TE OGH 1978/12/12 9Os176/77

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Veröffentlicht am 12.12.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Sailer als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach § 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB über die vom Angeklagten und von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5. August 1977, GZ. 34 Vr 1263/77- 146, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft und Anhörung der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kainz, sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, zu Punkt A/ des Urteilssatzes im Ausspruch, daß durch das unter den Punkten a) und b) umschriebene Vorgehen einen Vermögensschaden von je 601.972,29 S (einerseits) Waltraud B - die der Angeklagte zu der dort angeführten Handlung nicht zu verleiten suchte, sondern wirklich verleitet hat - erleiden sollte und (andererseits) die zu Punkt b) genannten Firmen tatsächlich erlitten haben, sowie demgemäß auch in seinem Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Durch das dem Franz A zu Punkt A/a) und b) des Urteilssatzes angelastete betrügerische Vorgehen hat er entweder der unter Punkt

a) Genannten oder den unter Punkt b) angeführten Unternehmen einen Vermögensschaden in einer 100.000 S übersteigenden Höhe, nämlich einen solchen von 601.972,29 S zugefügt. Franz A wird für das ihm deshalb und wegen des den Gegenstand des aufrecht gebliebenen Schuldspruchs zu Punkt B/ des Urteilssatzes bildenden deliktischen Verhaltens weiterhin zur Last fallende Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach § 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB nach § 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 7 (sieben) Jahren verurteilt. Gemäß § 23 StGB wird die Unterbringung des Franz A in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstätter angeordnet.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wird aus dem angefochtenen Urteil übernommen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24. August 1941 geborene Kaufmann Franz A des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Betrugs nach § 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung ergriffen, während die Staatsanwaltschaft den Strafausspruch mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß vom 21. November 1978, GZ. 9 Os 176/77-8, zurückgewiesen, wobei dieser Entscheidung auch der wesentliche, dem Schuldspruch zugrunde liegende Sachverhalt entnommen werden kann.

Wie sich der Oberste Gerichtshof aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugen konnte, ist das angefochtene Urteil jedoch mit einer nicht gerügten Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO behaftet, die sich zum Nachteil des Angeklagten auswirkt und deshalb gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen aufzugreifen war.

Der Angeklagte wurde nämlich zu Punkt A/a) des Urteilssatzes schuldig erkannt, das Verbrechen des versuchten gewerbsmäßig schweren Betrugs nach § 15, 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB an Waltraud B dadurch begangen zu haben, daß er ihr vorspiegelte, er übernehme als Geschäftsführer einer zu gründenden stillen Gesellschaft 'Textil-Moden Waltraud B' die alleinige volle Haftung für Verbindlichkeiten, während Waltraud B nur - gegen ein monatliches Entgelt von 3.000,-- S - ihren Gewerbeschein zur Verfügung zu stellen brauche. Waltraud B unterfertigte den bezüglichen Vertrag am 2. Mai 1975, worauf der Angeklagte namens der stillen Gesellschaft von insgesamt 43 verschiedenen Firmen Waren im Gesamtwert von 601.972,29 S bezog und schuldig blieb; diese Waren verkaufte er sodann zu besonders niedrigen Preisen. Das Erstgericht ging davon aus, daß bei den 43 Lieferanten ein Schaden in der genannten Höhe tatsächlich eingetreten ist und erkannte Franz A deswegen auch des Verbrechens des (vollendeten) gewerbsmäßig schweren Betruges schuldig (Punkt A/b) des Schuldspruches), Waltraud B aber einen Schaden noch nicht erlitten habe, weil bei ihr bisher keine effektive Vermögensverringerung eingetreten sei, weshalb es hinsichtlich ihrer Person nur beim Versuch des Betruges geblieben sei (S 162/XII. Band).

Diese Rechtsansicht ist verfehlt.

Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte A in einem zwar sukzessive erfolgenden, aber einheitlich zu beurteilenden Geschehen vorerst Waltraud B und in weiterer Folge, auf der gelungenen Irreführung der Genannten aufbauend, die Angestellten der unter Punkt A/b) des Schuldspruches angeführten 43 Lieferfirmen mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz getäuscht, worauf (zunächst) ein effektiver Vermögensschaden bei den Lieferfirmen eintrat, den diese allerdings - wäre Waltraud B zahlungsfähig - auf jene abwälzen könnten, womit letztlich Waltraud B allein geschädigt wäre. Der Vermögensschaden aus den Tathandlungen konnte mithin nur einmal eintreten; nach der vom Erstgericht vorgenommenen getrennten rechtlichen Beurteilung würde er aber dem Angeklagten zu dessen Nachteil rechtsirrig doppelt zugerechnet, einmal im Rahmen des Versuchs in Ansehung der Zeugin B und ein zweites Mal im Rahmen der Vollendung in Ansehung der Lieferfirmen. Rechtsrichtig ist das in Rede stehende Tatverhalten (Punkte A/a) und A/b) des Urteilssatzes) insgesamt als vollendeter Betrug zu beurteilen: Getäuscht wurden Waltraud B und die Angestellten der Lieferfirmen, der beabsichtigte Schaden ist bei den Lieferfirmen effektiv eingetreten, wobei für die Vollendung des Betruges nicht erforderlich ist, daß der Schaden (der auch bei einem Dritten eintreten kann - § 146 StGB: '... die diesen oder einen andern am Vermögen schädigt ..'), ein dauernder ist. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf verwiesen, daß auch die Beurteilung des zu Punkt B/I und II des Schuldspruches festgestellten Verhaltens als Verbrechen des (bloß) versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach § 15, 146, 147 Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB nicht dem Gesetz entspricht; denn hier ist nach den Feststellungen des Schöffengerichtes ebenfalls der Schaden bei den Lieferfirmen faktisch bereits eingetreten, mögen auch die beiden Gewerbescheininhaberinnen Waltraud B und Ilse C, in deren Namen die Schulden kontrahiert wurden, selbst deshalb nicht geschädigt worden sein, weil sie vermögenslos sind (S 178/XII. Band). Dieser weitere Rechtsirrtum des Erstgerichtes kann jedoch, da er sich nicht zum Nachteil des Angeklagten A ausgewirkt hat und von der Staatsanwaltschaft nicht gerügt worden ist, von Amts wegen (§ 290 Abs. 1 StPO) nicht aufgegriffen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Bei der deshalb erforderlichen Strafneubemessung, die nach dem 3. Absatz des § 147 StGB zu erfolgen hatte, konnte der Oberste Gerichtshof von den bereits vom Erstgericht im wesentlichen richtig festgestellten Strafzumessungsgründen ausgehen, die nur insoweit einer Modifikation bedurften, als die Wiederholung der Betrugshandlungen im Hinblick auf die gewerbsmäßige Tatbegehung nicht gesondert als erschwerend zu werten war. Angesichts des hohen Schuld- und Unrechtsgehalts der abgeurteilten Straftaten sowie der offenkundigen Wirkungslosigkeit bereits erlittener, zum Teil empfindlicher Vorstrafen, die den Angeklagten nicht davon abzuhalten vermochten, innerhalb ganz kurzer Zeit nach Verbüßung der letzten Strafe abermals, und zwar in großem Umfang, in derselben Richtung straffällig zu werden, bedarf es der Verhängung einer entsprechend langen Freiheitsstrafe, um dem Angeklagten den Unwert seines gesetzwidrigen Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn davon abzuhalten, seinen schädlichen Neigungen nachzugehen. Daher war die Strafe, wie aus dem Spruch ersichtlich, im oberen Drittel des gesetzlichen Strafrahmens auszumessen.

Das Erstgericht hat aber auch zutreffend - und im übrigen vom Angeklagten unbekämpft - das Vorliegen aller Voraussetzungen des § 23 StGB festgestellt, weshalb die Einweisung des Angeklagten in eine Anstalt für gefährliche Rückfallstäter anzuordnen war. Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

Anmerkung

E01649

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0090OS00176.77.1212.000

Dokumentnummer

JJT_19781212_OGH0002_0090OS00176_7700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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