TE OGH 1978/11/15 10Os168/78

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Veröffentlicht am 15.11.1978
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Der Oberste Gerichtshof hat am 15. November 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brachtel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Margarethe Anna A, nunmehr verehelichte B, wegen des Vergehens des Betruges nach dem § 146

StGB. über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Schwaz vom 3. November 1976, GZ. U 1138/74-20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwaz vom 3. November 1976, GZ. U 1138/74-20, mit dem die bedingte Nachsicht der mit dem Urteil dieses Gerichtes vom 19. Februar 1975 verhängten (14-tägigen) Freiheitsstrafe widerrufen wurde, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 55 Abs. 1 (§ 53 Abs. 1) StGB.

Dieser Beschluß und alle darauf beruhenden Anordnungen und Verfügungen werden aufgehoben und es wird in der Sache selbst erkannt:

Der Antrag des Bezirksanwaltes beim Bezirksgericht Schwaz vom 4. August 1976, die (erwähnte) bedingte Strafnachsicht zu widerrufen, wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichtes Schwaz vom 19. Februar 1975, GZ. U 1138/74-6, wurde die am 10. Dezember 1952 geborene Margarethe (Anna) A (nunmehr verehelichte B) des Vergehens des Betruges nach dem § 146

StGB. schuldig erkannt und hiefür unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 4. Dezember 1974, GZ. 11 Vr 2685/74, gemäß § 265 StPO. (richtig: § 31 StGB., siehe § 323 Abs. 1 StGB.) zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von 14 Tagen verurteilt. Gemäß dem § 43 Abs. 1 StGB. wurde diese Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von 3 Jahren bedingt nachgesehen. In weiterer Folge wurde Margarethe A mit Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichtes Telfs vom 4. November 1975

(in der Urteilsausfertigung unrichtig auch 14. November 1975), GZ. U 12/75-18, des - in der Zeit vom 23. Juli 1974

bis August 1974 verübten - Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 StGB. schuldig gesprochen und deswegen zu einer Geldstrafe verurteilt.

Nachdem das Strafregisteramt dem Bezirksgericht Schwaz von der letzterwähnten Verurteilung Mitteilung gemacht hatte, faßte dieses Gericht über Antrag des Bezirksanwaltes vom 4. August 1976 (S. 36 in U 1138/74) am 3. November 1976, GZ. U 1138/74-20, den Beschluß auf Widerruf der bedingten Nachsicht der über Margarethe A mit dem Urteil vom 19. Februar 1975 verhängten (14-tägigen) Freiheitsstrafe und forderte die Verurteilte auf, die Strafe binnen 30 Tagen beim landesgerichtlichen Gefangenenhaus Klagenfurt anzutreten. Wie sich aus der Begründung dieses Beschlusses ergibt, ging das Gericht dabei von der irrigen Annahme aus, es lägen die Widerrufsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 StGB. vor, weil Margarethe A wegen einer während der Probezeit begangenen (einschlägigen) strafbaren Handlung verurteilt worden sei.

Da die vom Bezirksgericht Telfs geahndete Veruntreuung aber (wie oben dargestellt) bereits in der Zeit vom 23. Juli 1974 bis August 1974, mithin noch vor Beginn des Laufs der vom Bezirksgericht Schwaz bestimmten Probezeit, verübt worden war, hätte ein Widerruf gemäß der Bestimmung des § 53 Abs. 1 StGB. (auf welche der Widerrufsbeschluß des Bezirksgerichtes Schwaz der Sache nach gestützt ist) nicht erfolgen dürfen. Denn diese Bestimmung kommt nur dann zur Anwendung, wenn die neuerliche Straftat innerhalb der Probezeit begangen wurde. Auf den Zeitpunkt der Verurteilung wegen dieser Tat kommt es nicht an. Es hätte sich das Bezirksgericht Schwaz im Sinne des § 55 Abs. 1 StGB. vielmehr mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die bedingte Strafnachsicht auch bei einer gemeinsamen Aburteilung der den Urteilen des Bezirksgerichtes Schwaz und des Bezirksgerichtes Telfs zugrunde liegenden (zueinander im Verhältnis des § 31 StGB. stehenden) Straftaten gewährt worden wäre. Da eine solche Prüfung möglicherweise zu einem anderen Ergebnis (als einem Widerruf) geführt hätte, ist nicht auszuschließen, daß sich der Widerrufsbeschluß des Bezirksgerichtes Schwaz, der das Gesetz in der Bestimmung des § 55 Abs. 1 (§ 53 Abs. 1) StGB. verletzt, zum Nachteil der Verurteilten auswirkt. Dieser Beschluß war daher aufzuheben. Zufolge der Bestimmung des § 56 StGB. ist nunmehr ein Widerruf der bedingten Strafnachsicht im Hinblick auf den zwischenzeitig erfolgten Ablauf der Probezeit nicht mehr möglich, sodaß sogleich in der Sache selbst zu erkennen und der Widerrufsantrag des Bezirksanwaltes beim Bezirksgericht Schwaz abzuweisen war.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Generalprokuratur zur Wahrung des Gesetzes ist daher im Recht.

Anmerkung

E01586

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00168.78.1115.000

Dokumentnummer

JJT_19781115_OGH0002_0100OS00168_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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