TE OGH 1978/12/5 5Ob28/78

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Veröffentlicht am 05.12.1978
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Norm

ABGB §835 Abs1
EO §367 Abs1
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §14 Abs1 Z8
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §14 Abs1
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §14 Abs2
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §15 Abs1 Z7
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §26 Abs1 Z3

Kopf

SZ 51/173

Spruch

Der einzelne Miteigentümer kann das Individualrecht nach § 15 Abs. 1 Z. 7 WEG 1975 (Erwirkung der Aufkündigung eines Abstellplatzes) ausüben, wenn er das Begehren auf Entscheidung der Mehrheit vergeblich an den Verwalter herangetragen hat. Durch seine Bestellung ist die rechtliche Handlungsbefugnis der vertretenen Miteigentümer derart beschränkt, daß sie nur durch ihn handeln können. Der antragstellende Miteigentümer kann daher nicht ermächtigt werden, den Abstellplatz aufzukundigen. Auch kann dem Verwalter nicht unmittelbar der Auftrag zur Vornahme der Kündigung erteilt werden, da ihm in diesem Verfahren nach § 26 Abs. 1 Z. 3 WEG 1975 keine Parteistellung zukommt. Es kann nur ausgesprochen werden, daß die übrigen Miteigentümer (Antragsgegner) schuldig sind, der Aufkündigung des Mietvertrages durch den Verwalter zuzustimmen (§ 367 EO)

OGH 5. Dezember 1978, 5 Ob 28/78 (LG f. ZRS Wien, 41 R 448/78; BG Innere Stadt Wien, 41 Nc 37/77)

Text

Mit der Behauptung, es seien auf dem zur gemeinsamen Wohnungseigentumsanlage gehörigen Sammelparkplatz Abstellplätze an Miteigentümer und zum Teil auch an Dritte vermietet und er habe Bedarf an einen Abstellplatz, begehrte der Antragsteller, das Erstgericht möge dem gemeinsamen Verwalter, der X-GesmbH, die Aufkündigung des Mietvertrages über einen einem Dritten vermieteten Abstellplatzes gemäß § 15 Abs. 1 Z. 7 WEG auftragen; hilfsweise stellte er das Eventualbegehren, dem gemeinsamen Verwalter die Auflösung des mit Dr. O oder des mit Dr. M geschlossenen Mietvertrages über einen Abstellplatz nach seiner Wahl aufzutragen, weil bei diesen Wohnungseigentümern kein Eigenbedarf an einem Abstellplatz bestunde und sie ihre Abstellplätze vertragswidrig Dritten überlassen hätten. Das Hilfsbegehren grundete der Antragsteller auch auf § 835 ABGB (Benützungsregelung).

Die Antragsgegner haben sich gegen diese Anträge ausgesprochen.

Das Erstgericht wies, ohne auf das Hilfsbegehren des Antragstellers einzugehen, das Hauptbegehren mit der Begründung ab, der Antragsteller habe nicht konkretisiert, welches Mietvertragsverhältnis aufgekundigt werden möge, so daß das Entscheidungsbegehren nicht bestimmbar sei.

Das Gericht zweiter Instanz hat in Stattgebung des Rekurses des Antragstellers den Beschluß des Erstgerichtes aufgehoben, diesem die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen und ausgesprochen, daß dieser Auftrag erst nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung zu vollziehen sei.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Rekursgericht im wesentlichen an:

Voraussetzung für das Begehren eines Miteigentümers, daß wegen eines bei ihm bestehenden Bedarfes der Mietvertrag über einen Abstellplatz auf einem Sammelparkplatz aufgekundigt werde, sei es, daß der aufzukundigende Mietvertrag mit einem Dritten, der nicht Miteigentümer sei, bestehe (§§ 14 Abs. 1 Z. 7 und 15 Abs. 1 Z. 7 WEG). Über dieses Begehren sei gemäß § 26 Abs. 1 Z. 3 WEG in dem dort geregelten Außerstreitverfahren zu entscheiden. Der Antragsteller habe die für die Berechtigung seines Begehrens erforderlichen Voraussetzungen behauptet, so daß es nun Aufgabe des Erstgerichtes sei, die Richtigkeit seiner Behauptungen zu prüfen. Der Antragsteller sei nicht verpflichtet, anzugeben, welcher von mehreren Mietverträgen, die mit Nichteigentümern über Abstellplätze auf dem Sammelparkplatz bestunden, aufzukundigen sei. Weil das Erstgericht infolge seiner unrichtigen Rechtsansicht die Richtigkeit der Behauptungen des Antragstellers nicht geprüft habe, sei das Verfahren mangelhaft geblieben. Eine allfällige Weitergabe eines gemieteten Abstellplatzes durch einen Miteigentümer an einen Dritten könne nicht der Vermietung eines solchen Platzes an einen Dritten (Nichteigentümer) gleichgestellt werden, weshalb der Eventualantrag nicht auf § 15 WEG gestützt werden könne. Diesbezüglich sei aber auch eine Benützungsregelung nach § 835 ABGB nicht möglich, weil die dazu nötige Voraussetzung fehle, daß verfügbare Liegenschaftsanteile bzw. Flächen vorhanden seien: seien die vom Antragsteller in Anspruch genommenen Teile der Liegenschaft an einen Miteigentümer vermietet, so seien sie nicht mehr verfügbar und daher einer gerichtlichen Benützungsregelung entzogen.

Seien jedoch Abstellplätze an Dritte vermietet, so müsse das Erstgericht den Bedarf des Antragstellers prüfen und bei Vorhandensein eines solchen aussprechen, daß der Abstellplatz aufzukundigen sei. Seien mehrere Abstellplätze an Dritte vermietet, dann müsse das Erstgericht nach den Grundsätzen des Außerstreitverfahrens die Interessen des Antragstellers und der übrigen Wohnungseigentümer abwägen und danach die Aufkündigung des Mietvertrages über den Abstellplatz aussprechen, für den es nach den Umständen am billigsten erscheine.

Der Ausspruch des Gerichtes dürfe jedoch nicht den Kündigungsauftrag an den im Verfahren nicht beteiligten gemeinsamen Verwalter, dem hier keine Parteistellung zukomme, enthalten. Es sei gemäß § 14 Abs. 1 Z. 8 WEG Aufgabe der Mehrheit, die Verträge aufzukundigen. Aus praktischen Gründen könne der Auftrag zur Kündigung aber nicht an die Mehrheit gerichtet werden. Es entspreche vielmehr am ehesten der Absicht des Gesetzes, wenn mit der gerichtlichen Entscheidung dem Antragsteller die Ermächtigung erteilt werde, die Kündigung vorzunehmen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge, erkannte ihm aber hinsichtlich der dem Erstgericht überbundenen Rechtsansichten teilweise Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst ist davon auszugehen, daß der Antragsteller in erster Instanz die Vermietung von Abstellplätzen für Kraftfahrzeuge auf einem Sammelparkplatz der Wohnungseigentumsanlage an Dritte, die nicht Miteigentümer der Liegenschaft sind, und einen bei ihm entstandenen Bedarf an einem solchen Abstellplatz behauptet hat (S. 2 und 27). Er hat sich damit auf das Vorliegen der vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Aufkündigung eines dieser Mietverträge auf Grund eines Mehrheitsbeschlusses der Miteigentümer (§ 14 Abs. 2 WEG) berufen. Zur Begründung seines Antrages, daß der Außerstreitrichter die Aufkündigung eines solchen Mietvertrages anordne, hat der Antragsteller behauptet, sich über den Verwalter vergeblich um eine einvernehmliche Lösung bemüht zu haben (S. 26). Damit hat er die Voraussetzung für die Berechtigung des Begehrens auf Entscheidung des Außerstreitrichters in dieser Sache gemäß § 15 Abs. 1 Z. 7 WEG dargelegt, denn es genügt für die Ausübung dieses Individualrechtes, daß der einzelne Miteigentümer das Begehren auf Entscheidung der Mehrheit vergeblich an den Verwalter herangetragen hat, dessen Aufgabe es ist, die übrigen Miteigentümer zu verständigen (zutreffend Fastenberger - Barta - Call, Kommentar zum WEG 1975, 398 f.).

Das Gericht zweiter Instanz hat deshalb mit Recht dem Erstgericht aufgetragen, von Amts wegen (§ 2 Abs. 2 Z. 5 AußStrG) die Richtigkeit dieser Behauptungen des Antragstellers durch die ihm geeignet erscheinenden Beweismittel zu prüfen.

Der Antragsteller hat allerdings auch behauptet, es seien von den Antragsgegnern Dr. O und Dr. M gemietete Abstellplätze vertragswidrig Dritten zur Benützung überlassen worden und es bestunde bei diesen Antragsgegnern kein eigener Bedarf an den von ihnen gemieteten Abstellplätzen (S. 31); nach den mit diesen Antragsgegnern bestehenden Mietverträgen sei die Überbindung des Benützungsrechtes an einem gemieteten Abstellplatz auf andere Personen nicht statthaft (S. 63).

Die vom Antragsteller hilfsweise angestrebte Aufkündigung eines dieser beiden Mietverträge stellt eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB dar, die nach ständiger Rechtsprechung (vgl. MietSlg. 17 046 und die dort angeführten Entscheidungen) gegen den Willen einzelner Miteigentümer ohne vorherige Zustimmung des Außerstreitrichters nicht erfolgen kann. Sollte tatsächlich, wie der Antragsteller behauptet, nach dem Inhalt der mit den Antragsgegnern Dr. O und Dr. M bestehenden Mietverträge die Überlassung der gemieteten Abstellplätze an Dritte verboten sein, dann wären die Antragsgegner auch verpflichtet, der vom Antragsteller begehrten Aufkündigung eines dieser Verträge zuzustimmen. Tun sie dies nicht, hat der Außerstreitrichter ihre fehlende Zustimmung durch seine Entscheidung zu ersetzen.

In dieser Hinsicht ist der OGH nicht in der Lage, der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz zuzustimmen, und insoweit ist daher das Rechtsmittel des Antragstellers auch berechtigt.

In beiden oben dargestellten Fällen ist jedoch zu berücksichtigen, daß durch die Bestellung eines Verwalters, der eine einem organschaftlicher Vertreter ähnlichen Stellung hat, die rechtliche Handlungsbefugnis der vertretenen Miteigentümer derart beschränkt ist, daß diese rechtlich nur durch ihn selbst handeln können (Pawlowski in ZHR 1972, 136. Band, 73 für alle), weshalb auch nicht, wie das Gericht zweiter Instanz unter Berufung auf Derbolav (Wohnungseigentumsgesetz 1975, 25) meint, der Antragsteller ermächtigt werden kann, die Aufkündigung vorzunehmen, zu welcher die Antragsgegner zuzustimmen schuldig sein sollten. Vielmehr wird gegebenenfalls auszusprechen sein, daß die Antragsgegner schuldig seien, der Aufkündigung des Mietvertrages durch den Verwalter zuzustimmen (§ 367 EO). Richtig ist jedenfalls die Ansicht der Vorinstanzen, daß dem Verwalter nicht unmittelbar ein Auftrag zur Vornahme der Aufkündigung erteilt werden kann, da ihm in diesem Verfahren keine Parteistellung zukommt. Im außerstreitigen Verfahren ist jedoch das Entscheidungsbegehren des Antragstellers nicht wörtlich zu nehmen, maßgeblich ist nur, daß sein Begehren deutlich erkennbar ist.

Schließlich ist dem Gericht zweiter Instanz darin zuzustimmen, daß dann, wenn mehrere Abstellplätze nach den dargelegten Grundsätzen zur Aufkündigung anstehen, vom Erstgericht nach sorgfältiger Abwägung aller Umstände, insbesondere der Interessen aller beteiligten Miteigentümer, nach billigem Ermessen zu entscheiden sein wird, welcher Mietvertrag aufgekundigt werden soll.

Anmerkung

Z51173

Schlagworte

Abstellplatz, Aufkündigung nach WEG, Individualrechtsausübung nach § 15 Abs. 1 Z. WEG 1975

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0050OB00028.78.1205.000

Dokumentnummer

JJT_19781205_OGH0002_0050OB00028_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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