TE OGH 1978/11/28 9Os142/78 (9Os143/78)

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Veröffentlicht am 28.11.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.November 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Sailer als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147

Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.Juni 1978, GZ. 1 b Vr 10.284/77-19, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß dieses Landesgerichtes vom 9.August 1978, GZ. 1 b Vr 10.284/ 77-25, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, nach Verlesung der Rechtsmittelausführungen, nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Zandl, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Johann A ist ferner schuldig, er hat durch die im angefochtenen Urteil umschriebene Handlungsweise gleichzeitig mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Österreichischen Länderbank AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich über die mangelnde Erbenstellung, zur Auszahlung von S 271.208,76 an ihn, sohin zu einer Handlung verleitet, welche die Republik an ihrem Heimfallsrecht (§ 760 ABGB) schädigte, wobei der Schaden S 271.208,76 beträgt und damit S 100.000,-- übersteigt. Er hat hiedurch das Verbrechen des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs. 3 StGB begangen und wird dafür sowie für die ihm laut dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch vom 27.Juni 1978 (damit in Tateinheit) zur Last fallende strafbare Handlung (Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB) gemäß § 28, 147 Abs. 3 StGB sowie gemäß § 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf die Strafverfügung des Strafbezirksgerichts Wien vom 13.Dezember 1973, GZ. 15 U 2502/73-2, zu 14 (vierzehn) Monaten und 20 (zwanzig) Tagen Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe verurteilt.

Mit ihrer Berufung und mit ihrer gegen den Beschluß des Vorsitzenden vom 9.August 1978, GZ. 1 b Vr 10.284/77-25, gerichteten Beschwerde wird die Staatsanwaltschaft auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde laut dessen (im Akt erliegender) schriftlicher Ausfertigung der am 28.Jänner 1946 geborene Justizrevident Johann A - abweichend von der wegen der Verbrechen des Betruges nach § 146, 147

Abs. 3 StGB und des Mißbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB erhobenen Anklage - nur des letzteren Verbrechens schuldig erkannt.

Dem Genannten liegt zur Last, in der Zeit von Oktober 1972 bis Jänner 1973 in Wien als Leiter der Geschäftsabteilung 4 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen, nämlich die Republik Österreich an ihrem Heimfallsrecht (§ 760 ABGB) im Betrag von 271.208,76 S zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze (Amtsgeschäfte vorzunehmen,) wissentlich mißbraucht zu haben, indem er in der Verlassenschaftssache 4 A 151/72

nach der am 8.Februar 1972 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen Maria B ohne richterliche Verfügung am 10. Oktober 1972 und am 31.Oktober 1972

Anfragen an die Österreichische Länderbank AG nach den Kontoständen der Sparbücher der Verstorbenen herstellte, mit der Unterfertigungsstampiglie (§ 49 - richtig: 149 - Abs. 1 lit.b Geo) des Richters Dr. Karl C ausfertigte und dem genannten Kreditinstitut zusandte, ferner einen Gerichtsbeschluß vom 19.Dezember 1972 samt Unterschrift des erwähnten Richters nachmachte, mit dem besonderen Gerichtssiegel (§ 68 Abs. 2 Geo) versah und der Länderbank vorlegte und schließlich am 26.Jänner 1973 als vorgeblicher Testamentserbe unter Berufung auf diesen falschen Gerichtsbeschluß bei der Österreichischen Länderbank AG die Guthaben vom Sparbuch Nr. 23.664.000 in der Höhe von 232.591,36 S und vom Sparbuch Nr. 23.648.283 in der Höhe von 38.617,40 S, insgesamt also 271.208,76 S, abhob.

Den Urteilsfeststellungen nach war Johann A zur Tatzeit Leiter der Geschäftsabteilung 4 des Bezirksgerichtes Innere Stadt, in welcher Abteilung zum AZ. 4 A 151/72

die Verlassenschaftsabhandlung nach der am 8.Februar 1972 verstorbenen Maria B angefallen war. Die Genannte hatte keine letztwillige Verfügung hinterlassen; Angehörige waren nicht feststellbar und an - bekanntem - Vermögen war lediglich das Mobiliar ihrer Wohnung vorhanden. Als Johann A vor dem 25.September 1972 den Kaufinteressenten D in die erblasserische Wohnung begleitete, entdeckte er dort in einem Versteck zwei Sparbücher der Österreichischen Länderbank, welche mit Losungsworten gesichert waren. Er nahm die Sparbücher an sich und beschloß, sich die Guthaben anzueignen und dadurch der heimfallsberechtigten Republik Österreich zu entziehen. Um an die Guthaben heranzukommen, verfertigte Johann A vorerst eine - von ihm mit der Unterfertigungsstampiglie des zuständigen Richters versehene - Anfrage an die Österreichische Länderbank vom 10.Oktober 1972, inhaltlich deren das Bezirksgericht Innere Stadt Wien um Bekanntgabe ersuchte, ob nach der Verstorbenen ein Sparbuch oder ein Konto aufscheine. Nach der Mitteilung der Länderbank, daß der Name Maria B in ihren Verzeichnissen nicht vorkomme, verfertigte Johann A in gleichartiger Weise die Anfrage vom 31.Oktober 1972 nach dem Guthabensstand auf den nunmehr näher bezeichneten zwei Konten zum Todestag. Hiedurch wollte sich der Angeklagte einerseits einen überblick über den tatsächlichen Kontostand verschaffen und andererseits die Angestellten des Kreditinstituts auf die weiteren gerichtlichen Verfügungen vorbereiten. Nachdem von der Länderbank festgestellt worden war, daß die betreffenden Konten tatsächlich existieren, verfertigte Johann A einen mit 19.Dezember 1972 datierten Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt, wonach 'die auf Grund des Testaments vom erblasserischen Testamentserben Johann A zum gesamten Nachlaß abgegebene unbedingte Erbserklärung zu Gericht angenommen und das Erbrecht des Genannten für ausgewiesen erkannt' und (u.a.) der 'erblasserische Testamentserbe Johann A abhandlungsbehördlich ermächtigt' wurde, ohne Rücksicht auf Klausel oder Sperre über die beiden Sparbücher zu verfügen. Mit diesem Beschluß begab sich Johann A sodann am 26.Jänner 1973 zur Filiale der Österreichischen Länderbank AG in Wien VII, wies sich mit seinem Führerschein aus und behob das Guthaben von insgesamt 271.208,76 S einschließlich Zinsen. Das Geld verwendete er für sich. Der Nachlaß wurde mit Beschluß vom 27.Februar 1973 für erblos erklärt, nachdem sich innerhalb der Ediktalfrist keine Erben gemeldet hatten. Den Verlassenschaftsakt vernichtete Johann A nach dessen Rücklangen von der Finanzprokuratur und vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern, um eine Entdeckung seiner Verfehlungen zu verhindern; trotzdem konnten diese aufgedeckt werden. Nach Ansicht des Erstgerichtes begründet die Handlungsweise des Angeklagten nur das Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt. Dem Angeklagten sei es - so wird in den Gründen des angefochtenen Urteils (S 78 f.) argumentiert - darauf angekommen, sich die Sparguthaben anzueignen; alle seine Tathandlungen seien Ausfluß eines einziges Vorsatzes. Enthalte der Amtsmißbrauch auch die Merkmale einer allgemein strafbaren Handlung - hier des Betruges -, so liege Gesetzeskonkurrenz vor und der Täter hafte nur nach § 302 StGB Zwar werde damit der Unrechtsgehalt der Tat nicht (voll) erfaßt, falls das deliktische Verhalten ohne den Amtsmißbrauch strenger strafbar wäre, doch sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, daß dann - und nur dann - eine Konkurrenz des Verbrechens nach § 302 StGB sowie des Grunddeliktes vorliege und eine Verurteilung wegen beider Verbrechen zu erfolgen habe. Die Rechtslage sei eben nicht befriedigend, was auch der Umstand zeige, daß ein Täter, der die mit einem Strafsatz von einem bis zu zehn Jahren bedrohte allgemeine strafbare Handlung nicht durch Mißbrauch der Amtsgewalt, sondern nur unter Ausnützung der Amtsstellung begehe, im Hinblick auf § 313 StGB sogar noch strenger strafbar wäre.

In Ansehung dieses schriftlich ausgefertigten - den Angeklagten (entsprechend dem Gesagten) des Mißbrauchs der Amtsgewalt schuldig sprechenden - Urteils beantragte die Staatsanwaltschaft zunächst am 31. Juli 1978 eine Angleichung an das in der Hauptverhandlung mündlich verkündete Urteil wegen Betrugs im Wege der Richtigstellung des Schuldspruchs nach § 302 Abs. 1 StGB auf einen solchen nach § 146, 147 Abs. 3 StGB (im Sinne des § 270 Abs. 3 StPO).

Dieser 'Berichtigungsantrag' (ON 22) wurde vom Vorsitzenden am 9. August 1978 beschlußmäßig - im wesentlichen in Übereinstimmung mit dem (sowie unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den) Inhalt eines durch ihn am selben Tag (zu ON 24) festgehaltenen Amtsvermerks, wonach 'bei der mündlichen Urteilsverkündung versehentlich verkündet worden sein dürfte, daß das Verhalten des Angeklagten des (soll wohl heißen: das) Verbrechen des Betrugs darstelle, der Beisitzer ihn (Vorsitzenden) noch während der Verkündung der Entscheidungsgründe darauf aufmerksam gemacht (habe) und er - obwohl eine förmliche Neuverkündung des Urteilsspruchs nicht stattfand - annahm, durch seine weiteren Ausführungen sei hinreichend klargestellt worden, daß der Urteilsspruch nach § 302 Abs. 1 StGB erfolgte' - sinngemäß mit der Begründung abgewiesen, daß das anläßlich der Urteilsverkündung unterlaufene offenkundige Versehen einen 'belanglosen Sprechfehler' darstelle, der in der 'schriftlichen Ausführung' des Urteils richtiggestellt werden konnte, und die schriftliche Urteilsausfertigung der Beschlußfassung bei der Beratung entspreche' (ON 25).

Diesen Beschluß bekämpft die Staatsanwaltschaft mit Beschwerde, in der sie einerseits behauptet, daß der mündlichen Urteilsbegründung in keiner Phase ein dem Vorsitzenden unterlaufender derartiger Irrtum oder Sprechfehler und die Fällung eines Schuldspruchs wegen Amtsmißbrauchs zu entnehmen gewesen sei, und andererseits auf die schon aus rechtsstaatlichen Bedürfnissen erforderliche sowie auch dann voll und ganz bestehende Bindung an das - die alleinige Grundlage für die weiteren Prozeßerklärungen, wie Rechtsmittelanmeldung und Rechtsmittelverzicht, abgebende - mündlich verkündete Urteil hinweist, wenn jenes von der (den Parteien unbekannten und für diese nicht überprüfbaren) Beschlußfassung in der Beratung abweicht (ON 26).

Außerdem wird das Urteil selbst von der Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angefochten. Mit der auf die Z 3 und 10 des § 281 Abs. 1

StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde strebt die Anklagebehörde im Ergebnis einen - anklagekonformen - Schuldspruch wegen der Verbrechen des Mißbrauches der Amtsgewalt (gemäß § 302 Abs. 1 StGB) und des schweren Betruges (nach § 146, 147 Abs. 3 StGB) an. Aus dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund macht die Staatsanwaltschaft - hier unter dem Gesichtspunkt eines unter (ausdrücklicher) Nichtigkeitssanktion stehenden Verstoßes gegen § 260 StPO - neuerlich die schon mehrfach erwähnte Abweichung des schriftlichen Urteils geltend.

In materiellrechtlicher Beziehung vertritt die Anklagebehörde, sich damit gegen die vom Erstgericht vorgenommene Subsumtion der Handlungsweise des Angeklagten nur unter dem Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt - oder nur unter jenen des Betruges - wendend, die Auffassung, daß bei Zusammentreffen von Mißbrauch der Amtsgewalt mit einer allgemein strafbaren Handlung, die - wie vorliegend der Betrug nach § 147 Abs. 3 StGB - mit einer strengeren Strafe als der Amtsmißbrauch bedroht ist, der Täter beide strafbaren Handlungen in Idealkonkurrenz zu verantworten habe. Diese Rechtsansicht trifft nicht nur - wie noch in der Folge aufgezeigt werden wird - zu, sondern es ist unter diesen Umständen für die Behandlung der Rechtsrüge - was übrigens schon aus ihrer zusammenfassenden Darstellung eindeutig hervorgeht - nicht entscheidend, auf welches der beiden in Frage stehenden Delikte der Schuldspruch wirklich lautete, sondern lediglich, daß dem Angeklagten nur eines davon angelastet wurde, weshalb es sich sowohl erübrigte, vor Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde über die oben angeführte - in Zusammenhang mit dem abgelehnten Berichtigungsantrag durch die Staatsanwaltschaft erhobene und seitens des Erstgerichts gemäß § 270 Abs. 3 StPO zusammen mit der Nichtigkeitsbeschwerde (und Berufung) anher vorgelegte - Beschwerde abzusprechen, als auch auf die formale Rüge der Nichtigkeitsbeschwerde einzugehen.

Rechtliche Beurteilung

In rechtlicher Beziehung ist festzuhalten:

Soweit amtsmißbräuchliche Handlungen auch den Tatbestand allgemein strafbarer Handlungen erfüllen, die nicht weiter beschwert sind, wird deren Unrechts- und Schuldgehalt grundsätzlich schon durch eine Verurteilung wegen Amtsmißbrauchs und Bestrafung nach dem hiefür geltenden Strafsatz voll ausgeschöpft; bei diesen Fallgruppen liegt daher Gesetzeskonkurrenz (Konsumtion; Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl. 1978 S 461, spricht von einer 'begrenzten /materiellen/ Subsidiarität von Vermögensdelikten' - im Verhältnis zum Amtsmißbrauch) vor, weshalb die Tat nur unter § 302 StGB fällt. Ist die allgemein strafbare Handlung jedoch mit einer strengeren Strafe bedroht als der Mißbrauch der Amtsgewalt - wie etwa Betrug mit einem 100.000 S übersteigenden Schaden (§ 147 Abs. 3 StGB) im Vergleich zu einfachem Amtsmißbrauch (§ 302 Abs. 1 StGB) -, dann kommt eine derartige 'Gesetzeseinheit' (Jescheck, 488 ff.) nicht in Betracht, weil sonst der für die betreffende höhere Strafdrohung maßgebliche größere deliktische Unwert der Tat durch deren Subsumtion allein unter den (weniger strengen) § 302 Abs. 1 StGB nicht zur Gänze erfaßt würde: Eine milder strafbare Handlung kann regelmäßig eine strenger strafbare nicht konsumieren (verdrängen). Anderseits schließt aber auch das allgemeine Delikt ungeachtet der strengeren Strafdrohung und ohne Rücksicht darauf, ob der daraus entstandene Schaden mit jenem ident ist, der durch den Amtsmißbrauch herbeigeführt werden sollte, noch nicht den spezifischen Unwert des betreffenden Amtsdeliktes in sich, sodaß dem Täter in solchen Fällen - der Auffassung des Erstgerichtes zuwider - beide strafbaren Handlungen in Idealkonkurrenz zuzurechnen sind (RZ 1977/44; ÖJZ-LSK 1976/

318; Leukauf-Steininger, Kommentar, S 222 f. und 1194 f.). Daß das im Vergleich zum Amtsmißbruch mit strengerer Strafe bedrohte allgemein strafbare Delikt, sofern es nicht durch Mißbrauch der Amtsgewalt, sondern bloß unter Ausnützung der Amtsstellung begangen wird, für den Fall einer Anwendung des § 313 StGB - bei welcher Bestimmung es sich allerdings nur um eine lediglich fakultativ anzuwendende Strafbemessungsvorschrift handelt (ÖJZ-LSK 1977/334) - sogar noch strengerer Bestrafung unterliegen könnte, bildet rechtslogisch kein Argument für die alleinige Anwendung der gegenüber der allgemeinen Strafbestimmung noch milderen Bestimmung des § 302 Abs. 1 StGB Im übrigen handelt es sich bei dem vom Erstgericht festgestellten und vom Schuldspruch erfaßten Vorgehen des Angeklagten Johann A - nach dem hiezu als erwiesen angenommenen Sachverhalt - um ein einheitliches, von vornherein auf die Aneignung der Sparguthaben abzielendes und auf einem entsprechenden umfaßenden Vorsatz fußendes Verhalten, das nicht schlechthin in amtsmißbräuchliche und betrügerische Handlungen aufgespaltet werden kann (siehe S 78 d. A) und erst mit der - den Vermögensschaden bewirkenden - Abhebung abgeschlossen war.

Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher Folge zu geben und über sämtliche von ihr ergriffenen Rechtsmittel wie aus dem Spruche ersichtlich zu erkennen.

Bei der sohin erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe nahm der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen zweier Verbrechen als erschwerend, den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, das Geständnis, die weitgehende Schadensgutmachung sowie das lange Zurückliegen der Taten und das seitherige Wohlverhalten des Angeklagten hingegen als mildernd an.

Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe und Bedachtnahme auf die Strafverfügung des Strafbezirksgerichtes Wien vom 7.Jänner 1974, AZ. 15 U 2502/73, mit der über den Angeklagten wegen des Vergehens nach § 36 WaffG eine Geldstrafe in der Höhe von S 700,-- im Nichteinbringungsfall 10 Tage Arrest, verhängt worden war, erschien eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von insgesamt 15 Monaten sowohl dem Verschulden des Angeklagten als auch dem Unrechtsgehalt der von ihm gesetzten Taten angemessen, weshalb auf das aus dem Spruch ersichtliche Strafmaß zu erkennen war.

Von § 43 Abs. 2 StGB hat der Oberste Gerichtshof vorliegend nicht Gebrauch gemacht, weil die im Gesetz geforderten besonderen Gründe für die Annahme, daß der Angeklagte keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde, nicht vorliegen. Gegen eine solche spricht nicht nur die auch sonst nicht korrekte Amtsführung des Angeklagten (wiederholte Ankäufe von Verlassenschaften), sondern insbesondere der hohe Grad der Schuld des Täters, der seine Amtspflichten mehrfach und derart raffiniert verletzte, daß es nur der besonderen Aufmerksamkeit eines anderen Beamten zu verdanken war, daß seine Verfehlung aufgedeckt wurde.

Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01616

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0090OS00142.78.1128.000

Dokumentnummer

JJT_19781128_OGH0002_0090OS00142_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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