Index
L82000 Bauordnung;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des C K in P, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller, Dr. Markus Orgler und Mag. Norbert Huber, Rechtsanwälte in Innsbruck, Adolf Pichler Platz 4/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 9. Juli 2003, Zl. uvs- 2002/K10/013-9, betreffend Übertretung der Tiroler Bauordnung 2001 (weitere Partei gemäß § 21 VwGG: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P vom 8. Jänner 2002 wurde dem Beschwerdeführer Folgendes aufgetragen (Wiedergabe des Spruches und der Begründung; Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Auf Grund des Ergebnisses des Lokalaugenscheines am 4.1.2002 mit dem Bausachverständigen BM F... G... und Bgm. R wird gemäß § 33 (1) der Tiroler Bauordnung (TBO) die weitere Ausführung des Bauvorhabens für die Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes auf der Gp. (...) untersagt, da die Bauarbeiten am Wirtschaftsgebäude nicht plan- und bescheidgemäß ausgeführt werden.
Der Berufung kommt keine aufschiebende Wirkung zu.
Begründung
Gemäß § 33 (1) der Tiroler Bauordnung (TBO) hat die Baubehörde die Fortsetzung von Arbeiten an einem Bauvorhaben zu untersagen, wenn im Rahmen der Bauaufsicht wesentliche Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens festgestellt werden.
Sie werden aufgefordert, innerhalb eines Monates nach Untersagung der weiteren Bauausführung den plan- und bescheidmäßigen Zustand herzustellen.
Da das Bauvorhaben für die Errichtung eines Neubaus Wohn- und Wirtschaftsgebäudes auf der Grundparzelle (...) nicht plan- und bescheidmäßig ausgeführt wurde, war spruchgemäß zu entscheiden".
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10. Jänner 2002 Berufung, in welcher er unter anderem vorbrachte, dem bekämpften Bescheid sei in keiner Weise zu entnehmen, um welche Mängel es sich handeln solle. Er habe "lediglich eine geringfügige Abweichung der Ausführung des Daches vorgenommen", welche ohne weiteres bewilligt werden müsse und es sei diesbezüglich bereits ein Tekturplan eingereicht worden. Jedenfalls rechtfertige dies in keiner Weise die Einstellung des gesamten Bauvorhabens. Wesentliche Teile, beispielsweise auch der gesamte Baukörper des Wohnhauses, seien davon (gemeint wohl: von Veränderungen) in keiner Weise betroffen.
Mit Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde P vom 24. Mai 2002 wurde über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 8. Jänner 2002 wie folgt entschieden (Wortlaut des Spruches):
"Die Berufung wird dahingehend abgewiesen, da (richtig wohl: dass) die Baueinstellung bei dem nicht bescheidgemäß errichteten Wirtschaftsgebäude West und der Kellerwand des Wohngebäudes zu Recht erfolgte. Alle anderen bescheidmäßig ausgeführten Baulichkeiten sind von der Baueinstellung ausgenommen."
Begründend heißt es, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid vom 23. April 2001 die baurechtliche Bewilligung für den Neubau seiner Hofstelle, bestehend aus Wohn- und Wirtschaftsgebäude mit Nebengebäuden (landwirtschaftliche Garagen) und Nebenanlagen (Fahrsilos) erteilt worden. Das Dach des Wirtschaftsgebäudes West und eine Kellerwand des Wohngebäudes seien nicht plan- und bescheidgemäß errichtet worden. Die Baueinstellung betreffe daher nur die Bauteile "Kellerwohngebäude und Westtrakt des landwirtschaftlichen Gebäudes". Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. November 2002 wurde der vom Beschwerdeführer gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung Folge gegeben und der Berufungsbescheid, soweit damit die erstinstanzliche Baueinstellung betreffend die nicht plan- und bescheidgemäße Ausführung des Daches des Wirtschaftsgebäudes West und einer Kellerwand des Wohngebäudes bestätigt worden sei, behoben und die Angelegenheit in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde verwiesen.
Begründend heißt es nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens zusammenfassend, der erstinstanzliche wie auch der zweitinstanzliche Bescheid stützen sich auf § 33 Abs. 1 TBO 2001. Ein Kriterium dieser Bestimmung sei die Feststellung wesentlicher Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens. Daraus ergebe sich, dass nicht jeder Mangel zu einer Baueinstellung führe, sondern nur ein wesentlicher Mangel. Die Frage, ob ein wesentlicher Mangel vorliege, sei im Zweifelsfall unter Beiziehung eines Sachverständigen zu klären. Die Stellungnahme des beigezogenen Baumeisters F. G. entspreche nicht den Anforderungen an ein Gutachten; ob und inwieweit wesentliche Mängel (im Sinne des § 33 Abs. 1 TBO 2001) vorlägen, könne von der Vorstellungsbehörde auch auf Grund der übermittelten Akten nicht nachvollzogen werden, sodass der Vorstellung, insofern sie die Baueinstellung betreffend das Wirtschaftsgebäude und die Kellerwand des Wohngebäudes betroffen habe, Folge zu geben gewesen sei.
Weiters werde im fortgesetzten Verfahren zu überprüfen sein, ob es sich vorliegendenfalls nicht überhaupt um einen Anwendungsfall des § 33 Abs. 5 TBO 2001 handle. Diesfalls wäre das Ermittlungsverfahren in diese Richtung zu ergänzen.
Abschließend sei festzuhalten, dass sich die Aufhebung des Berufungsbescheides nur auf die Spruchteile betreffend das nicht bescheidmäßig errichtete Wirtschaftsgebäude West und die Kellerwand des Wohngebäudes beziehe. "Alle anderen Teile der Baulichkeit sind davon nicht betroffen, insbesondere dies auch schon deshalb, da der Vorstellungswerber diese nicht bekämpft hat."
Zwischenzeitig hatte der Bürgermeister der Gemeinde P mit Schriftsatz vom 21. Jänner 2002 gegen den Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (kurz: BH) Anzeige erstattet. Darin heißt es, dem Beschwerdeführer sei mit Bescheid vom 8. Jänner 2002 die weitere Ausführung des Bauvorhabens für die Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes untersagt worden, weil bei einem Lokalaugenschein am 4. Jänner 2002 festgestellt worden sei, dass die Bauarbeiten am Wirtschaftsgebäude nicht plan- und bescheidmäßig ausgeführt worden seien. Der Beschwerdeführer halte sich "in keinster Weise an die Baueinstellung und baut an allen Gebäuden weiter".
Bei seiner Einvernahme als Beschuldigter am 21. Februar 2002 vor der BH gab der Beschwerdeführer unter anderem an, nach seiner Rechtsauffassung hätte eine Baueinstellung "nur für den Teil erfolgen dürfen, der abweichend vom Plan bzw. Baubescheid durchgeführt worden ist. Ich bin deshalb davon ausgegangen, dass ich sonstige Arbeiten am Objekt weiterhin durchführen darf".
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 30. April 2002 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Eigentümer des näher bezeichneten Grundstückes entgegen dem Bescheid des Bürgermeisters vom 8. Jänner 2002 die weitere Ausführung des Bauvorhabens für die Errichtung eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes nicht unterlassen. Er habe am Wirtschaftsgebäude die Dacharbeiten bis zur Fertigstellung fortgeführt.
Dadurch, dass er trotz des Baueinstellungsbescheides gemäß § 33 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (2001) weitere Arbeiten am Objekt auf dem genannten Grundstück getätigt habe, habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 55 Abs. 1 lit. h der Tiroler Bauordnung (2001) begangen.
Hiefür wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von EUR 10.000,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er darauf verwies, dass zwischenzeitig seiner Berufung gegen den Bescheid vom 8. Jänner 2002 mit Berufungsbescheid vom 24. Mai 2002 insoweit Folge gegeben worden sei, als die Baueinstellung nur mehr die Bauteile "Keller, Wohngebäude" und den Westtrakt des landwirtschaftlichen Gebäudes betreffe. Die Baueinstellung hinsichtlich "aller übrigen Gebäudeteile am Wohngebäude und Wirtschaftsgebäude" sei aufgehoben worden. Es zeige sich somit, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 8. Jänner 2002 weit überschießend gewesen und somit in weiten Bereichen rechtswidrig ergangen sei. Es möge zutreffen, dass im erstinstanzlichen Bescheid vom 8. Jänner 2002 auch festgehalten worden sei, dass der Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt werde und somit formal allenfalls gegen diesen Bescheid verstoßen worden sei. Andererseits sei es aber unerlässlich, nunmehr exakt zu ermitteln, ob er allenfalls nach Erlassung des erstinstanzlichen Baueinstellungsbescheides (vom 8. Jänner 2002) Arbeiten durchgeführt habe, die den Westtrakt des landwirtschaftlichen Gebäudes betroffen hätten (wird näher ausgeführt).
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Juli 2003 hat die belangte Behörde (UVS in Tirol) der Berufung hinsichtlich des Strafausspruches Folge gegeben und die über den Beschwerdeführer verhängte Strafe auf EUR 2.500,-- herabgesetzt, weiters den Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses dahin präzisiert und ergänzt, dass der erstinstanzliche Bescheid vom 8. Jänner 2002 (dem Beschwerdeführer) zugestellt und (von diesem) am 9. Jänner 2002 persönlich übernommen worden sei, und der Tatzeitraum mit "jedenfalls vom 15.01.2002 bis zum 24.01.2002" angelastet werde.
In der Begründung dieses Bescheides wird unter anderem auf den Berufungsbescheid vom 24. Mai 2002 und auf den Vorstellungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. November 2002 verwiesen; sodann heißt es nach Wiedergabe der § 31 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 lit. h TBO 2001 unter anderem weiters, bei der Anordnung einer Baueinstellung handle es sich um einen baupolizeilichen Befehl, der unmittelbar und so lange zu befolgen sei, als der entsprechende Bescheid in Geltung stehe. Dementsprechend habe der Gesetzgeber von sich aus einer allfälligen Berufung gegen einen solchen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt. Wesentliche Voraussetzung für einen Pflichten begründenden Bescheid, wie dies ein Auftrag zur Einstellung von Bauarbeiten sei, sei die Bestimmtheit des Auftrages. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach rechtswirksamer Zustellung des Baueinstellungsbescheides weitere Arbeiten zumindest am Wirtschaftsgebäude durchgeführt habe, obwohl ihm mit dem Baueinstellungsbescheid die weitere Ausführung des Bauvorhabens betreffend das gesamte Objekt untersagt worden sei. Damit sei der Tatbestand des § 55 Abs. 1 lit. h der Tiroler Bauordnung (2001) in objektiver Hinsicht verwirklicht. Soweit der Beschwerdeführer zur Rechtfertigung seines Verhaltens - nämlich der Weiterführung der Bauarbeiten nach Zustellung des Baueinstellungsbescheides - vorbringe, dass das zugrundeliegende Bauverfahren unzumutbar lange gedauert habe, und nicht endgültig geklärt sei, welche Bauausführung genehmigt sei und der Baueinstellungsbescheid in der Folge von der Berufungsbehörde abgeändert und danach behoben worden sei, sei ihm entgegenzuhalten, dass dieses Vorbringen für das gegenständliche Strafverfahren nicht entscheidungsrelevant sei. Maßgeblich in diesem Verwaltungsstrafverfahren sei, dass trotz des rechtswirksamen und sofort vollstreckbaren Baueinstellungsbescheides weitere Bauarbeiten durchgeführt worden seien. Auch gehe aus der Verantwortung des Beschwerdeführers selbst hervor, dass ihm bewusst gewesen sei, dass sich die Baueinstellung auf das gesamte Objekt beziehe. Er habe daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten und es habe die erstinstanzliche Verwaltungsstrafbehörde zu Recht als Verschuldensform Vorsatz angenommen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Beschwerdeführer hat repliziert, die belangte Behörde ist dem entgegengetreten.
Bei der Behandlung der Beschwerde hatte der Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung in § 33 (Abs. 1) TBO 2001, weshalb mit dem hg. Beschluss vom 22. Jänner 2004, A 2004/01 (Zl. 2003/06/0181), an den Verfassungsgerichtshof der Antrag gestellt wurde, bestimmte Teile des § 33 TBO 2001 als verfassungswidrig aufzuheben. Der Verfassungsgerichtshof hat diesen (und einen weiteren vergleichbaren) Antrag mit seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, G 18/04-7 und G 19/04-7 (unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 16. Oktober 2004, G 214/03-7), abgewiesen (auf die Begründung dieser verfassungsgerichtlichen Erkenntnisse kann verwiesen werden).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 33 der Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 - TBO 2001
(Wiederverlautbarung), lautet:
"§ 33
Mängelbehebung, Baueinstellung
(1) Werden im Rahmen der Bauaufsicht wesentliche Mängel in der Ausführung eines Bauvorhabens festgestellt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung der betreffenden Teile des Bauvorhabens zu untersagen und ihm die Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen. Der Berufung gegen einen solchen Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Bei Gefahr im Verzug kann die Behörde die weitere Bauausführung durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt einstellen.
(2) Wird dem Auftrag zur Bestellung eines Bauverantwortlichen nicht entsprochen oder ungeachtet des vorzeitigen Endens der Tätigkeit des Bauverantwortlichen ein neuer Bauverantwortlicher nicht bestellt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des betreffenden Bauvorhabens oder Bauabschnittes oder der betreffenden Bauarbeiten bis zur Bestellung oder Neubestellung eines Bauverantwortlichen zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden.
(3) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung ausgeführt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monats nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nicht nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht oder wird diese versagt, so hat die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen.
(4) Wird ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben ohne Bauanzeige oder vorzeitig ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 28 Abs. 2 ausgeführt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Die Behörde hat dem Bauherrn weiters die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen, wenn
a) die fehlende Bauanzeige nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nachgeholt wird oder
b) das Bauvorhaben aufgrund der Bauanzeige untersagt wird.
(5) Wird ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und stellt diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens dar, zu deren selbstständigen Vornahme eine Baubewilligung erforderlich wäre, so ist Abs. 3 anzuwenden. Dem Bauherrn kann jedoch auf sein begründetes Verlangen statt der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen werden.
(6) Wird ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben erheblich abweichend von der Bauanzeige ausgeführt, so ist Abs. 4 anzuwenden. Im Übrigen gilt Abs. 5 zweiter Satz sinngemäß."
Gemäß § 55 Abs. 1 lit. h TBO 2001 ist zu bestrafen, wer einem Auftrag, mit dem ihm (soweit vorliegendenfalls erheblich) nach § 33 Abs. 1 bis 6 die weitere Bauausführung untersagt wird, nicht nachkommt.
Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid insbesondere aus dem Gesichtspunkt, dass er ja gemäß der Begründung des erstinstanzlichen Baueinstellungsbescheides vom 8. Jänner 2002 ausdrücklich aufgefordert worden sei, innerhalb eines Monates nach Untersagung der weiteren Bauausführung den plan- und bescheidmäßigen Zustand herzustellen. Außerdem sei zum Zeitpunkt der Erlassung des nun angefochtenen Bescheides auf Grund der Vorstellungsentscheidung der Tiroler Landesregierung vom 25. November 2002 überhaupt kein Baueinstellungsbescheid vorgelegen.
Diesem Vorbringen kommt jedenfalls im Ergebnis Berechtigung zu:
Der erstinstanzliche Untersagungsbescheid vom 8. Jänner 2002 stützt sich nur auf § 33 Abs. 1 TBO 2001 und nicht auch auf einen anderen Absatz dieses Paragraphen, wird allerdings (sowohl im Spruch wie auch in der Begründung) damit begründet, dass die Bauarbeiten nicht plan- und bescheidgemäß ausgeführt würden (ohne dass dies näher konkretisiert worden wäre). Das deutet darauf hin, dass die erstinstanzliche Behörde eine Vorgangsweise gemäß § 33 Abs. 5 TBO 2001 beabsichtigt haben könnte, wobei diesfalls ebenfalls § 33 Abs. 1 zweiter und dritter Satz leg. cit. anwendbar ist, wenngleich nicht unmittelbar, sondern mittelbar im Hinblick auf die sich aus Abs. 3 und Abs. 5 leg. cit. ergebende Verweisungskette (siehe dazu die Ausführungen im zuvor genannten hg. Beschluss vom 22. Jänner 2004, Zl. A 2004/01). Im Beschwerdefall kann nun dahingestellt bleiben, ob vor diesem Hintergrund auf Grund der Fassung des Spruches des Untersagungsbescheides vom 8. Jänner 2002 dieser dahin zu deuten wäre, dass dem Beschwerdeführer sämtliche Bauarbeiten schlechthin, nämlich auch plan- und bescheidgemäße, untersagt worden wären. Zutreffend verweist nämlich der Beschwerdeführer darauf, dass er in der Begründung dieses Bescheides ausdrücklich aufgefordert wurde, innerhalb eines Monates nach Untersagung der weiteren Bauausführung den plan- und bescheidmäßigen Zustand herzustellen. Die belangte Behörde vertritt in ihrer Gegenschrift hiezu allerdings die Auffassung, dass diese Aufforderung nur im Zusammenhang mit den Abs. 3 und 5 des § 31 TBO 2001 verstanden werden könne, wonach innerhalb eines Monates nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht werden könne und für den Fall, dass diese versagt werde, die Behörde entweder dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens oder auf sein begründetes Verlangen die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufzutragen habe. Dem ist aber zu entgegnen, dass diese "Aufforderung" gemäß ihrem Wortlaut nicht als Auftrag oder Hinweis, innerhalb Monatsfrist nach der Untersagung um die Erteilung der Baubewilligung einzukommen, verstanden werden kann (diese Deutung wäre fallbezogen denkbar), weil davon in dieser "Aufforderung" nicht die Rede ist. Vielmehr stützt diese "Aufforderung" die Auffassung des Beschwerdeführers, er sei ohnedies berechtigt gewesen, plan- und bescheidgemäße Bauarbeiten fortzusetzen, und sogar verpflichtet gewesen, den plangemäßen Zustand herzustellen. Warum im Übrigen auch die Ausführung von (aus der Sicht der Behörde) plan- und bescheidgemäßen Bauarbeiten untersagt werden sollte, ist diesem Bescheid nicht zu entnehmen.
Die Frage, inwieweit dem Beschwerdeführer aus verwaltungsstrafrechtlicher Sicht rechtens vorgeworfen werden kann (darauf kommt es im Beschwerdefall entscheidend an), gegen den erstinstanzlichen Untersagungsbescheid vom 8. Jänner 2002 (für sich allein gesehen) verstoßen zu haben, ist aber im Beschwerdefall aus folgenden Gründen nicht abschließend zu lösen:
Der im Untersagungsverfahren ergangene Berufungsbescheid vom 24. Mai 2002 ist (jedenfalls auch vor dem Hintergrund seiner Begründung) dahin zu verstehen, dass die Baueinstellung auf das Dach des Wirtschaftsgebäudes West und die fragliche Kellerwand des Wohngebäudes beschränkt und ausgesprochen wurde, dass alle anderen bescheidmäßig ausgeführten Baulichkeiten von der Baueinstellung ausgenommen seien. Mit dem Vorstellungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 25. November 2002 wurde dieser Berufungsbescheid (nur) soweit damit die erstinstanzliche Baueinstellung betreffend nicht plan- und bescheidgemäße Ausführung des Daches des Wirtschaftsgebäudes West und einer Kellerwand des Wohngebäudes bestätigt wurde, zur neuerlichen Entscheidung behoben.
Daraus ergibt sich für den Beschwerdefall Folgendes: Der Bescheid der Berufungsbehörde trat im Sinne des § 66 Abs. 4 zweiter Satz AVG an die Stelle des Bescheides der Unterbehörde (siehe dazu und zum Folgenden das hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 98/03/0336, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 15. November 1979, Slg. Nr. 9968/A, betreffend einen insoweit vergleichbaren Fall, weil dort die aufschiebende Wirkung der Berufung zwar nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen war, aber gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen wurde). Wird durch eine Berufungsentscheidung der Berufung Folge gegeben und der in unterer Instanz ergangene Bescheid behoben, so heißt das im Sinne des § 66 Abs. 4 zweiter Satz AVG iVm der der Behörde obliegenden Rechtskontrolle, dass der in unterer Instanz ergangene Bescheid für die Zukunft, soweit sich aber die in ihm verfügten behördlichen Anordnungen oder Maßnahmen auf den Zeitraum des Berufungsverfahrens beziehen, auch für die betreffende - aus der Sicht des Berufungsbescheides in der Vergangenheit liegende - Zeit beseitigt wird.
Der Umstand, dass der Ausspruch der Berufungsbehörde, mit welchem die Untersagung der Bauführung im eingeschränkten Umfang aufrecht erhalten wurde, von der Vorstellungsbehörde behoben wurde (und nach dem Akteninhalt sowie nach dem Beschwerdevorbringen bis zur Erlassung des hier angefochtenen Bescheides keine neuerliche Berufungsentscheidung erging), bedeutet entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers aber nicht, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des nun angefochtenen Bescheides "überhaupt kein Baueinstellungsbescheid" vorgelegen wäre. Im Umfang der Behebung durch die Vorstellungsbehörde wurde nämlich (insofern) der erstinstanzliche Bescheid abermals rechtswirksam (zur Verbindlichkeit eines solchen wenngleich nicht rechtskräftigen Auftrages gemäß § 33 TBO 2001 siehe das hg. Erkenntnis vom 30. März 2005, Zl. 2005/06/0051).
Vor diesem Hintergrund hätte daher die belangte Behörde davon auszugehen gehabt (vgl. abermals das zuvor genannte hg. Erkenntnis vom 21. April 1999, Zl. 98/03/0336), dass dem Beschwerdeführer im Tatzeitraum die Durchführung von Bauarbeiten jedenfalls insoweit nicht untersagt war, als diese weder das Dach des Wirtschaftsgebäudes noch die fragliche Wand des Wohngebäudes betrafen. Da sie dies verkannte und vielmehr davon ausging, dem Beschwerdeführer sei jedwede Bautätigkeit untersagt worden, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Damit (und auch mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen) war im Beschwerdefall die angeschnittene Frage, ob mit dem erstinstanzlichen Untersagungsbescheid vom 8. Jänner 2002 vor dem Hintergrund der darin enthaltenen (zuvor dargestellten) "Aufforderung" auch die Vornahme von plan- und bescheidgemäßen Bauarbeiten am Dach des Wirtschaftsgebäudes und an der fraglichen Kellerwand untersagt wurde, nicht abschließend zu lösen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenmehrbegehren des Beschwerdeführers war abzuweisen, weil Schriftsatzaufwand nur einmal gebührt und nicht mehrfach, und im pauschlierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist (siehe dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 697, angeführte hg. Judikatur).
Wien, am 26. April 2005
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein BauRallg9/1 Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der Rechtskraft Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Rechtsnatur und Rechtswirkung der BerufungsentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005060052.X00Im RIS seit
30.05.2005