Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 19.Dezember 1978
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Loesch als Schriftführer in der Strafsache gegen Klaus A wegen des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 2, 224, 15 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 9.August 1978, GZ. 22 Vr 1526/78-43, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kainz und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise und zwar dahin Folge gegeben, daß gemäß § 66 StGB die über den Angeklagten mit dem Strafbescheid des Bezirksamtes Oberrheintal vom 14.April 1978, Prozedurnummer 32.178, verhängte Freiheitsstrafe von zwei Wochen Gefängnis im Ausmaß von 8 (acht) Tagen auf die hier festgesetzte Freiheitsstrafe angerechnet wird.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 4 (vier) Monate herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.Juli 1942 geborene Tischler Klaus A des Vergehens der teils vollbrachten (besser: vollendeten), teils versuchten Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 2, 224, 15 StGB schuldig erkannt, weil er
1) von März bis 10.April 1978 in Innsbruck und anderen Orten Österreichs eine verfälschte öffentliche Urkunde, und zwar den Führerschein Nr. VA-2047/63, ausgestellt von der Bundespolizeidirektion Linz am 19.Juli 1963 für eine andere Person, auf dem der Name des Führerscheininhabers in seinem Auftrag von einem Unbekannten (angeblich Karl Klein) ausradiert und durch seinen Namen ersetzt worden war, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, nämlich der Berechtigung zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges, dadurch zu gebrauchen versucht hat, daß er ihn bei Fahrten mit seinem PKW bei sich führte.
2) am 10.April 1978 in Kriessern/Schweiz eine verfälschte inländische öffentliche Urkunde, und zwar seinen Reisepaß, in dem das Geburtsdatum vom 3.Juli 1942 auf 3.Juli 1945 abgeändert worden war, durch Vorweisen gegenüber Beamten des Zollamtes Kriessern im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich seiner Identität, gebraucht hat.
Von zwei weiteren Anklagepunkten wurde Klaus A gemäß § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen.
Den Schuldspruch bekämpft er unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1
StPO Einen Verfahrensmangel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes erblickt der Beschwerdeführer in der - vom Erstgericht beschlossenen (Seite 267) -
Abweisung des durch seinen Verteidiger bei der Hauptverhandlung (a.a.O.) gestellten Antrags auf zeugenschaftliche Einvernahme des Michael B und des Helmut C zum Beweis dafür, daß ihm (Beschwerdeführer) der in Rede stehende Reisepaß von einem gewissen 'Uwe' gestohlen, letzterer seitens des Zeugen B zur Rückgabe aufgefordert und der Paß sodann ihm (Beschwerdeführer) - wie der Zeuge C bestätigen könne - anonym zugesandt worden sei. Hiedurch wäre - so meint die Verfahrensrüge -
die bezügliche Verantwortung des Beschwerdeführers erhärtet und im Sinne derselben dargetan worden, daß er von der inzwischen durch eine entsprechende Abänderung herbeigeführten Angleichung der Eintragung betreffend sein Geburtsjahr mit jener im verfälschten Führerschein keine Kenntnis erlangt habe.
Daß das Erstgericht dieser seiner Verantwortung die Auffälligkeit der obigen Datenübereinstimmung entgegenhält, erachtet der Beschwerdeführer namentlich im Rahmen der anschließenden Mängelrüge (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) deshalb nicht für stichhältig, weil es für ihn doch einfacher und sinnvoller gewesen wäre, schon anläßlich der veranlaßten Verfälschung des Führerscheins dort eine entsprechende mit dem Reisepaß konforme Eintragung zu bewirken. Die Annahme der Herbeiführung einer späteren Angleichung des Reisepasses im fraglichen Punkt an den Führerschein sei lebensfremd und die Feststellung, wonach er von der betreffenden Verfälschung des Reisepasses Kenntnis gehabt oder zumindestens nachträglich erlangt habe, demnach offenbar unzureichend begründet.
Weiterhin gestützt auf den letzteren Nichtigkeitsgrund wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht ferner vor, es habe die Feststellung, nach der er den verfälschten Führerschein mit sich führte, um von diesem bei Kontrollen Gebrauch zu machen, getroffen, ohne die - ihr entgegenstehende - Tatsache zu beachten, daß er anläßlich einer Kontrolle am 10.April 1978 in der Schweiz den Führerschein nicht vorwies, ihn aber auch nicht 'bei seinen anderen Papieren' verwahrt hatte, sondern diese Urkunde im PKW versteckt war, wo sie nachträglich durch die Polizei entdeckt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) will die Handlungsweise des Angeklagten mit Bezug auf den Führerschein unter Hinweis auf eine (kritische) Anmerkung Kienapfels in der ZVR 1976 S 223 f. zu der dort unter der Nr. 212 veröffentlichten (einschlägigen) oberstgerichtlichen Entscheidung vom 2.März 1976, AZ. 13 Os 172/75, entgegen der in diesem Erkenntnis vertretenen Rechtsansicht und in übereinstimmung mit Kienapfel nicht als strafbaren Versuch (nach § 223 Abs. 2, 224, 15 StGB), sondern als straflose Vorbereitungshandlung gewertet wissen.
Selbst wenn der Angeklagte jedoch zu Recht schuldig gesprochen worden wäre, hätte ihm - das wird sinngemäß aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO geltend gemacht - auf die nunmehr ausgesprochene Strafe die schon vorher wegen des Mitführens des verfälschten Führerscheins in der Schweiz über ihn verhängte und auch vollstreckte Strafe angerechnet werden müssen. Die von der Beschwerde im letzten Punkt - in übereinstimmung mit einem früheren Hinweis - aufgestellte Behauptung, der Angeklagte sei im vorliegenden Zusammenhang bereits im Ausland abgestraft worden, gibt Anlaß, nicht nur die von der Rechtsrüge gemäß § 281 Abs. 1 Z 11 StPO angeschnittene Frage nach dem Vorgehen gemäß § 66 StGB, sondern zunächst die Grundsatzfrage zu prüfen, ob zufolge der im 7.Abschnitt des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches in Ansehung des Geltungsbereichs desselben getroffenen Regelung die inländische Strafgewalt überhaupt gegeben ist.
Klaus A wurde mit dem aktenkundigen (unter ON 15 der Strafakten in einer Ausfertigung erliegenden) am 14.Mai 1978 unter der Prozedurnummer 32.178 ergangenen (einzelrichterlichen schweizer) Strafbescheid des (Untersuchungsrichters des) Bezirksamts Ober-Rheintal in Altstätten in Anwendung von Art. 23 Abs. 1 BG. über ANA (Schweizer Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer), Art. 252 Z 1 (Schweizer) StGB, sowie Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 95 Z 1 Abs. 1 SVG (Schweizer Strafenverkehrsgesetz), ferner Art. 63, 67, 68 und 69 (Schweizer) StGB und Art. 128 und 209 Abs. 1 Z 1 StP (st. gallisches Gesetz über die Strafrechtspflege) der Mißachtung der Einreisesperre, des Gebrauchs eines gefälschten Ausweises, nämlich des - auch den Gegenstand des Punktes 1 des bekämpften inländischen Urteils bildenden - Führerscheins (zur Täuschung durch das Mitführen auf einer Fahrt in der Absicht, sich das Fortkommen zu erleichtern) und des Führens eines Motorfahrzeugs ohne (gültigem) Fahrausweis (am 10. April 1978 anläßlich der Einreise beim Schweizer Zollamt Kriessern) schuldig erklärt und wegen der Begehung dieser Delikte (nach mehrfachen Vorstrafen und sohin) im Rückfall zu 2 Wochen Gefängnis, abzüglich vier Tagen (auf die zu verbüßende Freiheitsstrafe angerechneter) Untersuchungshaft, und zu 90 Franken Buße verurteilt.
Ein derartiger Strafbescheid ist nach Art. 128 des Gesetzes über die Strafrechtspflege des Kantons St. Gallen (unter den dort näher umschriebenen - hier weiter keine Rolle spielenden - Zulässigkeitsvoraussetzungen) durch den Untersuchungsrichter (Art. 123 - nach Durchführung des Abschlußverfahrens -) zu erlassen. Im konkreten Fall ist der obige Strafbescheid - der seinem Wesen nach der inländischen Strafverfügung (§ 460 ff StPO) entspricht - in Rechtskraft erwachsen, da Klaus A dagegen keine 'Einsprache' erhoben hat (worauf die Neubeurteilung durch die Gerichtskommission erfolgt wäre - Art. 131 st. gallische StP). Im Anschluß an die Verbüßung der Freiheitsstrafe ist der Genannte sodann am 24.April 1978 von der Kantonspolizei in St. Margarethen nach Österreich 'ausgeschafft' (S 165) und anläßlich der (dadurch bewirkten) Wiedereinreise (aus der Schweiz nach Österreich beim Grenzzollamt) in Höchst verhaftet worden (S 135 ff).
Gemäß § 62 StGB erstreckt sich der örtliche Geltungsbereich der Österreichischen Strafgesetze zunächst auf alle Taten, die im Inland begangen worden sind. Eine (derartige) Inlandstat liegt entsprechend § 67 Abs. 2
StGB vor, wenn einer der Orte, an dem der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder an dem ein dem Tatbild entsprechender Erfolg ganz oder zum Teil eingetreten ist, oder nach der Vorstellung des Täters hätte eintreten sollen, im Inland liegt. Trifft eines der von der Legaldefinition des Begehungsortes in der letztzitierten Gesetzesstelle solcherart aufgestellten maßgeblichen Kriterien sowohl auf inländische als auch auf ausländische Orte zu, so ist der Täter im Inland stets auch dann strafbar, wenn er wegen derselben Tat bereits im Auland verurteilt und die Strafe ganz vollstreckt worden ist. § 65 StGB - insbesondere auch dessen Abs. 4 (Z 3) - greift unter diesen Umständen nicht Platz (arg.: '... Taten, die im Ausland begangen worden sind, ...'). Allerdings ist die im Ausland verbüßte Strafe kraft der zwingenden Anordnung des § 66 StG auf die später im Inland verhängte anzurechnen.
Das vorsätzliche Beisichtragen und Bereithalten des in Rede stehenden verfälschten Führerscheins zum Gebrauch im Fall eines entsprechenden Erfordernisses kann, soferne hierin - worüber noch später des näheren abzusprechen sein wird - ein strafbarer Versuch (im Sinne der § 15, 223 Abs. 2, 224 StGB) zu erblicken ist, kraft seiner Natur (in objektiver wie subjektiver Beziehung) von der tatsachenmäßigen Seite her wie auch dogmatisch nur als - allerdings im Versuchsstadium steckengebliebenes -
einheitliches ( = fortgesetztes) Delikt (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar, S 216 ff) beurteilt werden, welches nach dem oben Gesagten als eine (auch) im Inland verübte strafbare Handlung selbst dann anzusehen ist, falls die deliktische Handlungsweise sich nicht (nur) auf das inländische Territorium beschränkt, sondern auch auf das Ausland übergegriffen hat (siehe im übrigen hiezu ebenfalls Leukauf-Steininger a.a.O. S 373). Der Täter unterliegt bei dieser Sachlage nach einer ausländischen Verurteilung (und Vollstreckung der betreffenden Strafe) weiterhin, und zwar selbst im Falle der Beschränkung der letzteren auf das im Ausland in Erscheinung getretene Geschehen (als Teilabschnitt des fortgesetzten Delikts) wegen des gesamten (im In- sowie Ausland gesetzten) Verhaltens der inländischen Strafgerichtsbarkeit, die hier sohin nicht stellvertretend, sondern originär eingreift.
Wiewohl der Schweizer Strafbescheid vom 14.April 1978 - mit Beziehung auf den Gebrauch des verfälschten Führerscheins - und der - diesen ebenfalls betreffende - Punkt 1
des angefochtenen Urteils ein und dasselbe, als untrennbare Einheit zu wertende Tatgeschehen erfassen, mögen sie sich auch (formell) jeweils ausschließlich auf eine Ahndung einerseits des in der Schweiz und anderseits des in Österreich in Erscheinung getretenen Teilgeschehen beschränkt haben, war daher Klaus A trotz der ausländischen Verurteilung und Verbüßung der im Ausland ausgesprochenen Strafe, im Inland (i.S.d. § 62, 67 Abs. 2 StGB) neuerlich zu verfolgen und zu bestrafen.
Beim Faktum 2, zu welchem dem Angeklagten nur die tatsächliche einmalige Verwendung seines verfälschten Reisepasses in Kriessern (Schweiz) zur Ausweisleistung angelastet wird, handelt es sich eindeutig um eine (reine) Auslandstat (eines Inländers), für welche der Angeklagte jedoch in der Schweiz strafrechtlich nicht belangt worden ist, obwohl sie (an sich) dort ebenfalls mit Strafe bedroht war (Art. 252 schweizerisches StGB). Die inländische Gerichtsbarkeit kommt insofern gemäß § 65 Abs. 1 StGB zum Zuge, zumal keine jener Voraussetzungen vorliegt, auf Grund deren die Strafbarkeit nach Abs. 4 dieser Gesetzesstelle entfällt, also die Strafbarkeit weder nach den Schweizer Gesetzen (des Tatorts) erloschen war (Z 1), noch der Angeklagte von einem Schweizer Gericht rechtskräftig freigeprochen oder sonst außer Verfolgung gesetzt (Z 2) bzw. umgekehrt rechtskräftig verurteilt worden (und die Strafe vollstreckt bzw., soweit nicht vollstreckt, erlassen worden oder ihre Vollstreckbarkeit nach Schweizer Recht verjährt) war (Z 3). Was die Beschwerdeeinwände selbst anlangt, so gehen sie zunächst in Bezug auf die vorgenannte deliktische Handlung (Punkt 2 des Urteilssatzes) fehl.
Durch die Abweisung der begehrten Beweisaufnahme kann sich der Beschwerdeführer schon deshalb in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt erachten, weil das Erstgericht die Tatsachen, welche durch die beiden Zeugen dargetan werden sollten, ohnedies als erwiesen angenommen hat (s.S. 273). Daß der Angeklagte dennoch, wie das Erstgericht mit mängelfreier Begründung (S 273 f) annahm, von der Verfälschung Kenntnis gehabt oder zumindestens erlangt hat, hätten die Zeugen naturgemäß nicht ausschließen können; die angebliche Unkenntnis des Angeklagten in dieser Beziehung wurde daher auch in der Hauptverhandlung - richtigerweise - als Beweisthema gar nicht angegeben. Damit ist gleichzeitig überdies die Mängelrüge beantwortet, deren Vorbringen auf eine unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung hinausläuft. Das gleiche gilt für die auf die Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Ausführungen zum Faktum 1, hat doch das Erstgericht die Tatsache, daß sich der Angeklagte anläßlich der Grenzkontrolle in der Schweiz am 10.April 1978 (nach Entdeckung der Verfälschung seines Reisepasses) nicht (mehr) mit dem (unter anderm das gleiche unrichtige Geburtsdatum aufweisenden) verfälschten Führerschein auswies, durchaus berücksichtigt und mit schlüssiger Begründung aufgezeigt, warum es trotzdem zur überzeugung gelangte, er habe den Führerschein mitgeführt, um ihn nötigenfalls zu gebrauchen (siehe neuerlich S 273). Der folgerichtigen Argumentation des Erstgerichts steht der Umstand, daß sich diese verfälschte Urkunde (gesondert von anderen - einwandfreien - Ausweispapieren) im Wagen befunden hat, in keiner Weise entgegen; er war darum nicht erörterungsbedürftig. Unbegründet ist ferner die Rechtsrüge des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO Gemäß § 15 Abs. 2 StGB ist eine Tat versucht, sobald der Täter seinen Entschluß, sie auszuführen (oder einen anderen dazu zu bestimmen) durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt. Die Frage, ob bereits eine derartige Betätigung des auf die Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolgs gerichteten Täterwillens in Form eines direkt in sinnfälliger Beziehung zum tatbestandsmäßigen Unrecht stehenden und der eigentlichen Tatausfürung unmittelbar vorangehenden Verhaltens, welches sohin nicht nur in zeitlicher und örtlicher Beziehung (durch den übergang ohne Zwischenstufen in die Deliktsverwirklichung) ausführungsnah, sondern auch spezifisch tatbildbezogen sein muß, vorliegt oder nicht, kann jeweils nur an Hand der Tatbestandsumschreibung, des Vorhabens des Täters und der vom Täter zu dessen Ausführung unternommenen Schritte beantwortet werden, die im unmittelbaren Vorfeld der Tatbildverwirklichung liegen müssen, damit angenommen werden kann, daß er die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung überwunden hat, womit sein Vorsatz (erst und bereits) spezifisch vorwerfbar wird.
Wer aber - obgleich es zu den Pflichten jedes Kraftfahrzeuglenkers gehört, auf Fahrten einen Führerschein mitzuführen und diesen den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur überprüfung auszuhändigen (§ 102 Abs. 5 lit. a KFG) - mangels des Besitzes einer Fahrerlaubnis beim Lenken eines Kraftfahrzeuges (einen ge- oder) verfälschten Führerschein mit sich führt, wird in aller Regel auch dazu entschlossen sein, das Falsifikat anläßlich einer Kontrolle vorzuzeigen. Denn einen anderen Sinn kann ein solches Tun kaum haben. Da das Vorzeigen als solches jedoch schon das (objektive) Tatbild der Urkundenfälschung nach § 223 Abs. 2, 224 StGB in Form des Gebrauchs des Falsifikates erfüllt und die Tat damit bereits vollendet wäre, stellt das - der spezifischen Tatbestandsverwirklichung mithin unmittelbar vorangehende - Mitführen eine ausführungsnahe Betätigung des obigen Entschlusses dar, mit der die Strafbarkeitsschwelle eindeutig überschritten wird. In solchen Fällen noch weitere objektive oder subjektive Anforderungen für die Annahme einer ausführungsnahen Handlung und damit eines strafbaren Versuchs im Sinne der § 15, 223 Abs. 2, 224 StGB zu stellen, wäre lebensfremd und hieße die Anforderungen an die Abgrenzung der Vorbereitung vom Versuch überspannen. Ob der betreffende Fahrzeuglenker allerdings im Einzelfall tatsächlich entschlossen war, aus Anlaß von Kontrollen vom mitgeführten (ge- oder) verfälschten Führerschein Gebrauch zu machen, solcherart die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung schon überwunden hatte (vgl. Burgstaller in JBl. 1969, S 535; Leukauf-Steininger, Kommentar, S 140), und sich, soferne er das Falsifikat dann aus konkretem Anlaß doch nicht verwendete, vom Gebrauch - wie dies das Erstgericht in Bezug auf den Vorfall in Kriessern (Schweiz) annahm - nur in Kenntnis der Aussichtslosigkeit eines derartigen Beginnens im besonderen Fall abhalten ließ, ist keine Rechts- sondern eine Tatfrage, die stets das (in erster Instanz) erkennende Gericht durch entsprechende - im Rahmen freier Beweiswürdigung zu treffende - Tatsachenfeststellungen zu beantworten hat. Da der Gerichtshof vorliegend den bezüglichen Tatentschluß (und die unterbliebene Verwirklichung in der Schweiz aus dem vorangeführten Beweggrund) feststellt haftet der Wertung des inkriminierten Vorgehens des Angeklagten als (nach der aktions- und zeitmäßigen Beziehung zur Ausführungshandlung) im unmittelbaren Vorfeld des Tatbilds gelegenen und dessen Verwirklichung direkt vorangehenden sowie hierauf (subjektiv - mit dem dadurch betätigten Entschluß) gerichteten Deliktsakt und demnach als strafbaren Versuches gemäß § 15, 223 Abs. 2, 224 StGB kein Rechtsirrtum an. Daß übrigens selbst bei Verneinung eines derartigen Versuchs das Vorgehen des Beschwerdeführers nicht straflos bliebe, er vielmehr wegen der von ihm veranlaßten Führerscheinverfälschung (S 270, 272) das Vergehen nach § 12, 223 Abs. 1, 224 StGB (als Beteiligter) zu verantworten hätte, sei bloß der Vollständigkeit halber am Rande erwähnt.
Erweist sich die Beschwerde im bisher erörterten Umfang als unbegründet, so ist sie im Recht, wenn sie sich gegen den Strafausspruch wendet und bemängelt, daß die über den Angeklagten in der Schweiz verhängte und vollstreckte Strafe im bekämpften inländischen Urteil keinerlei Niederschlag gefunden hat. Denn jene war, wie bereits früher erwähnt, gemäß § 66 StGB auf die im Inland verhängte Strafe anzurechnen. Für eine bloße Rücksichtnahme auf die ausgesprochene und verbüßte ausländische Strafe gemäß § 31, 40 StGB, welche lediglich bei getrennter Aburteilung nicht identer Taten Platz greifen kann, bleibt hingegen kein Raum. Das Unterbleiben einer Anrechnung nach § 66 StGB begründet - sogar im Falle der Anwendung der vorher zitierten Gesetzesstellen an Stelle der letzteren - eine Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 11 StPO (vgl. die bezügliche Judikatur zu der dem § 66 StGB ähnlichen Bestimmung des § 36 - des inzwischen außer Kraft getretenen - Strafgesetzes 1945; Mayerhofer-Rieder, E. Nr. 2 bis 4 bei § 66 StGB; Gebert-Pallin-Pfeiffer, Strafprozeßrecht III/2, § 281 Abs. 1 Z 11 StPO, Nr. 40, 40 a und 40 b). Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß die zuletzt angeführte prozeßuale Norm in der (geltenden) Fassung des Strafprozeßanpassungsgesetzes (StPAG) ausdrücklich nur einen Verstoß gegen § 38 StGB durch Anrechnung oder Nichtanrechnung einer Vorhaft unter die dort einzeln umschriebenen Rechtsirrtümer einreiht, nicht jedoch eine korrespondierende Zuwiderhandlung gegen § 66 StGB mit Bezug auf eine im Ausland verbüßte Strafe. Einer Analogie steht nämlich nichts im Wege (zur grundsätzlichen Frage ihrer Zulässigkeit vgl. ÖJZ-LSK 1978/42 = EvBl. 1978/71). Maßgeblich für die Annahme einer Nichtigkeit kann letztlich doch nur sein, daß § 66 StGB ebenso wie dessen § 38 dem Gericht bei der Beantwortung der Frage nach der Anrechnung (als solcher) keinen Ermessensspielraum einräumt. An der Verbindlichkeit zur Anwendung des § 66 StGB vermag - aus den vorher angestellten Erwägungen - auch der Umstand nichts zu ändern, daß das Erstgericht den Schuldspruch - rechtlich verfehlt -
auf die im Inland unternommenen Teilakte der - im Ausland fortgesetzten - einheitlichen Tat beschränkt hat; dadurch darf der Angeklagte im Zusammenhang mit der Frage nach der Anrechnung der ausländischen Strafe jedenfalls nicht schlechter gestellt werden (als bei einem insoweit rechtsrichtigem Vorgehen). Allerdings ist die ausländische Strafe gegenständlichenfalls über den Angeklagten nicht nur wegen der identen Tat, sondern auch wegen Handlungen verhängt worden, die im Inland nicht gerichtlich strafbar sind (Mißachtung der Einreisesperre sowie Führen eines Motorfahrzeuges ohne Führerausweis); im Sinne der (bei Mayerhofer/Rieder a.a.O. unter Nr. 5 angeführten) Entscheidung JBl. 1972 S 582 kann demnach nur ein Teil der im Ausland verbüßten Strafe zur Anrechnung gebracht werden. Wird hiebei bedacht, daß die Mißachtung der Einreisesperre durch Art. 23 Abs. 1 des Schweizer Bundesgesetzes über ANA mit Gefängnis bis zu 6 Monaten, das Lenken des PKW in der Schweiz ohne Führerausweis durch Art. 95 Z 1 SVG mit Haft oder Buße und die Fälschung von Ausweisen durch Art. 252 Z 1 (Schweizer) StGB mit Gefängnis oder Buße bedroht wird, wobei die kürzeste Dauer der Gefängnisstrafe drei Tage und die längste drei Jahre (Art. 36), die kürzeste Dauer der Haftstrafe ein Tag und die längste drei Monate ist (Art. 39 Z 1), soweit das Gesetzvoahlweise Freiheitsstrafe oder Buße androht, beide Strafen verbunden werden dürfen (Art. 50 Abs. 2) und bei Rückfall die Dauer der Strafe (ohne daß das Höchstmaß überschritten werden darf) zu erhöhen ist (Art. 67) sowie bei Verwirkung mehrerer Freiheitsstrafen durch eine oder mehrere Handlungen eine Verurteilung zur Strafe der schwersten Tat mit angemessener Erhöhung der Dauer (Art. 68) zu erfolgen hat, so erscheint eine Teilanrechnung der in der Schweiz bestimmten und vollzogenen Freiheitsstrafe in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfange geboten.
Es war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu erkennen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach § 224 StGB fünf Monate Freiheitsstrafe (auf die es ihm gemäß § 38 StGB die im Inland erlittene Vorhaft vom 24.April 1978 bis 8.August 1978 anrechnete). Bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und die Wiederholeng der strafbaren Handlungen, als mildernd hingegen das Teilgeständnis (in Form eines Tatsachengeständnisses) und den Umstand an, daß es in einem Fall (Faktum 1) beim Versuch geblieben ist.
Mit dem auch im Berufungsvorbringen (neuerlich) enthaltenen Begehren auf Anrechnung der Schweizer Strafe ist der Angeklagte auf die Erledigung seiner Nichtigkeitsbeschwerde zu verweisen. Im übrigen, nämlich insoweit sie sich gegen das Strafmaß richtet, ist die Berufung begründet.
Das Erstgericht hat zwar die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig festgestellt, aber offenbar nicht ganz zutreffend gewürdigt und darum eine etwas überhöhte Strafe ausgesprochen. Nach Lage des Falles erachtet der Oberste Gerichtshof unter Bedachtnahme auf die in § 32
StGB festgelegten allgemeinen Grundsätze für die Strafzumessung eine Herabsetzung der Strafe für vertretbar und eine viermonatige Freiheitsstrafe für angemessen.
Es war deshalb über die Berufung spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E01m04European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1978:0090OS00155.78.1219.000Dokumentnummer
JJT_19781219_OGH0002_0090OS00155_7800000_000