Norm
ABGB §163bKopf
SZ 51/179
Spruch
Ein uneheliches Kind kann neben der Witwe erben. Außergerichtlichen Vaterschaftsanerkenntnissen kam die Feststellungswirkung des § 16 der I. Teilnovelle zum ABGB nicht zu. In einem solchen Fall hat das uneheliche Kind weder ein gesetzliches Erbrecht noch einen Pflichtteilsanspruch
OGH 13. Dezember 1978, 3 Ob 598/78 (OLG Linz 5 R 15/78; KG Wels 6 Cg 214/76)
Text
Der am 18. Mai 1973 verstorbene Erblasser hat mit seiner am 28. Mai 1973 vorschriftsmäßig kundgemachten letztwilligen Verfügung, dem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testament vom 16. Feber 1972, seine Frau Amalia R als Alleinerbin eingesetzt. Zugleich vermachte er Gertraud K die ihm gehörige Hälfte der Liegenschaft EZ 785 KG E mit der Verpflichtung, Amalia R eine wertgesicherte monatliche Leibrente von 500 S auf Lebenszeit zu bezahlen. Mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Eferding vom 18. November 1974, ON 33, wurde der Rechtsanwalt Dr. A gemäß §§ 78, 128, 129 ABGB zum Verlassenschaftskurator bestellt, weil die erblasserische Witwe und Testamentserbin bis dahin keine Erbserklärung abgegeben hatte. Der Verlassenschaftskurator Dr. A wurde vom Abhandlungsgericht mit Beschluß vom 10. März 1978 seines Amtes enthoben. Gleichzeitig wurde der Rechtsanwalt Dr. W zum Verlassenschaftskurator bestellt. Der Erblasser hatte im Zeitpunkt des Todes mehrere vollbürtige Geschwister.
Der Kläger Johann T begehrte von der beklagten Verlassenschaft mit der Behauptung, als unehelicher Sohn des Erblassers pflichtteilsberechtigt zu sein, nach Klagseinschränkung zuletzt die Zahlung von 359 621.60 S samt Anhang. Der Erblasser habe die Vaterschaft am 19. Juni 1925 und auch noch vor seinem Tode anerkannt. Das Verlassenschaftsgericht habe mit Beschluß vom 31. Oktober 1975, ON 59, festgestellt, daß der Kläger als unehelicher Sohn des Erblassers Noterbe sei.
Die beklagte Partei und die ihr als Nebenintervenient beigetretene erblasserische Witwe Amalia R bestritten den Pflichtteilsanspruch des Klägers nach Grund und Höhe. Sie wendeten ein, daß der Kläger nicht Pflichtteilsberechtigter sei, weil die Vaterschaft des Erblassers nicht zu Lebzeiten des Verstorbenen festgestellt worden sei. Die Pflichtteilsergänzung im Sinne des § 951 ABGB sei gegen die Beschenkte und nicht gegen den Nachlaß geltend zu machen.
Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil, daß der Kläger hinsichtlich des Nachlasses des am 18. Mai 1973 verstorbenen Josef R zu einem Viertel pflichtteilsberechtigt sei. Es stellte fest, daß der Erblasser die Vaterschaft zum Kläger am 19. Juni 1925 beim Oberösterreichischen Landesjugendamt anerkannt habe.
In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus, daß die nach § 754 Abs. 2 ABGB für das gesetzliche Erbrecht des unehelichen Kindes erforderliche Feststellung der Vaterschaft des Erblassers durch das festgestellte Anerkenntnis erfolgt sei (§ 163b ABGB). Da der Erblasser eine Witwe und Geschwister hinterlassen habe, wäre der Kläger bei gesetzlicher Erbfolge zur Hälfte des Nachlasses seines Vaters als Erbe berufen. Sein Pflichtteilsanspruch betrage somit ein Viertel des Nachlasses.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin Folge, hob das angefochtene Zwischenurteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Es billigte die Ansicht des Erstgerichtes, daß ein uneheliches Kind neben der Witwe und Verwandten der zweiten Linie die Hälfte des Nachlasses seines Vaters als gesetzlichen Erbteil erhalte, wenn die Vaterschaft vor dem Tode des Erblassers festgestellt sei. Nach Art. X § 2 Abs. 2 UeKindG seien für die Wirksamkeit des vom Erblasser am 19. Juni 1925 abgegebenen Anerkenntnisses die damals geltenden Rechtsvorschriften maßgebend. Im Jahre 1925 habe die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind durch ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung gegenüber dem Kind (dem Vormund oder dem Vormundschaftsgericht) außerdem gegenüber dem Matrikenführer unter den Bedingungen des § 164 ABGB in der damals geltenden Fassung durch Einschreibung des väterlichen Namens in das Tauf- oder Geburtsbuch auf Angaben der Mutter mit Einwilligung des Vaters vor Zeugen erfolgen können. Gemäß § 16 Abs. 1 der I. Teilnovelle zum ABGB habe das Gericht zur Wahrung der Rechte des Kindes dafür Sorge zu tragen gehabt, daß die Vaterschaft im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit anerkannt oder im Prozeßwege gerichtlich festgestellt werde. Die Entgegennahme von Vaterschaftsanerkenntnissen durch die Generalvormundschaft sei erst durch den § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Erweiterung des Wirkungskreises der Berufsvormundschaften, BGBl. 194/1928, geregelt worden. Nach dieser Bestimmung hätten die vor einer von einem Land oder einer Gemeinde errichteten Berufsvormundschaft, der der erweiterte Wirkungskreis übertragen wurde, abgegebenen und von dieser beurkundeten Erklärungen über die Anerkennung der Vaterschaft und Leistung des Unterhalts die gleiche Wirkung gehabt, wie wenn sie vor dem Gericht abgegeben worden wären. Eine Rückwirkung dieser Regelung auf schon vorher vor der Generalvormundschaft abgegebenen Anerkenntnisse sei in diesem Gesetz nicht vorgesehen. Das Protokoll über das vom Erblasser am 19. Juni 1925 vor dem Generalvormund abgegebene Anerkenntnis der Vaterschaft sei dem Pflegschaftsgericht übermittelt und von diesem zur Kenntnis genommen worden. Dies habe zur Anlegung eines Pflegschaftsaktes mit einem Pflegschaftsbogen geführt, in dem der Erblasser als Vater des Klägers eingetragen worden sei. Das Anerkenntnis vom 19. Juni 1925 sei daher einem vor dem Pflegschaftsgericht abgegebenen Anerkenntnis gleichzusetzen. Vor dem Inkrafttreten des UeKindG habe die Anerkennung der unehelichen Vaterschaft durch einen Minderjährigen zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters und überdies der Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes bedurft. Das am 19. Juni 1925 von dem damals noch minderjährigen Erblasser abgegebene Vaterschaftsanerkenntnis sei mangels der erforderlichen Genehmigungen unwirksam gewesen. Der Erblasser hätte jedoch das Vaterschaftsanerkenntnis nach erreichter Volljährigkeit ausdrücklich oder stillschweigend, zum Beispiel durch Unterhaltsgewährung, genehmigen können. Das Erstgericht hätte daher die Fragen der Wirksamkeit des Anerkenntnisses und einer allfälligen nachträglichen Genehmigung mit den Parteien erörtern und auf eine Vervollständigung des diesbezüglichen Vorbringens der Parteien und Anbot von Beweismitteln hiefür hinwirken müssen. Mangels Erörterung dieser Fragen sei das angefochtene Zwischenurteil, das nur im Falle eines zulässigen Zwischenantrages einer Partei auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des Pflichtteilsrechtes hätte gefällt werden dürfen, aufzuheben. Die Fällung eines Zwischenurteiles über den Grund des geltend gemachten Anspruches setze voraus, daß jeder einzelne Anspruch des Klägers wenigstens mit einem kleinen Betrag feststehe. Soweit der Kläger eine Schenkung an die Nebenintervenientin in Anschlag bringe, komme - da die Nebenintervenientin eine Erbserklärung bisher nicht abgegeben habe - nur eine direkte Forderung gegen die Beschenkte nach § 951 ABGB in Betracht.
Der Oberste Gerichtshof gab beiden Rekursen Folge.
Der angefochtene Beschluß wurde aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Sowohl der Kläger als auch die Nebenintervenientin bekämpfen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes mit Rekurs.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Mit dem Beschluß vom 5. Juli 1975, ON 39, nahm das Verlassenschaftsgericht die - später widerrufene - Erklärung des Nachlaßkurators, daß der Pflichtteilsanspruch des Klägers dem Grund nach anerkannt werde, zur Kenntnis. Nach Vorlage verschiedener Urkunden sprach das Verlassenschaftsgericht im Beschluß vom 31. Oktober 1975, ON 59, aus, daß die Abstammung des Klägers - vom Erblasser - nunmehr geklärt erscheine. Gleichzeitig wies es den Antrag der erblasserischen Witwe "in der Frage der unehelichen Vaterschaft" des Erblassers zum Kläger die Nebenintervenientin hatte die Feststellung begehrt, daß Johann T ein gesetzliches Erbrecht nicht zustehe (s. Schriftsatz ON 38 des Verlassen(schaftsaktes) ab. Beide Beschlüsse sind mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.
Pflichtteilsansprüche können nicht im Außerstreitverfahren, sondern nur im Prozeß geltend gemacht werden (Weiß in Klang[2] III, 866, 898; JBl. 1966, 258; SZ 45/36). Im Verlassenschaftsverfahren ist der Noterbe auf die ihm durch die Bestimmungen der §§ 784, 804 und 812 ABGB eingeräumten Rechte beschränkt (§ 92 Abs. 1 AußStrG). Ob dem Kläger ein Pflichtteilsanspruch zusteht, ist daher ausschließlich im Prozeß ohne Bindung an die Beschlüsse des Verlassenschaftsgerichtes zu entscheiden. Im übrigen hat das Abhandlungsgericht mit den erwähnten Beschlüssen überhaupt keine Entscheidung über den behaupteten Pflichtteilsanspruch des Klägers getroffen, sondern es hat lediglich die Vaterschaft des Erblassers angenommen, was jedoch, wie noch zu erörtern sein wird, zur Bejahung des Pflichtteilsrechtes des Klägers nicht ausreicht.
Zum Rekurs der Nebenintervenientin:
Da die Nebenintervenientin in ihrem Rechtsmittel geltend macht, daß einem unehelichen Kind neben der Witwe des Erblassers ein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht überhaupt nicht zustehe und der Kläger einen Pflichtteil auch deshalb nicht beanspruchen könne, weil die Vaterschaft im Zeitpunkt des Todes des Erblassers nicht festgestellt gewesen sei, ist es zweckmäßig, ihren Rekurs vor dem des Klägers zu erledigen.
Der Nebenintervenient kann an Stelle der Hauptpartei innerhalb der dieser offenstehenden Frist Rechtsmittel ergreifen, wenn die Partei nicht ausdrücklich auf Rechtsmittel verzichtet hat (§ 19 ZPO Fasching II, 224 f.; JBl. 1957, 594 u. a.).
Die der Verlassenschaft als Nebenintervenientin beigetretene erblasserische Witwe ist daher zum Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes legitimiert.
Dem Rekurs ist zuzugeben, daß die Bedeutung des § 757 Abs. 2 erster Satz ABGB nicht unumstritten ist. Im Schrifttum wurde wiederholt die Auffassung vertreten, daß die Witwe das uneheliche Kind stets zur Gänze von der gesetzlichen Erbfolge zum Nachlaß seines Vaters ausschließt (s. dazu Zemen, Die gesetzliche Erbfolge aus unehelicher Verwandtschaft in Österreich und Deutschland, ZfRV 1976, 285 ff., 297 Anm. 33). Diese der herrschenden Meinung widersprechende Auffassung, die bei isolierter Lektüre des § 757 Abs. 2 erster Satz ABGB vertretbar erscheinen mag, ist abzulehnen. Der maßgebliche Sinn des umstrittenen Rechtssatzes kann nur in Verbindung mit den anderen Rechtssätzen der Gesamtregelung des gesetzlichen Erbrechtes zwischen dem unehelichen Kind und seinem Vater ermittelt werden. Nach § 754 Abs. 2 ABGB hat das uneheliche Kind zum Nachlaß des Vaters, dessen Vaterschaft festgestellt ist, ein gesetzliches Erbrecht wie ein eheliches Kind. Davon sieht das Gesetz zwei Ausnahmen vor: durch den Vorbehalt der Bestimmungen über das gesetzliche Erbrecht der Witwe (§ 757 Abs. 2 erster Satz) und die Anordnung, daß die ehelichen Nachkommen vorgehen. Diese Ausnahmen sollen sicherstellen, daß das uneheliche Kind nicht die erbrechtliche Stellung der Witwe des Vaters oder dessen ehelicher Kinder beeinträchtigen kann (so die Regierungsvorlage, 6 BlgNR, XII. GP, Köhler in Klang[2]-ErgBd., 170). Hinterläßt der Erblasser Verwandte in aufsteigender Linie, die bei fehlender unehelicher Nachkommenschaft neben der Witwe erbberechtigt wären, dann schädigt ein die Erbberechtigung dieser Personen ausschließendes gesetzliches Erbrecht des unehelichen Kindes die Witwe des Erblassers erbrechtlich nicht (RV, 6 BlgNR, XII. GP, zum § 755, Köhler a. a. O., 169). Das uneheliche Kind erhält, weil es wie ein eheliches Kind in der ersten Parentel steht, jenen Teil, der an die Eltern oder deren eintrittsberechtigte Nachkommen oder an die Großeltern fiele, die Witwe hingegen das, was sie auch erhalten hätte, wenn das uneheliches Kind nicht vorhanden wäre (die im angefochtenen Beschluß angeführte Literatur; ferner Koziol - Welser, Grundriß[7] II, 236; Zemen a. a. O., 297; vgl. auch Kralik, Die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes, JBl. 1971, 273 bis 284, 274, wonach ein uneheliches Kind neben der Witwe erben kann). Daß diese Auffassung auch der Absicht des Gesetzgebers entspricht, ergibt sich aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage zum § 757 ABGB, wonach dessen Abs. 2 erster Absatz zwar nicht die erbrechtlichen Ansprüche der Witwe mindert, aber nicht ausschließt, daß ein uneheliches Kind des verstorbenen Ehegatten im Sinne des § 754 Abs. 2 ABGB den Vater mit den ohne sein Vorhandensein gemäß § 757 Abs. 1 auf die Vorfahren und Seitenverwandten des Ehegatten entfallenden Erbteilen beerbt (RV, 6 BlgNR, XII. GP, zum § 757; Köhler a. a. O., 173; ebenso RV, 6 BlgNR, XII. GP, zum § 754; Köhler a. a. O., 169). Das führt zwar zu dem Ergebnis, daß das gesetzliche Erbrecht des unehelichen Kindes davon abhängt, ob Verwandte der zweiten Linie oder Großeltern den Erblasser überlebt haben, doch liegt darin keine Besonderheit, weil auch sonst (vgl. § 757, Abs. 1 zweiter Satz ABGB betreffend das Erbrecht der Ehegatten) das Erbrecht vom Vorversterben oder Überleben anderer Personen abhängt (Koziol - Welser, Grundriß[4], 237; Kralik a. a. O., 274). Dem Berufungsgericht ist daher beizupflichten, daß dem Kläger als Pflichtteil die Forderung auf ein Viertel des Nachlaßwertes in Geld zusteht, wenn der Erblasser vor seinem Tod als unehelicher Vater des Klägers festgestellt wurde (§ 754 Abs. 2 letzter Satz ABGB).
Die Vaterschaft wird gemäß § 163b ABGB durch Urteil oder Anerkenntnis festgestellt. Die Gültigkeit eines vor dem 1. Juli 1971, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes (UeKindG, BGBl. BGBl. 42/1970) abgegebenen Vaterschaftsanerkenntnisses ist gemäß Art. X § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes nach dem bis dahin geltenden Recht zu beurteilen (Fasching IV, 946). Das frühere Recht ist auch maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob ein solches Vaterschaftsanerkenntnis Feststellungswirkung hat. Nach Art. X § 3 Abs. 2 l. c. kommt den vor dem Inkrafttreten des UeKindG nach § 16 der I. Teilnovelle zum ABGB vor Gericht oder vor der Bezirksverwaltungsbehörde als Amtsvormund abgegebenen Anerkenntnissen der Vaterschaft - abgesehen von gewissen Ausnahmen - vom 1. Juli 1971 an die bindende Wirkung des § 163c ABGB gegenüber jedermann - auch für die Vergangenheit - zu. Durch diese Übergangsbestimmung sollte in der wichtigen, in der Vergangenheit uneinheitlich beantworteten Frage der Bindungswirkung für die Zukunft Klarheit geschaffen und einer vom Gesetz nicht gewollten Beurteilung der Wirkung eines vor dem 1. Juli 1971 abgegebenen, ab er weiterhin aufrechten Vaterschaftsanerkenntnisses durch einen unerwünschten Umkehrschluß aus den neuen Bestimmungen vorgebeugt werden (6 BlgNR, XII. GP, 42). In den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage wurde auch darauf hingewiesen, daß die gegebenenfalls vor einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland erklärten Anerkenntnisse mangels dem § 163c Abs. 1 Z. 3 ABGB i. d. F. des Entwurfes entsprechender Bestimmungen des geltenden Rechts nicht einbezogen werden können (6 BlgNR, XII. GP, 42). Der Begriff des Vaterschaftsanerkenntnisses wurde erstmals im § 16 der I. Teilnovelle zum ABGB verwendet. Nach dieser Bestimmung (Abs. 1) hatte das Gericht, wenn es zur Wahrung des Rechtes des Kindes notwendig war, dafür Sorge zu tragen, daß die Vaterschaft im Wege der freiwilligen Gerichtsbarkeit anerkannt oder im Prozeßweg gerichtlich festgestellt wird. War die Vaterschaft anerkannt, so hatte das Gericht - im außerstreitigen Verfahren - das Ausmaß der dem Vater obliegenden Leistungen festzustellen (§ 16 Abs. 2 der I. Teilnovelle zum ABGB). In den amtlichen Erläuterungen zur ersten Teilnovelle (2 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Herrenhauses, XXI. Session 1911) heißt es, es sei darauf zu dringen, daß die Vaterschaft, sei es durch Anerkenntnis oder Urteil, gerichtlich "festgestellt" werde. Im Bericht der Kommission für Justizgegenstände über die genannte Gesetzesvorlage (78 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Herrenhauses, XXI. Session 1912) wurde ausgeführt, daß das Bestreben, den Rechtsschutz der unehelich Geborenen zu stärken, allgemein Beifall finde. Unter diesen Gesichtspunkt falle die Erleichterung des Verfahrens betreffend die Feststellung der Vaterschaft.
Die Erklärung eines Mannes, seine Vaterschaft zu einem bereits geborenen Kinde anzuerkennen, war dann, wenn sie weder vor dem Vormundschaftsrichter noch vor einer Berufsvormundschaft, der die erweiterte Vormundschaft übertragen wurde oder vor einer Amtsvormundschaft im Sinne des Jugendwohlfahrtsgesetzes noch in einem Prozeßvergleich erfolgte, lediglich als Geständnis im Sinne des § 163 ABGB aufzufassen (Wentzel - Plessl a. a. O., 174; so auch schon Bartsch in der ersten Auflage des Kommentars zum ABGB I, 908). Einer solchen Erklärung fehlte daher die Wirkung der Feststellung der Vaterschaft. Auch Edelbacher, Die Rechtsnatur des Vaterschaftsanerkenntnisses ÖStA 1952, 23 f., 28 ff., 37 ff., 38, vertritt die Auffassung, daß durch einen zwischen dem Vater und dem Vormund oder einem Jugendamt, dem der erweiterte Wirkungskreis nicht zukommt, geschlossenen Vergleich das rechtliche Vaterschaftsverhältnis nicht festgestellt werden kann, mögen auch an dieses Anerkenntnis zivilrechtliche Folgen geknüpft sein. Schwimann, Festschrift für Demelius, Tatbestandsprobleme des Vaterschaftsanerkenntnisses, 469 ff., 478, sagt, daß das UeKindG bewußt ein Relikt der alten Gesetzeslage, und zwar die "Anerkennung ohne Feststellungswirkung" beibehalten habe. Der Verfasser meint damit die Anerkennung der Vaterschaft in öffentlicher Urkunde vor dem Standesbeamten (gemäß dem inzwischen aufgehobenen § 29 PersonenstandsG) oder vor einem Notar gemäß §§ 52 ff. NotO. Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß es nach dem bis zum Inkrafttreten des UeKindG in Geltung gestandenen Recht auch Vaterschaftsanerkenntnisse ohne Feststellungswirkung gegeben hat und daß im Jahre 1925 nur dem im außerstreitigen Verfahren erklärten Vaterschaftsanerkenntnis gemäß § 16 der I. Teilnovelle zum ABGB Feststellungswirkung wie einem Urteil im Vaterschaftsprozeß zugekommen ist. Aus dem Umstand, daß im § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Erweiterung des Wirkungskreises der Berufungsvormundschaften BGBl. 194/1928 nur Erklärungen über die Anerkennung der Vaterschaft und die Leistung des Unterhaltes, die vor einer von einem Lande oder einer Gemeinde errichteten Berufsvormundschaft, der der erweiterte Wirkungskreis übertragen wurde, abgegeben und von ihr beurkundet wurde, die gleiche Wirkung zuerkannt wurde, wie wenn sie vor Gericht abgegeben worden wären, ist der Schluß zu ziehen, daß außergerichtlichen Vaterschaftsanerkenntnissen - sei es gegenüber dem Vormund öder einer Berufsvormundschaft ohne den erweiterten Wirkungskreis - die Feststellungswirkung des § 16 der I. Teilnovelle zum ABGB nicht zukam.
Mit Recht wendet sich der Rekurs auch gegen die Ansicht, daß das vom Erblasser am 19. Juni 1925 vor dem oö. Landesjugendamt abgegebene Vaterschaftsanerkenntnis einem vor dem Vormundschaftsrichter abgegebenen Anerkenntnis gleichzusetzen sei. Im Gegensatz zur heutigen Rechtslage (§ 163c ABGB) gab es zwar keine Formvorschriften für das Vaterschaftsanerkenntnis nach § 16 der I. Teilnovelle zum ABGB, doch mußte die Erklärung jedenfalls gegenüber dem Außerstreitrichter abgegeben werden, um Feststellungswirkung zu entfalten. Die Übersendung des Protokolles über das Vaterschaftsanerkenntnis an das Pflegschaftsgericht ändert nichts daran, daß die Erklärung des Anerkenntnisses an das oö. Landesjugendamt und nicht an das Gericht gerichtet war.
Es ist daher der Ansicht der Rekurswerberin beizustimmen, daß die Vaterschaft des Erblassers nicht vor dessen Tod festgestellt wurde. Mangels dieser Feststellung hat der Kläger weder ein gesetzliches Erbrecht noch einen Pflichtteilsanspruch. Es genügt nicht, daß die außereheliche Vaterschaft des Erblassers nicht bestritten wurde.
Damit erübrigt sich die Erörterung der vom Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß aufgeworfenen Fragen betreffend die Notwendigkeit der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters des damals noch minderjährigen außerehelichen Vaters und der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes.
Die Rechtssache ist vielmehr im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens spruchreif.
Dem Rekurs der Nebenintervenientin war daher Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Zum Rekurs des Klägers:
Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes ist aus den bei Erledigung des Rekurses der Nebenintervenientin dargelegten Gründen verfehlt. Da das Verbot der reformatio in pejus im Verfahren über Rekurse gegen Aufhebungsbeschlüsse nicht gilt (SZ 22/186; EvBl. 1956/155; ÖBl. 1972, 65), ist auch dem Rekurs des Klägers aus diesen Gründen stattzugeben.
Anmerkung
Z51179Schlagworte
uneheliches Kind, Erbrecht, Pflichtteilsrecht, uneheliches Kind, kann neben Witwe erbenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0030OB00598.78.1213.000Dokumentnummer
JJT_19781213_OGH0002_0030OB00598_7800000_000