TE OGH 1978/11/28 9Os162/78

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Veröffentlicht am 28.11.1978
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Der Oberste Gerichtshof hat am 28. November 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Sailer als Schriftführer in der Strafsache gegen Eduard Heinz A und andere wegen des Verbrechens des (gewerbsmäßigen) schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 bzw. Abs. 2, 129 Z. 1, 130 (zweiter Fall) StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von der Staatsanwaltschaft zugunsten der Angeklagten Fritz B, Angela C (richtig: D), Herbert D, Renate F und Renate G (verehelichte H) gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. März 1978, GZ. 1 a Vr 4576/75-244, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, nach Verlesung der Rechtsmittelausführungen sowie nach Anhörung der Ausführungen der Verteidiger der Angeklagten A. D, H. D, F und H, nämlich Dr. Ortner, Dr. Pammer, Dr. Pann und Dr.Papis, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in Ansehung der Angeklagten Renate H (vormals G) zur Gänze, ferner im Schuldspruch der Angeklagten Renate F (Punkt A/IV/4 des Urteilssatzes) und im Schuldspruch der Angeklagten Angela D (im Urteil unrichtig: C) zu Punkt A/IV/2 a des Urteilssatzes sowie (demgemäß) hinsichtlich der die beiden letzteren Angeklagten (auch) und bezüglich der Angeklagten Fritz B sowie Herbert D (nur) in den sie betreffenden Strafaussprüchen aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfange dieser Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

I. Angela D und Renate H werden von der wider sie erhobenen Anklage, das Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 sowie Abs. 3 (letzter Fall) StGB dadurch begangen zu haben, daß sie Ende Dezember 1974 in Wien durch (Einbruchs-) Diebstähle erlangte Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert an sich brachten, wobei ihnen bekannt war, daß die mit Strafe bedrohten Handlungen gegen fremdes Vermögen aus einem anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit einer fünf Jahre erreichenden Freiheitsstrafe bedroht waren, und zwar 1. Angela D einen gestohlenen (zu dem diesen Gegenstand betreffenden Diebstahlsfaktum - sowohl in der Anklageschrift / S. 481/III / als auch im Urteilssatz / zu dessen Punkt A/I/1 c - S. 235/IV / korrespondierend jeweils - als Luchsjacke bezeichneten) Luchsmantel durch Annahme als Geschenk von Andreas I;

2. Renate H eine gestohlene Nerzjacke durch Annahme als Geschenk von Eduard Heinz A, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.

II. Angela D wird für das ihr nach dem aufrecht bleibenden Teil des sie betreffenden Schuldspruches laut Punkte A/IV/b und c des Urteilssatzes (weiterhin) zur Last fallende Vergehen des fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens und Verhandelns von Sachen gemäß § 165 StGB nach dieser Gesetzesstelle zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 300 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 10 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt.

III. Renate F ist schuldig, sie hat Ende Dezember 1974 in Wien dadurch, daß sie einen Gegenstand, der nach seiner Eigenschaft gegen den Anbietenden den Verdacht erweckte, er sei entwendet, nämlich den aus dem unter Punkt A/I/1 c des Urteilssatzes bezeichneten Diebstahl stammenden Rotfuchsmantel, von Eduard Heinz A (an sich) gekauft und hiedurch die übertretung des Ankaufs verdächtiger Waren nach § 477 StG. 1945 begangen; sie wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu einer Geldstrafe in der Höhe von 6.000 S, im Nichteinbringlichkeitsfall zu 10 Tagen Arrest, verurteilt.

IV. über die Angeklagten Fritz B und Herbert D werden (für die ihnen nach den weiterhin im vollen Umfang aufrechten Schuldsprüchen laut den Punkten A/IV/1 a und b bzw. A/IV/3 des Urteilssatzes jeweils zur Last fallenden strafbaren Handlungen nach § 165 StGB) gemäß dieser Gesetzesstelle nachfolgende Geldstrafen verhängt:

über Fritz B 50 Tagessätze zu je 150 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen, und über Herbert D 40 Tagessätze zu je 90 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen. Gemäß § 38 Abs. 1 StGB wird die im Strafverfahren des Landesgerichtes für Strafsachen Wien AZ. 8 c Vr 9632/77 erlittene Verwahrungs- und Untersuchungshaft vom 10. Februar 1977, 9 Uhr 30, bis 13. April 1977, 16 Uhr, und vom 18. November 1977, 10 Uhr, bis 6. Juni 1978, 12 Uhr 15, auf die über Fritz B verhängte Geldstrafe angerechnet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Fritz B, Angela D, Herbert D und Renate F die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden unter anderen die Angeklagten Fritz B, Angela D (welche in Wahrheit nicht diesen - aus einer früheren geschiedenen Ehe stammenden - sondern den - anschließend durch Wiederverehelichung mit Herbert D erlangten und auch nach der inzwischen erfolgten Scheidung dieser Ehe nicht verlorenen - Familiennamen D trägt), Herbert D (ihr geschiedener Gatte), Renate F und Renate G (nunmehr verehelichte H) jeweils des Vergehens des fahrlässigen Ansichbringens,Verheimlichens oder Verhandelns von Sachen nach § 165 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dieser Gesetzesstelle zu Geldstrafen verurteilt, und zwar Fritz B (unter Anwendung des § 29 StGB) zu 120 Tagessätzen zu je 150 S, im Nichteinbringungsfall zwei Monate Freiheitsstrafe;

Angela D (unter Anwendung des § 29 StGB) zu 100 Tagessätzen zu je 300 S, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Freiheitsstrafe;

Herbert D zu 100 Tagessätzen zu je 90 S, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Freiheitsstrafe;

Renate F unter (der Anordnung des § 28 Abs. 2

StGB faktisch zuwiderlaufender - vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar, S. 234) Bedachtnahme gemäß § 31 und 40 StGB auf das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 23. Dezember 1976, AZ. 25 U 501/76 (mit welchem über Renate F wegen des Vergehens nach § 198 Abs. 1 StGB eine bedingt nachgesehene vierwöchige Freiheitsstrafe verhängt worden war), zu einer Zusatzstrafe von 44 Tagessätzen zu je 300 S, im Nichteinbringungsfall 22 Tage Freiheitsstrafe, und Renate H zu 100 Tagessätzen zu je 100 S, im Nichteinbringungsfall 50 Tage Freiheitsstrafe.

Dem Schuldspruch der Angeklagten Angela D zu Punkt A/IV/2 a des Urteilssatzes liegt die (fahrlässige) Entgegennahme eines gestohlenen Luchsmantels (Punkt A/I/1 c des Urteilssatzes: dort allerdings 'Luchsjacke') als Geschenk vom Mitangeklagten Andreas I und dem Schuldspruch der Renate H laut Punkt A/IV/5 des Urteilssatzes die (fahrlässige) Annahme einer gestohlenen Nerzjacke (Punkt A/I/1 c des Urteilssatzes) als Geschenk vom abgesondert verfolgten Eduard Heinz A zugrunde, wobei die Tat nach den Urteilsfeststellungen jeweils Ende Dezember 1974 begangen wurde. Der Angela D wird außerdem noch laut den (unangefochtenen) Schuldsprüchen zu den Punkten A/IV/2

b und c des Urteilssatzes die (fahrlässige) übernahme und Verwahrung eines gestohlenen Farbfernsehgerätes in ihrer Wohnung Ende April 1975 (Punkt A/I/1 f des Urteilssatzes) und eines Teiles der den unter Punkt A/I/1 g und h des Urteilssatzes bezeichneten Diebstahlstaten entstammenden Lebensmittel, Spirituosen und Zigaretten am 20. Mai 1975

sowie deren teilweiser späterer Verbrauch angelastet. Gegenstand des Schuldspruchs der Renate F unter Punkt A/IV/4 des Urteilssatzes ist der Ende Dezember 1974

erfolgte Ankauf des laut Punkt A/I/1 c des Urteilsspruches gestohlenen Rotfuchsmantels.

Zu Gunsten der eingangs genannten fünf Angeklagten hat die Staatsanwaltschaft eine Nichtigkeitsbeschwerde erhoben und ausgeführt, die sie auf die Z. 9 lit. a, 10 und 11 des § 281 Abs. 1 StPO stützt.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Die gegen die Angeklagten Angela D und Renate H zu Punkt A/IV/2 a und A/IV/5 des Urteilssatzes ergangenen Schuldsprüche sind im Sinne des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes nichtig, weil die von diesen Schuldsprüchen erfaßten Fahrlässigkeitstaten der beiden Angeklagten in Anbetracht der festgestellten Tatzeit 'Ende Dezember 1974' nach dem damals geltenden Recht (§ 477 StG. 1945) nicht strafbar waren. Die gegen den 'Käufer verdächtiger Waren' gerichtete Bestimmung des § 477 StG. 1945 stellte nämlich nur denjenigen unter Strafe, der eine verdächtige Sache 'an sich kauft, oder darauf als auf ein Pfand leiht'. Unentgeltlicher (schenkungsweiser) Sacherwerb fiel mithin nicht unter diesen Tatbestand (SSt. 19/99) und ein allgemeiner Tatbestand der fahrlässigen Sachhehlerei nach Art des § 165 StGB war dem StG-Recht fremd.

Mithin ist auf Grund der Bestimmungen der § 1 Absatz 1 und 61 StGB das vom Erstgericht in diesen beiden Fällen als erwiesen angenommene fahrlässige Tatverhalten straflos (siehe Leukauf-Steininger, Komm., S. 348) und der nach § 165 StGB gefällte Schuldspruch daher (insoweit) mit Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO behaftet.

Die Angeklagte H war sohin überhaupt und die Angeklagte Angela D in bezug auf das Urteilsfaktum A/IV/2 a freizusprechen sowie über die letztgenannte Angeklagte für das ihr weiterhin zur Last fallende Vergehen nach § 165 StGB wegen der im Jahre 1975 außerdem begangenen fahrlässigen Sachhehlerei laut Punkt A/IV/2 b und c des Urteilssatzes nach dieser Gesetzesstelle eine (in Tagessätzen neu zu bemessende) Geldstrafe zu verhängen.

Hinsichtlich der Angeklagten Renate F rügt die Staatsanwaltschaft in Anseuung des Schuldspruches zu Punkt A/IV/4 des Urteilssatzes zutreffend aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO eine unrichtige Tatsubsumtion.

Die vom Erstgericht auch hier für den als fahrlässige Sachhehlerei im Sinne des § 165 StGB beurteilten Ankauf eines gestohlenen Rotfuchsmantels mit 'Ende Dezember 1974' angenommene Tatzeit bedingt nämlich (neuerlich) einen Günstigkeitsvergleich im Sinne des § 61 StGB Dieser führt jedoch angesichts der im § 477 StG. 1945 normierten milderen Strafdrohung (Geldstrafe bis höchstens 25.000 S

-

das entspräche bei vergleichsweiser Heranziehung des Art. VI StPAG. im Zusammenhang mit einer korrespondierenden / höchsten / Strafdrohung in einem Nebengesetz einer Obergrenze von 25 Tagessätzen - gegenüber der im § 165

StGB vorgesehenen Geldstrafe bis zu 60 Tagessätzen / bis zu je 3.000 S - gemäß § 19 Abs. 2 StGB /) zu einer Tatbeurteilung als 'bedenklicher Ankauf' im Sinne des § 477

StG. 1945; damit aber auch zur Verhängung einer (Summen-) Geldstrafe nach dieser Gesetzesstelle, zumal eine Geldstrafenbemessung in Tagessätzen im Sinne des § 19 Abs. 1

bis 3 StGB mangels Zitierung dieser Bestimmung in der übergangsregelung des § 323 Abs. 1 StGB nicht in Betracht kommt (vgl. RZ. 1975/11).

Wie die Staatsanwaltschaft schließlich noch in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 11 des § 281 Abs. 1

StPO - mit Recht - geltend macht, hat das Erstgericht bezüglich der Angeklagten Fritz B und Herbert D durch die Verhängung von Geldstrafen in der Höhe von 120

Tagessätzen (bei Fritz B) bzw. 100 Tagessätzen (bei Herbert D), und damit auch durch die Festsetzung der für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafen mit 'zwei Monaten Freiheitsstrafe' (bei B) bzw. '50

Tagen Freiheitsstrafe' (bei D) bestimmten Ersatzfreiheitsstrafen die Grenzen des gesetzlichen Strafsatzes -

der, wie schon erwähnt, im § 165 StGB nur bis zu 60 Tagessätzen reicht - überschritten. Das gleiche gilt im übrigen auch für die über die Angeklagten Angela D und Renate H verhängten Geldstrafen von je 100 Tagessätzen, doch führt bei diesen beiden Angeklagten - wie dargetan - schon die dem Ersturteil anhaftende Nichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a bzw. Z. 10 StPO zur Aufhebung auch des Strafausspruches.

Hinsichtlich der Angeklagten Fritz B und Herbert D war (hingegen) in Stattgebung der von der Staatsanwaltschaft zu Gunsten dieser Angeklagten aus dem Grunde der Z. 11 des § 281 Abs. 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der diese Angeklagten betreffende Strafausspruch - wie im Spruche ersichtlich - zu korrigieren. Bei der Strafneubemessung konnte auf die vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend angenommenen Erschwerungs- und Milderungsumstände sowie auf die im angefochtenen Urteil festgestellten persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Angeklagten zurückgegriffen werden, zumal der etwaige Eintritt einer maßgeblichen önderung der gemäß § 19 Abs. 2 StGB für die Bestimmung des Tagessatzes bedeutsamen Umstände seit dem Zeitpunkt des Urteils erster Instanz nicht hervorgekommen ist. Hievon ausgehend erachtet der Oberste Gerichtshof die aus dem Spruch ersichtlichen Strafen (bei Fritz B, Herbert D und Angela D nach Anzahl und Höhe der Tagessätze, bei Renate F als Summengeldstrafe) für schuldangemessen.

Eine Bedachtnahme gemäß § 31, 40 StGB auf die über den Angeklagten B mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. Juni 1978, AZ. 8 c Vr 9632/77, verhängte, gemäß § 43 Abs. 2 StGB bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe kam auf Grund der bereits früher - im Zusammenhang mit der Angeklagten F - erwähnten Anordnung des § 28 Abs. 2 StGB nicht in Betracht.

Gemäß § 38 Abs. 1 StGB war jedoch die in diesem Verfahren erlittene Verwahrungs- und Untersuchungshaft dem Angeklagten Fritz B (hier) auf die Geldstrafe anzurechnen (ÖJZ-LSK. 1976/122). Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01644

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0090OS00162.78.1128.000

Dokumentnummer

JJT_19781128_OGH0002_0090OS00162_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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