässigkeit des Besitzes zu informieren, wozu er hinlänglich Zeit und Gelegenheit gehabt hat.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich mithin zur Gänze als unbegründet, sodaß sie zu verwerfen war.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 129 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 (zwölf) Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Wiederholung der Diebstähle, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und den raschen Rückfall in Ansehung des Diebstahls vom 24.Juni 1978, als mildernd hingegen das Geständnis, eine gewisse Notlage im Falle des eben erwähnten Diebstahls und daß es in einem Faktum beim Versuch geblieben ist.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Ausgehend von den vom Erstgericht im wesentlichen vollständig und richtig erfaßten Strafbemessungsgründen und unter Berücksichtigung der im § 32 StGB normierten allgemeinen Grundsätze für die Strafzumessung ist das vom Erstgericht gefundene Strafmaß durchaus schuldund tätergerecht. Die vielen einschlägigen Vorstrafen weisen den Angeklagten als einen Straftäter aus, der immer wieder fremdes Eigentum mißachtet, weshalb es vor allem aus spezialpräventiven Gründen der Verhängung einer empfindlicheren Strafe bedarf. So gesehen erscheint daher die ohnedies im unteren Bereich des Strafrahmens des § 129 StGB - dessen überschreitung im übrigen infolge Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 StGB möglich gewesen wäre - ausgemessene Strafe keineswegs als überhöht. Der Berufung mußte mithin ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01613

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0090OS00164.78.1114.000

Dokumentnummer

JJT_19781114_OGH0002_0090OS00164_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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