TE OGH 1978/12/13 10Os185/78

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Veröffentlicht am 13.12.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Dezember 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brachtel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alois A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 25. September 1978, GZ. 12 Vr 1001/78-10, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Gindelhuber, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 7. Juni 1935 geborene Hilfsarbeiter Alois A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den § 127 Abs. 1, 129 Z. 1

StGB schuldig erkannt, weil er 1.) Ende Mai 1978 in Raßnitz, Bezirk Knittelfeld, dem Fritz B eine alte Emailbadewanne im (Schrott-) Wert von ca. 30 S, und 2.) am 4. Juni 1978 in Gobernitz, Bezirk Knittelfeld, dem Heribert C durch Einsteigen in einen versperrten Rohbau mit versperrter Garage vier Packungen Bodenfliesen, zwei Rollen Tellwolle und sechs Spulen Wickeldraht im Gesamtwert von ca. 2.000 S mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch Zueignung der genannten fremden beweglichen Sachen unrechtmäßig zu bereichern. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe des § 281 Abs. 1 Z. 3, 5, 9 lit. b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum Schuldspruchfaktum 1):

Hiezu macht der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge geltend, das Erstgericht hätte diese Tat als Entwendung nach dem § 141 StGB qualifizieren und, da der Geschädigte eine Ermächtigung zur Verfolgung wegen dieses Deliktes nicht erteilt habe, insoweit einen Freispruch fällen müssen. Den Ausspruch des Schöffengerichtes, es könne ihm (Angeklagten) weder eine Notlage noch die Befriedigung eines Gelüstes, noch Unbesonnenheit zugebilligt werden, bekämpft er überdies unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO

Rechtliche Beurteilung

Diesen Beschwerdeausführungen ist zu erwidern, daß der Angeklagte zugab, die Badewanne vom Schrottplatz des Fritz B ohne dessen Wissen und Einwilligung weggenommen zu haben, um sie für die Kinder seiner Lebensgefährtin herzurichten (vgl. S. 6, 38). Weder aus seiner Verantwortung noch aus sonstigen Verfahrensergebnissen (vgl. insbesondere S. 37 bezüglich seiner wirtschaftlichen Verhältnisse) ergaben sich Hinweise, daß als Beweggrund der Tat Not (im Sinne von Mittellosigkeit), Unbesonnenheit (im Sinne eines augenblicklichen Willensimpulses) oder die Befriedigung eines (gegenwärtigen) Gelüstes im Betracht kämen; positive Feststellungen in dieser Richtung hätte das Erstgericht daher gar nicht treffen können. Ein Rechtsirrtum bzw. ein Begründungsmangel betreffend die getroffenen Feststellungen haftet dem bekämpften Ausspruch sohin nicht an. Daß in den Urteilsgründen in diesem Zusammenhang der wesentliche Inhalt einer Aussage oder eines anderen Beweismittels unrichtig wiedergegeben worden und das Urteil mit Aktenwidrigkeit behaftet wäre, vermag der Beschwerdeführer selbst nicht darzutun. Zum Schuldspruchfaktum 2):

Zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 3 StPO behauptet der Beschwerdeführer, die Vernehmung der Zeugin Franziska D - auf die er sich in der Hauptverhandlung als Alibibeweis berufen hatte - in der Intensivstation des Landeskrankenhauses Knittelfeld durch das erkennende Gericht verstoße gegen die Bestimmung des § 151 Z. 3 StPO, weil diese Zeugin kurz vor einer schweren Operation gestanden sei und bei ihrer Vernehmung zum Teil einen völlig apathischen, dann aber (im Hinblick auf allfällige schwerwiegende Folgen für ihre Ehe) wieder einen äußerst aufgeregten Eindruck gemacht habe. Soweit in den Urteilsgründen ausgeführt werde, daß vor ihrer Vernehmung die zuständigen örzte um Zustimmung befragt worden seien, sei das Urteil - so meint der Beschwerdeführer - neuerlich im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO aktenwidrig. Die Rüge ist unbegründet. Die Bestimmung des § 151 Z. 3 StPO bezieht sich primär auf die Aussagen von Personen, bei denen die Unfähigkeit, die Wahrheit anzugeben, klar zu Tage tritt, also von vornherein feststeht; ansonsten ist die Entscheidung, ob jemandem die Fähigkeit, eine Zeugenaussage abzulegen, zukommt und ob er daher als Zeuge vernommen werden darf, dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes überlassen (SSt. 30/53 u. a.). Zum anderen erfordert Zeugnisunfähigkeit gänzliches Unvermögen zur Wahrnehmung, zur Erinnerung oder zur Wiedergabe des Wahrgenommenen; eine bloße (jedenfalls nicht bis zur gänzlichen Zeugnisunfähigheit reichende) Beeinträchtigung der Zeugnisfähigkeit, wie sie im gegenständlichen Fall infolge des gesundheitlichen und seelischen Zustands der Zeugin vorgelegen sein könnte, hat unter dem Gesichtspunkt des § 151 Z. 3 StPO außer Betracht zu bleiben (13 0s 44/78). Im übrigen beruht die Konstatierung, die Vernehmung der Zeugin Franziska D sei mit Erlaubnis des diensthabenden Oberarztes erfolgt und demnach vom medizinischen Standpunkt aus unbedenklich gewesen, auf einer telefonischen Auskunft des Bezirksinspektors E (vgl. S. 43); eine Aktenwidrigkeit liegt daher überhaupt nicht vor. Als im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO mangelhaft begründet bekämpft der Beschwerdeführer den Ausspruch, wonach er in die versperrte Grage eingestiegen sei. Den Beschwerdeausführungen zuwider ist das Erstgericht hiebei jedoch durch die Gendarmerieerhebungen gedeckt (vgl. S. 4 f), davon ausgegangen, daß zur Tatzeit nicht nur die Garage, sondern auch der Rohbau des Hauses versperrt gewesen ist und ein Eindringen in die Garage, aus der die betreffenden Gegenstände gestohlen wurden, daher nur durch Einsteigen durch ein Fenster im ersten Stock oder durch die noch nicht fertiggestellte Unterschichtsschalung an der Decke möglich war (vgl. S. 54). Daraus konnte das Gericht aber schlüssig ableiten, daß der Angeklagte, dessen Täterschaft als erwiesen angenommen wurde, den in Rede stehenden Diebstahl durch Einsteigen in das Haus des Heribert C verübte. Der Vorwurf eines formellen Begründungsmangels trifft daher auch insoweit nicht zu. Auf Grund der Urteilsfeststellungen war das dem Angeklagten zu Punkt 2) des Urteilssatzes angelastete Tatverhalten der Qualifikationsnorm des § 129 Z. 1 StGB zu unterstellen. Die auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO gestützten Beschwerdeausführungen, die diese Konstatierungen unberücksichtigt lassen und auf diese Weise eine Beurteilung der Tat (bloß) nach dem § 127 Abs. 1 StGB anstreben, stellen keine gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes dar. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 129 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten. Hiebei wertete es die über die Voraussetzungen des § 39 StGB hinausgehenden einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten und die Wiederholung des Diebstahls als erschwerend, die Gutmachung des Schadens durch Sicherstellung des Diebsgutes hingegen als mildernd. Mit der Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes unter Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 StGB an und verweist hiezu auf den geringen Wert des Diebsgutes und die Schadensgutmachung. Die Berufung ist nicht berechtigt. Da das Erstgericht von der Strafschärfungsmöglichkeit des § 39 StGB keinen Gebrauch gemacht hat, kommt sogar sämtlichen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden beträchtlichen Vorstrafen des Angeklagten erschwerende Wirkung zu. Von einem geringen Wert des Diebsgutes kann angesichts eines 2.000 S übersteigenden Schadens nicht mehr gesprochen werden. Die Zustandebringung des Diebsgutes wurde aber ohnedies vom Erstgericht als mildernd berücksichtigt. Bei den gegebenen Strafzumessungsgründen ist die mit sieben Monaten nur knapp über dem gesetzlichen Mindestmaß ausgesprochene Freiheitsstrafe keineswegs überhöht. Für eine außerordentliche Strafmilderung gemäß § 41 StGBfehlt es schon am beträchtlichen überwiegen der Milderungsgründe. Es war daher auch der Berufung der Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01763

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00185.78.1213.000

Dokumentnummer

JJT_19781213_OGH0002_0100OS00185_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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