TE OGH 1978/11/24 13Os140/78

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Veröffentlicht am 24.11.1978
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Der Oberste Gerichtshof hat am 24.November 1978

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Christian A und andere wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen der Angeklagten Christa B und Lanfranco C sowie die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian A und die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten Christian A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 20.April 1978, GZ. 6 a Vr 10.270/77-101, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Eichenseder, Dr. Doczekal und Dr. Bernhauser und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

1.) Den Nichtigkeitsbeschwerden wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß der strafbestimmende Wertbetrag (hinterzogene Eingangsabgaben zu den Punkten II./ und III./ des Urteilssatzes) 416.885 S betrage, und demgemäß auch in den auf den Bestimmungen der § 37 Abs. 2, 35

Abs. 4 und 19 Abs. 1 lit. b FinStrG. beruhenden Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3

StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Der strafbestimmende Wertbetrag für das dem Angeklagten Christian A nach dem Punkt III./ des Urteilssatzes zur Last fallende Vergehen der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. und das den Angeklagten Christa B und Lanfranco C nach dem Punkt II./ des Urteilssatzes zur Last fallende Vergehen des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG. beträgt 210.203 S.

Für die bezeichneten Vergehen werden unter Bedachtnahme auf den § 22 Abs. 1 FinStrG. verurteilt:

Christian A nach dem § 37 Abs. 2 FinStrG. zu einer Geldstrafe von 100.000 S (einhunderttausend Schilling), für den Fall der Uneinbringlichkeit 30 (dreißig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe;

Christa B nach dem § 35 Abs. 4 FinStrG. zu einer Geldstrafe von 100.000 S (einhunderttausend Schilling), für den Fall der Uneinbringlichkeit 30 (dreißig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe;

Lanfranco C nach dem § 35 Abs. 4 FinStrG. zu einer Geldstrafe von gleichfalls 100.000 S (einhunderttausend Schilling), für den Fall der Uneinbringlichkeit 30 (dreißig) Tage Ersatzfreiheitsstrafe. Gemäß dem § 19 Abs. 1 lit. b FinStrG. werden die drei Angeklagten des weiteren zu einer Wertersatzstrafe in der Höhe von je 818.463,33

S (achthundertachtzehntausendvierhundertsechzigdrei Schilling, 33 Groschen), für den Fall der Uneinbringlichkeit zu Ersatzfreiheitsstrafen von je 60 (sechzig) Tagen verurteilt.

2.)

Im übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden verworfen.

3.)

Die Angeklagten Christa B und Lanfranco C werden mit ihren Berufungen, soweit sie sich gegen die nach dem Finanzstrafgesetz verhängten Strafen richten, auf die zu 1.) getroffene Entscheidung verwiesen.

              4.)              Der weiteren Berufung der Christa B wird, soweit sie sich gegen die Verweigerung der bedingten Strafnachsicht richtet, Folge gegeben und gemäß dem § 43 Abs. 2 StGB die über diese Angeklagte verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird ihrer Berufung nicht Folge gegeben.

              5.)              Der Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Christian A wird Folge gegeben und der Ausspruch über die bedingte Nachsicht der über diesen Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe aus dem Urteil ausgeschaltet.

              6.)              Der Berufung des Angeklagten Lanfranco C wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den drei Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

A.

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die österreichischen Staatsbürger Christian A und Christa B und der italienische Staatsbürger Lanfranco C des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 StGB, sowie weiters Christian A des Vergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. und Christa B und Lanfranco C des Vergehens des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG. schuldig erkannt.

Inhaltlich des Urteilsspruchs haben I. Christian A, Christa B und Lanfranco C antike Taschenuhren in einem 100.000 S übersteigenden Wert, die ein Unbekannter am 7.Oktober 1977 in Oxford durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen, nämlich Einbruchsdiebstahl in das Museum of the History of Science, erlangt hatte, an sich gebracht und verhandelt, wobei ihnen bekannt war, daß der Wert der gestohlenen Sachen 100.000 S übersteigt, und zwar: 1. Christa B am 12. und 20.Oktober 1977 dadurch, daß sie 87 im Katalog des Museum of the History of Science unter den Zahlen W 1-W 89 (ausgenommen W 65a) näher beschriebene Uhren im Wert von 3,075.870 S (105.700 Pfund) von London nach Lucca (Italien) in zwei Teillieferungen brachte und dort Lanfranco C zur weiteren Verwertung übergab; 2. Christa B und Lanfranco C als Beteiligte am 3.Dezember 1977 dadurch, daß sie 84 der zu I/1) bezeichneten (und zwar die später polizeilich sichergestellten) Uhren im Wert von 2,755.770 S (94.700 Pfund) über Sillian nach Wien brachten und am 4.Dezember 1977 Christian A gegen einen Scheck über 1,450.000 S zum Weiterverkauf überließen; 3. Christian A dadurch, daß er am 4. Dezember 1977 in Gumpoldskirchen die zu I/2) bezeichneten Uhren von Lanfranco C gegen einen Scheck über 1,450.000 S übernahm, sie in der Folge verwahrte und am 8.Dezember 1977 zum Flughafen Wien-Schwechat zum Verkauf transportierte;

II. Christa B und Lanfranco C als Beteiligte am 3.Dezember 1977 im Bereich des Zollamtes Sillian eingangsabgabenpflichtige Waren, nämlich die zu I/2) bezeichneten 84 antiken Taschenuhren sowie fünf weitere französiche Standuhren im Zollwert von 249.208 S vorsätzlich unter Verletzung ihrer zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren entzogen; III. Christian A durch die zu I/3) bezeichnete Handlungsweise sowie durch übernahme der weiteren zu II/ bezeichneten fünf Standuhren von Lanfranco C am 4. Dezember 1977

in Wien vorsätzlich Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, gekauft, an sich gebracht und verhandelt. Das Ausmaß der von den Angeklagten (zu den Punkten II./ und III./ des Urteilssatzes) hinterzogenen Eingangsabgaben und damit der strafbestimmende Wertbetrag wurde vom Erstgericht in der Höhe von 416.885 S angenommen.

Für das Verbrechen der Hehlerei wurden die Angeklagten zu Freiheitsstrafen, für die Vergehen nach dem Finanzstrafgesetz zu Geldstrafen (auch in der Form von Wertersatzstrafen) verurteilt. Nach den - zusammengefaßt wiedergegebenen - Urteilsfeststellungen wurde der Angeklagten Christa B am 8. oder 9.Oktober 1977 in London eine Kollektion englischer Taschenuhren angeboten, die unbekannte Täter am 7.Oktober 1977 durch Einbruch in das Museum of the History of Science in Oxford gestohlen hatten. Christa B erkannte die eigentumsunredliche Herkunft der Uhren von Anfang an, glaubte aber, die wertvolle Ware günstig erwerben zu können und stellte deshalb die Verbindung zu ihrem Lebensgefährten Lanfranco C her, der in Italien einen Antiquitätenhandel betreibt. Sie veranlaßte den Anbieter Alfred D, mit ihr nach Italien zu fahren, wo sich C nach Besichtigung einiger von D mitgebrachter Musterstücke entschloß, alle ihm angebotenen (gestohlenen) Uhren zu kaufen. Die (mit Ausnahme der Musterstücke) noch in London befindlichen Uhren wurden deshalb von Christa B anläßlich einer neuerlichen Reise in diese Stadt nach Italien geholt. Hier nahm C mit dem österreichischen Uhrmacher Christian A Kontakt auf. A zeigte sich interessiert, bestand jedoch - nachdem ein Versuch, die Uhren in Italien loszuschlagen, mißlungen war - darauf, daß ihm die Ware in Österreich übergeben werde. Christa B und Lanfranco C brachten daher in weiterer Folge 84 der insgesamt 87 gestohlenen Taschenuhren (3 Uhren waren in Italien verpfändet worden), sowie weitere 5 (nicht gestohlene) antike französische Standuhren nach Wien. Dem gemeinsamen Plan dieser beiden Angeklagten entsprechend wurden die Uhren, die Christa B im Koffer verpackt und unter alten Kleidungsstücken versteckt hatte, bei der Einreise nach Österreich nicht der Verzollung gestellt. Der Grenzübertritt fand in zwei PKW. statt, die - zwecks Verschleierung ihrer Zusammengehörigkeit - die Grenze in einem zeitlichen Abstand von ca. 1/2 Stunde passierten. Die Aufteilung des Schmuggelgutes wurde hiebei einverständlich dergestalt vorgenommen, daß sich in dem von Christa B benützten PKW. die französischen Standuhren (im Grenzeingangswert von mindestens 249.208 S) befanden, wogegen Lanfranco C die Grenze im zweiten PKW. mit den gestohlenen englischen Taschenuhren (im Grenzeingangswert von mindestens 2,066.827 S) überschritt. Nach gelungenem Schmuggel übergaben Christa B und Lanfranco C die gesamte Ware in Wien dem Christian A, der dafür teils bar, zum Teil aber auch mit Schecks bezahlte. Christian A wußte nicht nur, daß alle Uhren ohne Entrichtung von Eingangsabgaben nach Österreich eingeführt worden waren, sondern es war ihm auch die diebische Herkunft der von ihm anläßlich eines Heurigenbesuches übernommen englischen Taschenuhren bekannt.

Dieses Urteil wird von allen drei Angeklagten mit Nichtigkeitsbeschwerde, von den Angeklagten Christa B und Lanfranco C auch mit Berufung bekämpft.

Von der Staatsanwaltschaft wird das Urteil - jedoch nur hinsichtlich des Angeklagten Christian A - gleichfalls mit Berufung angefochten. I./ Zum Verbrechen der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2, Abs. 3 StGB:

Der Schuldspruch nach dieser Gesetzesstelle wird lediglich von der Angeklagten Christa B bekämpft, die insoweit die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO geltend macht. In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO wirft die erwähnte Beschwerdeführerin dem angefochtenen Urteil offenbar unzureichende, widerspruchsvolle und aktenwidrige Begründung vor. Hiebei vermag sie jedoch keine Begründungsmängel formaler Natur aufzuzeigen, wie sie zur Herstellung des angerufenen Nichtigkeitsgrundes erforderlich wären. Vielmehr behauptet sie der Sache nach im wesentlichen lediglich, all jene Argumente, mit denen das Erstgericht die Annahme begründete, daß ihr die diebische Herkunft der englischen Taschenuhren von Anfang an bekannt war, seien nicht zwingend.

Solcherart bekämpft sie in Wahrheit nicht die Schlüssigkeit der erstgerichtlichen Argumentation, sondern (in im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise) nur die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes, das die Beweismittel gemäß dem § 258 Abs. 2 StPO auf ihre Glaubwürdigkeit und Beweiskraft unter anderem auch in ihrem inneren Zusammenhang sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen hatte, und das gerade auf Grund der von ihm in diesem Sinn vorgenommenen Prüfung zu der bemängelten (den Vorsatz der Beschwerdeführerin betreffenden) Feststellung gelangte. Im übrigen setzte sich das Erstgericht ohnedies sowohl mit der Verantwortung der Beschwerdeführerin als auch mit allen wesentlichen bezughabenden Verfahrensergebnissen hinlänglich auseinander und begründete seine Konstatierungen in denkrichtiger Weise unter offensichtlicher Bedachtnahme auf die allgemeine Lebenserfahrung. Hiebei unterlief ihm entgegen den Beschwerdebehauptungen auch insoweit keine Aktenwidrigkeit, als es einen Bekannten des Angeklagten C namens E (der Christa B mit Alfred D bekannt machte) als in strafrechtlicher Hinsicht verdächtig bezeichnete (vgl. S. 449/II). Denn eine Aktenwidrigkeit läge nur vor, wenn im Urteil der Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels unrichtig wiedergegeben würde. Davon kann aber vorliegend keine Rede sein, weil das Erstgericht (ohne unrichtig zu zitieren) ersichtlich nur davon ausgeht, daß E wegen seiner allfälligen Vermittlertätigkeit im Zusammenhang mit dem urteilsgegenständlichen Verkauf der gestohlenen englischen Taschenuhren strafrechtlich verdächtig sei.

Rechtliche Beurteilung

Insgesamt erschöpfen sich die Ausführungen der Beschwerde zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO im Kern in der Behauptung, daß aus den vorliegenden (Beweis-) Umständen auch andere als die erstgerichtlichen Schlüsse gezogen werden könnten. Da der erwähnte formelle Nichtigkeitsgrund auf eine derartige Behauptung nicht gestützt werden kann und die Beschwerdeführerin damit lediglich den Versuch unternimmt, die Verfahrensergebnisse nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in einer für sie günstigeren Weise zu deuten, muß die Mängelrüge versagen.

Soweit aber die Beschwerdeführerin mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO vorbringt, der Schuldspruch wegen Hehlerei sei verfehlt, weil bei dem gegebenen Sachverhalt nur die Fahrlässigkeitstat des § 165 StGB angenommen werden könne, ist ihr entgegenzuhalten, daß das Urteil alle Feststellungen (zur subjektiven und objektiven Tatseite) enthält, die eine Unterstellung des ihr als Hehlerei angelasteten Verhaltens unter die Bestimmung des § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 StGB rechtfertigen. Da die Beschwerdeführerin bei Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes an diese Feststelungen gebunden ist, bleibt für die Annahme einer bloßen Fahrlässigkeitstat im Sinn des § 165 StGB kein Raum.

II./ Zu den Schuldsprüchen wegen der Vergehen des Schmuggels

nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG.

und der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1

lit. a FinStrG.:

Ihre Verurteilung wegen des Vergehens des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG. bekämpfen die Angeklagten Christa B und Lanfranco C unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 9 lit. a (erstere auch der Z. 5) des § 281 Abs. 1 StPO zunächst insoweit, als ihnen ungeachtet der (auch zeitlich) getrennten Grenzüberschreitung jeweils nur unter Mitnahme der französischen (B) bzw. englischen (C) Uhren Mittäterschaft für den Schmuggel sämtlicher Uhren angelastet wurde.

Zuzugeben ist, daß als (unmittelbarer) Mittäter im Sinn des § 11 FinStrG. (§ 12 StGB) nur angesehen werden kann, wer bei der Verwirklichung eines Tatbildes in der Ausführungsphase mit einem oder mehreren anderen vorsätzlich zusammenwirkt, wobei der Betreffende dann über die eigenen Ausführungshandlungen hinaus für den gesamten Deliktserfolg haftet (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/17 u.a.). Beim Vergehen des Schmuggels nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG., dessen Tatbild sich darin erschöpft, daß eine abgabepflichtige Ware vorsätzlich durch Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- (oder Erklärungs-) Pflicht dem Zollverfahren entzogen wird, kann Mittäter demnach nur sein, wer zur Stellung verpflichtet ist. Dies ist grundsätzlich (vgl. § 48 Abs. 1 ZollG.) derjenige, der die Ware im Gewahrsam hat. Mittäterschaft mehrerer Personen kommt daher nur im Fall des Mitgewahrsams dieser Personen an der abgabepflichtigen Ware in Frage, weil jemand, der nicht Gewahrsamsinhaber und daher nicht stellungspflichtig ist, auch keine tatbildmäßige Ausführungshandlung setzen kann (vgl. EvBl. 1976/133 u.a.).

Vorliegend überschritt nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils die Angeklagte Christa B die Grenze mit den französischen Uhren, wogegen die englischen Uhren vom Angeklagten Lanfranco C über die Grenze gebracht wurden. Ein Mitgewahrsam dieser beiden Angeklagten an sämtlichen Uhren kann angesichts der Aufteilung der abgabepflichtigen - nicht der Verzollung gestellten - Ware auf zwei Fahrzeuge, die die Grenze in einem zeitlichen Abstand von ca. 1/2 Stunde passierten, nicht angenommen werden.

Daraus folgt, daß die vom Erstgericht im angefochtenen Urteil vertretene Rechtsansicht, Christa B und Lanfranco C seien für sämtliche geschmuggelten Uhren als Mittäter zu betrachten, unzutreffend ist. Unmittelbare Täterschaft liegt vielmehr bei Christa B nur für den Schmuggel der französischen Standuhren, bei Lanfranco C für den von (84) englischen Taschenuhren vor. Damit ist jedoch für die Beschwerdeführer noch nichts gewonnen. Denn das Erstgericht nahm hier an, daß Christa B und Lanfranco C 'von Haus aus' die Absicht hatten, sowohl die englischen als auch die französischen Uhren im gemeinsamen Zusammenwirken nach Österreich zu bringen, ohne die hierauf entfallenden Eingangsabgaben zu entrichten, daß Christa B deshalb die Koffer packte und hiebei die Uhren unter alten Kleidungsstücken versteckte, daß beide sodann im Einverständnis die Uhren aufteilten und daß sie die Grenze getrennt in zwei Fahrzeugen passierten, um ein Zusammengehören zu verschleiern und so die Chance eines unkontrollierten Grenzübertritts zu erhöhen (vgl. S. 444, 454, 455/II). Soweit Christa B diese Urteilsannahmen mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO bekämpft, unternimmt sie nach Inhalt und Zielsetzung ihrer Ausführungen neuerlich nur den unzulässigen Versuch, die gemäß den § 258 Abs. 2, 270 Abs. 2 Z. 5 StPO auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse beruhende und hinreichend begründete schlüssige und lebensnahe freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes zu bekämpfen. Geht man aber von den zitierten Feststellungen aus, dann bedeutet dies in rechtlicher Beziehung, daß Christa B und Lanfranco C den Schmuggel jener Uhren, für die sie nicht unmittelbare Täterschaft verantworten, vorsätzlich erleichterten und daher hiezu im Sinn der

3. Alt. des § 11 FinStrG. beitrugen. Mithin wurde das ihnen als Schmuggel angelastete Verhalten zwar teilweise rechtsirrig der 1., anstatt der 3. Alternative des § 11 FinStrG. unterstellt, was aber für sie allein schon mit Rücksicht darauf, daß sie das Vergehen nach dem § 35 Abs. 1 FinStrG. (im Umfang der jeweils von ihnen selbst über die Grenze gebrachten Uhren) jedenfalls auch als unmittelbare Täter verantworten und im Hinblick auf die Konstruktion des (dem § 12 StGB entsprechenden) § 11 FinStrG. keinen Nachteil bedeuten kann (vgl. ÖJZ-LSK. 1978/126 u.a.).

Es bleibt daher zu prüfen, ob das Erstgericht - wie die Angeklagten A und B ziffernmäßig aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO, der Angeklagte C im Rahmen seiner Berufungsausführungen, alle jedoch der Sache nach unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO behaupten - das Ausmaß der durch Schmuggel hinterzogenen Eingangsabgaben und damit den für die Vergehen nach den § 35 Abs. 1 und 37 Abs. 1 lit. a FinStrG. strafbestimmenden Wertbetrag unrichtig, nämlich überhöht feststellte.

Bei den hinterzogenen Eingangsabgaben handelte es sich ausschließlich um die Einfuhrumsatzsteuer, die das Erstgericht - ausgehend von einem (unbestrittenen) Grenzeingangswert von 2,066.827 S für die englischen Uhren und von 249.208 S für die französischen Uhren - unter Zugrundelegung eines Steuersatzes von 18 % betragsmäßig mit 416.885 S errechnete. Soweit die Beschwerdeführer nun vorbringen, die Berechnung sei auf der Basis eines Steuersatzes von nur 8 % vorzunehmen, kann ihren Ausführungen teilweise Berechtigung nicht abgesprochen werden.

Nach dem § 10 Abs. 2 UStG. in der (hier anzuwendenden) Fassung vor dem 2. Abgabenänderungsgesetz 1977, BGBl. 1977/645, ermäßigt sich der (sonst gemäß dem § 10 Abs. 1 UStG. 18 % betragende) Steuersatz für die Einfuhr der in der Anlage zum Umsatzsteuergesetz aufgezählten Gegenstände auf 8 %. Als solche Gegenstände nennt die Anlage (neben anderen, hier nicht in Frage kommenden Sachen) in der Z. 50 Kunstgegenstände und Sammlungsstücke im Sinn der Nummern 99.01 bis 99.03 und 99.05 des Zolltarifes. Die aus dem Museum of the History of Science in Oxford gestohlenen englischen Taschenuhren fallen tatsächlich unter die Zolltarifnummer 99.05, die Sammlungsstücke von historischem Wert erfaßt. Bei Berechnung der im Zusammenhang mit ihrer Einfuhr zu entrichtenden Einfuhrumsatzsteuer wäre daher richtig ein Steuersatz von bloß 8 % anzuwenden gewesen. Anders jedoch bei Ermittlung der Umsatzsteuer für die französischen Uhren. Sie hatten nämlich keinen musealen Charakter, können also nicht als Sammlungsstücke bezeichnet werden (vgl. hiezu auch S. 71/III) und unterfielen als 'Antiquitäten, mehr als 100 Jahre alt' der - nicht begünstigten - Nummer 99.06 des Zolltarifes.

Das Ausmaß der hinterzogenen Eingangsabgaben und damit die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages errechnet sich daher richtig wie folgt:

Wert der englischen Uhren 2,066.827 S   8 %   165.346 S Wert der

französ. Uhren     249.208 S  18 %    44.857 S Strafbestimmender

Wertbetrag                  210.203 S Da die Höhe von nach den § 35

Abs. 4 und 37 Abs. 2

FinStrG. zu verhängenden Geldstrafen vom jeweiligen

Verkürzungsbetrag - der hier auch bei Ausmessung der

Wertersatzstrafen zu berücksichtigen war - abhängt, führte die

unrichtige Berechnung des strafbestimmenden Wertbetrages in erster

Instanz zwangsläufig zu einer überschreitung der Grenzen des

gesetzlichen Strafsatzes und bewirkte daher Nichtigkeit nach dem §

281 Abs. 1 Z. 11 StPO Es war darum spruchgemäß zu entscheiden und

der gemäß den § 35 Abs. 4, 37 Abs. 2 FinStrG. vorzunehmenden

Strafneubemessung ein Verkürzungsbetrag von 210.203 S zugrunde zu

legen. Die Berechnung der neu zu bemessenden Wertersatzstrafen war

folgendermaßen vorzunehmen:

Wert der 84 englischen Taschenuhren     2,066.827 S Eingangsabgaben

hiezu                     165.346 S

2,232.173 S 10 % Handelsspanne                        223.217 S

2,455.390 S Wertersatz anteilig je 1/3                818.463,33 S

============

                   B.

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Christian A, Christa B und Lanfranco C wegen des Verbrechens der Hehlerei nach dem § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 StGB zu Freiheitsstrafen in der Dauer von je zwei Jahren verurteilt.

Gemäß dem § 43 Abs. 2 StGB wurde die über den Angeklagten Christian A verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Bei der Strafbemessung waren im gegebenen Zusammenhang im Fall des Angeklagten Christian A erschwerend der erhebliche Wert der Uhren, mildernd das Geständnis, die Zustandebringung sowie der Umstand, daß der Angeklagte - von Finanzdelikten abgesehen - sich bisher wohlverhielt und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht, im Fall der Angeklagten Christa B erschwerend der erhebliche Wert der Uhren, mildernd das bisherige Wohlverhalten und die Zustandebringung der Sachen, im Fall des Angeklagten Lanfranco C erschwerend der erhebliche Wert, mildernd das Geständnis, das bisherige Wohlverhalten und gleichfalls die Zustandebringung der Uhren.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft mit ihrer Berufung ausschließlich die dem Angeklagten Christian A gewährte bedingte Strafnachsicht. Die Berufungen der Angeklagten Christa B und Lanfranco C richten sich gegen das Strafausmaß und die Verweigerung der bedingten Strafnachsicht.

Nur der Berufung der Staatsanwaltschaft und jener der Angeklagten Christa B, soweit sie die Gewährung der bedingten Strafnachsicht anstrebt, kommt Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe in den Fällen der Angeklagten B und C wurden in erster Instanz nicht nur im wesentlichen richtig und vollzählig erfaßt, sondern auch zutreffend bewertet und gewürdigt. Der Auffassung dieser beiden Berufungswerber zuwider entspricht die vom Erstgericht jeweils verhängte zweijährige Freiheitsstrafe im Rahmen des bis zu fünf Jahren reichenden Strafsatzes des § 164 Abs. 3 StGB - auch nach überzeugung des Obersten Gerichtshofes - durchaus ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB). In dem Umstand, daß der Angeklagte C sich zur Finanzierung der strafbaren Handlungen seines eigenen Vermögens bediente, kann nach Lagerung des Falles kein Milderungsgrund erblickt werden. Auch die hier vom Gesetz (§ 43 Abs. 2 StGB) geforderten besonderen Gründe, die Gewähr dafür bieten, daß der Rechtsbrecher keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, liegen im Fall des Angeklagten C nicht vor:

Insbesondere seine Stellung innerhalb des Täterkreises und die spezifische Begehungsweise des Verbrechens sprechen gegen eine derart sichere Annahme künftigen Wohlverhaltens, wie sie § 43 Abs. 2 StGB zwingend voraussetzt.

Zu diesem Ergebnis gelangt der Oberste Gerichtshof auch im Fall des Angeklagten A. Dieser Angeklagte verübte die Tat ungeachtet der kraft seiner beruflichen Stellung gegebenen besonderen Einsicht in das Unrecht, das sie bedeutet; er konnte der besonderen Gelegenheit, die ihm seine berufliche Vertrauensstellung bietet, nicht widerstehen und vergriff sich an sehr wertvollem Museumsgut; ein Rückfall ist hier - auch in Anbetracht des Tatherganges und - ablaufes - keineswegs sicher auszuschließen.

Damit verbietet sich die Gewährung der bedingten Strafnachsicht. Anders liegen die Umstände bei der Angeklagten Christa B, weil sie nur in eher untergeordneter Stellung tatbeteiligt war; für ihr Straucheln war offenbar die Aktivität und ungünstige Einflußnahme ihrer Mitangeklagten (mit-)bestimmend; sie ist zudem unbescholten, sozialintegriert und sorgt für ihr Kind; dem schädlichen Einfluß der Mitangeklagten entzogen, besteht Gewähr für künftige Straffreiheit. über die Berufungen war daher spruchgemäß zu befinden. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01865

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00140.78.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19781124_OGH0002_0130OS00140_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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