Norm
Handelsgesetzbuch §1 Abs1Kopf
SZ 51/172
Spruch
Zur Frage, ob Bauunternehmer Kaufleute sind
Gutgläubige Prozeßführung trägt nur die Gefahr der Kostenersatzpflicht in sich. Um einer Partei die Prozeßführung als Verschulden anrechnen zu können, muß eine mißbräuchliche Inanspruchnahme des Gerichtes einwandfrei erwiesen sein
Der Schiedsmann ist nur an den Auftrag der Parteien, nicht aber an die Einhaltung bestimmter Förmlichkeiten gebunden; insb. ist eine Anhörung der Parteien vor Erstattung des Gutachtens nicht erforderlich, wenn ihm der Standpunkt der Parteien bekannt ist und er ihn berücksichtigt
Das Gutachten des Schiedsmannes schafft zwischen den Parteien verbindliches Recht, sofern er die übertragene Aufgabe nicht überschreitet oder das Ergebnis nicht offenbar unbillig ist
OGH 5. Dezember 1978, 4 Ob 573/78 (OLG Graz und 120/77; LGfZRS Graz 6 Cg 211/72
Text
Mit der am 14. November 1972 eingebrachten Klage begehrte der Kläger von der beklagten Partei die Bezahlung eines Betrages von 1 760 421 S samt 10.5% Zinsen seit 17. Juli 1972 mit der Begründung, daß die beklagte Partei dem Kläger diesen Betrag für die von ihm auftragsgemäß in den Jahren 1968 bis Frühjahr 1972 für das Bauvorhaben H-Gasse 15 erbrachten Bauleistungen und Architektenleistungen schulde. Im Laufe des Verfahrens wurde das Klagebegehren teils - wegen Teilzahlungen der beklagten Partei - eingeschränkt und auch ausgedehnt, so daß das Begehren schließlich auf Bezahlung eines Betrages von 1 207 983.45 S samt" den sich aus diesen Modifikationen ergebenden gestaffelten Zinsen gerichtet war. Der Kläger behauptete, der Klagsbetrag sei am 16. Juli 1972 zur Zahlung fällig gewesen, die beklagte Partei habe jedoch die Bezahlung von der Überprüfung der Einheitspreise durch einen gemeinsam bestellten Sachverständigen abhängig gemacht. Es sei zwischen den Parteien vereinbart worden, daß das Ergebnis der Überprüfung der Preise vollinhaltlich von den Parteien anerkannt werde.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und führte im wesentlichen aus, daß der Kläger ursprünglich als Generalunternehmer für das Bauvorhaben H-Gasse Nr. 15, welches mit einem Darlehen des Wohnhauswiederaufbaufonds errichtet werden sollte, vorgesehen gewesen sei. Wegen einer Gesetzesänderung sei dies in der Folge nicht möglich gewesen, der Kläger hätte nur mehr mit der Durchführung der Baumeisterarbeiten betraut werden können. Da nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 die Tätigkeit eines Prüfingenieurs nicht mehr in Betracht gekommen sei, die beklagte Partei jedoch gegenüber ihren Wohnungsinteressenten verpflichtet gewesen sei, die Preise des Bauführers überprüfen zu lassen, hätten sich die Streitteile dahin geeinigt, daß der gemeinsam bestellte Sachverständige Dipl.-Ing. Dr. F diese Funktion übernehme, wobei dieser sein Gutachten nach den gleichen Grundsätzen erstellen sollte, die für den Prüfingenieur nach dem Wohnhauswiederaufbaugesetz gegolten hätte, d. h. daß er lediglich Überpreise reduziere, nicht jedoch auch unter den Richtpreisen liegende Preise erhöhe. Letzteres habe Dipl.-Ing. Dr. F getan, weshalb die beklagte Partei das Gutachten des erwähnten Sachverständigen nur bezüglich jener Positionen anerkennen könne, bei denen Überpreise reduziert worden seien. Nach Ansicht der beklagten Partei sei daher bei den Baumeisterarbeiten nicht von einem Betrag von 11 887 032 S, sondern von einem solchen von 11 180 212 S (AS 254) auszugehen. Zu diesem Betrag kämen noch das Architektenhonorar und das Entgelt für die Regiearbeiten, so daß der Gesamtanspruch des Klägers unter Bedachtnahme auf zwei irrtümlich einbehaltene Beträge 11 953 102.23 S betrage. Von diesem Betrag seien unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen die vereinbarten Skonti, ein 2%iger Haftrücklaß und die Eigenmittel des Klägers für seine Terrassenwohnung sowie die Gegenforderungen (mangelhafte Bauführung) in der Höhe von insgesamt 303 043.33 S und der vom Kläger im Verfahren 6 C 237/73 des Bezirksgerichtes für ZRS Graz anerkannte Betrag von 1929.56 S abzuziehen.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 1 025 993.10 S und die Gegenforderung mit 85 341 S als zu Recht bestehend und sprach daher dem Kläger unter Abweisung des Mehrbegehrens einen Betrag von 940 652.10 S samt 10% Zinsen (von gestaffelten Beträgen) ab 17. Juli 1972 zu. Es ging von folgendem wesentlichen Sachverhalt - soweit er für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist - aus:
Der Kläger bot im Jahre 1956 der beklagten Partei die unbebaute Liegenschaft EZ 1790 KG III G im Ausmaß von 3161 m2, deren Alleineigentümerin seine damalige Frau war, unter der Bedingung zum Kauf zwecks Errichtung eines 15stöckigen Hochhauses mit Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds an, daß er als Planverfasser und Generalunternehmer nach den Bestimmungen des Wohnhauswiederaufbaufonds beauftragt werde. Die beklagte Partei nahm dieses anbot an. Das darauf errichtete Objekt H-Gasse 15 wurde aber nicht mehr während des Geltungszeitraumes des Wohnhauswiederaufbaugesetzes verwirklicht und fiel unter die Übergangsbestimmungen des § 36 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 (BGBl. 268); es wurde mit 75% vom Land (Steiermark) gefördert. Wegen der Änderung der Gesetzeslage vertrat die beklagte Partei den Standpunkt, daß der seinerzeitige Vertrag mit dem Kläger über seine Bestellung zum Generalunternehmer hinfällig sei und wollte den Abschluß eines Bau- und Lieferungsvertrages mit dem Kläger erreichen. Dieser beharrte jedoch auf dem seinerzeitigen Vertrag und lehnte den Abschluß eines Bau- und Lieferungsvertrages ab. Trotz dieser divergierenden Standpunkte der Parteien und ohne Erzielung einer Einigung wurde der Bau im Dezember 1968 begonnen und zum Beginn des Jahres 1972 abgeschlossen. Die beklagte Partei hatte vorgeschlagen, die in der Einreichung enthaltenen Richt- und Einheitspreise für die Baumeisterarbeiten von einem befugten Gewerbsmann auf ihre Angemessenheit überprüfen zu lassen. Das lehnte der Kläger ab. Nachdem auch die Landesregierung eine Überprüfung der Einheitspreise nach den bisherigen Richtlinien des Wohnhauswiederaufbaufonds abgelehnt hatte, veranlaßte die beklagte Partei von sich aus eine Überprüfung, deren Ergebnis aber vom Kläger nicht anerkannt wurde.
Erst nach Legung der Schlußrechnung durch den Kläger am 10. März 1972 (über einen Betrag von 11 954 058 S) wurden wieder Verhandlungen zwischen den Streitteilen wegen Überprüfung der Einheitspreise aufgenommen, da die beklagte Partei gegenüber den Wohnungseigentümern (Anwärtern) in Zeitnot geriet; die Verhandlungen führte für die beklagte Partei Dr. K, für den Kläger dessen Frau Dr. Jolanda O. Hiebei legte Dr. K besonderen Wert darauf, daß der Kläger das Prüfungsergebnis, wie immer es ausfalle, anerkennen solle, damit nachher darüber kein Streit entstehe. Der Kläger war damit einverstanden, verlangte aber dasselbe von der beklagten Partei, die sich ohne Vorbehalt dazu bereit erklärte. Daraufhin wurde Dipl.-Ing. Dr. F, auf den sich die Parteien geeinigt hatten, beauftragt, die Einheitspreise "für das Anbot über die Baumeisterarbeiten" für das Wohnhaus H-Gasse 15 auf die Angemessenheit zu überprüfen. Weder Dr. F noch der klagenden Partei gegenüber wurde von der beklagten Partei jemals erklärt, daß er - im Sinn der früheren Praxis bei Bauvorhaben mit Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds - nur überhöhte Preise herabsetzen, nicht aber unter den Richtlinien liegende Preise erhöhen soll. Dr. K, der seinerseits nur an ein solches Gutachten dachte, unterließ eine derartige Anweisung absichtlich, weil Dipl.- Ing. Dr. F einem Vorstandsmitglied der beklagten Partei erklärt hatte, einen Auftrag für ein derartiges Gutachten wegen seiner Geschäftsverbindungen zu beiden Parteien nicht annehmen zu können. Nach dem Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. F vom 13. September 1972 ergab sich eine angemessene Schlußrechnungssumme von 11 887 032 S und lag damit um 54 355 S über der vom Kläger gelegten, später massenberichtigten, Schlußrechnung. Die beklagte Partei, welche nur die Herabsetzung, nicht aber auch die Erhöhung von Einheitspreisen durch Dipl.-Ing. Dr. F anerkannte und den Betrag von 54 355 S abzog, errechnete dagegen eine Schlußrechnungssumme von 11 180 212 S, also um 706 820 S weniger als Dipl.-Ing. Dr. F. Bei ihrer Einreichung der Endabrechnung zur Förderung des Bauvorhabens ging die beklagte Partei allerdings - nach ihrer Auffassung vorsichtsweise - von der durch Dipl.-Ing. Dr. F errechneten Schlußrechnungssumme aus.
Über die Zahlungsmodalitäten wurde zwischen den Parteien nichts vereinbart. Da das umfangreiche Bauvorhaben während eines Zeitraumes von mehreren Jahren durchgeführt wurde und daher ein entsprechend hoher Kapitalaufwand des Klägers erforderlich war, legte er laufend (monatliche) Teilrechnungen, worauf die beklagte Partei entsprechende Beträge überwies. Nach der ÖNORM B 2110 sind Teilzahlungen spätestens 30 Tage nach Einreichung des Verdienstausweises zu leisten. Die bei der beklagten Partei eingereichten Teilrechnungen der Baufirmen werden von ihr überprüft und dann an die zuständige Stelle des Landes weitergereicht, die in der Regel 80 oder 90% der Rechnungssumme der beklagten Partei anweist, die dann den freigegebenen Betrag an die Baufirma überweist. Dieser Vorgang dauert regelmäßig 3 bis 4 Monate. Der für das gegenständliche Bauvorhaben zuständige Bauleiter des Klägers, Ing. N, hat wiederholt um vorzeitige Zahlung gebeten, worauf ihm von der zuständigen Angestellten der beklagten Partei erklärt wurde, daß eine Überweisung innerhalb von 14 Tagen bei Abzug von 3% Skonto und innerhalb von vier Wochen bei Abzug von 2% Skonto möglich sei. Ing. N war nach Rücksprache mit dem Kläger mit diesem Skonto einverstanden. Der Grund für die Forderung der beklagten Partei nach Gewährung eines Skontos war, daß sie selbst bei solchen Teilzahlungen (gegenüber dem Land Steiermark) in Vorlage trat und Kreditzinsen zahlen mußte. Die beklagte Partei hat in den Jahren 1970 und 1971 bei 25 Teilrechnungen aus diesem Grund insgesamt einen Betrag von 98 250 S abgezogen. Seitens des Klägers wurde dagegen nie etwas eingewendet.
Abschließend kam das Erstgericht zum Ergebnis, daß dem Kläger für Baumeisterarbeiten auf der Grundlage der von Dipl.-Ing. Dr. F ermittelten Preise für Regiearbeiten und Architektenhonorar nach Abzug der Eigenmittel für seine Eigentumswohnungen, der Skonti, der Gegenforderungen wegen aufgetretener Baumängel u. ä. sowie einer unbestrittenen Forderung ein Betrag von 12 245 776.44 S zustehe, worauf die beklagte Partei 11 305 124.34 S überwiesen habe, so daß der Kläger noch eine offene Forderung von 940 652.10 S habe. Hinsichtlich der Zinsen stellte das Erstgericht fest, daß der Kläger seit 1972 ein Kreditkonto hat und an Zinsen und Kreditprovision eine Gesamtbelastung von rund 10% p. a. zu tragen habe. Er sei daher berechtigt, von der beklagten Partei aus dem Titel des Schadenersatzes Zinsen in gleicher Höhe zu verlangen. Das Zinsenmehrbegehren im Ausmaß von 0.5% sei durch die Bankbestätigung nicht gedeckt und daher abzuweisen gewesen. Die Zinsen seien gemäß ÖNORM B 2110 fällig und vier Monate nach Legung der Schlußrechnung vom 10. März 1972 - so wie begehrt - ab 17. Juli 1972 aus gestaffelten Beträgen zuzusprechen gewesen.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Teile teilweise Folge. Es stellte die Klagsforderung mit 1 107 544.10 S und die Gegenforderung mit 96 757.91 S als zu Recht bestehend fest und sprach der klagenden Partei - unter Abweisung des Mehrbegehrens - daher einen Betrag von 1 010 786.19 S samt 4% Zinsen ab 17. Juli 1972 aus gestaffelten Beträgen zu.
Die Berufung des Klägers hatte insofern Erfolg, als ihm infolge eines Irrtums des Erstgerichtes ein Betrag von 81 551 S (Eigenmittel für eine Eigentumswohnung - in den Gründen des Urteiles, S. 7, irrtümlich: 81 552 S, dagegen richtig und mit dem Urteilsspruch übereinstimmend S. 28) zweimal abgezogen wurde, was die beklagte Partei im Berufungsverfahren auch zugab. Zur Frage der Berechtigung des Abzuges eines Skontos bei der Bezahlung von Teilrechnungen übernahm das Berufungsgericht die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich. Rechtlich verwies es - gleich dem Erstgericht - darauf, daß sich die Berechtigung dieser Abzüge bereits aus der vom Bauleiter des Klägers, Ing. N, nach Rücksprache mit dem Kläger mit der beklagten Partei getroffenen Vereinbarung, wonach dieser Abzug zugestanden wurde, ergebe. Da Ing. N mit Wissen und Willen des Klägers die Funktion eines Bauleiters bekleidet und wegen vorzeitiger Bezahlung von Teilrechnungen mit der beklagten Partei verhandelt habe, habe die beklagte Partei die Befugnis des Ing. N zur Gewährung eines Skontos auch auf Grund dieses vom Kläger gesetzten äußeren Tatbestandes annehmen dürfen.
Zur Berufung der beklagten Partei übernahm das Berufungsgericht zunächst die Feststellungen des Erstgerichtes, welche die Überprüfung der Schlußrechnung durch Dipl.-Ing. Dr. F und die vorangegangenen Verhandlungen und Vereinbarungen der Streitteile dazu betrafen, als ebenfalls unbedenklich. Es teilte auch die Ansicht, daß Dipl.-Ing. Dr. F darnach nicht die Aufgabe eines Vorprüfers oder Prüfers bei Bauvorhaben aus Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds - nur Herabsetzung überhöhter Einheitspreise, nicht aber auch Erhöhung zu niedrig angesetzter Einheitspreise vor Durchführung eines Bauvorhabens -, sondern die Aufgabe gehabt habe, die in der Schlußrechnung des Klägers eingesetzten Einheitspreise für die bereits durchgeführten Baumeisterarbeiten dahin zu überprüfen, ob sie angemessen sind, und sie dementsprechend nach unten, aber auch nach oben, zu korrigieren. Grund für den Auftrag an den Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. F sei die Einigung der Parteien darüber gewesen, daß ein Fachmann die Angemessenheit des vom Kläger begehrten Entgeltes überprüfe und das hierüber abgegebene Gutachten von beiden Teilen anerkannt werde, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Diese durch die Vereinbarung der Streitteile neu geschaffene Grundlage für die Höhe des dem Kläger zu zahlenden Entgeltes sei somit für beide Teile bindend gewesen. Die Absicht des Vertreters der beklagten Partei, Dr. K, nur Preisherabsetzung gen, nicht auch Preiserhöhungen durch den Sachverständigen anzuerkennen, habe dieser weder dem Kläger noch dem Sachverständigen gegenüber zum Ausdruck gebracht, so daß sich die beklagte Partei darauf nicht berufen könne. Der Gutachter habe seine Tätigkeit auf der zwischen den Parteien vereinbarten Geschäftsgrundlage ausgeübt, seine Aufgabe nicht überschritten und die Preise so ermittelt, wie sie ein Referent der Landesregierung als angemessen angesehen hätte, hätte der Wohnhauswiederaufbaufonds noch bestanden; das Ergebnis seiner Tätigkeit könne daher auch nicht als unrichtig oder offenbar unbillig angesehen werden. Die Höhe der Forderung des Klägers sei daher zu Recht, nämlich entsprechend der Vereinbarung der Parteien auf der Grundlage der massenberichtigten Schlußrechnung des Klägers auf der Preisbasis des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. F, ermittelt worden.
Die von der beklagten Partei bekämpfte Feststellung der Höhe der Skonti - die beklagte Partei behauptete sie mit 100 250 S gegenüber der Feststellung von 98 250 S - fand das Berufungsgericht durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens unbedenklich gedeckt.
Zu den Gegenforderungen, die vom Erstgericht mit insgesamt 85 341 S als zu Recht bestehend erkannt wurden, kamen noch ein von den Parteien im Berufungsverfahren außer Streit gestellter Betrag von 5000 S und ein vom Berufungsgericht weiter zu Recht bestehend erkannter Betrag von 6416.91 S, so daß sich eine Gegenforderung von insgesamt 96 757.91 S ergab.
Hinsichtlich der Zinsen vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß der Kläger nur Anspruch auf die gesetzlichen Zinsen - da er unbestrittenermaßen nicht protokollierter Kaufmann sei nach bürgerlichem Recht - in der Höhe von 4% habe. Eine vertragliche Grundlage für einen Anspruch auf höhere Zinsen sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Einer Verpflichtung aus dem Titel des Schadenersatzes setze Vorsatz oder auffallende Sorglosigkeit der beklagten Partei an der Zahlungsverzögerung voraus, die von der beklagten Partei nicht behauptet worden und nach den Verfahrensergebnissen auch nicht anzunehmen sei. Der Zinsenlauf sei dagegen vom Erstgericht richtig mit 17. Juli 1972 festgesetzt worden. Wohl seien nach Punkt 5, 11 der ÖNORM (B 2110) 1967 Schlußrechnungen innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der notwendigen Unterlagen zu prüfen und die Zahlung nach weiteren 30 Tagen zu leisten. Die beklagte Partei habe sich nur darauf berufen, daß das Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. F erst am 21. August 1972 vorgelegt worden sei. Da aber weder eine Behauptung noch ein Anhaltspunkt dafür vorliege, daß die Schlußrechnung des Klägers nicht ordnungsgemäß gelegt worden sei, habe die für die Fälligkeit der Zahlung maßgebliche Frist mit Übermittlung der Schlußrechnung zu laufen begonnen; das Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. F habe auf den Zinsenlauf keinen Einfluß gehabt.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wenden sich die Revisionen beider Teile. Der Kläger wendet sich dagegen, daß die Klagsforderung nicht mit einem weiteren Betrag von 100 439.35 S (Differenz auf die von ihm behauptete Höhe der Klagsforderung) als zu Recht bestehend angenommen und ihm daher dieser weitere Betrag nicht zugesprochen und sein Zinsenmehrbegehren von 6.5% (über das vom Berufungsgericht angenommene gesetzliche Maß von 4% hinaus) abgewiesen wurde. Ermacht unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt den Zuspruch eines weiteren Betrages von 100 439.35 S und weiterer 6.5% Zinsen "aus dem Klagsbetrag". Die beklagte Partei läßt den Zuspruch eines Betrages von 301 967.16 S unbekämpft und wendet sich somit gegen die Stattgebung des Klagebegehrens hinsichtlich eines Betrages von 708 819.03 S und dagegen, daß Zinsen nicht erst ab 21. Dezember 1972 (sondern bereits seit 17. Juli 1972) zugesprochen wurden.
Der Oberste Gerichtshof wies die Revision des Klägers, soweit sie sich gegen die Abweisung eines Zinsenteilbegehrens von 0.5% aus den ihm zustehenden Beträgen richtet, zurück; im übrigen gab er den Revisionen nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Soweit die Revision des Klägers den Zuspruch von mehr als 10% Zinsen anstrebt, somit hinsichtlich eines Zinsenteilbegehrens von 0.5% aus den dem Kläger zustehenden Beträgen unter Berücksichtigung der geleisteten Teilzahlungen, war sie unzulässig, weil die Abweisung des 10% übersteigenden Zinsenbegehrens (also des Begehrens auf Zahlung von weiteren 0.5% Zinsen) durch das Erstgericht in der Berufung nicht mehr angefochten (AS 142 und 145, Bd. II) und daher rechtskräftig wurde.
Im übrigen sind die Revisionen nicht berechtigt.
Der Kläger bekämpft den Ausspruch über das Nichtbestehen der Klagsforderung hinsichtlich eines Betrages von 100 439.35 S - und insoweit auch die teilweise Abweisung des Klagebegehrens -, führt aber die Revision tatsächlich nur hinsichtlich des darin enthaltenen Betrages von 98 250 S an Skonti aus. Dazu macht er geltend, daß die Skonti von der beklagten Partei "willkürlich und in Ausnützung der Situation der klagenden Partei" und ohne Vorliegen einer Vereinbarung abgezogen worden seien. Die bei den Teilzahlungen abgezogenen Beträge könnten daher bei der Endabrechnung wieder zurückverlangt werden.
Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden.
Der Kläger betont zunächst, daß auch er von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgehe. Darnach legte der Kläger wegen des Umfanges und der Dauer der Bauarbeiten laufend (monatliche) Teilrechnungen (AS 86, Bd. II). Diese Rechnungen wurden zunächst von der beklagten Partei und dann von "der Landesregierung" geprüft, die 80 oder 90% der Rechnungssumme der beklagten Partei anwies, welche hierauf diesen Betrag an die Baufirma bezahlte. Da dieser Vorgang 3 bis 4 Monate dauerte, bat der Bauleiter des Klägers, Ing. N, die beklagte Partei um eine vorzeitige Zahlung, die von dieser unter der Voraussetzung zugesagt wurde, daß sie bei 14tägiger Überweisung 3% und bei vierwöchiger Überweisung 2% Skonto abziehen kann. Damit war Ing. N einverstanden. Der Grund für die Forderung nach Abzug eines Skontos war der, daß die beklagte Partei bei der Zahlung einer Teilrechnung vor Einlangen des von der Landesregierung angewiesenen Betrages das Geld aus ihrem eigenen Kreditkonto überweisen mußte, wodurch ihr Kosten entstanden. Bei dieser Sachlage mußte auch dem Kläger klar sein, daß durch die abgezogenen Skontobezüge Kosten der beklagten Partei gedeckt werden und ihr daher diese Beträge endgültig verbleiben sollen, so daß sie nicht bei der Endabrechnung wieder zurückverlangt werden können, weil die beklagte Partei durch die Bezahlung der Teilrechnung vor Einlangen des von der Landesregierung dafür überwiesenen Betrages eine Vorauszahlung auf diese Beträge leistet und somit nicht einer eigenen Verpflichtung nachkam (es wurde gar nicht behauptet, daß die beklagte Partei vereinbarungsgemäß die Teilrechnungen innerhalb einer bestimmten Zeit unabhängig vom Einlangen des Betrages von der Landesregierung zu zahlen gehabt hätte). Da im Revisionsverfahren die Berechtigung des Ing. N zur Vereinbarung der angeführten Skonti nicht mehr bestritten wird, kann es dahingestellt bleiben, ob ihr der Kläger ausdrücklich zustimmte (Ersturteil AS 87, Bd. III: Einverständnis des Ing. N "nach Rücksprache mit dem Kläger") oder ob der Kläger erst später davon erfuhr (AS 88, Bd. II). Für diesen Fall haben die Untergerichte nämlich mit Recht darauf verwiesen, daß der Kläger die Handlungsweise des Ing. N auf Grund eines von ihm gesetzten äußeren Tatbestandes gegen sich gelten lassen muß, weil er wußte, daß Ing. N als zuständiger Bauleiter mit der beklagten Partei verhandelte und die Skonti in 25 Fällen während eines Zeitraumes von etwa zwei Jahren abgezogen wurden, ohne daß der Kläger dagegen einen Einwand erhob, obgleich ihm diese Abzüge bei gehöriger und zumutbarer Überprüfung und Aufmerksamkeit hätten auffallen müssen. Der Tatbestand, der die beklagte Partei zur Annahme berechtigte, Ing. N sei zur Gewährung eines Skontos auch befugt gewesen, kam somit mit Zutun des Klägers zustande, so daß dieser das Vertrauen der beklagten Partei darauf gegen sich gelten lassen muß (ZAS 1969/36; HS 7219/47 u. a.).
Die Revision des Klägers wendet sich weiters dagegen, daß nicht mehr als die gesetzlichen Zinsen nach bürgerlichem Recht zugesprochen wurden. Auch darin kann ihm nicht gefolgt werden.
Höhere als die gesetzlichen Zinsen nach bürgerlichem Recht können auf Grund einer Vereinbarung der Streitteile - die nicht einmal behauptet wird - auf Grund besonderer Vorschriften, insbesondere gemäß § 352 HGB bei beiderseitigen Handelsgeschäften, oder nach den allgemeinen Regeln des Schadenersatzrechtes, das allerdings ein Verschulden voraussetzt, geltend gemacht werden (Koziol - Welser, Grundriß[4] I, 180).
Der Kläger ist ein Baumeister, der unbestritten nicht protokolliert ist. Seine Kaufmannseigenschaft im Sinn des HGB kann daher nicht aus "Art und Umfang" des Unternehmens abgeleitet werden, weil dadurch die Kaufmannseigenschaft nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 2 HGB nur unter der weiteren unabdingbaren Voraussetzung begrundet wird, daß die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen wird (Hämmerle - Wünsch, Handelsrecht[3] I, 120; Brunner, JBl. 1963, 28 ff., 31; Schlegelberger - Hildebrandt - Steckhan, HGB[5] I, 38; Brüggemann in Großkommentar HGB[3], 146, 151). Der Hinweis der Revision auf die "Größenordnung" des Auftrages ist daher verfehlt; daraus allein kann eine Kaufmannseigenschaft des Klägers nicht abgeleitet werden.
Bauunternehmer sind aber auch nicht Kaufleute gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 (Anschaffung und Weiterveräußerung von beweglichen Sachen) oder Z. 2 (Übernahme der Bearbeitung oder Verarbeitung von Waren für andere) HGB. Gegenstand ihrer Tätigkeit ist nicht die Weiterveräußerung von der zu diesem Zweck erworbenen eigenen oder die Bearbeitung fremder beweglicher Sachen, sondern die Lieferung eines unbeweglichen Bauwerkes (oder eines Teiles desselben) im Rahmen eines einheitlichen Werkvertrages (Brunner a. a. O.; Schlegelberger a. a. O., 22; Brüggemann a. a. O.,123 f.; Hämmerle - Wünsch a. a. O., 116). Die Entscheidung des OGH JB 223 alt (GlUNF 7415), in der ausgesprochen wurde, daß Anschaffungsgeschäfte der Bauunternehmer, die bewegliche Sachen anschaffen, um die aus ihnen hergestellten Bauwerke zu veräußern, Handelsgeschäfte und Bauunternehmer dieser Art daher Kaufleute seien, beruht auf einer nicht mehr in Geltung stehenden Rechtslage (Art. 4 und 271 Z. 1 AHGB). Während nach dem AHGB jeder Gewerbebetrieb, der Handelsgeschäfte zum Gegenstand hatte, als Handelsgewerbe galt (Art. 4 Abs. 2 AHGB), die Kaufmannseigenschaft also aus dem Betrieb von Handelsgeschäften folgte, sind nach dem HGB alle Geschäfte eines Kaufmannes, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören (§ 343 Abs. 1 HGB), Handelsgeschäfte. Nach der geltenden Rechtslage ist daher aus der Kaufmannseigenschaft abzuleiten, ob ein Handelsgeschäft vorliegt, und nicht umgekehrt. Das angeführte Judikat kann daher für die Beurteilung der Frage, ob Bauunternehmer Kaufleute sind, nicht mehr herangezogen werden. Bauunternehmer können die Kaufmannseigenschaft allenfalls dadurch erlangen, daß sie zusätzlich mit Baumaterialien handeln, nicht aber auf Grund ihrer eigentlichen Tätigkeit (7 Ob 21/73; 2 Ob 522, 523/78 u. a.).
Da somit das Zinsenbegehren nicht nach Handelsrecht zu beurteilen ist, wonach der Gläubiger einer fälligen, nicht bezahlten Geldschuld Anspruch auf den Ersatz jenes die gesetzlichen Verzugszinsen übersteigenden wirklichen Schadens und entgangenen Gewinnes hat, der aus dem Verschulden des säumigen Schuldners entstanden ist (Art. 8 Nr. 2 der 4. EVHGB) und dem säumigen Schuldner der Beweis obliegt, daß ihn kein Verschulden - auch nicht leichte Fahrlässigkeit - an der Verzögerung der Zahlung trifft (SZ 27/195, 334; EvBl. 1974/4; 6 Ob 687/76 u. a.), könnte der Kläger (nach bürgerlichem Recht) Zinsen über das gesetzliche Ausmaß hinaus nur im Falle eines von ihm zu beweisenden Verschuldens der beklagten Partei an der Verzögerung der Zahlung in der Form einer bösen Absicht oder einer auffallenden Sorglosigkeit verlangen (ArbSlg. 7842; RZ 1963, 156; HS 7219/47; 2 Ob 552, 553/78 u. a.). Ein derartiges Verschulden der beklagten Partei wurde vom Berufungsgericht mit Recht verneint.
Eine auf Verzögerungsabsicht zurückgehende Prozeßführung kann zwar die Annahme eines solchen Verschuldens rechtfertigen, doch zieht die Bestreitung eines Anspruches im Prozeß nur dann Schadenersatzpflicht nach sich, wenn der Bestreitende bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte erkennen können, daß der Prozeß für ihn aussichtslos ist (Wolff - Klang[2] VI, 68 f.; Ehrenzweig, System[2]II/1, 53; JBl. 1955, 278; 7 Ob 21/73 u. a.). War dagegen die Prozeßführung gutgläubig, so liegt in der Bestreitung des erhobenen Anspruches kein Verschulden; im diesem Fall zieht die Prozeßführung nur die Gefahr der Kostenersatzpflicht nach sich (JBl. 1956, 526; EvBl. 1971/138 u. a.). Bei der Beurteilung der Frage, ob die Bestreitung eines in einem Rechtsstreit erhobenen Anspruches wider besseres Wissen oder unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt erfolgte, ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Es soll das Recht eines jeden Staatsbürgers, den Schutz der Gerichte in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer abschreckend schwer drückenden Verantwortlichkeit für die Rechtsverteidigung belastet werden. Es muß daher eine mißbräuchliche Inanspruchnahme des Gerichtes auch einwandfrei erwiesen sein, um es einer Partei als Verschulden anrechnen zu können (Pollak, System, 72; JBl. 1956, 526; 7 Ob 21/73). Ein solches Verschulden der beklagten Partei wurde vom Berufungsgericht mit Recht verneint.
Abgesehen davon, daß der Kläger erst in der Revision seine Behauptung, die beklagte Partei habe den Rechtsstreit absichtlich verzögert, näher begrundet, reicht sein Vorbringen dazu für diese Annahme nicht aus. Die Ablehnung von mit der Sache befaßten Richtern aus immerhin vertretbaren Gründen ist ebenso ein Recht der beklagten Partei gewesen wie die Geltendmachung von Einwendungen und Gegenforderungen gegenüber dem vom Kläger erhobenen Anspruch. Soweit der erhobene Anspruch davon nicht betroffen wurde, hat die beklagte Partei entgegen den Ausführungen des Klägers in der Revision auch Teilzahlungen in einem erheblichen Maße geleistet. Dies spricht - ohne daß es einer näheren Erörterung der Verpflichtung oder der Berechtigung der beklagten Partei zu Teilzahlungen bedarf - jedenfalls gegen eine Verzögerungsabsicht der beklagten Partei. Daß sie die bereits erhaltenen Förderungsmittel ohne Klärung der Frage, wieweit der erhobene Anspruch berechtigt ist, nicht im vollem Umfang an den Kläger "weitergab", kann ebenfalls die Annahme eines zum Schadenersatz verpflichtenden Verschuldens der beklagten Partei nicht erweisen.
Der Revision des Klägers war daher - soweit sie nicht zurückzuweisen war - keine Folge zu geben.
Aber auch die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Diese rügt zunächst, das Berufungsgericht habe aktenwidrig festgestellt, Dr. K habe auf Grund der Äußerung des Dipl.-Ing. Dr. F offenbar gemeint seine Bemerkung, daß eine von den beiden Parteien auf ihn böse sein werde (AS 74 und AS 188, Bd. II) - klar sein müssen, daß der Sachverständige gegebenenfalls auch Preise erhöhen werde, weil nach den Beweisergebnissen nicht feststehe, daß diese Äußerung, Dr. K gegenüber abgegeben wurde. Diese Frage ist aber nicht wesentlich, so daß der bezogene Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit schon deswegen nicht vorliegt (ArbSlg. 8488 u. a.). Das Erstgericht hat nämlich vor allem auf Grund der Aussage der Zeugin Dr. Jolanda O festgestellt, daß zwischen den Streitteilen vereinbart wurde, daß eine Überprüfung der Einheitspreise durch einen Sachverständigen vorgenommen werde und beide Teile das Prüfungsergebnis, wie immer es auch ausfalle, anerkennen sollen, damit nachher kein Streit darüber entstunde. Die beklagte Partei beauftragte hierauf den Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. F, die Einheitspreise "auf die Angemessenheit" zu überprüfen. Davon, daß die Prüfung nur in Richtung einer Herabsetzung vom Kläger eingesetzter Preise, nicht aber auch in Richtung einer allfälligen Erhöhung solcher Preise erfolgen sollte, war bei den Besprechungen nie die Rede; ein diesbezüglicher Vorbehalt wurde von der beklagten Partei nicht gemacht, vielmehr von Dr. K bewußtunterlassen, weil ihm klar war, daß dann keiner der vorgeschlagenen Sachverständigen die Überprüfung der Preise übernimmt (AS 69-74 und AS 186, 190, Bd. II). Bei diesem Sachverhalt haben die Untergerichte mit Recht angenommen, daß Dipl.-Ing. Dr. F ein Gutachten zu erstatten hatte, das für die Parteien bindend war.
Seine Tätigkeit war die eines Schiedsmannes - auch Schiedsgutachter, Schätzer, Vertrauensmann oder ähnlich genannt - der im Gegensatz zum Schiedsrichter, der nach Lösung von Tat- und Rechtsfragen einen Rechtsstreit zu entscheiden hat, kraft Vereinbarung zwischen den Streitteilen durch Festsetzung der dem Kläger gebührenden Leistung (Angemessenheit der Einheitspreise) an der Bildung des zwischen den Parteien geltenden materiellen Rechtes mitzuwirken hatte. Es stand den Parteien frei, welche Richtlinien sie dem Schiedsmann für seine Vorgangsweise auftrugen. Maßgeblich sowohl für den Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung als auch für den Inhalt des Auftrages an den Schiedsmann war die Parteienabsicht im Sinne des § 914 ABGB, die bei Fehlen einer übereinstimmenden Auffassung darüber so zu verstehen war, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entsprach (Kastner, JBl. 1950, 565 ff., 567; JBl. 1955, 503, 1967, 263; SZ 39/132, MietSlg. 9938/21 u. a.). Das Gutachten des Schiedsmannes schuf zwischen den Parteien verbindliches Recht, sofern er nicht die ihm übertragene Aufgabe überschritt oder das Ergebnis offenbar unbillig war. Ein Ergebnis ist dann offenbar unbillig, wenn die Maßstäbe von Treu und Glauben in gröbster Weise verletzt wurden und die Unrichtigkeit des Gutachtens einem sachkundigen und unbefangenen Beurteiler sofort erkennbar war (SZ 39/132, 25/308; RZ 1961/14; JBl. 1967, 263 u. a.). Der Schiedsmann ist nur an den Auftrag der Parteien, nicht aber an die Einhaltung bestimmter Förmlichkeiten gebunden; insbesondere ist eine Anhörung der Parteien vor Erstattung des Gutachtens nicht erforderlich, wenn ihm der Standpunkt der Parteien bekannt ist und er ihn berücksichtigt (vgl. JBl. 1955 503, 1967 263; MietSlg. 9938/21 u. a.).
Es ist daher zunächst der Hinweis der Revision auf fehlende "Formerfordernisse" und die Notwendigkeit, daß der Sachverständige vor abschließender Erstellung seines Gutachtens die Parteien zu hören gehabt hätte und hätte bei ihnen rückfragen müssen, verfehlt.
Der Inhalt der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung und des an den Sachverständigen erteilten Auftrages war vielmehr - mangels ausdrücklicher Erwähnung der Frage, ob nur überhöhte Einheitspreise herabgesetzt oder auch zu niedrig angenommene Einheitspreise auf das angemessene Maß durch den Sachverständigen hinaufgesetzt werden sollen, bei einer Auslegung nach der Übung des redlichen Verkehrs klar und eindeutig. Die Untergerichte haben dies im einzelnen überzeugend dargelegt, so daß auf ihre Ausführungen verwiesen werden kann. Es wurde insbesondere betont, daß die Aufgabe des Sachverständigen darin bestand, den "angemessenen" Preis - ohne einen Vorbehalt in irgendeiner Richtung - deswegen zu ermitteln, weil die beklagte Partei die Ansätze in der Schlußrechnung des Klägers als überhöht bemängelte, worauf der Kläger mit einer Überprüfung durch einen Sachverständigen einverstanden war, aber die Bedingung stellte, daß das Ergebnis auch von der beklagten Partei anerkannt werden müsse, damit darüber kein weiterer Streit mehr entstehe. Es war beiden Teilen - also auch der beklagten Partei - bekannt, daß die namhaft gemachten Sachverständigen mit Rücksicht auf ihre Geschäftsbeziehungen zu beiden Teilen die Erstellung eines Gutachtens nur übernehmen, wenn sie die Einheitspreise nach beiden Richtungen, nämlich ob zu hoch oder zu niedrig, überprüfen und berichtigen sollen. Damit ist der Auffassung der beklagten Partei, es sei davon auszugehen gewesen, daß der Sachverständige nur die Aufgabe eines Prüfers oder Vorprüfers bei aus Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds zu errichtenden Bauten gehabt habe, jede Grundlage entzogen. Die beklagte Partei verweist daher auch zu Unrecht auf das Gutachten des Dipl.-Ing. H - das übrigens vom Erstgericht bereits gewürdigt worden war (AS 74/75, Bd. II) - wonach ein Erhöhen von zu niedrig angesetzten Preisen durch Prüfer des Wohnhauswiederaufbaufonds nicht üblich war. Dem wurde mit Recht entgegengehalten, daß im vorliegenden Fall nicht ein aus Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds zu errichtendes Objekt vor Baubeginn, sondern die Angemessenheit der vom Kläger in die Schlußrechnung über bereits durchgeführte Bauarbeiten an einem erst nach Auflösung des Wohnhauswiederaufbaufonds errichteten Objektes eingesetzten Einheitspreise zu prüfen waren. Da vereinbarungsgemäß die gesamte Schlußrechnung überprüft werden und das Ergebnis für beide Teile verbindlich sein sollte, kann sich die beklagte Partei auch nicht darauf berufen, der Kläger habe bei den Posten, bei denen die von ihm eingesetzten Einheitspreise unter den "angemessenen" lagen, auf den sich darnach jeweils ergebenden Mehrbetrag verzichtet, weil ein Verzicht der Annahme durch die beklagte Partei bedurft hätte und dieser weder ausdrücklich noch durch schlüssiges Verhalten erklärt wurde; die beklagte Partei war nicht berechtigt, die einzelnen Posten der Schlußrechnung zu bemängeln, gleichzeitig aber den Kläger an bestimmte Ansätze in seiner Rechnung zu binden (5 Ob 122/60).
Der Gutachter hat nach dem festgestellten Sachverhalt seine Tätigkeit auf der Grundlage der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung und des ihm erteilten Auftrages ausgeübt, somit seine Aufgabe nicht überschritten und die Preise so ermittelt, wie sie ein Referent der Landesregierung als angemessen angesehen hätte; das Ergebnis seiner Tätigkeit kann daher auch nicht als unrichtig oder offenbar unbillig angesehen werden.
Zu den Ausführungen der beklagten Partei über die Notwendigkeit der Bedachtnahme darauf, daß das vom Kläger errichtete Objekt mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde, genügt es, darauf zu verweisen, daß dieser Umstand von der beklagten Partei bei Abschluß der bezüglichen Vereinbarungen zu berücksichtigen war, sie aber nicht berechtigt, eingegangene Verpflichtigen abzulehnen.
Zu ihrem weiteren Einwand, daß die Frist für die Prüfung der Schlußrechnung erst am 21. November 1972 geendet habe und dem Kläger daher gemäß Punkt 5.11 der ÖNORM B 2110 Zinsen erst ab 21. Dezember 1972 zuzusprechen gewesen wären, bringt die beklagte Partei in ihrer Revision nichts Konkretes vor, so daß es genügt, zu diesem Punkt auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen, wonach das Fehlen des Gutachtens des Dipl.-Ing. Dr. F auf den Beginn des Zinsenlaufes nach dieser Bestimmung keinen Einfluß hatte.
Daraus folgt, daß auch der Revision der beklagten Partei ein Erfolg zu versagen war.
Anmerkung
Z51172Schlagworte
Bauunternehmer, zur Kaufmannseigenschaft, Prozeßführung, Kostenersatzpflicht, Schiedsmann, Bindung an Parteienauftrag, Schiedsmannsgutachten schafft verbindliches RechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0040OB00573.78.1205.000Dokumentnummer
JJT_19781205_OGH0002_0040OB00573_7800000_000