TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/26 2005/06/0107

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Veröffentlicht am 26.04.2005
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Index

L85007 Straßen Tirol;
15 Rechtsüberleitung Unabhängigkeitserklärung Übergangsrecht
Rechtsbereinigung;

Norm

LStG Tir 1923 §56;
LStG Tir 1923 §59;
ÜG 1920 §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des T H sen. in G, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Bürgerstraße 20/III, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 15. Februar 2005, Zl. BMVIT-326.600/0005-II/ST3/2005, betreffend eine Angelegenheit nach dem Bundesstraßengesetz (mitbeteiligte Partei: Land Tirol, Straßenverwaltung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde und den vorgelegten Beilagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid (Enteignungserkenntnis) vom 22. Juli 1934 (den der Beschwerdeführer als Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol qualifiziert) erfolgte auf Grund des § 52 des (Tiroler) Landesstraßengesetzes vom 18. Dezember 1923, LGBl. Nr. 5/1924, zur Errichtung der Gerlosstraße (die damals keine Bundesstraße war) die Enteignung einer Reihe von Grundflächen.

Die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Ablichtung einer Ausfertigung dieses Bescheides weist die Fertigungsklausel "Von der Landeshauptmannschaft für Tirol" auf; in der Rechtsmittelbelehrung, Punkt III. des Bescheides, heißt es, soweit hier erheblich, gegen den Enteignungsbescheid stehe, soweit es sich um die Notwendigkeit, den Gegenstand oder den Umfang der Enteignung handle, kein Rechtsmittel offen.

Mit Schreiben vom 5. Jänner 2001 beantragte der Beschwerdeführer beim Landeshauptmann von Tirol als Bundesstraßenbehörde (weil die Gerlosstraße damals eine Bundesstraße war) den Abschluss eines "entsprechenden Übereinkommens, anderenfalls eine ordnungsgemäße Enteignungsverhandlung, bei welcher er als dinglich Berechtigter Parteistellung habe, durchzuführen" (zitiert nach dem Vorbringen in der Beschwerde). Hiezu führte er zusammengefasst aus, dass im Jahr 1934 Grundstücke der Österreichischen Bundesforste, die zu Gunsten der Liegenschaft seines Rechtsvorgängers J. H. mit Weide-, Holzbezugs- und Streunutzungsrechten eingeforstet gewesen seien, enteignet worden seien. Obwohl dinglich berechtigt, sei sein Rechtsvorgänger weder dem Enteignungsverfahren beigezogen, noch seien mit ihm Verhandlungen geführt bzw. an ihn Entschädigungszahlungen geleistet worden. Sein Rechtsvorgänger habe das ergangene Enteignungserkenntnis niemals erhalten. Der Beschwerdeführer zeichnete sein Schreiben vom 5. Jänner 2001 "mit dem höflichen Ersuchen um ehestmögliche aufrechte Erledigung vorstehenden Antrages" (zitiert nach dem Vorbringen in der Beschwerde).

Hiezu erging die Erledigung vom 18. Jänner 2001, deren Qualifikation als Bescheid im Beschwerdeverfahren strittig ist. Diese Erledigung, die "für den Landeshauptmann" gefertigt ist, ist auf einem "Kopfpapier" des Amtes der Tiroler Landesregierung ausgefertigt und nicht in einen Spruch und eine Begründung gegliedert. Links oben ist sie an den Beschwerdeführer adressiert, dann folgt der Betreff, und sodann heißt es:

"Sehr geehrter Herr H...!

In Ihrem Schreiben vom 5.1.2001 haben Sie um Bescheidübermittlung und Entschädigung von Einforstungsrechten ersucht.

Auf Grund Ihrer Angaben wurde der diesbezügliche Akt aus dem Tiroler Landesarchiv angefordert und gesichtet. Vom Enteignungsbescheid aus dem Juli 1934 mit der Zahl 1136/7 befand sich im Akt keine Reinschrift mehr, sodass nur eine Ablichtung des Bescheidkonzeptes hergestellt werden konnte, die diesem Schreiben beiliegt.

Die Straßenbehörde kann Ihrem Wunsch nach nochmaliger Durchführung des Enteignungsverfahrens und Entschädigung Ihrer Einforstungsrechte nicht nachkommen, weil sich die für den Straßenkörper benötigten Grundflächen nicht mehr im Eigentum der Österreichischen Bundesforste sondern bereits in dem der Bundesstraßenverwaltung befinden und nicht zweimal über dieselbe Sache entschieden werden kann. Eine selbstständige Enteignung von Einforstungsrechten steht der Straßenbehörde jedoch nicht zu, weil gemäß dem Wald- und Weideservitutengesetz Einforstungsrechte nur von der Agrarbehörde aufgehoben werden können. Zur näheren Prüfung Ihrer Einforstungsrechte wird der Verwaltungsakt daher der Agrarbehörde übermittelt.

Anlage: Bescheidkonzept"

Der Erledigung war, wie angekündigt, eine Ablichtung des Bescheidkonzeptes angeschlossen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diese von ihm als Bescheid qualifizierte Erledigung sowie gegen den Bescheid vom 22. Juli 1934 Berufung an die belangte Behörde, die mit dem angefochtenen Bescheid gemäß Art. 5 § 1 des Bundesstraßen-Übertragungsgesetzes, BGBl. I Nr. 50/2002, iVm § 58 und § 66 Abs. 4 AVG mangels Zuständigkeit der belangten Behörde zurückgewiesen wurde.

Begründend heißt es, die Berufung des Beschwerdeführers vom 26. Jänner 2001 richte sich gegen ein formloses Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol vom 18. Jänner 2001, dem jedoch sämtliche in § 58 AVG angeführten Merkmale eines Bescheides fehle. Eine Bescheidqualität komme jedoch nur normativen Akten zu. Die normative Qualität eines Aktes sei primär aus seinem Inhalt abzuleiten (Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes) und setze ein autoritatives Wollen der Behörde voraus. Für das Vorliegen eines Bescheides sei der "Wille" der Behörde maßgeblich, "hoheitliche Gewalt" (im Original jeweils unter Anführungszeichen) zu üben; fehle dieser Wille, dann komme dem betreffenden Akt kein normativer Gehalt zu (Verweis jeweils auf verfassungsgerichtliche Judikatur). Nur wenn die Behörde den Willen gehabt habe, eine "bindende Regelung" zu erlassen, könne nach den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. Nr. 1336, 6603, 7436 das Vorliegen eines Bescheides angenommen werden. Bloße Mitteilungen, wie das bekämpfte Schreiben vom 18. Jänner 2001, seien daher keine Bescheide (weiterführender Hinweis auf Walter/Mayer, Grundriss des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes4, Seite 139).

Wie einem (weiteren) Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Jänner 2004 zu entnehmen sei, habe diese Behörde keineswegs beabsichtigt, "in irgendeiner Weise" über das Begehren des Beschwerdeführers bescheidmäßig abzusprechen. Dem bekämpften Schreiben vom 18. Jänner 2001 fehle somit die Bescheidqualität.

Der in der Berufung des Beschwerdeführers angesprochene Enteignungsbescheid vom 22. Juli 1934 sei auf Grundlage des Tiroler Landesstraßengesetzes vom 18. Dezember 1923, LGBl. Nr. 5/1924, erlassen worden. Wie dem genannten Schreiben des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Jänner 2004 auch entnommen werden könne, sei die gegenständliche Gerlosstraße zum Zeitpunkt der Erlassung jenes Bescheides aus dem Jahr 1934 keine Bundesstraße gewesen. Es bestehe auch kein Zweifel daran, dass jener Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei. Irgendwelche Zustellmängel, wie vom Beschwerdeführer behauptet, seien aus dem Akt aus dem Jahre 1934 nicht erkennbar. Nach über 70 Jahren wären naturgemäß auch sämtliche Rechtsmittelfristen bzw. die Frist für eine allfällige Wiederaufnahme des Verfahrens verstrichen. Die nach dem Zweiten Weltkrieg "im Zuge des Bundesstraßengesetzes", BGBl. Nr. 59/1948 als Bundesstraße übernommene Gerlosstraße sei mit dem Bundesstraßen-Übertragungsgesetz, BGBl. I Nr. 50/2002, wieder dem Land Tirol übertragen worden. Somit sei eine Zuständigkeit des Bundes für diesen Straßenabschnitt nicht gegeben. Die Auffassung des Amtes der Tiroler Landesregierung in einem (weiteren) Schreiben vom 4. August 2004, wonach im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. September 2002, Zl. 2002/06/0066, eine Zuordnung zu dem Behördenbereich des Bundes gegeben wäre, sei verfehlt. Das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes setze eine bescheidmäßige Erledigung des Landeshauptmannes als Bundesstraßenbehörde erster Instanz voraus. Eine solche liege aber nicht vor, "und somit kann auch daraus logisch folgend keine Berufung vorliegen". Auch auf Grund dieses Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes sei eine Zuständigkeit des Bundes für eine Entscheidung in der Sache selbst nicht gegeben.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Zur Erledigung vom 18. Jänner 2001:

Strittig ist, ob es sich dabei um einen Bescheid handelt oder nicht.

Nach § 58 Abs. 1 AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, betreffend die Frage der Bescheidqualität von Erledigungen, die nicht als Bescheid bezeichnet sind, klargestellt, dass in jedem Fall, in dem der Inhalt einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell ist. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht wesentlich.

Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen udgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG gewertet werden. Bei Zweifeln über den Inhalt kommt auch der sonstigen Form der Erledigung entscheidende Bedeutung zu, wie etwa dem Gebrauch von Höflichkeitsfloskeln. Aus einer solchen Form einer Erledigung ist eher darauf zu schließen, dass kein Bescheid, sondern eine nicht normative Willenserklärung oder eine bloße Wissenserklärung vorliegt (siehe dazu beispielsweise den hg. Beschluss vom 16. September 2003, Zl. 2003/05/0142, mwN).

Vor diesem Hintergrund ist die Erledigung vom 18. Jänner 2001 nicht als Bescheid zu qualifizieren (auf die Erledigung selbst kommt es an, nicht darauf, was man dem angefochtenen Bescheid allenfalls entnehmen könnte, ob nun der Landeshauptmann von Tirol in einem Schreiben vom 26. Jänner 2004 nachträglich dargelegt hat, es sei keinesfalls beabsichtigt gewesen, in irgendeiner Weise über das Begehren des Beschwerdeführers bescheidmäßig abzusprechen), sondern vielmehr als bloße, nicht normative Belehrung bzw. als Bekanntgabe von rechtlichen Überlegungen. Die Auffassung der belangten Behörde, es mangle dieser Erledigung an der Bescheidqualität, ist daher zutreffend; der Umstand, dass sich die belangte Behörde auch auf Lehrmeinungen berufen hat ohne diese wiederzugeben, kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keineswegs einen wesentlichen Verfahrensmangel begründen. II. Zum Bescheid vom 22. Juli 1934:

Das (Tiroler) Gesetz vom 18. Dezember 1923, betreffend die öffentlichen Straßen und Wege mit Ausnahme der Bundesstraßen, LGBl. Nr. 5/1924, regelte in seinem VI. Abschnitt (§§ 50 bis 61) die Enteignung (kurz: TStrG 1923).

Gemäß § 56 leg. cit. hatte über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung der Landeshauptmann (mit Enteignungserkenntnis) zu entscheiden.

Nach § 59 leg. cit. stand gegen das Enteignungserkenntnis, soweit es sich um die Notwendigkeit, den Gegenstand oder den Umfang der Enteignung handelte, allen Beteiligten, deren Begehren im Erkenntnis nicht stattgegeben wurde, innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung die Berufung an das Bundesministerium für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten offen.

Die §§ 1 und 6 des Verfassungsübergangsgesetzes 1920, BGBl. Nr. 368/1925 (Wiederverlautbarung), - diese Bestimmungen in der Stammfassung - lauten:

"§ 1. Alle Gesetze und Vollzugsanweisungen (Verordnungen) des Staates - einschließlich der Reichsgesetze des ehemaligen Staates Österreich, die gemäß § 16 des Beschlusses über die grundlegenden Einrichtungen der Staatsgewalt vom 30. Oktober 1918, St. G. Bl. Nr. 1, für die Republik in Geltung gesetzt wurden - sowie alle Gesetze und Vollzugsanweisungen (Verordnungen) der Länder gelten weiter, insoweit sie nicht mit den Bestimmungen des Gesetzes vom 1. Oktober 1920, St. G. Bl. Nr. 450, womit die Republik Österreich als Bundesstaat eingerichtet wird (Bundes-Verfassungsgesetz), in Widerspruch stehen."

"§ 6. (1) Die im § 1 bezeichneten Gesetze und Vollzugsanweisungen (Verordnungen) gelten, insoweit sie mit den organisatorischen Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes in Widerspruch stehen - namentlich was Zuständigkeit und Zusammensetzung der Behörden sowie deren Eigenschaft als Bundes- oder Landesbehörden anlangt -, als sinngemäß abgeändert. Insbesondere endet in den Angelegenheiten, die nunmehr in der Vollziehung der Länder stehen, der Instanzenzug beim Land.

(2) Sofern sich auf Grund dieser Auslegungsregel Zweifel ergeben können, hat je nach den die Zuständigkeiten regelnden Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes entweder die Bundesregierung oder die berufene Landesregierung diese Angelegenheit bis zur Erlassung einer gesetzlichen Bestimmung im Sinne des Bundes-Verfassungsgesetzes vorläufig durch Verordnung zu regeln.

(3) Die Bestimmung des Absatzes 1 über die Beendigung des Instanzenzuges beim Land findet für die Fälle, in denen der Bescheid der Landesinstanz, gegen den nach den bisherigen Vorschriften ein Rechtszug an das zuständige Bundesministerium zulässig ist, bereits vor Inkrafttreten dieser Bestimmung ergangen ist, noch keine Anwendung. Alle vor dem Inkrafttreten dieser Bestimmung ergangenen Bescheide der unteren Instanzen in Angelegenheiten, die nunmehr in die Vollziehung der Länder fallen, gelten, sofern die nicht von der Ministerialinstanz bestätigt aber abgeändert wurden, als Bescheide einer Landesbehörde im Sinne des Artikels 129, Absatz 2, Z 3 b, des Bundes-Verfassungsgesetzes."

Punkt 17. der Geschäftsordnung der (Tiroler) Landesregierung und des (Tiroler) Amtes der Landesregierung, LGBl. Nr. 12/1929, bestimmte in seinem ersten Absatz:

"Die Erledigungen werden, soferne es sich um Bescheide der mittelbaren Bundesverwaltung handelt, gefertigt 'Der Landeshauptmann' oder 'In Vertretung des Landeshauptmannes'; Bescheide in Vollziehung des Landes sowie alle Erledigungen anderer Art werden 'Vom Amte der Tiroler Landesregierung' ausgefertigt."

Der Bescheid vom 22. Juli 1934 erging nach dem Inkrafttreten der Verfassung 1934, BGBl. II Nr. 1. Nach dieser Verfassung erhielt das Amt der Landesregierung die Bezeichnung "Landeshauptmannschaft" (siehe Art. 115 Verfassung 1934; siehe dazu auch L. Adamovich, Grundriss des Österreichischen Staatsrechtes3 (1935), 140 ff).

Nach Art. 34 Abs. 1 Z 9 Verfassung 1934 war Bundessache die Gesetzgebung und die Vollziehung, soweit hier erheblich, hinsichtlich der "Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge" (vgl. hiezu das Bundesgesetz vom 8. Juli 1921, betreffend die Bundesstraßen, BGBl. Nr. 387/1921, und die Verordnung der Bundesregierung vom 9. Juni 1933 über die Erklärung einiger Straßenzüge als Bundesstraßen samt Anlagen, BGBl. Nr. 280; eine Erklärung der verfahrensgegenständlichen Gerlosstraße zur Bundesstraße gab es im Zeitpunkt der Erlassung des Enteignungserkenntnisses vom 22. Juli 1934 nicht). Bezüglich der übrigen Straßen verblieb die Zuständigkeit in Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art. 40 Abs. 1 Verfassung 1934 im selbständigen Wirkungsbereich der Länder. Oberstes Organ der Landesverwaltung war gemäß Art. 114 Abs. 2 leg. cit. die Landesregierung.

Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes: Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass der Bescheid vom 22. Juli 1934 im Hinblick auf § 56 des TStrG 1923 ein Bescheid des Landeshauptmannes sei, gegen den gemäß § 59 leg. cit. die Berufung an den zuständigen Bundesminister zulässig sei. Dem ist zu entgegnen, dass diesen Bestimmungen mit dem Wirksamwerden der Kompetenzbestimmungen der Art. 10 bis 12 und 15 B-VG im Jahr 1925 (siehe dazu beispielsweise Adamovich, aaO, 24; derselbe, Staatsrecht2 (1927), 29) gemäß § 6 des Verfassungsübergangsgesetzes 1920 (idF der Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 368/1925) derogiert wurde (was im Übrigen auch durch den hier nicht maßgeblichen § 6 Abs. 3 des Verfassungsübergangsgesetzes 1920 veranschaulicht wird). Beim Enteignungserkenntnis vom 22. Juli 1934 handelt es sich vielmehr um einen letztinstanzlichen landesbehördlichen Bescheid, was auch durch die Rechtsmittelbelehrung (wonach eine Berufung nicht zulässig ist) und die Fertigungsklausel verdeutlicht wird (dass die Geschäftsordnung LGBl. Nr. 12/1929 im Juli 1934 noch galt, ergibt sich im Übrigen auch aus der Verordnung des Landeshauptmannes und des Landeshauptmannstellvertreters vom 25. August 1934, LGBl. Nr. 31/1934, mit welcher diese Geschäftsordnung in einem hier nicht maßgeblichen Punkt abgeändert wurde).

Für die Beurteilung des Instanzenzuges ist entscheidend, in welchem Behördenbereich der fragliche Bescheid tatsächlich erlassen wurde (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 26. September 2002, Zl. 2002/06/0066, mwN.). Oberstes Vollzugsorgan des Landes war, wie gesagt, gemäß Art. 114 Abs. 2 der Verfassung 1934 und ist gemäß Art. 101 Abs. 1 B-VG die Landesregierung. Gegen ihre Entscheidung war und ist eine Berufung unzulässig (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. November 1981, VfSlg. Nr. 9272).

III. Die belangte Behörde hat somit jedenfalls im Ergebnis zutreffend die Berufung gegen die Erledigung vom 18. Jänner 2001 und gegen den Bescheid vom 22. Juli 1934 zurückgewiesen. Da sich dies bereits aus dem Inhalt der Beschwerde und den vorgelegten Beilagen ergibt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005060107.X00

Im RIS seit

02.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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