TE OGH 1978/11/30 13Os161/78 (13Os162/78)

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Veröffentlicht am 30.11.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 30.November 1978

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Friedrich und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Loesch als Schriftführers in der Strafsache gegen Hubert A und andere wegen des Vergehens der Erschleichung einer Leistung nach dem § 149 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur gegen die Strafverfügungen des Bezirksgerichtes Linz vom 18.August 1976, GZ. 20 U 1.186/76-3 und 4, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Strafverfügungen des Bezirksgerichtes Linz vom 18.August 1976, GZ. 20 U 1.186/76-3 und 4, womit Hubert A und Petra Marianne B des Vergehens der Erschleichung einer Leistung nach dem § 149 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu Geldstrafen verurteilt wurden, verletzen das Gesetz in der Bestimmung des § 149 Abs. 1 StGB Diese Strafverfügungen werden aufgehoben und es wird gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO der Beschluß

gefaßt:

Die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Hubert A und Petra Marianne B wegen des Vergehens nach dem § 149 Abs. 1 StGB wird abgelehnt.

Text

Gründe:

I.) Mit den Strafverfügungen des Bezirksgerichtes Linz vom 18.August 1976, GZ. 20 U 1.186/76-3 und 4, wurden der am 23.August 1950 geborene Hubert A und die am 3.Dezember 1955 geborene Petra Marianne B des Vergehens der Erschleichung einer Leistung nach dem § 149 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und zu Geldstrafen verurteilt, weil sie am 21.Mai 1976 in Linz sich die Beförderung durch einen Linienbus der C, mithin durch eine dem öffentlichen Verkehr dienende Anstalt dadurch, daß sie keine gültigen Fahrscheine lösten und von Urfahr-Hauptstraße stadtauswärts fuhren, demnach durch Täuschung über Tatsachen erschlichen, ohne das festgesetzte Entgelt zu entrichten. Die Strafverfügung gegen Hubert A erwuchs in Rechtskraft (vgl. S. 18, 31 d.A.); der Petra Marianne B konnte sie nicht zugestellt werden, weil diese Beschuldigte unbekannten Aufenthalts ist.

Rechtliche Beurteilung

II.) Die zitierten Strafverfügungen stehen mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. LSK. 1975/69 u.a.) bildet Voraussetzung für eine Bestrafung nach dem § 149 Abs. 1 StGB, daß der Täter jemanden über Tatsachen täuscht, d. h. in einem anderen einen Irrtum über seine Berechtigung erregt. Andernfalls ist der sogenannte 'blinde Passagier' mangels einer positiven Täuschungshandlung nicht nach dieser Bestimmung strafbar. Es stellt demnach eine ohne Täuschung über Tatsachen stattfindende Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels (ohne Bezahlung des tarifmäßigen Fahrpreises, soweit er gering ist) nach österreichischem Recht keine gerichtlich strafbare Handlung dar (vgl. jedoch nunmehr Art. IX Abs. 1 Z. 5 EGVG. in der Fassung BGBl. Nr. 232/77).

Vorliegend täuschten die beiden Beschuldigten, wie sich aus der gesamten Aktenlage ergibt, niemanden über eine Berechtigung, befördert zu werden; die ihnen zur Last fallende Benützung eines Linienbusses der C, ohne das vorgeschriebene Entgelt von 7 S zu bezahlen, erfüllt sohin nicht den Tatbestand des § 149 Abs. 1 StGB

Es war darum über die von der Generalprokuratur erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes spruchgemäß zu befinden.

Anmerkung

E01657

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0130OS00161.78.1130.000

Dokumentnummer

JJT_19781130_OGH0002_0130OS00161_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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